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OF
COMPARATIYE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS.
jFounücti 1)2? jm'batc sufcscrfptfmt, in 1861.
From the Library of LOUIS AGASSIZ.
No. /32,.
SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
NEUNUNDVIERZIGSTER HAND.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UNI) STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI KARL SEROLD'S SONN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1804.
SllZI.!MiN«KBH:il*M
DEK
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CLASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
XLIX. BAND. I. ABTHEILIJM.
Jahrgang 1864. — Heft I bis "V.
v' (litt 27 «nftln.)
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN CUMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN. BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN.
1864.
IN II A LT.
I. Sitzung vom 8. Jänner 1864: Übersicht 3
v.Zepharovich, Krystallographische Studien über denldokras.
(Mit 13 Tafeln.) 6
Ettingshausen, C.v., Beiträge zur Kenntniss der Flächonskelete
der Farnkräuter. II. (Auszug.) 135
II. Sitzung vom 14. Jänner 1864: Übersicht 136
Leitgeb , Zur Kenntniss von Harlwegia commosa Nees.
(Mit 1 Tafel.) 138
Hyrtl, Über eine Eigentümlichkeit des Schlundes von Catla
Buchanani. (Mit 1 Tafel.) 161
— Über das Verhalten der Leberarterie zur Pfortader bei
Amphibien und Fischen. (Mit 1 Tafel.) 167
III. Sitzung vom 21. Jänner 1864: Übersicht ......... 176
Baue, Der albanesische Drin und die Geologie Albaniens,
besonders seines tertiären Beckens 179
IV. Sitzung; vom 4. Februar 1864: Übersicht 195
V. Sitzung vom 18. Februar 1864: Übersicht 198
Steindachner, Ichthyologische Notizen. (Mit 2 Tafeln.) . . 200
Rcuss, Über fossile Lepadiden. (Mit 3 Tafeln.) 215
VI. Sitzung vom 25. Februar 1864: Übersicht 247
Boue, Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaal-
steine, der Variolithen, der Serpentine und der kieseli-
gen Puddingsteine 249
Hyrtl, Über Wirbelassimilation bei Amphibien. (Mit 1 Tafel.) 264
VII. Sitzung vom 10. März 1864: Übersicht 273
Leitgeb, Über kugelförmige Zellverdickungen in der Wurzel-
hülle einiger Orchideen. (Mit 1 Tafel.) 275
VIII. Sitzung vom 17. März 1864: Übersicht 287
Unger, Über einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten
Farn. (Mit 2 Tafeln.) 289
IX. Sitzung vom 31. März 1864: Übersicht 298
Boue, Über die neuen Karten der zwei serbischen Kreise von
Uschitze (Ujitze) von Steph. Obradovitsch und von
Knjesevatz (ehemals Gorguschovatz) von K. Kiko.
(Mit 1 Tafel.) 301
VI
Seite
X. Sitzung vom 14. April 1864: Übersicht 327
Tschermak, Einige Pseudomorphosen. III. (Mit 1 Tafel.) . . 330
Diesing , Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung: Cyclo-
cotyleen r 357
liosow, Experimente über die Durchschneidung des Seh-
nerven 431
XI. Sitzung vom 21. April 1864: Übersicht 437
ßoue, Über die säulenförmigen Gesteine, einige Porphyr-
districte Schottlands, so wie über die vier Basalt-
gruppen des nördlichen Irlands und der Hebriden . . 439
Kner , Einiges über die Thymusdrüse bei Fischen und die
Schwimmblase der Stachelflosser 455
XII. Sitzung vom 28. April 1864: Übersicht 460
XIII. Sitzung vom 12. Mai 1864: Übersicht 463
v. Hochstetter , Über das Vorkommen und die verschiedenen
Abarten von neuseeländischem Nephrit (Punamu der
Maoris) 466
Kner, Specielles Verzeichniss der während der Reise der
kais. Fregatte „Novara" gesammelten Fische .... 481
Boue , Über die canalartige Form gewisser Thälcr und Fluss-
bette 487
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XL1X. BAND.
ERSTE ABTHEILÜNGr.
1.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
I. SITZUNG VOM 8. JÄNNER 1864.
Herr Hofrath W. Hai ding er übermittelt eine Abhandlung,
betitelt: „Sternschnuppen, Feuerkugeln und Meteoritenschwürnie
im Zusammenhange betrachtet".
Derselbe übersendet ferner den „zweiten Bericht über das zu
Athen am 18. October 1863 beobachtete Feuermeteor (e von Herrn
Dr. Julius Schmidt, Director der Sternwarte zu Athen.
Herr Dr. Ernst Mach erklärt sich, mit Schreiben vom
6. Jänner, bereit, die ihm von der Classe übertragene wissenschaft-
liche Untersuchung der Schallleitung im menschlichen Gehörorgan
auszuführen, und dankt für die ihm zu diesem Zwecke bewilligte
Subvention von 500 fl. ö. W.
Herr Dr. Rud. Edler v. Vivenot junior übermittelt eine
Abhandlung: „Beobachtungen über die Verdunstung und deren
Beziehung zu Temperatur, Feuchtigkeit, Luftströmungen und
Niederschlägen".
Herr Fr. J. Öhri, pens. k. k. General-Auditor zu Güns, über-
sendet eine Abhandlung, betitelt: „Die Welt" mit dem Ersuchen
um deren Beurtheilung.
Herr Prof. C. Ludwig legt eine Abhandlung vor: „Über die
Bindung und Ausscheidung der Blutkohlensäure bei der Lungen-
und Gewebeathmung" von Herrn Dr. W. Preyer.
Das c. M., Herr Prof. C. Ritter v. Ettingshausen, über-
reicht sein eben erschienenes Werk, betitelt: „Photographisches
Album der Flora Örterreichs, zugleich ein Handbuch zum Selbst-
unterricht in der Pflanzenkunde" und knüpft daran einige erläu-
ternde Bemerkungen. Derselbe übergibt ferner den zweiten Theil
seiner für die Denkschriften bestimmten Abhandlung: „Beiträge zur
Kenntniss der Flächen- Skelete der Farnkräuter".
Herr Dr. J. Wiesner, Docent am k. k. polytechnischen
Institute, legt die erste Abtheilung einer Abhandlung „über die
Zerstörung der Hölzer an der Atmosphäre" vor.
1*
4
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Ännales des mines. YIe Serie. Tome IV. 4e Livraison de 1863.
Paris, 1863; So-
Astronomische Nachrichten. Nr. 1452— 1455. Altona, 1863; 4°-
Clausius, R., Über den Unterschied zwischen activem und
gewöhnlichem Sauerstoffe. (Aus der Vierteljahresschrift der
naturf. Ges. zu Zürich. Bd. VIII.) 8<>-
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences.
TomeLVII. No. 22—25. Paris, 1863; 4o-
Cosmos. XII' Annee, 23e Volume, 25e— 26e Livraisons. 1863.
XIIIe Annee, 24° Volume, lre Livraison. Paris, 1864; 8»-
Ettings hausen, Const. Ritt. v. , Photographisches Album der
Flora Österreichs, zugleich ein Handbuch zum Selbstunterricht
in der Pflanzenkunde. Mit 173 Tafeln. Wien, 1864; So-
Genootschap van Künsten en Wetenschappen, Bataviaasch:
Verbandelingen. Deel XXIX. Batavia, 1862; 4<>- — Tijdschrift
voor indische Taal-Land-en Volkenkunde. Deel XI. Aflevering
1-6. Batavia ,1861; Deel XIL Aflev. 1 — 6. Batavia, 1 862 ; So-
Gesellschaft, naturforschende, in Danzig: Schriften. Neue
Folge. I. Bd., 1. Heft. Danzig, 1863; So-
Gewerbe-Verein, nieder -österr. : Verhandlungen und Mitthei-
lungen. Jahrg. 1863. 10. u. 11. Heft. Wien; So-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIII. Jahrg., 1863.
Nr. 36. XIV. Jahrg. Nr. 1. Wien, 1864; 4<>-
Larrey, Baron H., Notice sur l'hygiene des hopitaux militaires.
8°- — Discours prononce aux obseques de M. Alphonse Robert.
Paris, 1862; 8»- — Discours prononce le 6 Janvier 1863 ä
l'Academie Imp. de Medecine. Paris, 1863; 8°'
Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahr-
gang 1863. XI. Heft. Ergänzungsheft Nr. 11. Gotha; 4o-
Mondes. 1" Annee, Tome IIr, 21c — 23* Livraisons. Paris, Leipzig,
Tournai, 1863; So-
Mo niteur scientifique. 168. Livraison. Tome Ve, Annee 1863,
Paris, 1863; 4o-
Museum Francisco - Carolinum. 22. Bericht. Linz, 1862; So- —
Urkunden - Buch des Landes ob der Enns. II. Band. Wien,
1856; 8o-
Pengelly, William, and Oswald Heer, On the Lignite Formation
of Bovey Tracey, Devonshire. (From the Philosophical Trans-
actions. Part II. 1862.) London, 1863; 4°-
Pucheran, Essai de Determination des caracteres generaux de la
Faune de la Nouvelle- Guinee. 4°-
Revoltella, P. , Österreichs Betheiligung am Welthandel. (Als
Manuscript gedruckt.) Triest; So-
Schönemann, Th., Das Horizontal-Dynamometer und seine An-
wendung auf die Mechanik. Nebst Ableitung eines neuen
Princips für den Ausfluss tropfbarer und luftförmiger Flüssig-
keiten. Berlin, 1864; So-
So ci et e Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette medicale
d1 Orient. VIIe Annee, Nr. 8. Constantinople, 1863; 4«-
Society, The Royal Astronomical : Memoirs. Vol. XXXI. London,
1863; 4o-
— The Asiatic, of Bengal: Journal. Nr. 2. 1863. Calcutta,
1863; 8o-
Verein, OfFenbacher, für Naturkunde: 4. Bericht über seine
Thätigkeit. OfFenbach a/M., 1863; So- — Denkschrift, der
Dr. Job. Christ. Senckenbergischen Stiftung zu ihrer Säcular-
feier gewidmet. OfFenbach; 4o«
Wiener medizinische Wochenschrift. XIII. Jahrgang, 1863.
Nr. 51 — 52. XIV. Jahrg. Nr. 1. Wien, 1863 ; 4<>-
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesell-
schaft. XIII. Jahrgang, Nr. 11. Gratz, 1863; 4<><
Zimmermann, Karl, Jakob Reuter. Ein Nekrolog. Wien, 1863; 8°*
Zepharovich.
Krystallo graphische Studien über den Idokras.
Von V. Ritter v. Zepharovich.
(Mit 13 Tafeln.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juli 1863.)
I. Allgemeiner Theil.
Für die Grundgestalt der Idokras -Krystallformen liegen in
den neueren mineralogischen Handbüchern zwei ziemlich abwei-
chende Winkelangaben vor :
«i,i rT^ iS0° 31' a f 0-535104:1
(Hl):(lii) = jso 39 , daraus c:«=|0.S37199!l
die erstere enthalten in den Werken von Mohs 1821 — 1839 (wohl
nach Haidinger's Messung), welche in die Mineralogien von
Brooke und Miller 1852, Dana 1855, Dufrenoy 1856 und
Zippe 1859 überging; die letztere nach den Messungen Kupf-
fer's 1825 und v. Kokscharow's 1853, in den Handbüchern
von Naumann (die neueren Auflagen) und Descloizeaux 1802.
Kupffer1) erhielt den obigen Werth durch 14malige Mes-
sung eines Kantenwinkels an einem Krystalle aus Piemont mittelst
eines Wollaston'schen Goniometers in seiner ursprünglichen Ein-
richtung.
Kokscharow3) bestimmte mit einem Mitscherlich'schen
Goniometer au zwei ausgezeichneten Krystallen aus dem Ural, (1)
von Poljakows, (2) von Acbmatowsk, die Polkante von
mn P° 39' 30' W
1 J ~~ (50 39 — (2)
(1) aus drei und (2) aus zwei vollkommen übereinstimmenden
Messungen an zwei verschiedenen Kanten, und
(111): (001) = 37° 13' 25 (1)
als Mittel aus 17 Messungen von drei Kanten eines Krystalles.
») Preisselirift, 182!>. S. 96.
2) Maler. /. Mineralogie Russlands 1S53, 1. Bd S. 122. n".
Krystallographische Studien über den Idokras. 7
Die nahe Übereinstimmung dieser Winkel mit Kupffer's
Messung veranlasste Kokscharow die letztere, oder das Para-
meter-Verhältniss c : a = 0*5372 : 1 seinen Messungen zu Grunde
zu legen. Dass dieses Verhältniss für die Krystalle von Poljakowsk
angenommen werden dürfe, folgt aus einer Vergleichung der meist
nur ganz unbedeutend von einander abweichenden Ergebnisse von
Piechnung und Messung verschiedener Kanten an 7 Kryst. der ge-
nannten Localität.
Kokscharow folgert noch weiter aus seinen Beobachtun-
gen, dass auch an den Krystallen aus Achmatowsk und Piemont
und wahrscheinlich auch an jenen vom Vesuv der Polkantenwinkel
von {111} 50° 39' oder 39 ^V betrage. Er fand nämlich an einem
Krystalle aus Piemont
(lil):(Tll) = 50° 39'
(Hl) : (001) = 37 14
und an einem Ki^stalle vom Vesuv
(111): (HO) = 52° 46 %'
durch in der Zahl von 1. 2 und 1 vorgenommene Messungen.
Die Winkelfrage schien mir aber wie für die vesuvischen, auch
bezüglich der piemontesischen Kryst. noch eine offene zu sein, denn
auch die sorgfältigsten Beobachtungen in so geringer Anzahl, wie
sie von Kupffer und Kokscharow für die bezeichneten Fundorte
vorliegen, dürften wohl nicht zur Feststellung der krysfallographi-
schen Constanten für eine bestimmte Localität genügen.
Ich habe mir die Aufgabe gestellt, zunächst die Gestaltungs-
verhältnisse der Krystalle von der Mussa-AIpe in Piemont, welche in
dem k. k. Mineraliencabinet zu Wien reichlich vertreten sind, einem
möglichst eingehenden Studium zu unterziehen und gleichzeitig beson-
dere Rücksicht zu nehmen auf die vonB reithau pt in seinen „vorläu-
figen Nachrichten" vom Jahre 1829 J) und in jenen vom Jahre 18602),
l) Schweigger's Jahrbuch 1829, XXVII, S. 83 ff. — Gegen Bre ithaup t's Ansich-
ten über die einfachen Krvstallformen hat sich schon damals Glocker (mineral.
Jahreshefte, 1831 u. 1832, S. 33) bestimmt ausgesprochen.
~) Berg- und hüttenmiinn. Zeitung von Bornemann und Kerl, 1800, Nr. 10 und
v. Hingenau's österr. Zeitschr. für Berg- u. Hüttenwesen, 1S60.
ö Z e p li a r o v i c h.
und in allen inzwischen erschienenen einschlägigen Publicationen,
festgehaltene Asymmetrie der Idokras-Pyramiden {111} und {101},
obgleich Kokschar ow, 1853, dieser Angabe, gestützt auf seine
anerkannt genauen Messungen, entschieden entgegengetreten
war !)•
Das vorzügliche Material, welches mir auch von anderen Fund-
orten in Wien zu Gebote stand, veranlasste jedoch bald die anfäng-
lich engeren Grenzen der Arbeit zu überschreiten, so dass sie sich
schliesslich auf alle (138) messbaren Krystalle, die ich erhalten
konnte, erstreckte und sich nun auf die folgenden Localitäten, denen
ich die Anzahl der gemessenen Krystalle beisetze, bezieht:
Monte Somma, Neapel 17
Mussa-Alpe, Piemont 99
Zermatt, Schweiz 13
Pfitsch und Monzoni, Tirol 7
Eker, Norwegen 2
Im Ganzen sind mir weit über 200 Kryst. nebst brieflichen
Mittheilungen zugekommen von den Herren Dir. M. Hörnes, Prof.
F. v. Hochs tett er und Hofrath W. Haidinger in Wien, Dr. V. v.
Lang in London, Prof. A. Kenngott in Zürich, Dr. A. Krantz
in Bonn, von den Prof. Q. Sella und B. Gastaldi in Turin,
und A. Scacchi in Neapel, von Dr. Th. Kjerulf in Christiania,
Dir. L. Li ebener in Innsbruck, F. Hessenberg in Frankfurt,
Dr. 0. Speyer in Cassel und Prof. S. Aichhorn in Graz, welchen
ich für ihre freundliche Bereitwilligkeit meine Arbeit zu fördern, zu
besonderem Danke verpflichtet bin.
Die Messungen habe ich mit meinem, mit zwei Fernrohren
versehenem Reflexions - Goniometer (Mitscherlich's Construction)
ausgeführt. Die Theilung des Limbus, 9 Zoll im Durchmesser, gibt
10 Minuten direct, mit dem Nonius 10 Secunden und beträgt der
wahrscheinliche Fehler einer Ablesung — nach einer bei früherer
Gelegenheit vorgenommenen Ermittelung — 53/4 Secunden, so dass
die Angaben des Instrumentes, ohne einen erheblichen Fehler be-
fürchten zu lassen, unmittelbar benützt werden können.
i) A. r. o. S. 131.
Krystallographisehe Studien über den [dokras. 0
Den Ergebnissen meiner Messungen lasse ich hier eine tabel-
larische Übersicht der am Id. auftretenden Krystallgestalten und
deren Bezeichnungsweise durch verschiedene Krystallographen
vorangehen. Die Tabelle gibt in den drei ersten Hauptcolonnen die
Symbolik sämmtlicher Formen nach Whewell — Miller, Weiss
und Naumann; die eingeklammerten Buchstaben der mit (Z) und
(TT) überschriebenen Rubriken beziehen sich auf die Figuren dieser
Abhandlung und der Tafeln X und XI zu Kokscharow's Minera-
logie Russlands.
10
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(i¥)
#2
•
2^2
3/1
(Ä)
(A0
* In Mobs
' Grundi'iss,
824,
nicht entlial
ene
Formen.
1 2 Zepharovich.
Die übrigen Colonnen der vorstehenden Tafel enthalten, um die
fortschreitende Kenntniss darzustellen, in chronologischer Reihung die
Synonymik nach den Angaben der wichtigsten mineralogischen Hand-
bücher, gleichfalls mit den auf Abbildungen bezüglichen Buchstaben
in Klammern. In die letzte Rubrik endlich sind die Namen Jener
gestellt, welche die einzelnen Formen zuerst beobachtet oder mit-
getheilt — bei den älteren Daten so weit, als sich dies in der mir
zu Gebote stehenden Literatur ermitteln Hess.
Nach dieser Übersicht und der stereographischen Projection
Fig. 74 sind am Mokras 46 verschiedene einfache Krystallformen
nachgewiesen und zwar:
1 Pinakoid,
, t. \ 17 normaler ) _, „
21 tetragonale Pyramiden s M ,. , } Stellung,
° (5 diagonaler)
17 oktogonale Pyramiden,
2 tetragonale Prismen.
4 oktogonale Prismen.
Diese Zahl Hesse sich wohl noch erhöhen, da mehrere Sym-
bole in vorstehender Tafel als Repräsentanten einer Reihe sehr nahe
liegender Flächen aufzufassen sind ')• Von den bezeichneten Kryst.-
Formen waren 24 schon früher bekannt. Ich habe sie alle beobachtet
mit Ausnahme der Pyramide (551), welche ohne weitere Bemer-
kung in Dana's Mineralogy 1855, pag. 198, angegeben ist.
Die daselbst, so wie in allen grösseren Werken citirte Pyramide
(441) habe ich als noch nicht bestimmt nachgewiesen in dasFormen-
verzeichniss nicht aufgenommen. Die erste Anzeige derselben stammt
von Hauy nach R. de lTsle's Beschreibung und Zeichnung a). Aus
letzterer folgt aber, wenn den Hauy'schen Flächen s der Index (131)
zukommt, deutlich r = (331) und nicht (441) wie Hauy annahm,
und in seiner var. encadree und enneacontacdre zeichnete3). Mes-
sungen zur Bestimmung von r hat Hauy, wie er dies auch aus-
drücklich bemerkt, nicht vorgenommen 4).
i) Einen bestimmten Nachweis einer Aufeinanderfolge von 4 Flächen, in der Tafel durch
den Index (61,20,20) zusammengefasst, hat Kokscharow geliefert (s. d. Ab-
schnitt Russland). — In den meisten Fallen ist die durch Krümmung' angezeigte
Mehrzahl der Flachen nicht sicher zu deuten.
8) Krystallographie, 1763. II, p, 293, Hyacinthe var. o'; PI. IV. Fig. 124.
S) Traite de miner. 1 edit. 1801, II, p. 416. Atlas XLV1I, Fig. 73 u. 74.
4) Dessen ungeachtet bildet Quenstedt in seiner Mineralogie wiederholt (1855 und
1863) Hauy's Fig. 74 getreulich ah.
Kryslallographische Studien über den Idokras. 1 3
Eine zweite Erwähnung der Pyramide (441) findet sich in den
Werken von M o h s ») nach II a i d i n g e r's vielfältig reproducirter Zeich-
nung eines Kryst. vom Vesuv im Joanneum zu Graz; auch hier stützte
sich die Bestimmung nicht auf Messungen. Haidinger hatte selbst,
nach neueren genauen Beobachtungen G.Rose's, die durch (331) be-
richtigte Figur für sein Handbuch der bestimmenden Mineralogie ')
neu gezeichnet. Auch ich habe in meinem reichhaltigen Materiale
nicht einmal (441) gemessen, dafür aber ungemein häufig (331).
Haidinger berichtigte gleichzeitig auch die (411) seiner älte-
ren Zeichnung in (KU), da G. Rose erstere ebenfalls nicht, häufig
aber (511) beobachtete, und die erste Angabe von (411) wahrschein-
lich auf einer ungenauen Bestimmung Hauy's beruhen dürfte. Die
(411) habe ich selbst nur einmal angetroffen, daher sie zu den selten-
sten Formen gehören dürfte; eben dahin sind von den bereits bekann-
ten noch zu rechnen (114). (112)3), (221), (201), (313) u. (423)*).
Im Verlaufe meiner Untersuchungen habe ich ausser der Mehrzahl
der 24 älteren, noch Flächen 22 anderer Kryst.-Formen kennen gelernt.
Nicht bei allen war durch ein häufigeres Auftreten eine grössere Anzahl
von Bestimmungen ermöglicht oder gelangen dieselben mit befriedi-
gender Sicherheit; es scheint mir daher zur Beurtheilung des Ver-
trauens, welche die Angaben der neuen Flächen verdienen, wünschens-
werth einige Bemerkungen über die Umstände, unter welchen die Beob-
achtungen angestellt wurden, hier anzuschliessen; die näheren Nach-
weise der Messungen bleiben der Besprechung der einzelnen Fälle,
welcher auch meist Abbildungen beigegeben wurden, vorbehalten.
I. Tetragonale Pyramiden, beobachtet in der Zone
[001 . 110].
1-7. a(l,l,20), ,3(1,1,10), 7(118), o(117), s(116), £(118),
y.(335) an Krystallen von der Mussa-AIpe in Piemont.
5. =(116) an einem Krystall von Rympfischweng bei Zermatt.
3. v(H8) „ „ „ „ Eker, Norwegen.
8- X(445)i Putsch Tirol
9.^(880)1 * " " '
i) Grundriss d. Min. 1824, S. 408, Taf. VI. Fig. 95. Anfangsgr. d. Min. 1839, S. 393,
Fig. 132, I5d. I.
2) 1845, S. 214, Fig. 314.
3) Ich fand diese beiden zuerst in P resl's Mineral., Prag 1837, Af.l. VIII, Fig. 293 erwähnt.
4) Wahrscheinlich hat Haidinger (221), (201) und (313) zuerst beobachtet. (423)
fand Hesse nberg (Min. Notizen Nr. 2, 1833) an einem Kryst. vom Vesuv.
14 Z e |> li ;s r o v i C li.
Alle diese Formen zeigten sieh gewöhnlich mit deutlichen, aber
meist schmalen und gekrümmten Flächen. Eine scharfe Reflexion
des Fadenkreuzes war daher nur ausnahmsweise zu erhalten. An der
Stelle des mehr weniger gestreckten Scheines, welcher sich im Beob-
achtungsfernrohre zeigte, war es meist sicherer, bei vorgeschobener
Loupe den Beginn und das Ende des Einspiegeins der Fläche zur
Einstellung zu benützen und aus diesen beiden Ablesungen das
Mittel für den Kantenwinkel zu nehmen. Auf diese Weise wurden
bei mehreren gleichartigen Flächen an einzelnen Individuen ziemlich
übereinstimmende Resultate erzielt.
Im Ganzen ergaben 62 Bestimmungen der obigen 9 neuen Pyra-
miden beim Vergleich der gemessenen und berechneten Werthe der
Kante (001 : hhl) einen Fehler von 90 Minuten, welcher mit Rück-
sicht auf die Beschaffenheit der besprochenen Flächen sogar auffal-
lend gering zu nennen ist.
Die bezeichneten und die übrigen flachen Pyramiden erscheinen
in der Regel einzeln, oder die häufige (113) mit einer noch flacheren
combinirt, als schmale Abstumpfung zwischen (001) und (111).
Nur ausnahmsweise wurde an einer Localität — Rympfischweng
bei Zermatt — die (113) breit angelegt beobachtet.
II. Tetragonale Pyramiden in der Zone [001 . 100].
1. v(102) Mussa-Alpe (2*)
3:Si)iMoDteSomma(i#)
mit äusserst schmalen, gekrümmten Flächen, welche nur sehr an-
nähernde Messungen zuliessen. Fehler derselben gegen die Berech-
nung für £102j = 23/ 52,/ bei 4 Messungen
(302) = 39 47 „ 1
(301) = 3 52 „ 1
III. Oktogonale Pyramiden.
^^Ipfitschri*)
2. <r(315)f l }
äusserst schmale Abstumpfungen , erstere Fläche einer Kante
(101 : 111), letztere einer Kante (113:101). Differenz von je
einer, wegen sehr geringer Flächenbreite, unsicheren Messung für
(747) = 11' 21"
(315) == 9 20
*) Anzahl der Kryst., rii »eichen <li >■ Flächen lieohachtel wurtlnt.
Krystallogt-aphische Studien über <l<"ii Idokras. 1b
" Br7qw\ I ßympfischweng bei Zermatt (2*)
Leide Flächen sicher bestimmt durch den Nachweis ihrer Lage in
zwei verschiedenen Zonen.
(212) sehr schmale, kurze Fläche beobachtet in den Zonen
[111, 101] und [113, 311].
(737) breitere und längere, stark glänzende Fläche, spiegelnd
in den Zonen [111, 101] und [113, 312].
5. 2(833) Mussa-Alpe (1 *)
schmale , wenig- glänzende Abstumpfungen zwischen (121) und
(131). Fehler von 3 unsicheren Messungen gegen die Rechnung
== 5' 42".
6. p(319)
7. K629))MuSSa-Alpe(1#)'
beide ziemlich breit entwickelt in der Zone [001, 132], erstere zu-
nächst (001) gelegen, glatt aber gekrümmt; letztere an (132) an-
liegend, ganz matt, bei starker Beleuchtung nur wenig schimmernd,
daher nur approximative Messung möglich; Differenz für
(319:001) = 2' 46"
(629:001) = 16 38
An demselben Krystalle erscheint ausser (132) noch (131).
8. w{l\i) Mussa-Alpe (1*)
schmale schimmernde Fläche zwischen (131) und (010) gelegen.
Diff. von 2 approximativen Messungen gegen die Rechnung =-. 25' 30".
IV. Oktogonale Prismen. — Zwischen den beiden tetra-
gonalen Prismen erscheinen häufig Flächen oktogonaler, unter
welchen mit für verlässliche Einstellung hinreichender Breite
und Glätte, vorwaltend nur /"(120) ausgebildet ist; viel seltener
zeigt sich gut bestimmbar Ä(130) ; ausserdem treten noch als
Zwischenglieder mehrfach schmale Flächen auf, durch Abrundung
ihrer Kanten in einander übergehend, welche einzeln sicher zu
deuten, unmöglich ist. Nur in 2 Fällen wurde eine Bestimmung
versucht.
1. ?(S30) Mussa-Alpe (2*).
breite, dicht geriefte, glanzlose Flächen, zu zwei au Stelle einer
Jß Zepharovich.
(110) Fläche erscheinend. 15 Messungen mit dem Contract-Gonio-
meter gaben einen Fehler für
(530:100))
(3S0 : 010))
2. ^(740) Eker Norwegen (1 *).
deutliche, dicht geriefte Abstumpfung der Kante (110:210). Fehler
wiederholter Reflexions-Beobachtungen für
(740:110) = 8' 18"
(740 : 210) = 17 12
Ermittelang des Parameter-Verhältnisses für {111}.
Zur Berechnung der Elemente eines tetragonalen Krystall-
Systemes genügt ein Kantenwinkel, und es wird sich die Verlässlich-
keit der Rechnung mit der Zahl der Beobachtungen, auf welche sie
gegründet ist, steigern.
Die Theorie setzt voraus, dass die Kanten einer tetragonalen
Pyramide von zweierlei Art, die gleichnamigen aber zu 8 und 4,
oder deren Modifikationen durch andere Flächen, von absolut glei-
cher Grösse seien, eine Bedingung, welche ich an den grünen Id.-
Krystallen von der Mussa-Alpe in Piemont, unter 56 untersuchten
Individuen nur an einem einzigen erfüllt gefunden. Ich habe hier
insbesondere die Messungen der Kanten (001 : 111), an dem fast
immer nur einseitig ausgebildeten Ende der Kiyst. im Auge, deren
auf den genannten Fundort bezügliche, im Ganzen 160 und mit
Weglassung der approximativen, 139 mir vorliegen.
Eine Gesetzmässigkeit in der Ungleichheit der Kanten,
wie sie Breithaupt *) angibt, derart dass die Gestalten {111} und
{101} als tetragon-pyramidale Triploeder und Diploeder aufzufassen
wären, muss ich nach sorgfältiger Prüfung meiner Messungen in
dieser Richtung entschieden in Abrede stellen. — Die Fälle, in
welchen überhaupt die Entscheidung dieser Frage möglich war,
beschränken sich nur auf wenige, denn es ist hiezu erforderlich,
dass von {111} nicht nur alle 4 Flächen vorhanden seien, sondern
dass dieselben auch, vermöge ihrer Beschaffenheit, eine sichere
Messung zulassen, Bedingungen, welche nur ausnahmsweise gleich-
') VolUtänd. Hdbch. d. Miner. 18M\, III. S. 648.
Krystallographisehe Studien über den Idokras. j, 7
zeitig erfüllt erscheinen. Ich werde an geeigneter Stelle einige von
diesen 18 Fällen anführen und hebe hier nur heraus, dass die von
Breithaupt für die Mussa-Krystalle angegebenen Werthe1):
oP:
■ +
P
T
=
37°
5'
: —
p'
T
=
37°
13'
F
=
37°
10'
an denselben — wenn auch nur annähernd — nicht einmal, und
eine entsprechende Position gleicher und ungleicher Kanten nur an
2 Kryst. beobachtet wurde, während in 8 Fällen die beiden be-
nachbarten Kanten sich als gleich erwiesen.
Von 2 anderen Kryst. hatte der eine alle 4 Kanten gleich , der
andere 2 Paare gleicher und gegenüberliegender Kanten; an den
übrigen 6 Kryst. hingegen waren sämmtliche 4 Winkel von ver-
schiedener Grösse.
N. v. Kokscharow's Messungen 2) der Kante (001 : 111) an
je einem Kryst. von Poljakowsk und aus Piemont und der Polkanten
von (111) an einem Kryst. von Achmatowsk sprechen ebenfalls ganz
bestimmt gegen Breithaupt und erwiesen überdies die mess-
baren Kanten selbst in den Secunden übereinstimmend.
Derart regelrecht gestaltete Kryst. sind überhaupt, und beim
Id. insbesondere, als grosse Seltenheiten zu betrachten; ich selbst
konnte, wie erwähnt, nur einen solchen Fall mit vier gut messbaren
und gleichen Kanten verzeichnen; hingegen ergibt der Überblick
meiner 139 Beobachtungen an den grünen Mussa-Kryst. ein Schwan-
ken des Kantenwinkels von (001 : 111) zwischen 37° 2' u. 37° 38',
am häufigsten zwischen 37° 10' u. 37° 17' (hei 94 Messungen) und
ein völlig regelloses Auftreten von gleichen und ungleichen Kanten,
wenn mehrere solche an einem Kryst. zur Messung sich eigneten.
Man wird daher, entweder für die manchfaltigen genau be-
stimmbaren Individuen mit ungleichen Kantenwinkeln, eben so ver-
schiedenartige geometrische Anschauungsweisen wählen, oder sich
*) A. a. 0., 1836, und vorläufige Nachricht über 13 Krystallisations-Systeme u. s. w.
Berg- u. hiittenmänn. Ztg. 1860, Nr. 10.
*) Materialien zur Miner. Russlands, 1853. 1, 122—125.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XLIX. Bd. I. Abth. %
1 $ Zephnroric h.
entschliessen müssen aus dem besonderen das allgemeine, mit
Zugrundelegung einer einfachen Annahme, abzuleiten. Der letztere
Vorgang ist wohl der naturgemässe und auch der bisher geübte und
es wird demnach die Grundgestalt der Idokrasformen so lange als
sy m metrisch - tetragonal zu gelten haben, bis nicht für das
Gegentheil zahlreiche Beobachtungen beigebracht und dieselben
mehrseitig bestätigt werden *).
Die Kryst. waren bei ihrer Bildung- den verschiedenartigste
Einflüssen unterworfen, Einflüsse, über deren Art wir meist nur Ver-
mutungen aufstellen können, deren Grösse sich aber in manchfaltigen
l) Breithaupt wirdi öffentlich ausführliche Belege für seine bereits 1829 in eine
„vorläufig g Nachricht" gebrachten Ansichten über Idokras u. a. Kryst. liefern, und
dürfen wir dieselben, nachdem die „vorläufige Nachricht" vom Jahre 1860 ein Werk
über Krystailisations-Systenie demnächst in Aussicht stellt, nun wohl bald erwarten
Bishin wird die Erfahrung , dass am Id. die erwähnten Abweichungen Zufälligkeilen
sind und die Annahme einer symmetrisch gebauten Grundform desselben, als unbe-
stritten gelten. In den Äusserungen a. a. 0. 1860, über die Resultate der Messungen
K o ksc harow's vermissten wir einige specielle Angaben über die Zahl der von B.
gemessenen Kryst. und dessen Instrument — da die Winkel für den Id. aus Piemont
in dem Aufsatze von 1860 und in der Mineralogie von 1836 identisch, sind Messungen
und Goniometer wohl von altem Datum — schon als vorläufige Stütze seiner Worte:
„Meine Messungen an den Idokrasen habe ich nicht allein mit aller möglichen Ge-
nauigkeit und ausserordentlichen Vervielfältigung, sondern auch zum grössten Theile
an Exemplaren, welche nichts zu wünschen übrig Hessen, ausgeführt, wie z. B. an
dem aus Piemont". Ferner sagt B. : „Herr v. Kokscharow will nur den Winkel
= 142° 463/4 bei allen 4 Flächen gefunden haben. Jene Unterschiede (142° 53' —
142° 47') gehören freilich zu den zartesten, zu den schwierigsten, welche mir vor-
gekommen sind " Und doch beträgt jeuer Unterschied 8 Minuten! gewiss
kein zarter für ein feines Instrument. „Es wäre doch wahrlieh auch mehr als
sonderbar gewesen, solche Winkelverschiedenheiteii finden zu wollen, und
zwar an vielen Kryst., aber an allen mit einer und derselben Art gestörter Symmetrie
welche ich weder erwartet noch gesucht hatte. Übrigens mnsse ich mir über Id.
welche ich nicht untersucht habe, kein Urtheil an, warum sollte es nicht auch solche
geben, welche symmetrischen Flächenbau besitzen? Aber die von mir asymmetrisch
gefundenen werden, wenn sie durchsichtig sind, gewiss ohne Ausnahme optisch
zweiaxig sein." Es wird demnach ferner noch die letztere Annahme — auf welche
sogleich der bestimmte Ausspruch: „So viel ist gewiss, dass die optische Zwei-
axigkeit tetragonaler und hexagonaler Substanzen bei absolut symmetrischer Lage
der pyramidalen und rhomboedrischen Flächen nicht exi stiren kann", folgt — durch
krystallographische und optische Untersuchung vieler einzelner Individuen zu be-
gründen sein.
Wie es sich in optischer Beziehung mit dem Id. u. a. verhält, bat Haidinger,
B*s. Äusserungen über,, Zunft- und Innungszwang und die ewigen Gesetze des Ewigen"
abweisend, nach Brewster's, B i 0 t's und seinen eigenen Beobachtungen nach-
gewiesen. (Jahrb. der geol. Reichsanstiilt, XI. 1860, Vrhdlg. S. 63.)
Rrystallographische Studien über den Idokras. 19
Missbildungen, liis herab zu nur mit feinen Instrumenten nach-
weisbaren Winkeldifferenzen zu erkennen gibt. Wohl nur wenig
Individuen in begünstigter Stellung mögen sich nach den ihrer
Substanz eigentümlichen Gestaltungsgesetzen ungestört haben aus-
bilden können.
Abgesehen von den Winkeldifferenzen der Krystalle verschie-
dener Fundorte, welche sich oft in Zusammenhang mit, durch die
Verschiedenheit der Bildungsstätten bedingten Umständen bringen
assen, mögen auf die regelmässige Entwicklung einzelner Individuen
eines bestimmten Krystallisationsraumes insbesondere die Einwir-
kungen benachbarter Gebilde und der Schwerkraft sich störend
geäussert haben. Dabei können aber bei langsamer Bildung die
Krystallflächen doch vollkommen eben und glänzend geworden sein,
so dass die Flächenbeschaffenheit allein, nicht auch geometrische
Regelmässigkeit voraussetzen lässt *). Nicht selten h-<be ich an den
Mussa-Kryst. mit tadellosen Flächen bedeutende Bildungsfehler ver-
eint gefunden, und Hessen sich letztere oft nachweisbar auf die Ver-
wachsung mit anderen Kryst. desselben Drusenraumes zurückführen,
während es in anderen Fällen unmöglich scheint für abnorme
Kantenwinkel eine Veranlassung aufzufinden.
Es war daher, bei den nicht geringen und regellos um die End-
fläche vertheilten Abweichungen der Kanten (001:111) eine grosse
Zahl von Messungen erforderlich, um den wahrscheinlichsten Mittel-
werth dieser Kante zu erhalten. Bei Verwertbung vieler Messungen
wird aber die relative Güte derselben, welche von der Flächen-
reflexion abhängt, nicht ausser Acht zu lassen sein. Erfahrung s-
mässig sind die, durch Störungen des Krystallisations-Processes ver-
anlassten, Winkelschwankungen viel bedeutender als die Beobach-
tungsfehler, sobald ein genaues Messungsinstrument angewendet
wird, oder liegen, wie dies Dauber nachgewiesen, selbst bei den
besser krystallisirten Mineralien, die aus ersteren berechneten Ge-
wichte innerhalb weiterer Grenzen als die aus letzteren abgeleiteten.
Ebenso folgt aus den gründlichen, mühevollen Untersuchungen D;< u-
ber's, dass eine Schätzungsbestimmung der Gewichte auf Grund-
lage der Flächen-Beflexionsgrade statlbaft sei, sobald man sich —
i) H. Da üb er, Rothbleiera. Ber. d. Wr. Ak. d. W. 1860, XLII. Sep. Abdr. S. 22.
3*
20 7. e |> li ii r o v i c li.
um nicht den Werth einzelner Beobachtungen auf Kosten der übri-
gen unverhältnissmässig zu erhöhen — auf wenige Abstufungen
beschränkt. Dauber hat auch eine genäherte Berechnung der
Gewichte der besten und schlechtesten Bestimmungen am Rothblei,
erz vorgenommen J), wobei sich ergab, dass sich dieselben wie 3 zu
1 verhalten, welches Resultat zufällig übereinstimmt mit den von
ihm bei dieser und früheren Untersuchungen a priori angenomme-
nen Schätzungswerthen.
Ich habe auch diesmal, wie bei anderen Arbeiten, aufsteigend
je nach der Schärfe, mit welcher das reflectirte Fadenkreuz zu
beobachten war, meine Messungen mit 1,2,3 bezeichnet, und die
einzelnen Ablesungen mit diesen Zahlen als Factoren, bei der Be-
stimmung des Mittelwerthes in Rechnung gestellt, und glaube den,
derart aus vielen Messungen erhaltenen Resultaten einen weit
höheren Werth beilegen zu dürfen, als jenen, welche sich aus einer
anfänglich durchgeführten Rechnung ergaben, zu welcher ich nur
wenige, aber ausschliesslich ausgezeichnete Messungen —
deren Gewichte nach der Methode der kleinsten Quadrate, aus den
Abweichungen der einzelnen Repetitionswerthe von dem arithmetischen
Mittel, berechnet wurden — zugezogen habe. Der letztere Vorgang
musste um so mehr verworfen werden, als sich an den scheinbar
vollkommensten grünen Krystallen von derMussa-Alpe, eben in jener
Zone, in welcher die gemessenen Flächen lagen, bedeutende Bil-
dungsfehler nachweisen Hessen, ein Umstand, der immer zu befürch-
ten ist, sobald man Rechnungen nur wenige, wenn auch noch so
genaue Messungen zu Grunde legt a).
i) A. a. o. S. 34.
2) Es ergaben 10 bis 14malige Repetitionen bei tadellos spiegelnden Flüchen an den
Krystallen: Nr. 3.
(lTi : 001) = 37° 14' 39-5" (Tll : 001) = 37° 14' 25"
(lTl : lTO) = 52 44 10 (Tll :IlO) = 52 44 15
daher: (001 : lTO) = 89 58 495 (001 : TlO) = 89 58 40
Diff. geg. 90° = — 70-5'' — 80"
Diff. geg. 180 = — 1505"
Nr. 10.
(lTl : 001) = 37° 14' 30" (111 : 001) = 37° 16' —
(111: 110) = 52 44 28-6 (111: 110) = 52 44 12"
daher: (001 : 1 10) = 89 58 580 (001 : HO) =90 0 12
Diff . gesr. 90° = —61-4" + 12"
Krystallographische Studien über den Idokras. 21
Bei der Wahl des Vorganges für die Ermittelung der krystallo-
graphischen Constanten, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die
Methode, welche die Berechnung auf eine gros sere Zahl von, in
möglichst verschiedenen Zonen gelegenen Kantenmessungen,
als für ein gegebenes Krystall system erforderlich ist, gründet, jener
vorzuziehen«sei, welche sich auf die unbedingt verlangte Zahl von
Bestimmungen beschränkt. In der letztgenannten, von den meisten
Krystallographen befolgten Weise, liegt in der Monographie des
Euklases von J. Schabus ') eine sehr sorgfaltige Arbeit vor. Den
ersteren Weg haben zuerst, mit Anwendung der Lehren der Wahr-
scheinlichkeits-Rechnung, Kupffer und Neumann eingeschlagen
und wurde derselbe von Dauber in seinen zahlreichen mit grösster
Genauigkeit durchgeführten Arbeiten weiter verfolgt und die Me-
thode derartiger Untersuchungen zu einem hohen Grade der Aus-
bildung gebracht. Ihrer allgemeinen Anwendung dürfte sich aber
manche Schwierigkeit bei Durchführung der Rechnung, die ein voll-
kommenes Vertrautsein mit der Methode der kleinsten Quadrate vor-
aussetzt, entgegenstellen.
Einfacher als auf diese directe Weise gelangt man zu den
wahrscheinlichsten Werthen der Elemente eines Krystallsystemes,
wenn man den auch in der Astronomie bei analogen Aufgaben ange-
wandten ind irecten Weg einschlägt. Diese Rechnungsart bringe
ich nun hier zur Anwendung, und bin für den Vorschlag derselben
meinem verehrten Freunde V. v. Lang und für manche freundliche
Beihilfe meinem Collegen Prof. K. Hornstein ganz besonders ver-
pflichtet.
Nr. 22.
(TTl : 001) == 37° 16' 7-5"
(TTl : HO) =52 44 37-8
daher: (001:110) =90 0 453"
Diff. geg. 90° = + 45 3
Auch die Summe der Werthe -4^ (mit gerechneten Gewichten p der einzelnen
Repetitionswerthe »;) aus 8 Bestimmungen von (111) : (001) und aus den obigen
5 von (111) : (HO) gibt 89° 59' 26", also einen Fehler von — 34" gegen 90°. Hin-
gegen gleichen sich die obigen Werthe (mit geschätzten Gewichten) aus 139 Messun-
gen von (111):(001) und 54 Messungen von (111): (HO) zu +6 aus (s. Tabelle 1,
Seite 16).
i) Denkschriften d. Wr. Ak. d.W. VI. Bd. 1834. — Brei tha u pt's Annahme des anorthi-
schen Systemes für den Euklas wird hierin vollständig widerlegt. (Sep. Abdr. S. 12.)
22
Z e p h a r o v i c h.
Für die grünen Kry stalle von der Mussa-Alpe in Piemon
gründet sich die Rechnung auf die Messungen der folgenden sieben
in verschiedenen Zonen gelegenen Kanten.
Kante
31 --
S(mp)
n
SO)
"i
£ = (111:001)
37°
14' 38"
139
219
14-798
V» (111: 110)
52
45 28
54
93
9-644
JV=(11I :TTl)
74
20 10
14
28
5-292
0 = (ill :Tll)
50
40 4
33
63
7-937
P=(lll : 100)
64
40 0
43
67
8-185
£ = (111:331)
29
4 44
15
23
4-796
£ = (111:132)
16
49 30
8
14
3-742
Aus L «= 37° 14' 38" folgt das Parameter- Verhältniss
c.a-.a = 0-537578 : 1 : 1
und aus diesem berechnen sich die Kanten
M' = 52° 45' 22°
N' = 74 29 16
0' = 50 40 30
P' = 64 39 45
Q' = 29 4 52
TT = 16 50 9
Die Änderung des Parameters a um einen kleinen Beirag, etwa
um a = 0-00578, gibt
c : (a-f a) : (rt+a) = 0-537578 : 1-00578 : 1-00578
= 0-534485 : 1 : 1.
und aus diesem geänderten Verhältnisse folgen die Kanten
V = 37° 5' 5"
W = 52 54 55
JV' = 74 10 10
Oü = 50 28 26
P' = 64 45 47
Q° = 29 7 6
Ä' = 16 46 40
Kiystallographisehe Studien über den [dokras. 23
Das wahrscheinlichste Verhältniss der Parameter wird nun
c : (a -f- xa) : (« -f a? «) .
Den Factor a? für die früher angenommene Änderung der a
fi idet man aus den Gleichungen
0 = (L" — L')x = — 573 x
0 = M' — M+ (M" — M')x = — 6 + 573.t-
0 = N' - TV + (iV" — A7')a? = — 6 — 114607
0 = 0' —0 +(0" — 0')x — 26 — 724a?
0 = /" — P + (/>" — F)a? =10+ 362a?
0= Q' — Q+ ((?"- (?')*? = 8- 134a?
0 = fi —B + (TT - R)x = 39 — 209o?
mittelst der Methode der kleinsten Quadrate nach der Formel
•r - [*«]•
Mnltipücirt man nämli h jede der letzten sieben Gleichungen
mit der entsprechenden Gewiehtswurzel für L, M, N u. s. f. (aus
der ersten Tafel, Seite 16) und bezeichnet das erste Product auf der
rechten Seite des Gleichheitszeichens mit h und das zweite mit b, so
erhält man
0 = btx
0 = h-, -f bzx
0 = hz + h& u- s- f-
Durch Multiplicatlon jeder dieser Gleichungen mit dem Coef-
ficienten von x und durch Addition der gleichnamigen Pioducte
ergibt sich
o = [*, h . . . . + bn ih] + [(b.y .... + (b.yqx
und hieraus wie oben
..= _M = _=ü^_5 = + 0011818
[62] 1820390SS '
Das wahrscheinlichste Axenverhältniss ist hiernach für die
grünen Mussa-Krystalle
c:(a + y.x) = 0-537578 : 10000683
c: g : a : = 05375414: 1 :1
Die folgende Tafel (I) gibt die Differenzen der aus dem eben
erhaltenen Verhältnisse berechneten und der gemessenen Winkel.
24
Z e p h a r o v i eh.
Kante
Gemessen
n
Gerechnet
Diff.
(111:001)
37° 14' 37-t"
139
37° 14' 31-3"
+ 6-4°
(111:110)
52 . 45 . 27-5
54
52 . 45 . 28-7
— 1-2
(111:111)
74 . 29 . 9-6
14
74 . 29 . 2-6
+ 7-o
(111:111)
SO . 40 . 4-3
33
50 . 40 . 20-6
— 16-3
(111:100)
64 . 39 . 59-9
43
64 . 39 . 49-
+ 10 2
(111 : 331)
29 . 4 . 43-7
15
29 . 4 . 52-8
— 9-i
(111:132)
16 . 49 . 30
8
16 . 50 . 7-3
— 37-3
Die positiven und negativen Differenzen in der letzten Colonne
gleichen sich bis auf 3" aus, wenn man die letzte Differenz,
welche auf den mit der geringsten Zahl von Messungen erhaltenen
Winkel fällt, nicht berücksichtigt; mit Hinzurechnung derselben
bleibt ein Rest von 40".
Vergleicht man aber die aus
c: a = 0-537578:1
gerechneten Grössen mit den gemessenen, so gleichen sich die
Fehler mit einem Reste von 58*7" aus. Es stellt sich also, wie
auch a priori zu erwarten, das Resultat — wenn auch in diesem
Falle nicht um einen bedeutenden Retrag — günstiger, wenn zur
Ermittelung der Constanten mehr Winkel, als absolut erforderlich,
hinzu gezogen werden.
Renützt man aber nicht, wie es hier geschehen, alle guten Mes-
sungen der genannten Kanten mit den Schätzungs-Gewichten 1 — 3,
sondern nur die ausgezeichnetsten Repetitions-Reobachtungen (26
für 5 verschiedene Kanten) mit berechneten Gewichten, so stellt
sich das Axenverhältniss, nach Durchführung der obigen Rechnung
auf
c:a = 0-5376399:1
oder wenn man 5 Restimmungsreihen, die sich auf die mit dem
Seite 20, Anm. 2 besprocheneu Rildungsfehler behaftete Kante
(111:110) beziehen, hinweglässt
c:a = 0-5376065:1.
Diese beiden letzteren Resultate verdienen aber unbedingt
geringeres Vertrauen als das erst genannte, welches sich auf eine
fast 12mal grössere Anzahl von Daten stützt.
Krystallogr:i|>hische Studien über den [dokras.
25
Kokscharow war sehr glücklich in der Wahl der Krystalle
für seine Messungen, er fand erst in der vierten Stelle von mei-
nem aus 306 Bestimmungen folgenden Resultate, abweichend:
c:a = 0-537199:1
und es differiren seine Kanten-Bereehnungen von den meinen nur um
beiläufig eine Minute.
Ich habe dieselben, zum Theil vervollständigt, in die Tabelle
(S. 30 — 37) aufgenommen. Sie beziehen sich nicht nur auf die von
Kokschar ow untersuchten russischen Krystalle von Polja-
kowsk und Achmatowsk, sondern dürften wahrscheinlich auch für die
rothbraunen Krystalle von der Mussa-Alpe und die Kry-
stalle von Rympfischweng bei Zermatt zu gelten haben.
Die meist vorzüglichen Beobachtungen an 18 rothbraunen
Mussa-Krystallen erwiesen fast allgemein Winkel (M), welche
von jenen der grünen Krystalle derselben Localität (iW) abweichen
und sich gleichzeitig den Koks charo w'schen Berechnungen (B)
mehr weniger anschliessen, wie es die folgende Vergleichung zeigt
Kante
G e m e s s (
i n
Gere
c h n e t
(W)
n \S(p)
(B)
(M)
(111:001)
37° 13' 52"
15
34
37°
13' 30"
37° 14' 31'
(111:110)
52 46 5
5
10
52
46 30
52 45 29
(111:100)
64 40 3b
8
16
64
40 30
64 39 50
(111 :331)
29 5 48
6
13
29
5 15
29 4 53
(331 : 001)
66 IT 35
8
18
66
18 30
66 19 24
(331 : 100)
49 38 43
3
5
49
38 45
49 38 24
(132:001)
40 20 0
23
51
40
20 30
40 21 44
(132 : 110)
73 11 30
1
2
73
11 0
73 9 53
0)
20; S(p) = 44.
Die beiden ersten Messungen mit ihren Gewichten geben
combinirt
(111:001) = 37° 13' 53'
(111 : 110) = 52 46 7
Von Rympfischweng bei Zermatt hatte ich nur 4 Krystalle
zur Verfügung, von welchen einer keine genauen Messungen zu-
liess. Während die Mittelwerthe aus allen Beobachtungen an die-
sen Krystallen den Berechnungen Kokscharow's überhaupt ziem-
lich nahe kommen, erwies das ausgezeichnetste Individuum eine
26
Z e p h a r o v i c h.
so auffallende Übereinstimmung mit den letzteren in fünf verschiede-
nen Kanten (siehe folgende Tafel), dass ebenfalls für diese Krystalle
vorläufig die obige Annahme gerechtfertigt sein dürfte.
Kaute
G e in e s s
e n
Gerechnet
Rympfischweng
n
S(p)
(B)
(111 : 110)
52° 46' 27"
2
3
52° 46' 30"
(111:101)
25 19 20
1
3
25 19 30
(111 : 331)
23 41 30
1
2
23 41 30
(132:001)
40 20 30
1
3
40 20 30
(132:131)
19 10 30
1
3
19 10 30
Aus den Messungen aus 3 Krystallen ergibt sich
Kante
Geness
; n
Gerechnet
Rympfisehweng-
n
«00
(J)
(111:001)
37° 13' 12'
4
7
37° 13' 30'
(111:110)
52 46 46
8
9
52 46 30
daher
(001:110)
89 59 58
und aus diesen beiden und der ersten in obiger Tafel folgt mit
Rücksicht auf die Gewichte
(*)
(111:001) = 37° 13' 17"
13; £(» = 19.
(111:110) = 52 46 43
Die Resultate («) und (6) differiren in so geringem Grade,
dass eine weitere Combination derselben erlaubt ist; demnach würde
sieh für die braunen Mussa-K ry stall e und jene von Rympfi-
sehweng ergeben :
(111 :001) = 37° 13' 42"j
(«)
(111 : 110) == 52 46 18
n = 33; S(p) = 63.
Mit etwas verschiedenen Dimensionen im Vergleiche der vor-
erwähnten, sind die Krystalle vom Findelen-Gletscher bei
Zermatt, von Pfitsch in Tirol und vom Vesuv ausgebildet,
wie sich dies aus den vorliegenden Messungen ergibt, und dürfte
für dieselben ein gleiches ParainetT-Verhältniss anzunehmen sein.
Krystallographische Studien über den Idokias.
27
Hinsichtlich der Grösse fallen die Winkel zwischen die aus
(111 : 001) = 37° 13</3'(5) und = 37° T(C) (s. S. 30) be-
rechneten.
Berechnet
Gemessen
Zermatt
n <(p^
Putsch
n
o>
Vesuv
n
</<)
(111:001)
37° 13</2 (ß)
37° 7 (C)
(111:110)
52° 46V3 (#)
52° 53 (C)
37° 12' 41"
52 47 7
4
6
4
6
37° 12' 39"
52 46 55
14
8
28
12
37° 12' 21"
52 47 29
8
19
8
19
89° 59' 48"
89° 59' 34"
89° 59' 5U"
Durch Combination der obigen Wert he mit Berücksichtigung
der Gewichte erhält man:
Zermatt n
O)
Putsch
n
00
Vesuv
n
0>
(111:001)
(111: HO)
37° 12' 48")
52 47 12 (
10
10
37°12'34")
52 47 2G j
22
40
370 12' 28")
52 47 32 )
27
27
welche Resultate sich so nahe stehen, dass eine weitere Combina-
tion derselben gestattet ist. Demnach würde für die Krystalle vom
Findelen-Gletscher bei Zermatt, von Pfitsch und vom Vesuv folgen
((111:001) = 37° 12' 34"))
(IÜ) 1(111:110) = 52 47 26 ) j " = ™ ' SW = ??
zufällig übereinstimmend mit den speciell für Ptitseh gefundenen
Daten.
Bezüglich des Vertrauens, mit welchem die obigen Resultate
aufzunehmen sind, ist zu beachten, dass weder für Zermatt, noch
für Vesuv Messungen in solcher Anzahl angestellt Averden konnten,
als bei den grösseren Unterschieden •), welche selbst die sichersten
zeigten, wünschenswerth gewesen wäre. Es schien daher hier auch
angezeigt bei Bestimmung des Mittels, die einzelnen Beobachtungen
i) Beobachtete Grenzweithe :
(111:001) '370 V 45 (p!3 - 37» 14 (p)3 37» 10' 20 (1) — 37<> 15' 29(1)
(111:110) 52 43 10(p)3— 52 58 45 (p)3 52 44 20(3) — 52 55 16(1)
28
Z e p h a r o v i c h .
ohne Rücksicht auf deren Güte alle gleich anzusetzen. Auch der
von Kokscharow an einem Vesuv-Krystalle beohachtete Winkel
(110: 111) = 52°46'/ä' wurde ebenfalls mit dem Gewichte 1 in
die Rechnung einbezogen.
Die Kryst. vom Findelen-Gletscher und vom Vesuv stehen sich
überhaupt in vielen Beziehungen nahe; ihr meist dicht gedrängtos
Erscheinen in Drusen und die häufige Einigung kleiner Individuen
zu einem Grujtpenkrystall, so wie Verziehung und starke Parketü-
rung der Flächen, haben grosse Abweichungen in den Winkeln zur
Folge, oder machen viele Krystalle zu Messungen ungeeignet. So
konnten unter 60 isolirten Krystallen nur 26 näher untersucht wer-
den und zwar 18 vom Vesuv und 9 von Zermatt.
Weit günstiger sind die Krystalle von Pfitsch gestaltet, von
welchen 5 kleine ausgezeichnete Individuen gute, wenig von einan-
der abweichende Resultate gaben. — Es folgen hier noch einige der
besseren Messungen an Kryst. vom Vesuv, welche alle zwischen
den aus 37 13«/8'(#) u. 37° T (C) berechneten Werthen liegen*).
Berechnet
G e in e s
s e u
S(mp)
■i(p)
n
*Ü0
(111:111)
50° 39'
50 31
(#)
(O
50° 32%'
2
4
(331 : HO)
23 41*/a
23 19
(#)
(C)
23 30
8
10
(132:001)
40 20%
40 14
(*)
(O
40 17
2
2
(132:100)
52 7
52 13
(£)
(C)
52 9i/8
5
10
(111:101)
25 191/a
25 I51/3
(*)
«?)
25 17*4
6
12
(131:001)
59 31
59 25
(C)
59 30
2
2
(131 : 100)
35 91/2
35 15
(B)
(C)
35 I31/4
2
5
(151 : 100)
22 55
22 58
(*)
(C)
22 571/3
3
4
*) Ebenso verhalten sich die Messungen an P f'i ts c h - Krystallen :
(111:111) = SO« 37' 8" ni. (Sp)ll
(331 : 110) = 23 36 52 3 4
(132:001) = 40 18 US Z 4.
Krystallographische Studien über den Idokras.
2<>
Hingegen verhalten sieh mit den obigen nicht übereinstimmend
die folgenden Messungen (Vesuv)
Berechnet
Gerne
s s e n
n
«O)
(111 : 100)
(111:331)
(101 : 001)
(101 : 100)
64° 401/,' (#j
29 51/4 „
28 I43/4 .
61 451/4 „
64° 40y12
29 41/4
28 i4%
61 45%
3
3
1
10
4
4
1
21
An 3 braunen Krystallen vom Monzoni-Berge im Fassa-
Tliale ergaben approximative Messungen
Gemessen ' n S(p)
Combination der Messungen
(111:001)
(111: 110)
(111: 100)
(tli:Tll)
37° 2' 28"
52 54 38
64 48 23
50 26 17
2
9
13
7
2
10.
13
8
37° 4' 55"
52 55 5
64 47 48
30 24 24
l n
jli
■20
12
21
welche Werthe von den früheren bedeutend verschieden sind, aber
noch fernerer Beobachtungen zur Bestätigung bedürfen.
Eben so scheint auch an den Krystallen von Eker in Nor-
wegen (s. d.) nach den bisherigen ungenügenden Bestimmungen
der Kante (001 : 111) ein kleinerer Werth als 37° 7 eigen zu
sein.
Die folgende Tabelle enthalt — behufs fortzusetzender Ermit-
telung der an verschiedenen Idokras-Localitäten oder Gruppen von
solchen, nicht identischen krystallographischen Constanten — Be-
rechnungen der wichtigsten Kantenwinkel aus den Abmessungen,
wie sie sich nach meinen eigenen Beobachtungen (Z. Col. 1), jenen
von Kupffer und Kokschar ow (K. Col. 2) und von Haidin-
ger (M. Col. 3) ergeben. Bei ferneren Untersuchungen wäre
demnach
Col. 1 für die grünen Mussa-Krystalle,
30
Z e p h a r o v i c h.
Col. 2 für die brauuen Krystalle von Mussa, jene von Rympfi-
sehweng bei Zermatt und vom Ural,
Col. 2 u. 3 für die Krystalle vom Findelen- Gletscher bei Zer-
matt, von Putsch und vom Vesuv und
Col. 3. für die braunen Krystalle von Monzoni in Tirol und
jene von Eker in Norwegen zu vergleichen.
Winkel der Normalen berechnet uü
c: «=0-537541:1
c:«=0'537199:l
c:«=0-535104:l
z
A'1)
if2)
/(Hl) : c(OOi)
*37° 14' 31"
37° 13 ya'
*37° 7'
P m'(HO)
*52 45 29
52 461/a
52 S3
«'(100)
*64 39 50
64 40«/8
64 45
,I(iTi)
*50 40 20
*50 39
50 31
j»»(lli)
*74 29 2
74 27
74 14
a'(1.1.20):c(00i)
2 10 37
—
—
yaop /(Hl)
35 3 54
—
—
m'(HO)
87 49 23
—
-
a»(1.1.20)
3 4 41
—
—
/3'(1.1.10):c(001)
4 20 50
—
—
yi0p /(in)
32 53 41
—
—
m'(UO)
85 39 10
—
—
j32(l.T.10)
6 8 42
—
—
X'(119) : c(001)
4 49 41
—
—
%P :/(Ul)
32 24 50
—
—
:m'(UÖ)
85 10 19
—
—
X2(lT9)
6 49 25
—
—
7(118) : c(001)
5 25 42
—
—
%P /(i11)
31 48 49
—
—
m'(liO)
84 34 18
—
—
V2(1T8)
7 40 16
—
.._
-5(117) : c(001)
6 11 53
—
—
y7p /(iio)
31 2 38
—
—
m'(110)
83 48 7
—
—
§8(117)
8 45 25
') Berechnet aus Kupffer's Messungen von Koksclurow (Min. Russlands. Bd. 1,
S. 117 — 120) zum Tlieil von Descloizeaux (Min. 1»Ü2, p. 278) und mir ver-
vollständigt.
J) Die Berechnungen aus Haidinger's Messung (Molis, Charakteristik 1821). ent-
nommen Brooke and Miller's Mineralogy 1852 (s. mi'i-li Dufrenoy's Miner III,
1886, p. 61Ä).
Krystallographisehe Studien über den Idokrns.
31
z
K
M
£'(116)
: o(001)
7° 13' IS"
%p
P'(H1)
30 1 16
—
—
m'(HO)
82 46 45
—
—
£"(1T6)
10 11 54
—
—
S(H5)
: c(001)
8 38 42
—
—
V&P
/(Hl)
28 35 49
—
—
m'(ilO)
81 21 18
—
—
£"(115)
12 12 10
—
—
V(1H)
: t(001)
10 45 39
—
—
v*p
/(Hl)
26 28 52
—
—
m'(llO)
79 14 21
—
—
*'(ii4)
15 10 23
—
—
3(113)
: c(001)
14 13 10
14° 12%'
14° 10'
v*p
/(Hl)
23 1 21
23 %
22 57
ro'(HO)
75 46 50
75 47%
75 50
«'(100)
79 59 59
80 %
80 3
3"(H3)
20 0 18
19 S9«/8
19 55
t'(112)
: c(001)
20 48 42
20 48
20 44
W
/(Hl)
16 25 49
—
—
m'(HO)
69 11 18
69 12
69 12
«'(100)
75 26 58
75 27
75 31
t"(lT2)
29 6 4
29 5
28 59
x'(335)
: c(001)
24 31 7
—
—
%P
/(Hl)
12 43 24
—
—
»«'(HO)
65 28 53
—
—
x"(335)
34 7 42
—
—
X'(445)
: c(OOl)
31 18 22
—
—
%P
/(Hl)
5 56 9
—
—
m'(HO)
58 41 38
—
—
X"(445)
43 6 47
—
—
f/(885)
: r(OOl)
50 34 28
—
—
\P
/(Hl)
13 19 57
—
—
m'(HO)
39 25 32
—
—
«'(100)
56 53 35
—
—
f*"(885)
66 12 51
—
—
5'(221)
: c(OOl)
56 39 58
56 3!)
56 33
2P
:/(lll)
19 25 27
19 25 %
19 26
m'(HO)
33 .20 2
33 21
33 27
«'(100)
53 47 17
—
53 51
Ä"(221)
72 25 27
72 24%
72 19
f'(33i)
: f(001)
66 19 24
66 18i/2
66 41
3/*
/(Hl)
*29 4 53
29 S%
29 34
32
Z e p 1) a r o v i c h .
z
K
M
<(331) 6(221)
9°
39' 26"
—
m'(UO)
23
40 36
23° 4iy3'
23° 19'
«'(100)
49
38 24
49 38%
49 41
<2(331)
80
28
43 11
15 36
80 42%
80 39
o'(iOl)
: f(001)
28 14%
28 9
Pco
«'(100)
61
44 24
61 451/4
61 51
m'(HO)
70
26 24
70 27
70 31
o4(011)
39
7 13
39 6
38 59
p'(iii)
25
20 10
25 19i/3
25 15%
v'( 1 02)
: c(00i)
15
2 38
—
—
%/><*>
o'(10l)
13
12 58
—
—
a'(lOO)
74
57 22
—
—
v*(012)
21
9 6
—
—
i'(H2)
14
33 2
—
—
£'(302)
: c(00i)
38
52 47
' — •
—
%Pe«
o'(10i)
10
37 11
—
—
«'(100)
51
7 13
—
—
£4(032)
52
41 55
—
—
»'(201)
: c(OOl)
47
4 20
47 3%
46 57
2Poo
o'(101)
18
48 44
18 49
18 48
o'(100)
42
55 40
42 56%
43 3
»4(021)
62
21 48
62 20 V»
62 13
y(iii)
31
10 54
—
—
t:'(301)
: c(00i)
58
11 48
—
—
3P~
o'(lOl)
29
56 12
—
—
o'(100)
31
48 12
—
—
7T*(031)
73
52 30
■—
—
t/(747)
: c(0.01)
31
45 44
—
—
py4.
«'(100)
62
48 14
—
—
a4(010)
74
51 39
—
—
v2(747)
30
16 42
—
—
u 8(477)
15
55 20
—
—
p'(lll)
10
11 59
—
n (212)
: c(001)
31
0 20
—
—
n
ö'(lOO)
62
33 55
—
—
«4(010)
76
40 51
—
—
f(210)
58
59 40
—
—
»8(212)
26
38 18
—
—
«8(122)
18
45 0
—
—
p'(lll)
12
1 1
—
—
i'(U2)
12
53 3
,
Krystallographische Studien über den Idokras.
33
Z
K
M
f(423) : c'(0ül)
38°
42' 21"
4/3/>2 «'(100)
So
SO 32
—
—
«4(010)
73
4S 38
—
—
f(210)
51
17 39
—
—
*a(423)
32
28 44
—
—
J8(243)
22
48 37
—
—
/(Hl)
11
24 18
—
11°
22' 23"
«'(212)
7
42 1
—
—
t'(211) : c(001)
SO
14 27
50° 13%'
50
7
2P2 «'(100)
46
33 40
46 34 «/3
46
40
«4(010)
69
53 31
—
69
56
f (210)
39
45 33
39 46 ! :,
39
53
m'(HO)
43
10 23
43 11
—
,2(211)
40
12 57
40 12y4
40
6
«8(121)
28
8 20
28 7%
28
5
s*(l21)
93
39 14
—
—
/(Hl)
18
6 10
18 6
—
-.2(112)
46
49 37
—
—
o*(011)
43
26 20
—
—
»'(212)
19
14 7
—
—
Z'(423)
11
32 6
—
—
d'(42i) : c(OOi)
67
24 49
67 24
67
20
4P2 «'(100)
34
19 40
34 20
34
24
«4(010)
6S
36 44
65 37
65
38
f(210)
22
35 11
—
22
40
m'(HO)
28
50 45
28 51
—
f/°-(421)
48
46 33
48 46
48
44
^8(241)
33
57 8
33 57
33
56
&'(22i)
19
27 37
—
—
«'(331)
16
58 34
—
—
«4(021)
SS
40 20
—
—
«'(211)
17
10 22
—
—
j8(121)
3S
33 51
—
—
w'(737) : o(001)
30
19 13
—
—
P% «'(ioo)
62
21 13
—
—
«4(010)
78
31 46
—
—
oj2(737)
22
56 28
—
—
oj8(377)
21
36 46
—
—
/(Hl)
13
51 56
—
—
5(113)
17
50 30
-
—
o'(101)
11
28 14
—
—
(«'2 12)
1
50 55
-r IV RJ I A
Ml,
3
34
Zepharovich.
z
K
M
«'(833) : c(001)
56° SO' SO"
—
—
%P% «'(100)
38 22 48
—
—
rt*(010)
72 54 16
—
— ■*■
«-(833)
34 11 28
—
—
2S(383)
40 32 22
—
—
/(Hl)
26 17 2
—
— -
O*(011)
51 37 12
—
—
s'(211)
8 10 52
—
—
p'(319) : ^(001)
10 41 44
—
—
i/3P3 «'(100)
79 51 34
—
—
«4(010)
86 38 8
—
—
«'(310)
79 18 16
—
—
p*(319)
6 43 44
—
—
Ps(i39)
9 31 18
—
—
*'(315) : c(001)
18 46 36
—
—
%PB «'(100)
72 13 12
—
—
«4(010)
84 9 28
—
—
Ä'(310)
71 13 24
—
—
(72(315)
11 41 4
—
—
ff8(13S)
16 33 10
—
—
t'(629) : c(001)
20 41 38
—
—
%P3 «'(100)
70 24 46
—
' —
«4(010)
83 35 2
—
—
«'(310)
69 18 22
—
—
t2(629)
12 49 56
—
—
t8(269)
18 Xi 8
—
—
a;'(313) : c(001)
29 32 12
29° 31 V
—
P3 «'(100)
62 6 58
62 8
—
«4(010)
81 1 53
81 2
--
«'(310)
60 27 48
—
—
a-2(3T3)
17 56 14
17 55%
—
a;8(133)
25 28 24
25 27%
—
p'(lll)
16 22 3
—
—
5'(113)
17 53 1
—
—
o'(101)
8 58 7
—
—
oj'(737)
2 30 7
—
—
«'(212)
4 21 2
—
—
»'(312) : c(001)
40 21 44
40 20' ,3
40° 14'
3/.P3 «'(100)
52 5 35
52 7
52 13
«4(010)
78 10 57
78 11
78 13
//(310)
49 38 16
—
—
?«'(110)
54 36 9
Krystallograpliische Studien üher den Idokras.
35
z
K
M
«'(312) : w-(UO)
73
9 53
73° 11'
—
/H3T2)
23
38 6
23 38
23° 34'
2*8(132)
33
40 15
33 39 ' '.,
33 35
/(11t)
*16
50 7
16 49 */4
16 47Va
3(113)
28
14 53
—
—
.'(ii2)
23
21 23
—
—
t2(112)
35
23 51
—
—
o'(101)
13
50 15
—
—
v 4(0 12)
37
54 26
—
—
£'(302)
11
49 3
—
—
m'(212)
10
28 20
—
—
«'(■737)
10
24 23
—
—
•r'(313)
10
49 32
—
—
/'(423)
5
25 49
—
—
,'(211)
11
25 46
—
—
s'(3ii) : c(001)
39
31 56
59 31
59 25
3P3 «'(100)
35
8 47
35 9y3
35 15
ö*(010)
74
11 0
74 11
74 12
A'(310)
30
28 4
—
—
m'(110)
39
33 48
39 35
—
m8(110)
67
19 40
—
—
«2(311)
31
38 1
31 37 Vi
31 36
«8(131 )
43
20 40
45 2014
45 15
/(Hl)
29
31 3
29 31
29 30
^(111)
50
26 12
—
—
ö'(22i)
22
40 20
—
—
«'(331)
24
32 36
—
-
o*(011)
34
51 13
—
—
o'(833)
3
14 1
—
—
2(211)
11
24 53
11 25
—
o"(421)
10
43 3
-
—
t'(312)
19
10 12
19 10 1/4
—
»2(312)
33
36 5
—
—
,t'(313)
29
59 44
—
—
Ä'(61, 20, 20) :
c(001)
—
59 531/4
—
F-(6i, 20,20)
—
31 16 1/4
—
£8(20,61,20)
—
45 59 %
—
«'(311)
—
0 26%
—
s*(3Ti)
—
31 27i/3
—
y'(411) : c(001)
65
42 56
65 42
65 37
4P4 «'(100)
27
50 5
27 51
27 55
36
Zepharovich,
z
K 1
M
2/'(4il) :rt4(010)
77°
13' 40"
77°
14'
77° 14'
4P4 2/2(4H)
25
32 40
25
32
—
2/8(141)
55
56 6
55
56
—
/(Hl)
36
49 45
—
—
o*(01i)
62
9 55
—
—
s'(3U)
7
18 42
—
—
d'(421)
11
36 57
—
—
»'(511) : c(001)
69
57 22
69
57
69 53
5P5 a'(lOO)
22
53 59
22
55
22 58
«4(010)
79
23 0
79
23
79 23
»2(511)
21
14 0
21
14
21 14
»8(151)
62
48 44
—
—
/(llf)
41
45 51
—
—
«'(331)
31
24 22
—
—
o4(011)
67
6 1
—
—
2/'(4U)
4
56 6
—
—
s'(311)
12
14 48
—
—
d'(421)
14
25 48
—
—
w'(711) : c(OOi)
75
15 36
—
—
7P7 o'(iOO)
16
47 23
—
—
«H010)
82
8 21
—
—
«?2(71i)
15
43 7
—
—
w8(171)
70
56 14
—
—
p'(lli)
47
52 27
—
—
o*(0U)
73
12 37
—
—
»'(511)
6
6 36
—
—
s'(311)
18
21 24
—
—
m'(HO) : «'(100)
45°
0' 0"
OOP w?2(lT0)
90
0 0
?'(530) : ö'(IOO)
30
57 50
~P% „/(HO)
14
2 10
y3(530)
61
55 40
?«(350)
28
4 20
f(740) : «'(100)
29
44 42
ooP% ro'(UO)
15
15 18
•^(740)
59
29 24.
4*s(470)
30
30 36
f (210) : «'(100)
26
33 54
col'Z Wi'(HO)
18
26 6
/*(210)
53
7 48
/■8(120)
36
52 12
Krystallogrnphische Studien über den Idokras.
37
Z j K
M
Ä'(310) : ö'(100)
~P3 ra'(liO)
A2(3T0)
A8(130)
18° 2G' 6"
26 33 54
36 52 12
53 7 48
Für die Grundpyramide des Idokras finden wir, nach Ergän-
zung der mitgetheilten Angaben durch einige von älterem Datum
folgende Winkel verzeichnet:
Fundort
(111 : 001)
R. de l'Isle
Kristallographie 1783, II.
p. 292
Vesuv
Contact - Goniometer
35° - -
R. J. H a u y,
Mineralogie, 1801,11. p. 416.
Vesuv (?)
37° 6" -
Fr. Mobs,
Charakteristik 1821 — Mi-
neralogie 1839 ....
Reflexions-Goniomet.
37° 7' —
W. Philipps,
Mineralogy, 1823
37° 12' —
A. Kupffer,
Preisschrift, 1823, p. 95. .
Piemont
37° 13' 28"
Wilui
36° 40' 36°
C. Naumann,
37° 5' 15"
N. v. Kokscharow,
Mineralogie Russlands, 1853,
p. 130
Poljakowsk >Ural
Achmatowsk j
Piemont
Vesuv
37° 13' 50"
oder
37° 13' 28°
V. v. Zepharovich. . .
Mussa, grüne Var.
37° 14' 31°
Mussa, braune Var.
Rympfischweng bei
Zermatt
37° 13' 42"
Findelen -Gletscher bei
Zermatt
Pfitsch
Vesuv
37° 12' 34°
Monzoni, Fassathai,
braune Var.
?37° 4' 55°
Eker, Norwegen
?37° 3' —
38
Z e p h a r o v i c h.
Hauy und Philipps haben noch folgende Kanfenwiukel an-
gegeben:
Hauy
Philipps
berechnet
gemessen
3(113)
: c(001)
14° 9'
13° 54'
irfili)
22 57
—
6(221)
: c(OOi)
—
55 30
<(331)
: c(OOl)
—
66 30
o(101)
: a(lOO)
61 52
—
:p(lli)
25 15
—
2(211)
: «(100)
46 42
41 30
:K1H)
18 3
—
i(312)
: c(OOl)
—
39 48
: «(100)
—
51 55
«(311)
: «(100)
35 16
34 55
2/(411)
: «(100)
27 57
—
:*(!!!)
36 48
II. Besonderer Theil.
Die Idokras-Krystalle nach ihren Fundorten *).
Neapel 3).
Die von Einigen speciell Vesuvian3) genannten Id. -Varietäten
stammen nebst mannigfachen anderen Mineralien aus losen Blöcken,
den „Auswürflingen der Somma", welche in und auf den Trachyt-
Tuffen am äusseren Abhänge der Somma am Vesuv lagern4).
*) In den Ländern: Neapel, Toscana, Piemont, Schweiz, Tirol, Banat, Ungarn, Salzburg',
Mahren, Böhmen, Sachsen, Baiern, Hessen, Preussen, Spanien, Frankreich, Irland,
Schottland, Norwegen, Schweden, Russland und in Nordamerika.
2) J. Roth. Der Vesuv und die Umgebung von Neapel. Berlin 1837, S. XXXIV ff.
3) Der auch im Allgemeinen übliche Name wurde zuerst von Werner, dem vor ibm
als vulcanischen Hyazinth (die braunen Var.), Chrysolith (grün, oder gelblich,
durchscheinend) oder Schörl (grün) beschriebenen Minerale ertheilt. (In älterer
Zeit nannte man auch — so Kirvan — den Leuzit, Vesuvian). Hauy wählte 1S01
den Namen Idokras, für das nun auch vom Wilui gebrachte Mineral.
4) Schon de l'lsle war über Localität und Vorkommen des Id. wohl unterrichtet; er
schreibt in seiner Cristnllogr ITS'.i, 2. ed. II, p. 200: „Elles — les hyacinthes du
Krystallographische Studien über den Idokras. 39
Diese Tuffe reichen hier bis zu etwa 1900 Fuss über das Meer,
bis zur Eremitage hinauf; aus ihnen erhebt sich mit ihren dunklen
Leucitgesteinen die Somma, den eigentlichen Vesuvkegel als wall-
artiges Segment umfassend.
Die häufig Drusenräume umschliessenden Auswürflingsblöcke
bestehen entweder aus mehr weniger dolomitischen, krystallinisch-
körnigen Kalken oder aus Gemengen krystallisirter Silicate. Für die
Kalkblöcke mit krystallisirten Silicaten und jene Silicatblöcke,
welche Idokras und andere kalkreiche Silicate enthalten, dürfte die
Annahme am wahrscheinlichsten sein, dass sie beim Durchbruche
feurig-flüssiger Gesteine durch Apenninenkalk an den Berührungs-
stellen durch Zusammenschmelzen gebildet und später mit empor-
gerissen wurden. Als gleichzeitig ausgeschleuderte Schollen des
durchbrochenen und veränderten 'Apenninenkalkes wären dann die
nur aus Kalk bestehenden Blöcke zu betrachten. Die Kalkmassen
sind nicht selten rundlich aber doch nicht glatt genug, um sie als
Geschiebe betrachten zu dürfen; auch können sie nicht aus den Laven
der Somma ausgewittert sein, da sie nicht in oder zwischen solchen,
sondern in den Tuffen vorkommen. Hingegen sprechen für ihre Auf-
fassung als einzelne Auswürflinge, ähnlich vulcanischen Bomben, die
oft an ihrer Aussenfläche haftenden Augite.
Andere Silicatblöcke als die früher erwähnten lassen sich auf
Trachyte oder Augitophyre mit grösser als gewöhnlich entwickelten
Cemengtheilen beziehen; zu den ersteren, zu welchen auch die
Silicatblöcke der phlegräischen Felder gehören, sind die bisweilen
granitähnlichen, stets quarzfreien Gemenge aus Sanidin, Amphibol
und Augit, oft mit Nephelin, Sodalith, Glimmer und Magnetit zu
rechnen; zu den letzteren, jene, welche aus Olivin, Augit und Glimmer
zusammengesetzt sind.
Die in den vorstehenden Zeilen nach I. Both vorgetragene
Ansicht über die Bildung der Contactminerale in den Sommablöcken,
Vesuve — ne sont point un produit du feu des volcans, .... elles faisaient partie
des l-oches primitives du second ordre, qui se sont trouvees dans la spbere d'acti-
vite du foyer voleanique; c'est ä l'epoque des premieres et des plus anciennes ex-
plosions, qne les volcans les ont rejetees. Aussi le Vesuve n'offre-t-il de ees sub-
stances que dans les laves de la Somma, ou eta.it Fanden cratere de ce volcan;
et c'est en vain qu'on espeierait en rencontrer aus environs du cratere actuel, ou
Ton ne voit que des matieres tres-denaturees par le feu." — Vergl. auch Mobs, v.
d. Null's Min. Cab. 1804, S. 73.
40 *• e 1' '' ilrov ' c h.
ist die der ultra-plutonischen Schule, wälirend die neuere chemische
Geologie bekanntlich in der kristallinischen Beschaffenheit der
Kalksteine und deren Reichthum an Silicaten in der Nachbarschaft
eruptiver Massen, die Wirkung erhitzten Wassers und Dampfes —
für deren Aufsteigen eben an den Berührungsstellen verschiedener
Gesteine die Wege vorhanden waren — sieht. Von diesem Stand-
punkte aus äussert sich Prof. K. Peters1) über die Genesis der
Somma-Minerale in folgender Weise : „Was nun die Vesuvblöcke
anbelangt, welche dem Plutonismus bei Beurtheilung der Contact-
Mineralien eine so wichtige Stütze darboten, so möchte ich die Ar-
gumentation (der Plutonisten) jetzt umkehren und sagen: Weil die
Contactgemenge zwischen Syenit und Kalkstein auf dem Wege
feuriger Schmelzung nicht entstanden sein können und kein echtes
Feuergestein (Trachyt, Dolerit), wo es Kalksteingebirge durchsetzt,
von dergleichen Gemengen begleitet ist, so sind auch die Vesuv-
blöcke in ihrem gegenwärtigen mineralreichen Bestände nicht aus
einer Zusammenschmelzung desApenninenkalksteines mit den
alten Laven im Schlotte des Vulcans hervorgegangen, sondern sie
sind Trümmer eines alten Contactgebildes, welches in der_Region
der gespannten Wasserdämpfe im festen Kalksteingebirge entstand
und wahrscheinlich erst später in den Bereich des Lavaschlottes
gerieth. Es ist sogar sehr fraglich, ob eine in den Kalkstein injicirte
Lava (Leucitophyr oder Augitophyr) oder eine andere ältere Fels-
art das Materiale dazu geliefert hat. Da wir im Banat und bei Rez-
bänya Syenite kennen gelernt haben, welche (im Kalkstein analoge
Contacterscheinungen veranlassend) dem Alter nach der letzten —
dritten — Gruppe von Eruptivgesteinen angehören, nicht älter, viel-
leicht sogar jünger sind als der Grünsteintrachyt, so wäre es selbst
denkbar, dass dieselben vulcanischen Massen des Vesuvherdes,
welche an der Atmosphäre zu Augitophyr und Leucitophyr erstarrt
sind, in der Region des gepressten Wasserdampfes, innerhalb des
Apenninenkalksteines, sich zu granitartigen Gesteinen ausbilden und
als solche die Entstehung der Contactgebilde bedingen mussten."
*) Die Contactgebilde im Kalksteingebirge und der gegenwärtige Stand der ehem.
(ieologie. (Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaftl. Kenntnisse
in Wien. 1801.)
Rrystallographische Stadien über den Idokras. 4-1
Kry stalle von der Somrna. Unter den Mineralien der
Somma-Auswiirflinge ist der von hier zuerst bekannt gewordene Id.
durch Grösse1) oder Flächein eichthum seiner Kryst. besonders aus-
gezeichnet. Bei gewöhnlich dunkler Färbung — grünlich- oder roth-
braun, bräunlich-, röthlich- oder gelblich-grün — und meist gerin-
gen Graden von Pellucidität, besitzen die Flächen vorzüglich der
kleineren Individuen häufig einen so hohen Grad von Ebenheit und
Glanz, dass sie zu den besten Erwartungen am Goniometer berech-
tigen. Aber die Schälte und Übereinstimmung der Messungen lässt
meist viel zu wünschen übrig; mehrfache Fadenkreuze werden von
den anscheinend ebensten Flächen gespiegelt und an einzelnen Kry-
stallen weichen die gleichnamigen Kanten oft nicht unbeträchtlich
von einander ab, insbesondere wo die Kryst. mit anderen in den
Drusenräumen zusammentreffen. In denselben ist dichtes Gedrängt-
sein verschiedener individualisirter Minerale ganz bezeichnend für
den Fundort; häufig sind die Id. dadurch in ihrer Ausbildung gestört
und auch unter sich regellos oder in paralleler Stellung verwachsen.
Aggregate letzterer Art, wie die in Fig. 10 und 11 dargestellten,
konnten bei weiterer Entwicklung, wenn die einzelnen Individuen
noch mehr zurücktreten, einen scheinbar einfachen Gesammtkrystall
ergeben, an dem die geknickten oder verzogenen Flächen noch auf
die Zusammensetzung hinweisen. Nicht aber ausnahmslos wird ein
solcher Schluss statthaft sein, da mancherlei Verhältnisse und Einflüsse
während der Krystallbildung sich in ähnlichen Resultaten äussern
mögen. Nachweisbar an mir vorliegenden Exemplaren haben fremd-
artige Einschlüsse, wie von Glimmerblättchen, Gruppen von Augit-
säulchen oder Sodalithköi neben, ein Individuum beim Fortwachsen
!) Die grössten Krystalle, gut ausgebildete Säulen mit .vorwaltender Endfläche errei-
chen 30 Millim. Höhe und 40 Millim. Breite ; an einem Bruchstücke wurden selbst
CO Millim. Höhe und 40 Millim. Breite gemessen. Gewöhnlich sind die Vesuvian-
Kryst. 10 — 15 Millim. hoch und 4 — 6 Millim. breit. Monticelli und Corelli,
miner. vesuviana. Napoli 1825, p. 243. — In den ungemein reichen Vesuv-Schiänken
des Universitäts-Museums in Neapel zeigte mir Prof. S c acch i u.a. auch pracht-
volle Idokrase. An einem unvollkommenen Kr. — schwarz von Orthoklas und Am-
phibol durchdrungen — (001) . (110), konnte ich HO Millim. Höhe und 31 Millim.
Breite messen. Ein anderer, ein schwarzbrauner kurzsäuliger Kr. gab 24 u. 45 Mm.;
in seiner Gestalt, mit den vorherrschenden (001) u. (Hl») und den sehr untergeord-
neten (111), (100) u. (120), erinnert derselbe an die Kr. von Egg in Norwegen.
42 Z e p h ar o'v i c h.
in einzelne sich selbstständig entwickelnde Theile getrennt oder
schliesslich bei dem Streben dieselben zu überdecken , Verzerrun-
gen der Flächen bewirkt.
An Somma-Krystallen, welche theils säulig, theils tafelig und
nur zuweilen an beiden Enden ausgebildet erscheinen, wurden Flä-
chen der folgenden Formen beobachtet:
((001), (H3), (112), (111), (221), (331), (101), (302), (201), (301),
\ OP, y3P. %P, P, 2P, 'SP, Poo, %Poo, 2Pce, 3Poo,
((243), (121), (241), (132), (131), (151), (HO), (120), (130), (100).
( %P2, 2P2, 4P2, %P3, 3P3, 5PS, o=P, <n>P2. ccP3, <x»P~.
Von diesen sind (302) und (301) neu . (243) wurde von
Hessen berg1) aufgefunden. Die bereits bekannte (201) habe ich
nur anSomma-Kryst. und (151) ausserdem nur an einem Kryst. von
Egg in Norwegen beobachtet.
Die Fig. 1 — 11 stellen einige der einfachsten und complicir-
teren Combinationen dar 3).
Eine Abbildung, entworfen nach einem kleinen Kryst. desselben
Fundortes im Joanneum zu Graz, gab Haidinger in seiner Mine-
ralogie 1845, Fig. 314, S. 214. In derselben wurden die früher s)
mit 4P und 4P4 bezeichneten Formen nach den Beobachtungen
G. Rose's als 3P und oPo berichtigt. Letzterer hatte — wie Hai-
dinger damals auf einer Skizze des erwähnten Kryst. bemerkte —
4P4 niemals, dafür aber häufig 5 Po beobachtet. Ich selbst kann
letzteres vollkommen bestätigen; 5 Po habe ich an mehreren Kryst.
von der Somma, die zuerst von Hauy beobachtete 4P4 hingegen
i) Mineral. Notizen Nr. 2. Abhdlg. d. Senk. natf. Ges. zu Frankfurt a. M. Bd. II.
2) Vergl. auch Fig. 47 n. 48. — Ich habe, wenn es nicht besonders wünschens-
wert!) schien, vermieden bereits vorliegende Krystallzeichnungen wieder abbilden
zu lassen. — Zeichnungen von Somma-Kryst. entbiilt R. de l'lsle Cryst. II. Taf. IV.
Fig. 23, 20, 123, 124, 125, 127, 128; Levy, Atlas, XXXIII, Fig. 2, 4, G, 8, XXXIV,
Fig. 12. 13, 18—21; Presl, Atlas, VIII, Fig. 286, 291, 292, 294, 300, 302; D u-
frenoy, Atlas Tal'. 131, Fi-. 36, 37, 40. 41, 4(i. (Dir Fig. 36 u. 37 „une var.
de crislaux trcs frequente ; on en connait du l'ie'monl , de Siberie, du Tirol ei <lu
Vesuve« mit (00i)P, und (101)e* am Säulenende, statt (ooi) und (III): die Ver-
wechslung1 scheint auf der Annahme zu beruhen, dass an den Krysl. stets (HQ)M,
breiter als (100)A* sei) u. Desc I oizeaux, Atlas, XVIII. Fig. 103.
•*) In den Werken von Mobs 1824 und 1839. Diese Fig. ist unverändert, auch nach
Haidinge r1s Berichtigung in die Mineralogien von Brooke u. Miller I852s
Dana IS.'i.'i uml Des cl oizeaux I862 übergegangen,
Kryslallographische Studien über den Idokras. 4-3
nur an einem Kryst. von der Mussa-Alpe angetroffen, wornach letz-
tere Form zu den seltensten zu rechnen ist. Die Pyramide 4P dürfte
aber vorläufig-, da keine Messungen für dieselbe vorliegen, aus der
Reihe der Krystallformen des Idokrases ganz zu streichen sein
(s. S. 12).
Die Ähnlichkeit in den Gestalten der einfacheren Combinationen
in ihrer Einigungsart und in den Kantenwinkeln (s. S. 27 u. 28),
welche an den Kr. vom Vesuv und jenen vom Findelen-Gletscher bei
Zermatt bemerkbar ist, lässt sich auch weiter in der Beschaffenheit
ihrer Flächen verfolgen. Auch hier sind vollkommen ebene Flächen
nicht seilen, und geben meist nur die in den Combinationen vor-
waltenden (001) und (111) Parkettirung oder Riefung zu erkennen,
übereinstimmend mit den an den Zermalter Krystallen beschriebe-
nen (vergl. Fig. 10 u. 11, 50 u. öl). Als bezeichnend für die übri-
gens durch ihre Begleiter hinreichend kenntlichen Vesuv -Krystalle
dürfte sich vielleicht auch nach weiterer Vergleichung bervorheben
lassen, dass an denselben die Lamellen auf (001) nicht selten
krummlinig, gewellt, zuweilen auch fast kreisrund begrenzt sind,
wobei sich der Mittelpunkt der concentrischen, durch schichten-
förmigen Aufbau bedingten Linien, meist in einer Ecke oder Kante
der Endfläche befindet (Fig. 11). Die früher erwähnten Einknickun-
gen, so wie blasenartige Erhebungen, gelangen auf dieser Fläche
vorzugsweise zur Erscheinung. — Die Prismen sind zart vertical
und gewöhnlich (100) und die achtseitigen in weiteren Abständen
als (HO), gerieft.
Manche Krystalle zeigen bei starker Vergrösserung auf sämmt-
lichen Flächen sehr feine Poren, wie von Messerspitzen herrührend;
grössere narbige Unterbrechungen der Oberfläche werden oft durch
balbumschlossene und später wieder zerstörte oder herausgefallene
Minerale veranlasst.
Die Liste der die Jdokras-Krystalle in den Drusenräumen be-
gleitenden Minerale ist eine zahlreiche. Ich füge den Angaben über
diese *) einige Notizen bei.
Amphibol OP. — P. ooP. und Augit — P. P. Poo. ooP. ooPoo.
(ooPbo), grüne bis schwarze, oft sehr nette Kryställchen. — Calcit,
!) Monticelli u Covelli, I. c; Roth, I.e.; L e v y, Deseriut. d'uue collection,
1838.
44 Z e [i li a r o v i c h.
weiss, blaulich- oder graulich weiss t). — Fluorit, wasserhell, in Oktae-
dern und späthigen Partien. — Glimmer (Magnesiaglimmer, Biotit
und Phlogopit) Täfelchen von verschiedener, meist dunkelgrüner
Farbe. — Granat braun, gelblichroth; ooO, ooO. 202, und gehäufte
Körnchen. — Hauyn. — Humit. — Magnetit. — Mejonit. — Ne-
phelin. — Olivin. — Orthoklas (Eisspath), flächenreiche Kryställ-
chen : OP. Poo. 2Poo. ooP. (ooP3). (00P00). — Phillipsit. —
Pleonast. — Sodalith, wasserhelle ooO, ooO. 202; körnige Aggre-
gate. — Wollastonit. — Von diesen findet man ganz oder theilweise
von Id. -Kr. umschlossen: Amphibol, Augit, Calcit, Glimmer, Granat,
Sodalith und Magnetit.
Die mikroskopischen Untersuchungen Sorby's der Somma-
Minerale, Idokras, Calcit, Nephelin, Amphibol und Eisspath erwiesen
in denselben Hohlräume, welche er ihrem Inhalte nach als „fluid-, gas-
und glass-cavities" unterscheidet, und welche ihn in ihrem Zusammen-
vorkommen zu dem Schlüsse führen: „that the peculiar minerals,
characteristic to the hlocks ejected from Vesuvius, were formed at a
dull red heat, under a pressure equal to several thousand feet of rock,
when water, containing a large quantity of alkaline salts in Solution,
was present along with melted rock and various gases and vapours2)".
Die oben genannten Minerale enthielten alle „Fluid - Cavities",
Nephelin und Eisspath, ausserdem auch „Gas- und Glass-Cavities".
Die Flüssigkeit in den häufigen Höhlungen des Id. ist überreich an
Krystallen; nach der Ähnlichkeit mit jenen in den Fluid-Cavities, im
Calcit und Nephelin sind es z. Th. Würfel des Chlorkalium und
Chlornatrium. Die durch Contraction der Flüssigkeit in derselben ge-
bildeten Blasenräume erweisen durch ihre Grösse — sie erreichen bis
ein Drittel des Hohlraumes — dass bei der Krystallbildung eine
Temperatur von 38° C, Rothglühhitze, geherrscht habe.
Die Mannigfaltigkeit der Erscheinungsweise der Somma-Id.
wird noch erhöht durch die Verschiedenheit der Unterlage, auf
!) Der blauliche Calcit der Sommablöcke enthält nach Bischof organische Substanzen
(ehem. Geol. II. 1031). Roth fand solchen nach der Formel CaO.C08+MgO.HO —
also entsprechend dem Pencatit von Predazzo zusammengesetzt. (Zeitschrift der
deutsch, geol. Ges. III, 18Si, S. 142.)
2) Sorby, on the microsc. strueture ot crystals, indicat. the origin ofmin. and rocks,
Quart. Journ. geol. soc. XIV, 185.S, 482; s. Tat'. Will. Fig. TS. 79, 1)2, IKJ.
Krystallographische Studien über den Idokras. 4-i)
welcher sie nebst vielartigen Begleitern sich entwickelten. Es sind
theils körnige Kalksteine, theils krystallinisch-körnige Gemenge von
Silicaten, vorwaltend ausAugit, Granat, Glimmer, Id., Olivin undSoda-
lith in wechselnden Verhältnissen bestehend, welche die krystall-
reichen Hohlräume enthalten. An den Wandungen derselben bemerkt
man in den Kalkblöcken häutig späthigen Calcit von weisser, bläu-
lich- oder graulichweisser Farbe; zuweilen erscheint auch weisser
Calcit von blauem durchadert — also auch hier die an anderen
hlokras-Localitäten bekannte eigentümliche Färbung des Calcites.
Auf der körnigen oder lamellaren Calcit - Unterlage haben sich
hin und wider kleine Calcit- Rhomboeder ausgebildet. In einem
Drusenraume fand ich an Exemplaren im Wiener k. k. Mineralien-
Cabinet sämmtliche Kryst., Id., Amphibol und Glimmer mit einer
äusserst dünnen, schimmernden weissen Kruste von jüngerem Calcit
überdeckt. Eigentümlich zeigten sich an einem anderen Stücke
kleine halbkugelige oder geflossene Gestalten von weissem, mattem
Calcit, auf Id. -Kryst. hie und da gleichsam wie aufgeträuft; die
Unterlage bildet körniger Kalk mit reichlich eingemengtem Glimmer,
wie dies so häufig vorkommt.
Cooibinationen und Kantenwinkel, beobachtet an einigen Krystallen
von der Summa.
Fig. 1, 2 und 3. Einfache Combinationen mit Flächen von
c(001),i»(lll), o(10i), w(110), /"(120), «(100),
an welchen oft ganz schmal noch (331) und (131) erscheinen.
Zuweilen ist (001) noch mehr als in Fig. 1 ausgedehnt bis zum
völligen Verschwinden von (Hl).
Fig. 4. c(001). $(l\Z).p(\il).b(22l).t(331). o(101).
<121).;(132).s(131).™(110)./(120).rt(100).
Gemessen Gew. Gemessen Gew.
pirrn — 52° 42' .... (2) ;?/«4 = 34° 30' (3)
t^mk = 23 i0\'2 .... (2) />4 = 18 20 (2)
Fig. 5. c(001) . 3(113} -Kill). *(221)- *(331). o(101).
t(132).s(131).u(151).m(110)./(120).4100).
46 Zepharovic h.
Gemessen Gew. Gemessen Gew.
pzPi = 50° 36 y3' . . . . (3) pa4 = 64-47%' (2)
p20l = 25 20i/2 .... (2) p434 = 22 -28i. 4 (2)
Pi0i = 25 16y3 . . . (2) «'«4 = 61 46 (3)
Pkmk = 52 50 .... (2) ?>4 = 52 «2% (2)
Fig. 6. c(001) . .5(113) . j»(lll).-f(331).o(101).€(302).
7t(301).2*(132).s(131).rf(241).m(110)./(120).«(100).
Gemessen Gew. Gemessen Gew.
oza% = 61° 46' .... (2) «,o == 90° 13' (1)
ozc = 28 Uy2 .... (1) ö4e = 89 47 (1)
90 — ys 180 -
Die neuen Flächen £ = a/zPoo und ?r = 3jPoo äusserst schmal,
rc überdies gekrümmt; als Mittel aus je drei sehr approximativen
Messungen ergab sich ^«j =51 49' und ^aj =31 441/3'.
Bemerkenswerth ist, dass die ot mit der sonst nicht mehr
beobachteten Zuschärfung ihrer Kante gegen c, äusserst verzogen
gleichsam unfertig und mit abnormer Neigung gegen c und a
erscheint. Ich fand nämlich
ox c = 24° 41 '
oi ai = 64 46
89° 27'
Fig. 7. Idealisirtes Bild der Combination Fig. 5, welche so
wie die Fig. 2, 3 und 4 nach tafelartigen Krystallen im Wiener
Mineraliencabinet entworfen sind.
F.g. 8. c(001) . 5(113) . p(lll) . *(331) . o(101) . «(201).
4241)./(132).s(131).v(t51).w(110)./(120).«(100).
Sehr glattflächiges Krystallfragment erhalten von Dr. Krantz.
Gemessen Gew. - Gemessen Gew.
Pi c = 37° 9' . •. . . (2) «, i\ = 14° 29' .... («)
M, c = 47 1 . . . . («) M] ${ = 19 4 .... (a)
m, «i =42 56 .... (I) t<8c =69 48i3 . . . . (fl)
Mj ot = 18 22</3 ... (1) t>8t>7 = 21 34 .... (1)
,/, s, = 10° 45* .... (o).
Fig. 9. c(00i).p(Hi).o(i01) . m(201)./(243) . z(121).
rf(241).i(l32).s(131).w(i81).w(100)./(120).a(100).
Krystallographische Studien über den Nokias.
47
Hesse nberg, dessen trefflichen mineralogischen Notizen
(Nr. 2, 1. c.) diese Zeichnung entlehnt ist, fand an den neuen, vor-
züglich spiegelnden Flächen von l = */3P2.
lp =, 11° 20'.
Neben dem Idokras Hess sich im Gesteine und in dessen Hohl-
räumen noch unterscheiden: Sodalith, Nephelin, Granat, Diopsid
und Hornblende.
IHittelwerthc aus allen Hessnn;
jen an Rrystallen
Ton der .
"ioinnui.
W i u k e 1 de r Norm
a 1 e n
n
S(P)
/(Hl) : c(00i)
37° 12','
8
8
»j'(HO)
52 471',
19
19
p*(iil)
50 32%
2
4
«'(100)
60 40
3
4
3'(H3) : r(00i)
14 16
3
a
/(Hl)
22 59i/o
8
5
S'(221) : m'(HO)
33 18 ya
2
a
*'(331)
9 34
2
2
<(331):m'(110)
23 30
8
10
/(Hl)
29 4y4
3
4
f(210)
26 2%
«
o'(lOi) : c(001)
28 141/,
1
«'(100)
61 45V2
10
21
03(101)
56 303/4
1
/(Hl)
25 171/.
6
12
£'(302) : «'(100)
51 49
a
w'(201) : c'(OOl)
47 1
«
«'(100)
42 56i/.,
1
o'(lOl)
18 35
1
/(Hl)
31 . 914
2
m'(HO)
59 3
1
-'(301) : «'(100)
31 441 '3
a
2(211) :m'(H0)
43 8%
1
d'(421):t>(001)
67 19
«
f(210)
22 40
«
«'(100)
34 29
«
///(HO)
28 37
2
/(Hl)
33 3
«
<(331)
16 59
2
s'(311)
10 42
3
»'(511)
14 27
1
48
Z e i> h a r o v i c h.
Winkel der Nor in
a 1 e o
n
S(v)
t*(312) : c(00i)
40° 17'
2
2
ö'(iOO)
52 9%
5
10
^(3l2)
23 32y3
1
1
^(1 32)
33 32" 4
1
3
j»'(lli)
16 45%
4
8
*'(331)
33 17
1
2
m'(110)
54 32
2
2
o'(iOi)
15 46
1
2
w'(201)
14 23
2
2
,'(211)
11 20 i/a
1
1
s'(311):c(001)
59 30
2
2
a'(lOO)
35 13i/4
2
5
/(Hl)
29 32 1/3
2
2
jȊ(lll)
50 22
1
2
m'(HO)
39 43%
2
2
«'(201)
19 11
3
1
?'(312)
19 13
2
3
t/(511) : c (001)
69 48i/3
1
a
a' (100)
22 571/3
3
4
»3(511)
21 34
1
1
/(Hl)
41 43
3
«
«'(331)
31 23
1
2
f(210) :«'(100)
26 32
9
12
m'(110)
18 31 1/3
6
8
a'100:c(100)
90 5
5
5
?n'(110)
44 59ii ,'18
14
18
Das spec. Gewicht fand ich
Magnus J)
Rammeisberg 2)
3-447, 3-445 an 2 Kr.
3-420,
3-382, gelbbraun,
3-428, dunkelbraun,
Mittel = = 3-426 (5)
Id. wurde auch als Gemengtheil der krystallinischen Auswurfsmassen am Mte. Vul-
ture bei Melfi von Tenore und Gussone ang-eg-eben (Memoria sulle pere-
grinazioni eseguite nel 1833—1838. Napoli 184'i, pag. 108). Scacchi und Pal-
mieri konnten aber den Id. daselbst nicht auffinden. (11 Monte Yulture ed il tre
i) Poggend. Annal. 1830, 477.
a) Mineralchemie, 1860, 734.
Krystallographische Studien über den Idokras. 49
muoto del dl 14 Agosto 1851. Napoli 1852; pag. 112.) Weder zeigen sieh liier die
an der Somma so häufigen Kalkblöcke, noch kommt Caleit im Gemenge der Aus-
würflinge vor. Letztere bestehen wesentlich aus Augit, Glimmer und Olivin, zu
welch' ersterem sich noch als besonders bezeichnend für die Localiliit. grauer oder
blauer Hauyn und Titaneisen, und Apatit gesellen. (L. c. pag. 81.)
Toscaua.
Von Pitigliano (lei Sovana am Fiora Fl. unweit der römi-
schen Grenze) bewahrt das Wiener Mineraliencabinet grosse Plat-
ten, bedeckt mit Drusen von braunen Id. -Kr. — (OOl).(l 1 1).(33I).
(101). (3H). (110). (120). (100), begleitet von Granat — ferner
krystallinisch-körnige Id. -Aggregate. An einem Exemplare von die-
sem Fundorte1) beobachtete R. Blum in Drusenräumen einer dich-
ten Granatmasse auf einem körnigen Gemenge von Granat, Id. und
Augit (Pyrgom), Kr. dieser Minerale in manchfacher Berührung mit
einander, sich wechselseitig überdeckend oder umschliessend und
daher von gleichzeitiger Bildung. So sind auf einem grossen, gelb-
lich-braunen Id.-Kr. (100). (HO) . (130) . (001) . (111), viele
wein- und honiggelbe Granat-Kr. oo0.303/2 abgesetzt oder in den-
selben tiefer eingedrungen, so dass nur noch einzelne Kanten und
Ecken des letzteren vorragen. Auch Augit-Kr. sind auf- und einge-
wachsen; eben so findet man in Granat und Augit, mehr weniger
eingesenkt, kleine Individuen von Id.3). — Das Vorkommen des Id.
zu Pitigliano darf man wohl mit der eruptiven Thätigkeit des nach-
barlichen alten Trachyt-Vulcanes, des Monte Amiata, in Verbindung
bringen, und für denselben eine analoge Genesis wie für dieSomma-
Kr. annehmen.
i) G. Santi (Viaggio secondo per la Toscann, Pisa 1798, p. 46—48) fand Id. in den
Feldern oberhalb der Madonna del Gradone bei P i t i g I i a n o am linken Ufer des Fiora
Fl. in ansehnlichen Massen, — ferner 1V2 Meile davon, beim Pantano-Hofe, mit braunem
Granat (Colophonit).
2) Leonh. u. Br. Jahrb., 1851, S. 659.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. ßd. I. Abth.
1)0 Z c ]i h a r ii v i eh.
Piemont.
So zahlreich in allen Sammlungen die prachtvollen Krystalle
von der „Mussa- Alpe" oder„AIa" vertreten sind, so spärlich und
ungenau sind üher das Vorkommen daselbst Berichte in der Lite-
ratur zu finden ')• Es war m^v daher hoch erfreulich meinen Wün-
schen und Fragen, von Seite der Herren Professoren Q. Sella und
B. Gastaldi in Turin, so reichlich entsprechen zu sehen. Ein an-
sehnliches Materiale von 98 Id.-Krystallen wurde mir freundlichst
aus dem Turiner Museum anvertraut; darunter waren viele ausge-
zeichnete zu eingehenden Untersuchungen geeignet. Prof. Sella
theilte mir mit, dass er selbst zahlreiche Messungen an dem man-
ganliältigen Id. vorgenommen, und wollte mir seine Resultate bereit-
willigst zur Verfügung stellen. Aber die bald darauf erfolgte Berufung
desselben zu einem hohen Staatsamte machte leider die Sichtung
und Zusammenstellung der Beobachtungen unmöglich. Möge Sella
bald Gelegenheit gegeben sein, was ich nun über diese Krystall-
Varietät aufzeichnen konnte, zu ergänzen und zu berichtigen.
Prof. Gastaldi hatte selbst vor längerer Zeit, in Verfolgung
geologischer Studien, die Localität besucht und mich von seinen
Erfahrungen freundlichst in Kenntniss gesetzt; eben so verdanke ich
demselben eine Reihe von instructiven Exemplaren, welche ein treff-
liches Bild des Vorkommens geben.
Die Mussa-AIpe liegt unweit vom oberen Ende des beiLanzo
in die Turiner Ebene mündenden Ala -Thal es am Fusse der Testa
ciarva, einem hohen Felsen mit Gletscher-Furchen beiläufig 6000
Fuss über dem Meere.
Oberhalb der Alpe an der Testa ciarva ist die durch Mineral-
reichthum ausgezeichnete und vielfach ausgebeutete Fundstelle er-
öffnet, in Granat- und Idokrasmassen, welche den krystallinischen
Schiefern der alpinen Centralkette angehören. Aus der Ähnlichkeit
des ganzen Vorkommens dürfte wohl anzunehmen sein, dass, wie
in Zermatt (Ob.- Wallis), so auch in Mussa diese Minerale lager-
oder nesterartige Ausscheidungen in chloritischem Schiefer bilden.
!) Konvois in hat das Mineral als „Peridot-Idokras" bekannt gemacht mit der An-
gabe, dass es den, aus Serpentin bestehenden Felsen Testa ciarva in Adern durch-
ziehe. Journ, <le Phys. LX1I, 409. — A. Brogniart, Min, 807.
Krystallographische Studien über den Idokras. 5 !
IVlir vorliegende Stücke zeigenden allmählichen Übergang von chlorit-
oder kalkschieferartigem Gestein in die Granat- oder Idokrasmasse,
welche als Träger der schönen Krystalldrusen erscheint.
Der Farbe nach sind von den Id.-Krystallen der Mussa-Alpc,
zwei auch in krystallograpliischer Hinsicht zu trennende Varietäten
zu unterscheiden, die grün und die braun gefärbten. — Die grü-
nen Krystalle bilden Drusen auf gleichartiger gelblich-grüner Id.-
Unterlage, welche stetig von krystallinischer Gestaltung zu grobkör-
nigem bis dichten» Gefüge übergeht. Die licht- bis dunkelbraunen
Krystalle hingegen, nach Sismonda's Untersuchung 7-1 Mangan-
oxydul enthaltend1), sind auf feinkörnigem bis dichtem, röthlich-
grauem oder braunem Granat in Drusen- und Klufträumen aufgewach-
sen; seltener lagern sie in stengeliger, egeranartiger Ausbildung
unmittelbar auf dem Schiefer.
In den Drusenräumen erscheinen als Begleiter des Id. hell
lauch- bis schwärzlich-grüne Klinochlor-Täfelchen 3), Schüppchen
und Täfelchen von silberweissem oder grünlich-grauem Talk, ausge-
zeichnete Krystalle von wasserhellem oder weissem Apatit und hyazinth-
rothem Granat, dannDiopsid- undCalcit-Kr., erstere in der lichtgrau-
grünen „Alalit" genannten Varietät. Diese mannigfaltige Kr. - Ent-
wickelung zeichnet insbesondere, wie es scheint, die Hohlräume des
Granatgesteines aus; die hier vorkommenden braunen Id. erscheinen
meist in schlanken Säulen, liegend, nicht selten gekrümmt, geknickt
oder zerklüftet — so wenn sie Klinochlorblätter überbrücken — oder
aufgerichtet und an den freien Enden einfach, auch zuweilen flächen-
reich begrenzt. Besser ausgebildete Individuen aller genannten
Minerale fand ich eingeschlossen in Calcit, der an meinen Exem-
plaren stets oberflächlich deutliche Spuren ätzender Einwirkung
trägt. Eben so umhüllen Id.- und Granat-Kr. häufig Klinochlor- oder
Talkblättchen s).
i) Mem. della R. Acad. d. so. di Torino I. Seria XXXVII, 93.
2) Von Descloizeaux optisch untersucht. Miner. I, 1862, 444.
3) In einer schönen Druse, auf äusserst feinkörnigem, rothgrauen, zum Theil mit
Klinochlor gemengten Granat, beobachtete ich, den Grund vorwaltend mit sechs-
seitigen Klinochlor-Täfelchen und Hyazinth-Granaten ausgekleidet; letztere in ge-
häuften Körnchen und nach einer trigonalen Axe verlängerten kleinen oaO. Aus diesen
ragten stellenweise empor: dicke und zart nadelfönnige, stark geriefte braune
Id. -Prismen, rothbraune grössere Granaten ooO . 202. ooOoo , eine Gruppe sehr
4*
i) 2 Zepharo v ich.
Minder reichlich scheinen sich die Begleiter der grünen Id.
einzufinden. Vornehmlich ist es der hyazinthrothe Grossular, der
sich durch wohlgebildete, mitunter ansehnliche Kr. (211) . (Oll)
bemerkbar macht. Auch dieser ist gleichzeitig mit dem Id. gebildet;
feine Nadeln des letzteren dringen vielseitig in die Granat-Kr.
ein, welche zuweilen ganz frei in die spiessigen Aggregate ein-
gesenkt sind. — Blum fand manche Kr. von der Mussa-Alpe etwas
fettglänzend und weich, so dass sie leicht mit dem Messer zu ritzen
sind; ihm scheint dies auf eine beginnende Umwandlung in Steatit
zu deuten *)•
Nach den angegebenen Verhältnissen , insbesondere der ver-
schiedenartigen Unterlage, durch Gastaldi an den zahlreichen
Suiten der Turiner Sammlung festgestellt, dürfte das Vorkommen
der grauen und braunen Id. -Varietät auf getrennter Lager-
stätte — schon aus der verschiedenen chemischen Beschaffenheit
wahrscheinlich wohl anzunehmen sein. Überdies zeigte keines der
Stücke, welche ich untersuchen konnte, die beiden Kr. -Varietäten
neben einander. Die seltene braune Färbung der oberen oder der
mittleren Partie mancher grüner Kr. — sollte sie ebenfalls durch
Mangan bewirkt sein — kann bei der muthmasslichenNachbarschaft
der beiden Lagerstätten nicht befremdend erscheinen.
netter wasserheller vielflächiger Apatit-Täfelchen, endlich eine krystallinisehe Partie
von Calcit, einzelne Granat und Apatit-Kryställchen einhüllend — alle anscheinend
von gleichzeitiger Bildung. — Ein ähnliches Stück von Mussa beschrieb Kenngott
und bestimmte am Apatit: OP . i/2P . P . 2P . P2, . 2P2. —J3, "g ' °°P' °°P . =
ooPZ, am Granat ooO.IOZ.mOn.ooOl. (Übersicht der miner. Forsch. 1861, 17.) —
Mit der Angabe „äusserst selten" enthielt Gastaldi's Sendung von Mussa auch ein
Exemplar: brauner Id., und Hyacinth-Granat eingewachsen in einem verwitterten
Minerale, sehr ähnlich dem Laumontit. Dieses bildet eine 15 Millim. starke plalten-
förmige Masse, welche nach einigen Resten auf einer Breitseite zu schliessen, auf
derbem Granat lagerte, und auf das Innigste durchweht ist von Id. -Nadeln, die von
12 Mm. Länge und 1 Mm. Breite bis zur Dünne der feinsten Haare herabsinken, so
<Jass von diesen freie Partien nur äusserst spärlich anzutreffen sind. Ausser kleinen
vielflächigen Granaten erscheinen noch Calcit-Theilchen und einzelne Klinoehlor-
Schüppchen in der krümmeligen, gelblich- oder graulich-weissen Masse eingesprengt.
Im Kölbchen erhitzt gibt dieselbe viel Wasser ab und wird dunkelgrau; das Pulver
wird mit C1H digerirt vollständig, unter Abscheidung von gallertartiger SiO3, zer-
setzt; ausserdem wurden noch CaO und AIO3 mit Spuren von Fe~03 nachgewiesen.
Vor dem Löthrohre schmelzbar unter starkem Schäumen zu einer weissen email-
artigen Perle. Nach diesen Reactionen dürfte das Mineral wohl Laumontit sein,
i) Pseudomorpbosen, 1843. S. 137.
Krystallographische Studien iiher den Idokras. i) o
Auch dass von zwei anderen Localitäten Piemonts nur mangan-
hältiger Id. — wahrscheinlich unter gleichen geognostischen Ver-
haltnissen vorkommend — bekannt ist, spricht für obige Ansicht. Es
sind dies nach Gastaldi das Thal von Ceresole (Locana), das
zweitnächste Parallelthal zu jenem von Ala, jenseits der Kette des
Monte Levanna, und Gressoney (nördlich von Ivrea) am südlichen
Fusse des Monte Rosa. An beiden Fundstellen sind die Kr. sehr
selten. Von der ersteren stammen schöne, grosse, rüthlich-schwarze
Kr. mit Apatit, Calcit, Talk und Augit1); also ganz ähnlich dem Vor-
kommen von Mussa.
Im Ala-Thale lieferte auch die Localität Corbassera Id. -Kr.;
dieselbe scheint aber gegenwärtig ganz ausgebeutet zu sein2).
Krystalle von der Mnssa-Alpe im Ala-Thale.
A. Grüne Varietät.
An 81 Krystallen Hessen sich Flächen der folgenden Formen
bestimmen:
1(001). (1,1,20), (1,1,10), (119), (118), (116), (115), (114). (113),
( op, i/80p, yiop, %p, y8p, y6p, y5p, y^p, yzp,
( (112), (335), (111), (221), (331), (102), (101), (121), (383), (139),
( VZP, %P, P 2P, 3P, KPco, P*o, 2P2, %P%, ysP3,
j(269), (132), (131), (141), (171), (110), (330), (120), (100).
\ 2/.P3, %P3, 3P3, 4P4, 7P7, ~P, ~PV3, <x>P2, ooP<n>.
Sobald die grünen Mussa -Kr. zu einer freieren Entwicklung
gelangten, zeigen dieselben eine säulenförmige Ausbildung mit vier-
oder mehrseitigem Umriss , wobei die Fläche von (110) in der
Regel weit breiter als die übrigen Prismen ausgedehnt sind, zum
Unterschiede von den rothbraunen Krystallen derselben Localität,
bei welchen (100) vorherrscht. Durch überwiegend vortretende
Flächen einzelner Prismen werden zuweilen eigenthümliche Säulen-
umrisse veranlasst, wofür die Figuren 27 und 28 Beispiele geben.
Bei der Schwierigkeit, welche sich der Messung der Prismen-
i) G. Leouhards topogr. Min. 1843, 293.
a) In einiger Entfernung von Mussa findet man, nach Gastaldi, in den krystallinischen
Seliiefern Magnetit, liegleitet von ßornit und Granat, ferner Amphibol, Sphen und
Gänge (Filons) von Smaltin und Rnmmelsbergit.
J) 4- Z e p li ;i r o v i c li.
flachen, ihrer Furchung und Krümmung wegen, entgegenstellt, habe
ich mich mit der Nachweisung der vorgenannten begnügt; die Be-
stimmung Yon (350) an zwei Krystallen, welche in Fig. 16 und 17
abgebildet sind, wurden mit dem Anlege-Goniometer vorgenommen
und nur hervorgehoben, als ein durch breitere Ausdehnung bemer«
kenswerther Fall des Vorkommens von Übergangsflächen zwischen
(110) und (100).
Eine so reichliche Entwicklung der Zone [001.111], wie sie
hier vorliegt, hat sich an keinem andern Fundorte wieder gezeigt;
sie bekundet ein Übergangsstreben zwischen den beiden Haupt-
flächen (001) und (111), welches überdies noch angedeutet wird,
durch die häufige, eine sichere Messung erschwerende Krümmung,
der immer mit sehr geringer Breite auftretenden, intermediären
Flächen. Zwischen (111) und (HO) hingegen war allein (ein
paar Ausnahmen abgerechnet) (331), wenn aucli häufig nur ange-
deutet, in fast allen Fällen zu beobachten, und zwar scharf-
kantig gegen die genannten Nachbarflächen begrenzt. Die Kante
(331.110) zeigt oft in Folge der Unebenheit der Prismenflächen
einen krummen oder gezahnten Verlauf.
Über die grosse Mannigfaltigkeit der Combinationen an den
freien Enden der Krystalle gewinnt man am leichtesten einen Über-
blick, wenn man dieselben nach der Entwicklung der Fläche (001)
zu gruppiren sucht. Es ergeben sich dann drei Haupttypen.
Hab. 1. Die Endfläche wenig ausgedehnt. — Hierher gehören
die häufigsten und einfachsten Combinationen, welche unter dem
Schema (111). (001) — (101). (/</</) h<l . (331). (121). (132).
(131) zusammengefasst werden können (Fig. 12, 16, 18, 21, 22,
23,25), und die vielflächigen, selteneren Fälle, wenn (111) u. (101).
gemeinschaftlich oder letztere allein, vorwalten (Fig. 15, 20, 27),
oder nebst diesen beiden noch andere Pyramiden stärker entwickelt
sind, wie in dem Krystalle Fig. 19, an welchem die für Mussa
sehr seltenen Formen t(H2), 6(221) und v/(141) auftreten.
Hab. 2. Die Endfläche breit angelegt oder allein die Säulen
abschliessend. — In innigem Anschluss an den ersten Habitus gelangt
dieser doch minder häufig zur Ausbildung und hat dann meist sel-
tene Flächen im Gefolge, wie (833), Fig. 24, (113), (102),
(139) und (269) Fig. 28, oder ist durch das Fehlen oder Zu-
rücktreten von (Hl) bemerkenswert!! (Fig. 30). Auch an doppel-
Krystallogranhische Studien über den Idokras. 55
farbigen Krystallen beobachtete ich diesen Habitus, der an denroth-
braunen Mussa-Kr. der vorwaltende ist, so an dem pistaziengrünen,
von einem hellbraunen Bande quer durchzogenen Kryst. , Fig. 32,
von der Form (001). (1 10). (100); und an einem 17 Mm. hohen
und 11 Mm. breiten Individuum, Fig. 29, welches unten pistaziengrün,
oben bräunlichroth gefärbt ist, und um (001) einen grossen Reich-
thum an Flächen, mit einer eigenthümlichen Zeichnung auf (001)
(111) und (331) zeigt.
Hab. 3. DieEndfläche nicht vorhanden. — Dies ist der seltenste
Fall, welcher ausser an sehr kleinen Kr., von der einfachsten Com-
bination (1 11) . (131). (HO) ebenfalls, wie zum Theil Habitus 2.
an einem zweifarbigen Individuum bemerkt wurde; eine schlanke,
16 Mm. hohe, ölgrüne, unten schön hyacinthrothe Säule (110). (100),
wird vorwaltend achtseitig zugespitzt durch (131), Fig. 33, und
erinnert in dieser Ausnahmsgestalt an die Krystalle des uralischen
Id. von PoJjakowsk und an jene aus dem Saas-Thale in der Schweiz.
Die Art, wie die früher genannten Flächen an den Säulenenden,
oft zu sehr unsymmetrischem Ansehen, zur Ausbildung gelangten,
ist in den Fig. 13, 15, 18 u. a. möglichst naturgetreu dargestellt.
Die Flächen von (001), (111), (331), (101) und (131) zei-
gen mit wenig Ausnahmen jede in eigener Weise eine bestimmte
Oberflächen-Beschaffenheit, welche vorzüglich geeignet isf,
bei unsymmetrischen Krystallen die Orientirung zu erleichtern.
Die glänzende (001) ist nur selten vollkommen eben; meistens
gewahrt man auf derselben, gewöhnlich nur bei starker Vergrös-
serung , parketartig oder regellos vertheilte, quadratische Täfel-
chen. Wo dieselben mit grösserer Deutlichkeit entwickelt sind,
lassen sich in grösster Mannigfaltigkeit neben einander lagernde,
äusserst flache Pyramiden und die verschiedensten Combinations-
erscheinungen dieser mit (001) erkennen; das Ganze, äusserst
wenig über die Endfläche des Krystalles erhaben und nur bei gewis-
ser Stellung gegen das einfallende Licht erkennbar.
In anderen Fällen beobachtet man als Begrenzung ausgedehn-
terer, stufenweise übereinander folgender Blätter, in ein oder meh-
rere Systeme gesondert, zarte Linien, welche gerade oder wellig
verlaufend, rechtwinkelig zusammenstossen oder concentrische, oft
lappig ausgefranste Ringe bilden. Letzteres ist seltener, und dann
liegen die Mittelpunkte der Ringsysteme in den Ecken oder an den
56 Zepharovic h.
Rändern von (001). Zuweilen enden die sich überdeckenden, und
von einer Ecke der Fläche ausgehenden Lamellen ganz unregelmässig
und ziehen schief über dieselbe hin.
Die genannten Fläclienzeichnungen treten nicht selten com-
binirt auf, insbesondere ist häufig die klein -quadratische Täfelung
auf linear-gezeichneter Grundlage zu finden. An einem beiderseits
ausgebildeten Krystalle fand Kenngott1) eine Basisfläche getä-
felt, die andere einfach gerieft parallel der Combinationskante mit
(111); von einer zweiten Riefungsrichtung war keine Spur zu sehen-
Die Vertiefungen auf (001) sind entweder durch Lücken in
der Einigung der Flächentheilchen oder durch nachherige Erosion
veranlasst, und zeigen ebenfalls quadratische Umrisse.
Derart ist stets (001) entsprechend der Gestalt der kleinsten
Theilchen,wo sich diese nicht unter einer vollkommenen Ebenheit und
Glätte der Fläche der Beobachtung entziehen, charakteristisch markirt,
und es darf wohl diese Erscheinung nicht als ein Ausdruck der selbst-
ständigen Vergrösserung einzelner wie in einem Bündel vereinter
Kryställchen aufgefasst werden; ein Individuum vergrössertesicb, in-
dem auf seinen Flächen bereits grössere erkennbare contourirte Blätt-
chen sich ablagerten, oder die kleinsten Theilchen sich auf denselben
in regelmässigen Umrissen zusammen fanden. An einzelnen Stellen
der Flächen macht sich zuweilen ein lebhafteres Aufbauen bemerk-
bar und bedingt grössere Unebenheiten; bald sind es die Kanten
gegen (Hl), die rascher sich erheben und wallartig ein vertieftes
rechteckiges Feld umschliessen, bald ist es die Mitte der Fläche,
die, wie ein hervortretendes Stockwerk, mit den Flächen (001),
(111), (110) höher aufstrebt. Solche Fälle scheinen aber bei den
Mussa-Kr. zu den Ausnahmen zu gehören und im Allgemeinen
das Wachsen, vorzüglich an den freien Krystallenden, ein gleich-
massig und langsam fortschreitendes gewesen zu sein.
Häutig haben aber zwei oder mehrere benachbarte Krystalle
löt'lbauend sich seitlich berührt und, die Lücken ausgleichend, zu
einem Gruppen-Kr. vereint. In vielen Fällen ist ein solches Zu-
sammentreten noch deutlich nachzuweisen; über die oberen Flä-
chen ziehen dann die Trennungslinien der Individuen hin, anfangs
<} Ubers. <1. minor. Forsch«».. 18öS, S. 100
Krystallographische Studien über den Idokras- 57
noch gerade oder gesetzmässig winkelig, — gekrümmt, wenn die
Ausgleichung weiter vorgeschritten aber noch nicht vollständig
gelungen; so erscheint die (001) oft wie gebrochen, mehrfach in
Felder getheilt. Dasselbe zeigt sich auf den Flächen von (111).
Nur höchst selten wird man unter den vier glänzenden Flä-
chen der Pyramide (111) Eine vollkommen eben finden; das fort-
wachsen durch aufgelagerte Lamellen bedingt hier verschieden-
artige Zeichnungen, die sich aber leicht auf einander beziehen
lassen. Den Ausgangspunkt gibt die einzelne pentagonale Lamelle
mit drei Winkeln von 90° und zweien vonl35°, die, in idealer Regel-
mässigkeit gedacht, entweder eine in ein Quadrat und ein gleichseiti-
ges Dreieck zerlegbare Figur bildet (s. Fig. 24), oder auch in eini-
gen Fällen ein Quadrat darstellt, in welchem ein Winkel durch eine
einzelne Seite ersetzt ist (s. Fig. IS). Immer sind nun diese Pen-
tagone so auf den Flächen von (111) anzutreffen, dass ihre einzelne
Seite mit der Kante (001 : 111) parallel liegt, und bei jenen der
ersten Art, die beiden gegenüber liegenden Seiten, den Kanten von
(111) mit (132) und (312), das Seitenpaar aber den Kanten von
(111) mit (010) und (100) gleichlaufend sind; während bei den
Pentagonen der zweiten Art die beiden Seitenpaare den Kanten von
(111) mit den vier Flächen von (100) parallel liegen. Nie wird man
die Penfagonal-Lamellen in einer anderen Stellung gelagert, desto
öfter aber sie von ihrer idealen Figur abweichen sehen; als Dreiecke,
als breite oder spitze infulartige Schuppen gestaltet und häufig von
stufig oder gekrümmt verlaufenden Linien eingeschlossen. Diese ein-
zelnen Lamellen lagern nun entweder über einander mit gleichlaufend
zurücktretenden Rändern, oder sie sind zahlreich neben einander über
die (111) Flächen in verschiedenen Abständen zerstreut. Haben sich
aber solche Lamellen zu geschlossenen Reihen vereint und diese
über einander sich auf die Fläche gelagert, so wird auf derselben,
je nach ihrer innigeren seitlichen Fügung eine band- oder mauer-
steinartige Zeichnung in feinen Linien erscheinen; die Bänder zie-
hen parallel der Kante (001 : HO) über (111) hin und veranlassen
bei abnehmender Breite eine zarte Riefung der Fläche, oft auch —
auf einen minder ruhigen Vorgang deutend — zeigen die einzel-
nen Blätterschichten einen unregelmässigeren, welligen oder ge-
krümmten Rand; immer aberscheint die Überdeckung der Fläche
von den Kanten mit (001), (110) und (101) aus (letzteres
58 Zepharovich.
wohl am seltensten) gegen die Mitte zu gestrebt zu haben. Unter
allen untersuchten Mussa-Krystallen habe ich keinen gefunden, der
nicht von den beschriebenen Erscheinungen, eine oder mehrere auf
die mannigfaltigste Weise verbunden, wenigstens auf einer der (111)
Flächen deutlicher gezeigt hätte. — Mit der Figur der aufsitzenden
Lamellen stehen auch die Vertiefungsgestalten , die man zuweilen
auf derselben Fläche gewahrt, in Zusammenhang; auch sie haben
nach Begrenzung und Anordnung eine sehr grosse Verschiedenheit
aufzuweisen.
In den Polkanten der Pyramiden (111) liegen, bald mehr, bald
minder breit, an vielen Krystallen die Flächen von (101) zuweilen
weniger glänzend als die ersteren oder auch nur schimmernd, mit
zartgekörnter chagrinartiger Oberfläche. Lebhafter glänzende Flä-
chen lassen aber bei einiger Vergrösserung, Ablagerungen mandel-
oder zitzenförmiger Schüppchen, alle mit den Spitzen gleichförmig
und zwar meist nach abwärts, gegen (100) gewendet und ge-
wöhnlich dachziegelartig angeordnet , erkennen. Im Allgemeinen
zeigt sich demnach eine analoge Bildung der Flächen von (111)
und (101).
Gegen die Säule folgen nur an vielen Krystallen, ringsum als
schmales Band, die Flächen (331) und (131), beide mit schwacher
Riefung versehen; auf (131) deutlicher und über die ganze Fläche
hinziehend parallel der Kante (111:100), und in einigen Fällen
sichtlich durch lamellaren Bau veranlasst; auf (331) meist absatz-
weise, in der Richtung der Kante (111:110) und diese Erschei-
nung, wie es zuweilen nachzuweisen gelingt , im Zusammen-
hange mit rechtwinkeligen Schüppchen, wie solche auch auf (111)
zu beobachten sind.
Die Flächen von (132) sind gewöhnlich nur wenig ausgedehnt,
aber auch bei weiterer Entwickelung zeigen sie sich vollkommen
glatt; nur an einem Krystalle waren schwache Linien wahrzu-
nehmen, z. B. auf/8 parallel zu p1 und ml.
Die Säulenflächen sind stets verlical gefurcht, (HO) tiefer und
in geringeren Abständen als (100). Zuweilen sind die Furchen dort
so tief, dass sich die Fläche ganz oder stellenweise in eine gedrängte
Reihe einzelner Nadeln auflöst, diese selbst ordnen sich wieder in
Lagen und sind in diesen gegen die Mitte des Krysl alles fortschrei-
tend immer inniger mit einander verwachsen, wie dies an steilen
Krystallographisehe Studien über den Idokras. oi)
Bruchflächen deutlich sichtbar wird1). Scheinen demnach die Säulen
durch Anlagerung prismatisch gestalteter Theilchen in einer derJHaupt-
axe parallelen Richtung sich zu erweitern, so fand dies nicht immer in
gleich geordneter Weise Statt, denn an vielen Kr. bemerkt man über
die (110) Flächen ganz regellos, äusserst kleine Nüdelchen einzeln
oder in Häufchen hingestreut. Den Seitenflächen grösserer Individuen
haben sich zuweilen auch in nicht paralleler Stellung kleinere wohl
ausgebildete Kr. angefügt und ragen nun halb umschlossen aus den
ersteren hervor. — Solche Erscheinungen kann man wohl mit ruhigem
Fortschreiten der Krystallisation nicht in Einklang bringen; sie erklä-
ren aber, da sie in jeder Periode der Ausbildung eines Kr. eingetreten
sein können, manche der auffallenden Ergebnisse optischer Unter-
suchung anscheinend vollkommen regelmässig gebildeter Kr. So be-
obachtete W. Haidinger an einer der Axe parallel geschnittenen,
zwischen gekreuzte Turmaline unter 45° eingelegten Platte vom Id.
aus Piemont, höchst sehenswerthe Mosaikzeichnungen in grösster
Farbenpracht, ganz analog den von Brewster beschriebenen
Erscheinungen am Apophyllit 3).
Combinationen
an grünen Mussa-Kr. , welche mir bemerkenswerth schienen, durch
das Auftreten seltener oder neuer Flächen oder durch eigenthüm-
liche Verzerrungen sind in den Figuren 12 — 34 dargestellt,
theilweise mit Angabe der Flächenmerkmale nach der Natur und
geordnet nach den erwähnten, durch die Ausdehnung der Endfläche
bedingten, dreierlei Typen 3). Die folgenden Zeilen werden auch
4) Bei der Besprechung der optischen Verhältnisse des Id. im Allgemeinen erwähnt
Descloizeaux: La plupart des cristaux, ayant une structure fibrcuse, ily a souvent
dislocation des anneaux et de la croix noire, visibles dans les lames normales ä Taxe
(Miner. I, 1862, p. 280).
*) Jahrb. d. geol. Reichsanstalt XI, 1860, Verhdl. S. 63.
s) Einfache Combinationen werden ferner repräsentirt durch die 2. Vesuv- und die;
8. Tiroler Kr. -Zeichnung auf den Tafeln dieser Abhandlung u. die Fig. 1 u. 2, Taf. X
des Kok sc ha r o w'schen Werkes. Mussa-Kr. sind ferner dargestellt in Presl's
Atlas, Taf. VIII, Fig. 290, 296 u. 299 (in den Fig. ist statt h = °oP3 u. n = */2P
wohl richtiger f=°°P2 u. i 3P zu setzen; b = 2P, r=3P, z = 2P2 u. ü". s. d.
Abschnitt Eker, Norw.), in Levys All. Taf. XXXTII, Fig. 4, 5, 9, 10, 11, 13, 14,
16, 17, 18, 19, in Mohs' .Miner. 1839, II. Taf. XVIII u. XIX. Fig. 134 u. 135 und
in Dufrenöy's Miner. 1856, Taf. 151 und 152, Fig. 33, 36, 37 (s. S. 36, Anm. 2)
38, 43 u. 44.
60 Zepharoyich.
Gelegenheit bieten, die in den ersten Blättern mitgetheilten Resul-
tate, bezüglich der Symmetrie- Verhältnisse der Kantenwinkel
(001 : 111), an einzelnen Individuen näher nachzuweisen.
1. Fig. 12 u. 13. W. MK.; H. S. II. 0 Nr. 2579"; grasgrün mit
ülgrünen Flecken: 9-5 Mm. hoch.
c(001).*£(116), p(ili), *(331), o(101), s(131), ™(110), /"(120),
«(100).
sc = 7° 17' («) 2*) nmtk = 52° 48' (1)
zp = 30 8 O) 2 p^ = 29 6 (1)
f4»,4 = 23° 37* (1)
2. Fig. 14 u. 15. Wr. Mk.; H. S. II, 2579"; dunkel pistazien-
grün, 11 Mm. hoch.
c(001), *7(118),p(lll),c(101),s(131),M<171),wi(110),«(100).
VC = 5° 18' O) 2 w6s6 = 18° 45' («)
v/> = 31 46 (a) 2 ^2c = 38 14 (2)
«V'3 = 16 49% («) ^3m2 = 52 44 (1)
^m2 = 23° 39' (1)
3. Fig. 16. Wr. polytechn. Institut.
£■(001), 3(113), 7>(1H), *(331), o(I01), m(110), *?(530),
/"(210), «(100).
Vzc = 37° 12' (1)
p3c = 37 15% (1)
Pic = 37 16% (1)
Drei Flächen des (HO) sind sehr dicht und tief vertical ge-
rieft, an Stelle der vierten erscheinen 2 gleich geriefte Flächen
unter sehr stumpfem Winkel gegen einander geneigt. 11 Messun-
gen mit dem Anlege-Goniometer gaben im Mittel
m<? = 76° 28' (Suppl.) woraus
«<? = 31 28
folgt. Die Abweichung von 30' gegen den berechneten Werth von
af — 30 58' — wobei sich die Wahl der Indices (530) durch
ihre Einfachheit empfiehlt — ist bei der Unsicherheit der Messung
nicht auffallend.
') K. k. Mineralien-Cahinet zu Wien; II. Ilundsammlung.
* Neue Fliehen.
-) Die Klammem enthalten fortan das Gewicht der einzelnen Messungen mit (a) appro-
ximativ bis (3) grösster Grad der Genauigkeit bezeichnet. Die nachfolgenden Ziffern
geben die Anzahl der Beobachtungen, ans welchen das Mittel genommen wurde.
Krystallographische Studien über den Idokras. 6 1
Ganz ähnlich verhielt sich ein Kr. aus Prof. Kenngo tt's
Sendung:
4. Fig. 17. a<p = 30° 30' aus 4 Messungen. Als Mittel dieser
und der früheren Hestimmung folgt
a<p = 31 3/V aus 15 Messungen.
Erwähnenswerth ist dieser Kr. noch durch eigentümliche
Flächenmerkmale, welche durch eine spätere Anätzung veranlasst
scheinen. Auf der getäfelten (001) bemerkt man, der Fügung der
Flächentheilchen entsprechend, bis l^/z Mm. breite Rinnen, äus-
serst wenig vertieft, im Grunde rauh und glanzlos; auf den minder
glänzenden (111) und (101) hingegen Vertiefungen zum Theil —
auf (111) — mit den Umrissen gleichschenkliger Dreiecke.
5. Fig. 18. Wr. Mk.; 11. S. II; 2579", grasgrün, 9 Mm. hoch,
6 und 4 Mm. breit.
c(001), KH1), *(331), <121)5 ^(132), s(131), m(110),/(120).
a(100).
cPi = 37° 15' — (3) pi mx = 52° 45* 10" (3)
cpz = 37 12 40" (2) p2 mz = 52 49 40 (2)
cp3 = 37 15 - (2) p3 m3 = 52 44 20 (1)
fcp4 = 37 11 20 (2) p4ro4 = 52 44 40 (3)
plPs = 50° 40' 36" (3)
Pi ptl = SO 42 - (3)
6. Fig. 19. Turiner Sendung. Dunkel grasgrüner kleiner Kr.
mit den seltenen Flächen i, b und y. An dem einen nicht vollstän-
dig ausgebildeten Ende erscheinen.
c(001), t(il2), jj(lii), 6(221), *(331), o(101), z(121), s(131),
2/(141).
cp2 = 37° 2t' (1) cbx = 56° 45' («.«)
cpik = 37 2y7 (2) Pi ö4 = 64 45 (2)
cPi = 37 9 (1) pi fl4 = 64 42 (1)
at =21 21 (a) y7 «4 = 28 4 (V)
Von 1/(141) zeigte sich nur die y7 als schwach geriefte
schmale Fläche, unterhalb s7 mit etwas concaver Krümmung.
ya berechnet = 27° 50'. Dieser Fall ist überhaupt der einzige,
welcher für y vorliegt (s. S. 7 u. 36). — Die gekrümmte ziemlich
breite i(112) und die schmale 6(221) waren wegen mangelhafter
Ausbildung des Kr. ebenfalls nur an einer Stelle messbar.
G2 Z e p h a r o v i c li.
7. Fig. 20. Wi\ Mk. 18G2. X. 31; olivengrün.
t(001), */3(i, 1,10), .3(113), t(112), K111)' '(331), o(101),
«(121), /(132), s(131), m(UO), /"(120), «(100).
Bemerkenswert!] durch die Ausdehnung von (101) und zweier
gegenüber liegender Flächen von (111), welche letztere dadurch
in die beiden sphenoidischen Hernieder zerlegt erscheint. Noch
auffallender wird dies durch das Auftreten der ß, .3- und t.
ß ist sehr wenig gekrümmt und schwach horizontal gerieft.
nc = 37°
15%'
(2)
i3p = 16°
36'
00
p^c = 37
17%
(1)
fec = 66
18%
(2)
ftc = 37
10
(1)
tzlh = 29
4
(2)
ßtc = 4
16
(«) 2
£2?n3 = 23
42
(2)
Z2c = 14
9
(«)
hPi = 16
49
(3) 3
i3e = 20
43
(1)
«"g»?! = 54
= 3< 17
50
(2)
8. Fig. 21. Wr. Mk. 1860, VI, 33, N. 162; dunkel pistazien-
grün; 14 Mm. hoch, 5 Mm. breit.
c(001), £(113), Kill), *(331), 0(101)! »(121),i(132), ,<131),
w(110), «(100).
Ple == 37° 13%' (1) Plnh = 52 42% (1)
p3c = 37 9 (2) p3m3 == 52 46 (1)
pzc = 37 15 (2) Vzm2 = 52 51 (1)
9. Fig. 22. Wr. MK. 1860, VI, 32, N. 160; hell grasgrün;
9 Mm. hoch, 4 Mm. breit.
c(001), i(112), K1H), '(331), o(101), <121), i(132), s(131),
W2(110), /(120), «(110).
Plc = 37° 10' (1) pitrii = 52° 45' (a)
psc = 37 16 (2) p3ms = 52 44 (2)
lhc = 37 16 (2) * pzmz = 52 46 (3)
pkc = 37 13 (2) pkmil = 52 44 (2)
10. Fig. 23. Wr. MK. Kryst. S.: 1172; 5 Mm. breit.
c(001), *£(115), ;>(111), *(331), o(101), s(131), m(U0),
/(120), «(100).
pzc = 36° 16%' (i) p%c = 37° 10%' (l)
Vkc = 37 16% (1) ?t= 8 29 (a) 3
11. Fig. 24. Wr. MK. 2579"; grasgrün, gegen oben in pista-
ziengrün übergehend; 11 Mm. hoch, 5 und 6 Mm. breit.
Krystallographische Studien über den Idokras. Oo
c(001), p(lll), ^(331), *(121), *ö(383), /(132), s(132),
m(U0), «(100).
,,,,. = 37° IS1/.' (1) Pimt = 52° 44V3' (1)
psc =» 37 13 (1) 2>3?«3 = 52 46 (1)
p2c = 37 lSVa (1) Pz»i2 = 52 44 (1)
Plp3 = 50 40 (2) qlPi = 26 16'/2 («) 2
?li?4 = 50 40 (2) qzat = 38 28 (o)
psi>a = 50 41 (2) pzat = 64 40 (1)
pm = 50 40% (1) M = 64 42 (2)
12. Fig. 25. Wr. MK. : Nr. i6/33 ; ölgrün; 12 und 9 Mm. breit.
c(001), *v(H8), p(Hl), *(33t), o(101), s(131), ro(HO),
/(120), «(100).
Ptc = 37° 14i/o' (1) Pia3 = 64° 40' (2)
piic = 37 13 (2) fc = 5 47 (a) 3
13. Fig. 26 nach einer von Fr. Hessenberg mitgetheilten
Skizze eines Kr. seiner Sammlung entworfen.
c(001), x(H9), ^(111), 6(221), *(331), o(100), s(131), »1(110),
«(100).
Bemerkenswerth durch die an kleinen Flächen reiche Zone
[001, HO] mit (119), welche Pyramide schon 1835 von F. v.
K ob eil ebenfalls an einem Kr. aus Piemont (cptoma) beobachtet
wurde1); ich fand dieselbe nur in Hausmann's Mineralogie citirt.
Die 4 Flächen der (119) vollkommen spiegelnd; Hessenberg
bestimmte
Xc = 4° 48%'
#
die Berechnung erfordert 4 49.3/J. Kobell fand dieselbe Kante
annähernd 5 (Reflex. -Gon.).
14. Fig. 27. Wr. polyt. Inst.; ölgrün; 8 Mm. hoch, 9 Mm.
breit.
c(00i), *a(U 1, 20), *|3(1, 1, 10), p(lll), *(331), o(101),
s(131), m(110), «(100).
Nur die Endfläche dieses durch die fast trigonale Säule eigen-
tümlichen Kr. spiegelte. Die ungewöhnliche Entwicklung von
i) Erdmann und Schweiger — Seidel J. f. pr. Chemie, V, 1835, S. 213. >
Glocker, Min. Jahresheft. 1833, S. 175. Bei Angabe der berechneten Winkel ist statt
9" und 173« zu setzen 6° u. 175°. Der gleiche Fehler findet sich auch in Haus-
mann's Min. II, 1. S.572.
Q 4. Z e p li a r o v i c h.
(101) reiht ihn an den früheren Fall und Fig. 20 an. Für die
neuen Pyramiden mit ebenen, glatten, deutlich begrenzten Flächen,
fand ich durch mehrfache Repetition annähernd
cc2c = 2° 27'
«4c = 2 4
<xc'= 2° 15 V berechnet . . 2° 10y8'
fcc == 4 19 „ . . 4 21
15. Fig. 28. Wr. MK. 257S; grosser olivengrüner Kr., unten
durch eine (111) Fläche begrenzt. An dem einen gut ausgebilde-
ten Ecke bemerkt man in der Zone [001, 130] über der glänzenden
(132), deutlich eine ganz matte Fläche (r) und eine zweite weniger
breite (p) glatt und gekrümmt.
c(001), £(113), p(lll), o(101), <121), *p(139), *r(269),
i(132), s(131), m(liO), /(120), «(100).
Sehr unsichere Messungen gaben
pc = 10° 44i/2' berechnet. ... 10° 41% '
zc = 20 25 „ .... 20 45i/8
woraus annähernd obige Indices folgen. An diesem Kr. erscheinen
demnach in einer Zone
«WSGO, %f3<V>, %P3(0. 3P3(0-
16. Fig. 29. Polyt. Inst. Zürich. Schöner säulenförmiger Kr.
mit meist vollkommen spiegelnden Flächen; 17 Mm. hoch, 11 und
9 Mm. breit; zunächst (001) bräuulichroth, unten pistaziengrün,
durchsichtig. Auf (001), (111) und (331) eigenthümliche, an an-
dern Mussa-Kr. nicht beobachtete Flächenzeichnungen.
c(001), Hill), ^(331), <121), i(132), s(131), w(110),/(120),
«(100).
i8c = 40° 17' 52" (3)
isi7 = 23 47 40 (3)
isPi =16 56 15 (2)
cPi = 37°
15'
20°
(3)
cPi = 37
5
20
(2)
ctt — 66
18
33
(3)
ci3 = 66
18
43
(3)
ctit = 66
12
50
(2)
Pitt = 29
3
13
(3)
p4<4 = 29
6
50
(2)
hms ~ 23
41
20
(3)
i7c = 40
13
20
(3)
ige = 40
10
—
(2)
<8S8
= 19
12
10
(2)
*S#7
= 33
38
45
(2)
S8C
= 59
29
57
(2)
s$s7
= 31
40
40
(1)
«sPi
= 29
34
15
(2)
*Vi
= 24
32
20
(2)
.V7M4
= 39
34
20
0)
,c = 90° 0' 0" (3)
Kryslallographische Studien iiirer den Idokras. tu)
17. Fig. 30. Wr. MK., 2579"; grasgrün; 7 Mm. hoch, 4 und
2 Mm. breit. Die Parkettirung auf (001) sehr deutlich.
c(001),p(lii), *(331), «(121), s(131),m(110)./(120), «(100).
cpt = 37° 13' (2)
18. Fig. 31. Turiner Sendung. Obige Combination ohne «(121).
19. Fig. 32. Turiner Sendung; 16 Mm. hohe Säule pistazien-
grün, quer durchzogen von einem breiten hellbraunen Bande.
e(001), m(110), «(100).
Scharfe Kanten zwischen der rissigen wenig glänzenden End-
fläche und den gerieften (in stark, a schwach) Prismen.
20. Fig. 33 und 34. Wr. MK. : Nr. 46/33 , ölgrün am ausge-
bildeten Ende, unten hyazinthroth, 16 Mm. hoch, 2 und 4 Mm.
breit. Sehr approximative Messungen bestimmten
p(lll), <131), w(110), «(100).
Eine der am Id. überhaupt seltenen Combinationen ohne End-
fläche l)» noch besonders bemerkenswerth durch die formgebende s
in der Zuspitzung der Säule. (Vergl. auch Saasthal in der Schweiz,
Seite 86, und Poljakowsk im Ural.)
Unter den abgebildeten Kr. waren einige, die mehrfach die
Kante cp zu messen gestatteten, ich lasse diesen eben erwähnten
Fällen noch andere folgen als Belege für die S. 16 u. 17 im Allge-
meinen angegebenen Messungs-Resultate.
I. Alle vier Kanten von gleicher Grösse.
21. (c*ytpbt*vosmaJ. 7(118). v(102).
Pic = 37° 14' 55" (2) 7c = 5° 22%' (a) 3
psc — 37 15 — (3) >.c = 20 47 V4 («) 4
p3c = 37 15 — (1) vc = 15 24 (n) 3
pkc = 37 15 - (2)
II. Zwei Paare gleicher gegenüber liegender Kanten.
22. (cpoma).
Pic = 37" 15i/2' (2) p2c = 37° 133/4' (2)
Psc = 37 15 (2) 1hf • = 37 13% (2)
*) Von der Mussaalpe erhielt ich solclie Combinationen: (ptma) und (ptoni).
Sit?.b. d. mathem.-naturw. Cl. XL1X. Bd. I. Ahth. 5
Oß Z e [> li a r o v i c h.
Dieser und der frühere Fall wurden nur einmal, beide an vor-
züglich und gleichmässig ausgebildeten Kr. der Turiner Sendung,
beobachtet.
III. Zwei gegenüber liegende Kanten gleich.
23. (cpma).
Pic = 37° 15%' (2) pzc = 37° 14' (3)
Psc = 37 15y4 (2) pitc = 37 16 (2)
24. (c*y.pisma). x(335).
Pic = 37' I514 ' (2) pzc = 37° 14«/a' (3)
j,,e === 37 15 (2) /?4c = 37 18 (a)
xlC = 24" 7' O)
Xj^! =13 — (sa)
25. {cpsmaj.
Pic = 37° 15y2' (2) />,»», = 52° 44% ' (1)
p3e = 37 15 (3) p8m3 = 52 441/, (3)
pzc = 37 12% (3) p2mo = 52 44 (2)
(Vergl. auch Nr. 10, S. 62.)
IV. Zwei Nachbarkanten gleich.
26. (cpzismfa}.
Plc = 37°
11 y%
(2)
Pimi — ^2
' 46%' (3)
p^c = 37
11
(2)
Plst = 29
30% (3)
p3c = 37
9%
(1)
jooSj = 50
25% (3)
Pzc = 37
14
(1)
pziz == 16
49% (2)
IhPi = 50
41
(3)
Sjflj = 37
1Vz (2)
P1P2 = 50
38
(3)
•sV"i = 39
33 (2)
J9jär4 = 64
42
(2)
Piai = 64
42%
(2)
27. (cpozismfa)
I.
p3c = 37°
16 %'
(3)
J»s»'3 = 52°
44%' (3)
pKc = 37
16%
(3)
^4m4 = 52
46 (2)
/?,c = 37
15
(3)
p3az = 64
39 (3)
pzc = 37
12%
(2)
p3a3 = 64
34% (3)
P3^4 = 50
41%
(3)
J»4«3 = 64
45% (2)
/?4/>, = 50
40%
(2)
Pi«i = 64
37% (2)
p,p2 = 50
42%
(2)
^2 «2 = 64
36% (2)
28. (cpoma).
Pzc = 37° "
15'
(3)
P\mi — 52°
50' (2)
p3c = 37
14%
(3)
P3™3 = 52
46 (1)
pkc = 37
11%
(1)
PtPs = 74
25 (3)
/,,<• = 37
9%
(2>
f2j»3 = 50
38 >/2 (3)
Krystallographische Studien über den [dokras. 07
29. (cqptoismfa).
Pzc = 37° 13* (1)
p3c = 37 13 (2)
lhc = 37 14"4 (2)
30. (cpzismaj.
pikc = 37° 14i/3 ' (3)
}hc = 37 14i/3 (3)
p2c = 37 22 1/6 (1)
V. Ungleichheit aller m es s baren Kanten war am häu-
figsten zu beobachten. Ausser den unter Nr. 3, 7, 8, 9, 11 und 12
angeführten Fällen seien nur noch die folgenden erwähnt.
31. (cpsmaj.
lhc = 37° 16' — (1)
pzc = 37 11 20" (1) pom2 = 52° 42' 45° (1)
p3c = 37 15 11 (3) p3m3 == 52 44 15 (2)
pkc = 37 17 53 (3) p4w4 = 52 48 — (l)
da demnach
Ergänzung1 zu 90°
Cmz = 89° 54' 5° -J- 5' 55"
cmit = 90 5 53 — 5 53
~~ 179° 59' 58" + 0 2
und
cnh = 89 59 26 + 0 34
hat die c in der Zone [m2cnh] eine von der normalen bedeutend
abweichende Lage.
32. (cnptsma).
ptc = 37° 15' (i) psc = 37° 20' (1)
poc = 37 10 (1) pKc = 37 17 (1)
33. (epmfa).
Pic = 37° 16 i/o' (2) p3c = 37° 11%' (2)
pzc = 37 13 (1) pkc = 37 5% (2)
68
Zepharovich.
Mittelwerthe aus allen Messungen au
grünen Mussa-Krystalleu *).
Winkel der Normalen
n
S(P)
/(Hl) ; c(001)
37° 14'
37-?"*
139
219
m'(ilO)
52 45
27-s *
54
93
m2(iT0)
90 0
44
7
9
o'(ÜO)
64 39
59-9 *
43
67
^(111)
50 40
4-3 *
33
63
^3(lll)
74 29
9-6 *
14
28
«'{1,1, 20) :c(00i)
2 15
50
2
a
£'(1,1,10) : c(OOi)
4 22
25
5
a
^'(118) : c(OOi)
5 28
36
13
a
/(Hl)
31 43
0
2
a
3'(117) : c(001)
6 24
43
7
a
£'(116) : c(001)
7 21
19
11
a
/(Hl)
30 6
26
3
a
£'(115) : c(001)
8 28
32
19
a
/(Hl)
28 27
21
3
2
>j'(114) : c(001)
10 19
34
18
a
/(Hl)
26 34
0
3
a
3(113) : c(001)
14 17
55
6
a
/(Hl)
22 55
58
3
4
i'(Ü2) : c(001)
20 52
10
6
6
/(Hl)
16 36
0
1
a
x'(335) : e(001)
24 7
0
1
a
£'(221) : c(001)
56 48
32
3
sa
m'(ÜO)
33 17
0
4
a
<(331) : c(OOi)
66 17
40
2
3
/(Hl)
29 4
43-7 *
15
23
m'(HO)
23 41
53
18
26
o'(101) : c(OOi)
28 9
15
15
17
a'(100)
61 47
26
4
6
/(Hl)
25 20
46
18
21
v'(102) : c(001)
15 26
30
4
a
z'(2H) : ß(100)
46 34
30
2
2
m'(HO)
43 17
0
1
2
/(Hl)
18 7
17
12
5
2(833) : a'(100)
38 28
0
1
a
/(Hl)
26 16
30
2
a
1) Die ans den mit * bezeichneten, gemessenen Winkeln berechneten Werlhe sind in
der Tafel S. 30— 37, Coloune /. enthalten.
Krystallngraphische Studien iilier den Idokras
69
Winkel der Normalen
n
S(p)
p'(319) : c(00i)
10 44
30
1
a
r'(629) : c(00i)
20 25
0
1
a
«'(312) : c'(OOl)
40 22
47
6
10
«4(0 10)
78 11
50
2
5
m'(HO)
54 41
56
4
7
Wo(lTO)
73 12
18
4
5
4(312)
23 43
24
2
5
/(Hl)
16 49
30 *
8
14
»'(211)
11 17
0
1
2
g'(31i) : c(001)
59 30
0
2
5
«'(100)
35 8
47
10
12
m'(HO)
39 33
26
7
4
p'(lil)
29 29
58
24
30
*8(131)
45 20
0
1
1
ftCiii)
50 26
16
7
10
*'(211)
11 25
50
2
1
z'(312)
19 8
26
3
5
?'3(3T2)
33 37
36
3
5
y(4H) : «'(100)
28 4
0
1
1
io(711) : fl'(lOO)
16 49
20
1
a
«'(131)
18 45
0
1
a
m'(HO) : c(001)
89 59
45
11
25
«'(100)
44 58
25
10
17
?'(530) ; «'(100)
31 0
0
15
sa
f (210) : fl'(iOO)
26 32
46
2
3
m'(HO)
18 24
0
1
1
«'(100) : c(001)
90 0
57
9
13
Für die in der Tafel enthaltenen 88 Messungen der Kante (001 :
hhl) an 10 flachen Pyramiden beträgt die Abweichung gegen die
Berechnung 102 Minuten; übergeht man aber die nur einfache Be-
stimmung von x'c, so stellt sich die Abweichung bei 87 Messungen
auf 78 Minuten.
Die grüne Farbe der Mussa-Kr. zeigt sich in den verschie-
densten Abstufungen, spargelgrün, grasgrün bis pistazien-, öl- und
olivengrün, mit vielerlei Graden der Pellucidität. Manche sind an
den beiden Enden verschieden, z. B. gras- und pistaziengrün, oder
grün und roth gefärbt; zuweilen erscheint auch eine grüne Säule
von einem braunen Bande quer durchzogen.
t 0 Z e p h a r o y i c h.
Das Dichroskop, parallel mit der Endfläche gehalten, zerlegt
das Grün der Kr. oft mit auffallendem Unterschiede in eine (jB)
smaragd- oder grasgrüne Axen- und eine (0) grünlich- oder bräun-
lichgelbe Basisfarbe. — Dichroismus war an einigen Kr. zu beob-
achten , einen fand ich bräunlichgelb in der Richtung der Axe,
ülgrün senkrecht darauf gesehen.
Das speci fische Gewicht der grünen Mussa-Kr. ergab
sich im Mittel von 24 sorgfältigen Bestimmungen
3-408
mit den Grenzen . . 3-364 — 3-479.
Rammeisberg fand 3-407*).
B. B raune Varietät.
Die Kr. dieser manganhältigen Varietät von der Mussa-Alpe
erscheinen gewöhnlich als schlanke Säulen, deren Umriss durch das
vorwaltende (100) bedingt wird; die Flächen von (110) und an-
deren Prismen — von welchen nur ausnahmsweise (120) und (130)
nachgewiesen werden konnten — treten in der Regel gegen die
ersleren Zurücks). Nur zuweilen stellt sich eine (110) Fläche breiter
ein und bewirkt einen vorherrschend dreiseitigen Umriss. Annähe-
rungen vielflächiger, vertical geriefter Säulen an cylindrische For-
men kommen zumal bei den dickeren Kr. Yor.
In der Art, wie die Säulen zum Abschlüsse gelangen, lassen sich
dreierlei Typen unterscheiden.
Hab. 1. Die (001) erscheint allein an dem freien Krystallende.
Fig. 35.
Hab. 2. Um die vorwaltende (001) ist ein schmaler Flächen-
kranz entwickelt. Fig. 36 und 37.
Hab. 3. Die (001) und die Randflächen sind gleichmässig
ausgedehnt. Fig. 38.
In diesen Typen wurden beobachtet:
|(00i), (117), (115), (111), (331), (101), (132), (131), (110), (120),
\ oP fiP %P P 3P P~ »4P3 3P3 coP o*P2
((130), (100).
\ ooP3 ooPos
i) Minernlchemie 1860, S. 736.
') Vergl. S. li'i.
Krystallographische Studien über den Idokras. 7 1
Der Hab. 2 erinnert an manche Kr. vom Findelen-Uletscher
hei Zermatt; auch die Flächenmerkmale einzelner Krystallformen
stimmen zum Theil mit jenen der Zermatter, zum Theil mit jenen
der grünen Mussa-Kr. überein (s. Fig. 39 u. 40). So fehlt hier
auf c(001) nur sehr selten die Täfelung durch mehr weniger häu-
fige, quadratische, mit den Kanten zu (110) parallel gelagerte
Blättchen und sind auch einzelne Lamellen-Enden in Linien in dieser
Richtung hinziehend, zu bemerken.
Auf p(lll) treffen wir theils pentagonale Blättchen wie an den
grünen Mussa-Kr. oder auch reetanguläre wie an den Kr. vom Fin-
delen-Gletscher; ausserdem auch noch zuweilen horizontale Rie-
fung. Dieselbe Fläche der Kr. von Rympfischweng bei Zermatt
trägt die fünfseitigen Blättchen in gewendeter Lage.
#(331) ist immer parallel mit der Kante zu (110) gerieft oder
treppig abfallend.
Auf s(131) zeigen sich oft sehr deutlich Schuppen, dreiseitig
begrenzt durch Linien parallel den Combinations-Kanten mit den
benachbarten Flächen von (132), (110) und (100); sie liegen einzeln
oder dachziegelartig übereinander auf der überdies oft noch parallel
mit (100) gerieften Fläche. Hier lässt sich das Entstehen der für
die Flächen von (131) überhaupt charakteristischen Riefung, durch
das seitliche Verschmelzen und das Überlagern mit dem nach (100)
gerichteten Rande einzelner trigonaler Schuppen verfolgen.
Auch auf £(132) zeigen sich dreiseitige Blättchen, aber hier
liegen sie umgekehrt mit einer Spitze gegen (001) gewendet1),
und durch Linien parallel den Kanten mit den benachbarten Flächen
von (Hl) und (132) und der unterhalb liegenden Fläche von (131)
begrenzt. Eine dieser Seitenlinien und zumeist die zu einer anlie-
genden Fläche von (111) parallele, ist auch als Riefungsrichtung
zu beobachten. Es gelingt nur selten diese Merkmale auf (132)
nachzuweisen, sie verschwinden meist unter vollkommener Ebenheit
derselben.
f) Nur an einem Kr. fand ich auf 1 Flächen von (132) die Schüppchen mit der Spitze
nach ahwärls gerichtet, während sich auf drei anderen noch vorhandenen Flächen
einfache Riefung- zeigte.
t Z Zepharövich.
Combinalionen.
Fig. 35. c(001), «(100), m(110).
Viel häufiger als grüne sind braune einfache achtseitige Prismen
als Grundgestalt vielseitiger oder cylindrischer Säulen in den ver-
schiedensten Höhe- und Breite- Dimensionen, und ist an diesen
zum Unterschiede von ersteren, meist « breiter als m angelegt
(s. Fig. 32).
Fig. 36 und 37. c(OOl), p(lll), *(331), /(132), s(13I),
«(100), w(110).
Repräsentanten des zweiten Typus, nach obigem der nächst oft
vertretene. Seltener sind (111) und (331) allein anzutreffen.
Immer treten die Pyramidenflächen unvollzählig auf, so dass sie aus-
schliesslich oder vorherrschend nur an einer Seite von (001) er-
scheinen. — Dieselbe Unregelmässigkeit der Ausbildung gilt auch
für den dritten Typus, dargestellt durch
Fig. 38 mit den oben bezeichneten Flächen.
Viele von diesen Kr., welche ich sämmtlich den Herren Sella
und Gastaldi in Turin verdanke, Hessen vorzügliche goniome-
trische Beobachtungen zu, aus welchen ein Parameterverhältniss,
etwas abweichend von jenem für die grünen Kr. derselben Localität
folgt (s. S. 25).
Aus einer grösseren Reihe specieller Daten gebe ich hier
einige
Messungen einzelner Krystalle.
1. c(001), .p(l'li). *(331), o(101), i(132), s(131), «(100),
j»(110).
Fig. 39, gelblich rothbraune, durchsichtige, 17 Mm. hohe und
4 Mm. breite Säule.
piC = 37° 1414' (i) p4ö4 _, 64° 40' (2)
piC = 37 13% (2) ent = 90 0 ( 3 )
;j4W?4 = 52 48 ' (1) r«, = 90 0 ( 1 >
rm4 = t)0 1 (1) ca3 = 90 3</3 (1)
cas = 90° 2i/2 (1)
2. c(001),^(lll), *(331), e'(132), s(13i), «(100), w*(110).
Fig. 40, ausgezeichnet schönes . glatt und glänzend-flächiges
Individuum; rothbraun, durchsichtig.
Pkc = 37° lo34' (2) /,s7 = 19° 10' (2)
Pic = 37 IG 1 i8«a = 19 108/4 i1»
s8c = 59
33 %
(2)
cat == 90
0
(3)
ca2 = 90
1
(3)
cas == 90
2
(3)
cak = 90
1
(3)
Krystallograghische Studien über den Idokras. 73
Plmt = 52 44% (3)
cm, =90 1 (3)
' Wl = 50 42% (2)
Plat = 64 41 (2)
z7c = 40 18% (3)
3. Hochsäuliger Kr. ganz ähnlich dem in Fig. 40 dargestell-
ten; mit den Prismen noch das seltene A(130), vertical gerieft,
bestimmt durch die Zone [ci7s7h7~].
Pic = 37° 12'/10* (3) i7c = 40° 21' (3)
p2c = 37 12 (3) i8c = 40 20 % (3)
Pic = 37 13 % (3) t'^s = 33 39i/4 (3)
piPa = 50 39% (3) tlft = 16 49 V, (3)
Pl/,4 = 50 41 Va (2) ttf4 == 16 48 '/2 (2)
^,04 = 64 371/3 (2) i,Pk == 16 493/4 (3)
päa2 = 64 43 % (2) isPi = 16 50 1/4 (3)
pkak = 64 49 (2) ij«, = 19 8 (3)
tzc = 66 18% (3) **8*8 = 19 10 (2)
ilC = 40 19% (3) i'cmt — 73 11 % (2)
*8c = 40 21% (3) siPi = 29 34% (3)
slöl = 35° 5«/4 (3)
4. Ähnlich den beiden vorigen, mit einer Fläche von o(117);
«2 und a3 mit verworren gelagerten Säulchen bedeckt.
lhc = 37° II1/4' (2) nhc = 90° 1%' (3)
P4C = 37 16i/2 (2) oV s 6 14% (a)
^lC = 37 14% (3) ^c == 40 21% (3)
Pinil = 52 46% (3) ioc = 40 2iy6 (3)
i8c = 40° 231/4 (3)
Jj. Breite Säule geschlossen durch die sehr glatten c(00i),
p(lll), *(331), i(132) und s(131); rothbraun durchsichtig.
Pic = 37° 14%' (3) iac = 40° 20%' (3)
tiPi = 29 4% (3) i8s8 = 19 11% (3)
txnn = 23 41 Va (2) *8^ = 59° 32'
cm, = 90° %' sie = 59 37% (3)
hai = 49° 38' (3)
*,*„ = 24 32i/3 (3)
ss(h = 74° 10% '
Plz8 = 16 50 (3)
6. Kleines glattflächiges Kr.-Fragment, Combination wie oben
mit sehr wenig ausgedehntem (101).
Pkc = 37° 13'/2' (3)
ilC = 40 221/4 (3)
s7e = 59 33 Vi (3;
74
Z e p Ii a r o vi c h.
Mittelwerthe aus allen Messungen an braunen Mussa-Krystallen ').
Winkel der Normalen
n
S(P)
/(Hl) :c(001)
37° 13' 52"
15
34
m'(HO)
52 46 5
5
10
«'(100)
64 40 35
8
16
^2(lil)
50 40 56
3
7
d'(117) : c(001)
6 14 49
1
«
£'(115) : r(001)
8 34 40
1
«
<'(331) : c(001)
66 17 35
8
18
/(lll)
29 5 48
6
13
m'(HO)
23 40 52
4
6
«'(100)
49 38 43
3
5
z'(312) : c(OOi)
40 20 0
23
51
A'(310)
49 18 59
1
2
»n2(lTO)
73 11 30
1
2
/>'(111)
16 50 29
6
15
*'(131) : c(001)
59 32 21
16
36
«'(100)
35 4 24
3
7
«4(010)
74 11 13
3
6
A'(310)
30 16 11
1
1
//(Hl)
29 34 38
4
8
*'(331)
24 32 20
2
7
f(312)
19 11 39
14
29
4(312)
33 39 9
4
9
m'(HO) : c(001)
90 0 45
8
15
«'(100)
45 0 51
4
7
«'(310) : ^(001)
90 0 1
1
2
«'(100) : c(001)
90 1 14
13
30
ß4(010)
90 0 18
4
8
Die Farbe des Mangan -Id., ein helleres oder dunkleres
Braun, — Haarbraun, Nelkenbraun oder ein reines Dunkelbraun —
gibt durch das Dichroskop, senkrecht auf die Prismenaxe betrachtet,
zwei sehr ähnlich gefärbte Bilder, wovon das E mehr in's Gelbe, das
0 mehr in's Rothe neigt. Säulen von 7 Mm. Durchmesser sind noch
durchsichtig.
') S. Tafel der Berechnungen S. 30 — 37, Colonne K.
Kryst allographische Studien über den Idokras. i «)
Das specifische Gewicht fand ich im Mittel aus 14 VVä-
gungeh
3-479
mit den Grenzen
3-424 — 3-582
also höher als jenes der grünen Kr. von dieser Localität, entspre-
chend den Resultaten der chemischen Untersuchung *) der beiden
Varietäten.
Schweiz»
Nordwärts der piemontesischen Localität Gressoney, jenseits
der Gletscherfelder des Monte Rosa, liegen in der alpinen Hoch-
region die Fundorte, im Nikolai-s) und im Saas-Thale, dem
westlichen und östlichen Arme des Visp -Thaies in Ober- Wallis.
Über diese verdanke ich die folgenden Angaben meinem verehrten
Freunde Prof. Kenngott in Zürich.
An der Rymp fisch weng, gegen den Grat der Täsch-Alpe zu,
und an dem benachbarten Strahl hörn, welche beide denFindelen-
(Finnelen-)Gletscher — imNikolai-Thale bei Z er matt — nordwärts
begrenzen, erscheinen in dem chloritischen (Pennin) Schiefer grössere
Ausscheidungen von derbem braunen Id. mit eingemengtem Pennin;
in diesem sind in Nestern, Klüften und Adern, liegend oder stehend,
Id.-Krystalle aufgewachsen, einzeln oder unregelmässig gruppirt,
zuweilen auch in paralleler Stellung aneinander gefügt. Als Begleiter
finden sich Pennin3), bisweilen die Basisflächen des Id. schuppig
überdeckend, Granat4), seltener kleine weisse Calcit-Krystalle
( — i/2 R) und nadel- oder schilfförmige weisse Kryställchen von
Grammatit.
Vom Mittags hörn, südlich von Saas im Saasthale, gegen
den Feegletscher zu, stammen nadeiförmige bis stengelige braune
Id.-Krystalle. Ausgezeichneter und jenem von Mussa sehr ähnlich ist
das Vorkommen vom Feegletscher selbst, besonders auf der insel-
förmig aus dem Eise steil aufragenden „Gletscheralp". Die schönen
i) Rammeisberg, Min. Chemie; Descloizeaux Min. I. 281 f.
2J Schon 1806 von Escher als ein bekannter Fundort bezeichnet (Leonh. Taschen!»
I. 333).
3) Kenngott. Übers, miner. Forschungen. 1858, 62.
*) F. Wiser, Leonh. u. Br. Jahrb. 1843, 299.
7" 6 Zepharovich,
Drusen von Id. in gleich gewählter Begleitung wie zu Mussa, erschei-
nen in Nestern und Klüften eines Gemenges von hellgrünem Id. und
dunkelgrünem Pennin. Nach Hess e nberg J) ist das Muttergestein
ein dichtes Gemenge von Granat und Diopsid-Massa, wie auch auf
der Mussa- Alpe3).
Am Hügel oberhalb der Kirche von Tarasp, am Inn imUnter-
Engadin, sind nach Wiser3) kleine mehr weniger deutliche
Säulchen — gelblichgrün, durchscheinend bis halbdurchsichtig,
fettig glasglänzend — in silberweissem, stellenweise etwas grau-
lichem Talk eingebettet 4).
I. Krystalle von der Rympfischweng bei Zermatt.
Ein ganz eigentümlicher Combinations-Typus, das Vorkommen sel-
tener, zum Theil ganz neuer Flächen, eine tiefschwarze Farbe und
gänzliche Undurcbsichtigkeit verbunden mit lebhaftem Glasglanze,
unterscheiden diese Krystalle in auszeichnender und auffallender
Weise von denen anderer Fundorte 5). Die grösste der mir vorlie-
genden Säulen, ringsum nicht vollständig ausgebildet, misst im
Querschnitte IS und 11 Mm. Sehr kleine Kryställchen zeigen sieb
daneben in Drusen und sind bei gleichem äusseren Ansehen durch-
scheinend mit rothbrauner Farbe.
i) Mineralog. Notizen Nr. 5. Frankfurt 1863, S. 23.
2) Champeaux fand Id. in den Moränen des Saas-Thales. (ßernouilli geogn.
Übers, der Schweiz 1811, S. 1.S0.) — Einen Fund von einer andern Localität in
Ober- Wallis — kolophoniumbrauner Id. aus dem A n t i g r e i o - Thale (Seitenast
des Binnenthaies) bei Viesch — erwähnt ßernouilli in einem Schreiben an K.
Leonhard. (Taschenb. VII, 1813.)
3) Leonh. u. B r. Jahrb. 1849, 803.
*) Als Seltenheit fand Wiser (Leonh. und ß r. Jahrb. 1841. 92; 1S43, 303) ein
schwarzes glänzendes Säulchen von Id. (?) oder Rutil (°©/\ °o/>oo, °©P3, P,
Poo, oP) umgeben von kleinen Bitterspath-Rhomboedern in dem feinkörnigen
schneeweissen Dolomit von Campo longo, bei Dazio grande in Tessin , einge-
wachsen. — Die Angabe des Vorkommens von Fieudo am St. Gotthard
selbst (Südseite), beruht nach Wiser auf einer unrichtigen Bestimmung des
zirkonähnlichen aber wenig über 4 harten Minerales (s. G. L eo nhard's topogr.
Miner. 1843, 292).
5) Nach Übereinstimmung in Form und Farbe ergab sich auf den ersten Blick, dass
auch ein ausgezeichnet schöner Krystall aus dem k. k. Mineraliencabinet in Wien
(Nr. *ö/s5) angeblich vom Vesuv, von demselben Fundorte stammen müsse, eben so
auch zwei andere Krystalle, welche in den Fig. 4ö u. 4C abgebildet sind.
Krystallographische Studien über den Idokras. 7T
Ali den, in den Fig. 41 — 46, Taf. VII u. VIII, dargestellten Kr. von
der Bympfischweng Hessen sich Flächen folgender Formen ermitteln:
(00t), (116), (114), (113), (111), (221), (331), (101), (212), (737),
0P %P i/4P y3P P 2P 3P P~ PZ P%
(313), (312), (311), (110), (120), (100).
P3 3/2P3 3P3 coP co PI coPoo
Die neue oktogonale Pyramide (737) erscheint mit schmalen,
langen und ganz glatten Flächen als Abstumpfung der Combinations-
kante von (113) und (132), ausserdem fallt sie mit (313) in die
Zone [101, 111] und zwiscben diese Flüchen, und ist daher durch
ihre Lage vollkommen bestimmt. Der geringen Breite wegen wirrt
das Fadenkreuz nur undeutlich reflectirt. Die gleiche allgemeine
Position hat ferner eine zweite neue oktogonale Pyramide (212),
von welcher eine Fläche mit sehr geringer Ausdehnung auch in der
Zone [113, 311] beobachtet wurde — und die seltene (313), für
welche bereits von Kokscharow Messungen vorlagen1).
So wie*Art und Entwicklung der Formen im Ganzen ein eigen-
tümliches Gepräge diesen Krystallen ertheilen, ergaben sich auch
feinere Unterschiede von jenen anderer Fundorte durch die Spuren,
welche die krystallbauende Thätigkeit auf den Flächen zurück-
gelassen.
Auf der breit angelegten c(00l) findet man Avieder das bekannte
System von feinen Linien, welche von den vier Kanten mit (hhf)
aus und denselben parallel, gegen das Innere sich folgen und sich
als das Piesultat einer treppenförmigen Schichtung äusserst dünner
rechtwinkeliger Lagen darstellen.
War die Fläche, wie in Fig. 42, durch einen andern Krystall
der Druse in ihrer seitlichen Fortbildung gehemmt, so ist eben an
den Berührungsecken mit dem Hindernisse eine raschere flach-
pyramidale Aufschichtung quadratischer Blättchen bemerkbar. Auf
den Eintritt eines lebhafteren Bildungsvorganges dürfte es hindeuten,
wenn, wie in Fig. 44 dargestellt, die eben beschriebene Fläche
regellos mit einer Unzahl kleiner Schüppchen besäet erscheint. Bei
i) Mater, zur Miner. Russiands Bd. I, S. 104, Taf. XI, Fig. 14. Ausser der Pyramide
P3 erwähnt Kokscharow an Achmatowsker Krystallen eine zweite unbestimmte
Pyramide Pn als Abstumpfung der Kanten zwischen P und Poo , welche wahr-
scheinlich mit einer der obigen Formen PI oder P7 '3 identisch sein dürfte.
78 Zepharoyich.
einiger Vergrösserung zeigt sich diese Fläche wie dicht gepflastert
mit Täfelchen, deren jedes seitlich durch äusserst schmale Pyrami-
denflächen eingerahmt ist, die grössten mit geradlinig-rechtwinke-
liger, die kleineren und kleinsten mit rundlicher Begrenzung, stark
abgestutzten konischen Gestalten ähnlich und eine chagrinartige
Oberfläche erzeugend. — Immer aber sind die rechtwinkeligen
Täfelchen, wo sie auch auf der abgestuften Unterlage erscheinen
mögen, mit ihrer Einfassung parallel zu der Kante (001:111)
gelagert und nicht selten sind die grössten unter ihnen seihst
wieder mit einzelnen rundlichen Blättchen oder Häufchen von sol-
ohen bedeckt.
Auch die schmale Pyramide #(113) gibt an demselben Kr.,
Fig. 44, einen raschen Bau zu erkennen; zart drusig anzusehen, ist
sie in ihrem unvollendeten Zustande aus kleinen Hervorragungen
zusammengesetzt, von denen einige in Form von Dreiecken mit der
Spitze gegen (001) gewendet, bei der Einstellung von (113)
reflectiren, während die Mehrzahl, kleine Dreiecke in der gewen-
deten Stellung, mit der glatten, zunächst sich anschliessenden
(111) Fläche einschimmern. An dem Kr. Fig. 42 und einem ande-
ren ganz ähnlichen hingegen, ist die Pyramide (113) mit ebener
glänzender Oberfläche am weitesten in dem Flächenkranze zwischen
(001) und den Prismen ausgedehnt und bedingt hierdurch den
eigentlichen Combinations-Typus. Äusserst zarte, oft dichotome Linien
ziehen auf ihr ziemlich gleichlaufend mit der Kante (001:111)
hin, nur wenig die glatte Oberfläche störend, während dreiflächige
Vertiefungen dieselbe stellenweise unterbrechen. Diese Vertiefun-
gen erscheinen als kleine mit der Spitze gegen (111) gerichtete
deltoidische Dreiecke, deren Seiten parallel sind zu den Kanten
der genannten Fläche mit (001), (011) und (101) und es erglän-
zen die einzelnen einwärts gerichteten Flächen der Vertiefungen zu-
gleich je mit den an (113) grenzenden (101), (011) und (Hl).
Einzeln oder wie nach einer Schnur aneinander gereiht, erstrecken
sich diese Vertiefungsecken, auch über die schmale Leiste, als
welche, zwischen (001) und (113), die Flächen (116) oder (114)
erscheinen. — Vergleichen wir in den besprochenen Kr. die Dreiecke,
welche die Lage von (llii) selbst besitzen, mit jenen der Vertie-
fungsgestalten auf (113), so finden wir dieselben in entgegen-
gesetzter Stellung, wie es in der That auch der Vorstellung über
Krystallographische Studien über <len rdokras. 79
die gegenseitige Lage von Flächenelementen und Lücken, durch
mangelhafte Einigung derselben, entspricht.
In gleicherweise wie an den Mussa-Kryst. sind an den Kryst.
dieses Fundortes die Flächen von p(i\i) und &(132) gezeichnet, nur
hefinden sich hier auf (111) die Lamellen, sobald sie bestimmt cou-
tourirt sind, in einer umgekehrten Lage. Die penlagonalen Ta-
felchen (1. Art, siehe S. 57) sind nämlich mit dem stumpfen
Winkel gegen aufwärts (001) gewendet, während derselbe an den
Mussa-Kr. abwärts gegen (110) gerichtet ist.
Leicht hemerkt man auf den Flächen von (132) (Fig. 42 und
44) Lamellen, begrenzt in paralleler Richtung mit den Kanten gegen
die anliegenden (111) und (011); sie lagern dachziegelartig über
einander und kehren den Winkel von 90° gegen (001) Neben
diesen oder auch auf die ebene Fläche sind hingestreut sehr kleine
Schüppchen, welche begrenzt sind durch zwei längere Seiten eben-
falls gleichlaufend mit den Kanten (132 : 111) und (132 : 011) und
durch zwei kürzere Seiten, die einen sehr stumpfen Winkel bilden.
Die beiden letzteren Seiten scheinen, als gebrochene Linie auf-
gefasst, die Richtung der Kante (132 : 131) einzuhalten.
Die Pyramide £(331) ist sehr fein horizontal gerieft. Auch
auf $(131) zeigen sich wie auf (132) Lamellen und einzelne Blätt-
chen. Hier sind die Blättchen Dreiecke mit parallelen Seiten zu den
Kanten von (131) mit (132), (010) und (110) und haben die-
selben den stumpfen Winkel nach abwärts — gegen (HO) —
gerichtet *).
Die Prismen sind vertical gerieft und zwar ?w(110) stärker als
«(100); auf ersterem ist der lamellare Bau deutlich ausgeprägt
durch mehr weniger breite glänzende Bänder zwischen schimmern-
den Streifen, letztere durch die einzelnen wellig begrenzten La-
mellen bedingt.
Fig. 41 und 42. c(001), *<116), 5(113), p(iii), 6(221),
£(331), o(101), *w(212), *w(737}, .r(313), e(312), s(311),
w(110), «(100).
An diesem ausgezeichneten, 11 Mm. hohen und breiten, mit
mehreren kleineren verwachsenen Kr. Hessen sich mit grösster
i) Estragen demnach die Flachen (132), (131) und (331) an den Krystallen von
Rympfischweng- und an den rothbraunen Mussa-Krystallen, die gleichen Merkmale.
80
Z e p h a r o v i e h.
Genauigkeit die auf Seite 26 genannten Winkel messen, welche
mit den aus dem Axenverbältnisse: a : c = 1 : 0*537 1 99 berech-
neten übereinstimmen.
An demselben Kr. ist die Neigung
c(001)://(lll) = 37° 11' SO'
c(001):^3(TTl) = 37 12 2
c(00i):_p4(lli) = 37 1 22
und es liegt die eine so abweichende Kante (cp4) gegenüber jener
((*p2), an welcher die Verwachsung mit einem anderen Individuum
stattfand, wodurch sich die auffallende Differenz gegen die beiden
anderen fast gleichen Kanten erklärt; aus p4m4 folgt p4c = 37
13' 29". Die breit angelegte c gibt überhaupt mehrere Fadenkreuze
neben einander und daher keine verlässlichen Resultate. Dasselbe
gilt auch für die beiden anderen Kr. von demselben Fundorte.
Der Seite 76, Anm. 5 erwähnte Kr. aus dem Wiener Mineralien-
Cabinet, ein niederes Säulenfragment. 15 und 10 Mm. breit, ist ganz
ähnlich der Projection Fig. 42; es fehlen nur die Flächen von
(212) und (221), und statt (116) erscheint (114); (113) ist
ebenfalls sehr breit entwickelt.
Eine auffallende Abweichung von der idealen Lage besitzen
die breiten Flächen von (113) an den beiden oben besprochenen
Exemplaren. Ich erhielt an dem in Fig. 41 und 42 dargestellten
Kr. (A), an einem kleineren angewachsenen (Z?), und dem Kr. aus
dem Wiener Cabinete (C) :
G e in e s
s e
n
Gerechnet
(4)
n | (5)
■
(CJ
n
Sc
13° SÄVa'
4
—
—
13° 47i/3'
2
14° 12%'
Sp
23 isy4
3
23° 11'
1
23 26%
1
23 0%
Sm
76 5
1
—
—
—
—
75 47 %
Es ist jedenfalls bemerkenswert!), dass an drei verschiedenen
Kr. die Winkel von $ zu den benachbarten Flächen nicht einen
bedeutenderen Unterschied unter sich aufweisen, ein Umstand, der
insbesondere bei der Genauigkeit der Messungen am ersten Kr.
veranlassen müsste, die Fläche nicht als (113) zu betrachten, wenn
übereinstimmende Beobachtungen an mehreren und auch an kleine-
ren Kr. vorliegen würden.
Krystallographische Studien über den Idokras.
81
Mit Übergebung der directen Messungen von Sc — wegen der
Beschaffenheit von c unsicher — ergibt sich als Mittel
pä = 23° 17%', n = 5
und daraus würde — wenn pc — 37° 131/.}' angenommen wird —
de = 13° 55% '
und für ^ der Index (1, 1, 3062) folgen; an ähnliche erinnernd,
welche Kokscharow für zwischen (311) und (411) liegende
oktogonale Pyramiden berechnet hat.
Wie in der Zone mc , weichen auch die Berechnungen der
Kanten von $■ und Flächen anderer Zonen, mehr weniger von den
Messungen ab. So ist am Kr. (Ä)
gemessen
n
berechnet
28° 24' 50"
17 57 28
1
3
28° 14' 1"
17 49 55
Nimmt man aber statt dem normalen Winkel (113 : 001)
= 14° 123/4' den wirklich gemessenen der einen Kante
#(1, 1, 3-06) : c(001) = 13° 57' 10" in Rechnung, so folgt
ä'i* = 28° 26' 21" to*y = 18° 2' 15"
welche Werthe mit den obigen Messungen natürlich gut stimmen
und die Richtigkeit der Indices (737) der neuen Fläche w mit be-
stätigen. Noch wurden gemessen die Kanten
y0* = 20° 35' 5" 3'»' = 18° 8' - (a)
SV = 47 20 5 S'x' = 17 55 - («)
Unterhalb t' zeigte sich am Kr. Fig. 41 eine schmale Fläche,
welche schwach das Fadenkreuz reflectirte; die unsichere Messung
ergab den Winkel zu
m' = 21° 51' 37"
woraus der Winkel zu
t' = 1° 50'
folgen würde, während eine directe aber ganz approximative Messung
denselben mit 2° 3' 40" bestimmte. Nach der ersteren Angabe
würde die Fläche mit (3-28; 3-28; 1) annähernd = i%Pzu be-
zeichnen sein.
Sitzb. d, mathem.-naturw, Cl. XUX. Bd. I Abtli. q
82
Zepharovic h.
Fig. 43 und 44. c(001), *<116), .5(113), ^(111), *(331)
o(101), *(312), s(311), *w(737), »i(iiö), «(100),
Breite niedere Säule mit 10 Mm. Seite, begleitet von kleinen
weissen Calcit-Kr. (— yaR); (001) und (113) nicht gut reflecti-
rend; sämmtliche Flächen deutlich parkettirt oder gerieft.
Fig. 45. c(001), 3(113), p(lll), *(331), o(101), #(313),
t(312) s(311), «(110), f(210), «(100).
Die Skizze zu dieser Zeichnung verdanke ich Herrn Hofralli
Haidinge'r. Dieselbe hatte die Überschrift: „schwarzer Id. von
Brozzo, Piemont". Dort kommt aber nach Gastaldi's freundlicher
Mittheilung Id. nicht vor. Die Ausbildung der Combination, das
Auftreten der seltenen (313), so wie die Farbe lassen annehmen,
dass der Kr. von dem hier behandelten Fundorte stammte.
Fig. 46. c(001), 3(113), p(lil), o(101), s{311), m(110),
«(100).
Entworfen nach einem 11 Mm. breiten und 8 Mm. hohen Frag-
mente eines grossen schwarzen Kr. aus dem Wiener polytechnischen
Institute ohne Angabe des Fundortes. Die Ausdehnung von (113),
die Oberfläche derselben und von (001), (101) und (110) ent-
sprechen vollkommen den Kr. von Rympfischweng. Mit dem Contact-
Goniometer bestimmte ich:
3c
14° 7"
75 53
90° 0'
Mittelwcrthe aus allen Messungen der Krystalle von Rynipfischweng.
Winkel der Normalen
n
S(P)
;/(lll) : c(001)
37° 13'
12"
4
7
ro'(HO)
52 46
46
7
9
e'(116) : c(001)
7 18
15
2
a
vj'(H4) : c(001)
10 21
-
1
a
*'(33i) :/(1ll)
29' 4
47
4
7
m'( 110)
23 42
10
3
4
o'(IOl) : ,(001)
28 4
45
2
5
a'(10Ö)
61 52
—
1
1
//(1I1)
25 19
20
1
3
Krystiillog-iaiihische Studien über den [clokr;
s:t
Winkel der Normalen
n
S(P)
»'(212) :/(Hl)
11 4o —
1
a
s'(311)
29 39 13
1
a
w'(737)
2 6-
1
a
w'(737) :/(lll)
13 52 16
3
5
o'(101)
11 25 2
2
u
?'(312)
10 29 3
5
a
.r'(313)
2 27 -
a
a/(313) : c(001)
28 53 -
a
o'(10i)
7 31 15
a
i'(312)
11 27 -
a
t'(312) : c(001)
40 19 10
2
4
«"(312)
23 40 35
2
4
s'(311)
19 11 15
4
10
6(311) : a'(100)
35 8 -
2
/(lil)
29 34 10
2
«"(311)
31 42 10
3
o'(lOl)
33 37 -
2
m'(110) : e(001)
90 - -
2
m"(110)
90 - -
2
«'(100)
45 2 50
3
7
Die vorstehenden Messungen sind mit der zweiten Colonne der
berechneten Werthe (K), Seite 30 — 37, zu vergleichen. Die Über-
einstimmung der Messung und Rechnung für die Flächen von (212),
(737) und (313) kann, da dieselben ihrer geringen Entwicklung
wegen nur eine approximative Bestimmung zuliessen, wohl als eine
ganz genügende betrachtet werden. Die Indices dieser Flächen
folgten unabhängig von den Messungen aus ihrer sicher nachweis-
baren Lage je in zwei verschiedenen Zonen.
$4 Z e p h a r o v i c li.
II. Einen ganz andern Typus besitzen jene Individuen, welche ich
unter der Bezeichnung: „Krystalle vom Find elen- (Finnel-)
Gletscher bei Zermatt" von Prof. Kenngott, und „Zer-
matt« allein, von Dr. Krantz erhielt. (Fig. 47 — Sl.Taf.VIIIu.IX.)
Es sind kleine kurzsäulige Combinationen von dunkelbrauner
Farbe und undurchsichtig, oder bei kleineren Dimensionen und
hellerer Färbung, durchsichtig mit einem Stiche in's Grüne, mit den
Formen:
(001), (111), (113), (331), (101), (312), (311), (HO), (120), (100).
oP P %P 3P Pcc %P3 3P3 eoP ocFZ ocPoo
Die (001) schliesst, oft vorwiegend ausgedehnt, die Säule,
den Pyramiden nur wenig Raum zur Entwickelung lassend. Sie ist,
wie auch an den Krystallen anderer Fundorte, durch kleine recht-
winkelige, oft quadratische Blättchen getäfelt, welche zuweilen nach
den Diagonalen schwach erhöht oder mit sehr stumpf angesetzten
Leistchen eingerandet sind. Ausserdem gewahrt man auf dieser
Fläche Aufschichtungen von rechtwinkeligen Lamellen, diese mit
ihren Seiten immer parallel zu dem Prisma (HO) und daher auch
zu den einzelnen Täfelchen, gestellt. Zuweilen zeigt sich nur an
einer Stelle von (001) ein System von übereinander lagernden
kleineren Blättehen, während man in arideren Fällen verschiedene
solche Systeme oft scharf gegen einander abgegrenzt, wahrnimmt;
dann gelingt es auch meist auf den Pyramiden oder Prismenflächen
eine Trennungslinie weiter zu verfolgen, zwei oder mehrere Indivi-
duen nachzuweisen, die in ihrer Vereinigung den scheinbar ein-
fachen Kr. bilden. Häufig sind solche Kr. -Aggregate schon durch
mehr weniger auffallende Unterschiede in den Dimensionen der ein-
zelnen, parallel oder doch annähernd parallel geeinten Individuen
bezeichnet. Die kleinen Parkettäfelchen aber sind ohne Beziehung
zu den Lamellensystemen ganz regellos über dieselben verbreitet,
sie sitzen eben so auf den einzelnen Stufen, wie auf den obersten
Lagen; nur ausnahmsweise bringen sie hie und da eine Überein-
anderfolge von Lamellen zum Abschluss. Es darf daher die Par-
kettirung der Basisfläche an und für sich nicht als ein Ergebniss
der Kr.-Einigung des Id. aufgefasst werden.
In ähnlicher Weise, wie auf (001) gibt die Beschaffenheit auf
der (lll)-Fläche den Fortschritt eines regelmässigen lamellaren
Aufbaues zu erkennen durch Linien, welche parallel mit der Kante zu
Krystallogrnphische Studien über den Idokras. OO
(001) oder senkrecht gegen dieselbe, häufig aber in diesen beiden
Richtungen und in einer Diagonale der Fläche aneinander stossend,
eine zarte Riefung bewirken. Auch rechtwinkelige Täfelchen ein-
zeln oder in geschlossenen Reihen, oft mehrfach von feinen Linien
eingerahmt, zeigen sich auf den Pyramidenflächen (Fig. SO und 51)
ähnlich wie an den Kr. vom Vesuv (Fig. 10 und 11).
Die achtseitigen Pyramiden sind glattflächig und die Prismen
vertical gerieft; die letzteren gehen oft mit gerundeten Kanten in
einander über, fassartige Gestalten bildend.
Eine weitere Übereinstimmung der Kr. vom Vesuv und von
Zermatt herrscht im Äusseren in den einfachen Combinationen
(s. Fig. 1 u. 2, und Fig. 47 u. 48) , nur dass an den letzteren die,
an Vesuv-Kr. fast nie fehlenden Flächen von (101), nur als Selten-
heit beobachtet wurden.
Zu genauen Messungen waren die Kr. dieses Fundortes mit
ihren wenig ebenen Flächen nicht geeignet. Aus 10 Messungen der
Kanten cp und pm folgt, wie Seite 27 angegeben:
ci> = (001 :111) = 37° 12' 48"
welcher Werth mit dem an Vesuv-Kr. erhaltenem verglichen, sich
nur um 20" grösser zeigt.
Sämmtliche Messungen von cp ergaben die Grenzwerthe
37° 5' 23" — 37° 18' 29'
jene von pm „ n
J ' 52° 43' S2 - S2° 55* 16
wobei die mehrfach messbaren gleichen Kanten eines Kr. um 3, an
einem andern um 8 und um 11 Minuten differirten.
An dem vorzüglichsten Kr. erhielt ich
pc = 37° 12' 20" )
pm = 52 47 S8 t Gew. 3
mc = 90 — - )
und es erklärt sich die Differenz von 18" der beiden ersteren
Messungen gegen die letzte dadurch, dass die Fläche p nicht genau
in die Zone mc fiel.
An demselben Individuum, wo dasselbe aber seitlich mit einem
andern verwachsen war, bestimmte ich
p"c = 37° 0' i7", Gew. 2.
Endlich ergab sich als Mittel je dreier approximativer Messungen
sc = 39° 31' 8"
ig = 40 23 40
o !) Zepharoric li.
III. Krystalle aus dem Saasthale. An den nadeiförmi-
gen, zum Theil flächenreichen Kr. vom Mittagshorn südlich von
Saas erscheinen nach Prof. Kenngotfs brieflichen Mittheilungen
(110), (100), (Jiko), (001), (111), (221) und zwei bis drei okto-
gonale Pyramiden, und an den kurzen, breiten, grasgrünen Kr. vom
Feegletscher am Mittagshorn, die Combinationen: (110). (111);
(HO). (111). (001); (110). (100). (111). (001) mit zwei Pyra-
miden (hkl).
Fig. 52, Taf. IX, gibt eine ungewöhnliche Id. -Form von dieser
Localität, abgebildet und beschrieben von Fr. Hessenberg *):
m(110) . «(100) . s(13i).
„Mit nur sehr untergeordnetem oder auch ganz fehlendem (111)
erseheinen demnach dje Kr. durch (131) allein, steil und völlig zu-
gespitzt, und dabei säulig stark verlängert. An (131) wurde die
Kante:
gemessen berechnet (A')
Y = 134° 20' = 134° 40'
A' = 148 43 = 148 22
Die Kr. sind grasgrün, in's Braune fleckig verlaufend, wie es von
den Tavetscher Sphenen bekannt ist, erreichen eine Länge bis
10 Mm. und Dicke bis 2 Mm., finden sich aber auch daneben äus-
serst zahlreich in winziger Kleinheit.*
Hessenberg's Mittheilung gewinnt dadurch an besonderem
Interesse, dass sie einen weiteren Beleg liefert zu der, durch die
Begleiter bewirkten und bereits von Kenngott 3) hervorgehobenen
grossen Analogie der Id. -Vorkommen im Ala- und im Saas-Thale. Ich
beobachtete nämlich die gleiche Combination ebenfalls an einem
isolirten grünen Kr. von der Mussa-AIpe (s. S. 65 Fig. 33 u. 34).
An beiden Localitäten sind mit dem Id., Krystalle von Diopsid,
Hyazinth-Granat, Klinochlor, von Apatit und Calcit, in Drusen auf
gleichartiger Unterlage aufgewachsen.
») Miner. Notizen Nr. li. Frankfurt 1863, S. T.i. Taf. 2, Fig. 21.
2) Ühers. der miner. Forschungen 1838, S. 102; I861j S. 17.
Krystallographische Studien über den Idokras iS7
Tirol.i)
I. Die Vorkommen von der Porgumer A!po am Wild-
kreuzjoch in Pfitsch («) und von der Seh warzenst ei n-
Alpe im Zillerthale (6), sonst ganz ähnlich, unterscheiden
sich nur durch die Gesteinsunterlage; an der ersten Fundstelle (a)
Allochi'oit und dichter Id., an der zweiten (b) Chloritschiefer. Die
kleinen höchstens 10 Mm. hohen Kr., mit lebhaft glasglänzenden
Flächen, ölgrün in"s Spargelgrüne oder Nelkenbraun, halbdurch-
sichtig, einzeln oder in Drusen vereinigt, sind begleitet von Diopsid,
rothein und schwarzem Granat, Calcit und Klinochlor, welch' letz-
terer oft in den Id. -Kr. eingewachsen ist.
Fr. Hessenberg beschrieb eine Druse aus Pfitsch mit roth-
braunem Granat (in der seltenen Combination 202 . ooO . 3/<iO .
303/2)> Id., Klinochlor und Diopsid auf einer fast dichten Unterlage,
scheinbar einem Gemenge aus den genannten Mineralen 2). Kenn-
gott hält nach Form und Farbe den Granat für Grossular, da auch
das übrige Vorkommen jenem von der Mussa-Alpe ähnlich sei3).
Ein grünes derbes Mineral mit splitterigem Bruche aus dein
Pfitsch-Thale wird ebenfalls zum Id. gerechnet4).
II. Wenig ausgezeichnet ist der Id. aus Pregratten. Lie-
bener theilte mir mit, dass er von der Dorfer Alpe (nordöstlich
von Wind.-Matrei) ein Exemplar erhielt, an welchem sich bei
12-S Mm. lange und 3-75 Mm. breite säulige Kr. zeigten in einem
(wahrscheinlich früher mit Calcit erfüllten) Hohlrau ue der gleichen,
stengelig zusammengesetzten, lichtgrünen, kantendurchscheinenden
Id. -Masse, welche dichten, ziegelrothen Allochroit zur Unterlage
hat. Das Vorkommen gehört höchst wahrscheinlich dem Chloi itschiefer
an. Früher schon gelangten von demselben Fundorte Id. in kleinen
Kr. und derben Stücken nach Wien. — Von der Eichhalmspitz am
Ende des Dümmelbach-Grabens (Wind. - Matrei WNW.), bewahrt
>) L. Liebener und J. Vor haus er, Die Miner. Tirols, Innsbruck 1832, S. 140. >
Zep har o vi ch, Miner. Lex. S. 464. — Neuere auf den Id. bezügliche Raten hat
mir unlängst L. Liebener freundlichst mitgetheilt.
2) Miner. Notizen Nr. 2, Frankfurt, 1838,- 9.
3) Übers, der miner. Forschungen, 1838, 101.
*) Ramm elsberg, Miner. Chemie, 1860, 737.
8$ ZephaVovich.
das Wiener Mineralien-Cabinet ein dem obigen ähnliches Vorkommen.
(H. S. Nr. I. 3480.)
Man darf wohl erwarten, auch anderwärts in der Verbindungs-
linie der beiden letztgenannten Localitäten Id. aufzufinden. Jen-
seits der Tauernkette im Pinzgau ist ebenfalls Id. bekannt (siehe
Salzburg).
I. a) Krystalle von der Porgumer Alpe am Wild
kreuzjoch in Putsch.
Die ungemein netten Kryställchen von diesem Fundorte zeich-
nen sich durch ihren Flächenreichthum, bei pyramidalem oder tafeli-
gem Typus aus. An sechs Kr. aus dem Wiener Mineralien-Cabinete
beobachtete ich an den Taf. IX u. X, Fig. 53 und 57 dargestellten
Combinationen die Formen:
U001), (113), (445), (111), (885), (221), (331), (101), (201), (477)
\ OP %P %P P %P HP 3P Poo 2Poo P%
((121), (241), (135), (132), (131), (HO), (120), (130), (100).
( 2P2 4P2 %P3 %PS 3P3 c»P ~/>2 **P3 ~Poo
Mehr als an anderen Localitäten lässt hier Ebenmass in der
Ausdehnung gleichartiger Flächen die Kr. wenig von der idealen
Regelmässigkeit abweichen; dabei sind die Flächen meist vollkom-
men eben und lebhaft glänzend.
Nur an einigen Individuen Hessen sich auf (001) bei starker
VergrÖsserung gewellte Linien oder eine schwache Erhebung nach
den Diagonalen und auf (111) eine zarte Riefung in zweifacher
Richtung — parallel zu den Kanten mit (001) und mit (132) —
erkennen.
Von den oben genannten Formen sind die octogonalen Pyrami-
den (135) und (477) und die tetragonalen (445) und (885) neu;
es sind aber die Beobachtungen , auf welche sich diese Indices
gründen, sämmtlich nur wenige und unsichere.
Die Ergebnisse der Messungen von (001:111) = 37° 12' 34"
sind, wie S. 27 mitgetheilt, mit den an Kr. von der Sonuna und
vom Findelen-Gletscher erhaltenen Werthen fast übereinstimmend.
Obgleich die Mehrzahl der Beobachtungen zu den besten zu zählen
sind, schwanken dieselben doch zwischen weiteren Grenzen, für
Krystallographfsche Studien ülter den [dokras. 89
(OOi : 111) zwischen 37° 10' (3) und 37° 15' 50" (3)
(111 : HO) „ 52 47 42" (3) „ 52 43 28 (2)
so dass eine Vervielfältigung derselben, behufs einer sicheren Er-
mittlung des Axenverhältnisses noch zu wünschen wäre. Eine weitere
Bestätigung des obigen Resultates , dass der wahre Werth der
(001 : 111) zwischen
37° 7' (17) und 37° 13*4' (Z)
falle, liegt in dem gleichen Verhalten aller übrigen mit einiger Sicher-
heit bestimmbarer Kanten. Aus
(001 : 111) = 37° 12' 30"
folgt
a : c = 1 : 0-53690
und daraus
(111 : lTl) = 50° 37' 50",
welchem Werthe das Mittel der drei besten Messungen dieser Kante
50° 37', 37s/4' imd 38' = 50° 37' 35" recht nahe kommt.
Combinationen und Messungen einzelner Krystalle von Putsch.
1. Fig. 53 u. 54. c(001), .3(113), p(lll), ^(331), i(132)f
s(131), »i(110),/(120), «(100).
Kleiner, auf der Seite von p* unvollständiger Kr. mit annähernd
vollendeter Symmetrie in seiner stark glänzenden Fläche. Nur das
Rudiment p3 zunächst der Anwachsstelle zeigte sich matt. Die Mes-
sungen ergaben eine abnorme Lage von (001) zwischen zwei gegen-
über liegenden (lll)-Flächen.
epi = 37° li/3' (2) pY» = 74° 20' (3)
cp3 __ 37 19 (i) pipz = go 34i/3 (3)
cpt = 37 11 '/4 (2) p*p* = 50 38 (3)
2. An zwei anderen, mehr tafeligen Kr. waren folgende Kanten
messbar
epi = 37° 13' 10" (2) cp* = 37° 11' 50" (1)
cpz = 37 11 50 (2) ep* = 37 12 30 (1)
3, epi = 37° 10 («) cp3 = 37° 11' 40° (1)
cp% = 37° 13' 7" (3)
90 Zepharovich.
4. Fig. 55 u. 56. c(001). 5(113) . p(lli) . 0(221) .^(331) .
o(101) . «(201) . <121) . tf(241) . m(liO) ./(120) . Ä(130) . «(100).
Fragment eines glattflächigen, theilweise an der unteren Seite
ausgebildeten Kryställchens (Wr. M. Cab. 3457", 1857) mit dem
seltenen (130) . c und a gaben mehrfache Fadenkreuze; andere
Flächen mit einfachen Bildern fielen nicht richtig in ihre Zonen.
pY~ = i05° 35" 24" (3) daraus \V*°\ = 37° 12' 18° (3)
pimi = 82 45 20 (2) „ p}c =37 14 40 (2)
pH* = 16 52 30 (2) p'{ = 16 36 0 (2)
i'i'i = 23° 37' 50" (2)
5. Fig. 57. c(001) . 5(113) . *A(445) . p(lii) . V(885).
6(221) . o(101) . *u(477) • M135) • *(132) • s(131) • m(UO).
«(100).
Grasgrünes, durchsichtiges Kr. - Fragment (Wr. Min. C;ib.
Nr. 146) mit den neuen äusserst schmalen Flächen 1, ix, a und -j,
für welche ausser ihrer Zonenlage die folgenden, sehr approxima-
tiven Messungen bestimmend waren :
berechnet aus
a: c = 1 : 05369
\2p* = 6° 5' (a) 1 5° 56' 0°
l*c = 31 16 (a) 6 31 16 30
X2m' = — _ _ 58 43 30
jiy = 13 5 («) 3 13 19 55
fx'c = — — — 50 32 25
(t'm* == — — - 39 27 35
Aus der Messung \x p' würde sich für /jl der Index (83,83,50)
ergeben; die Unsicherheit derselben gestattet aber die Annahme
von (885), wornach sich dann an diesem Kr. das Auftreten von
vier Pyramiden der Grundreihe, in denen paarweise sich die Axen-
längen wie 1:2 verhalten, herausstellt, nämlich »
P, 2/' und %P, %P.
(477) ebenfalls äusserst schmal, zeigte sich als Abstumpfung der
Kante p'o'. Zur Messung konnte, wie überhaupt bei allen sehr klei-
nen Flächen, nur unmittelbar der Lichtreflex derselben, durch das,
mittelst einer vorgeschobenen Loupe in ein sehwaches Mikroskop
Krystallographische Slinlien über den Idokras. {) 1
umgestaltete Beobachtungsfernrohr gesehen, benützt werden. Die
Einstellung des intensivsten und von den benachbarten Kanten
scharf begrenzten Flachenglanzes gelingt ganz gut und gibt ange-
näherte Besultate, auf welche man, wenn wegen zu geringer Aus-
dehnung der Flachen das Fadenkreuz des Beleuchtungsfernrohres
nicht mehr erkennbar ist, verzichten müsste. Ich fand auf diese
Weise als Mittel der Messungen
v'p' = 10° - (a)
woraus u = (1; 1-73; 1-73) folgen würde. Die Berechnung aus
obigem a r c fordert für u = (477)
v'p' = 10° 11' 21"
•jV = IS 7 34
•j'c = 31 43 54
Zwischen (101) und (111) sind demnach im Allgemeinen am
Id. bereits folgende Gestalten aufgefunden:
((101) (133), (377), (122), (477) (111)
( Pc» P3 P% PI P% P
Die sehr schmale Fläche in der Kante ^^(llS : 101) gehört
wahrscheinlich der (135) an; die Indices ergeben sich aus der
Lage in den Zonen
[113, 101] und [001, 3T2]
welch' letztere aber nicht mit Sicherheit nachzuweisen war.
Gemessen Gerechnet
(j2(31S): c(001) = 18° 36' .... 18° 45' 20"
Ferner wurden an diesem Kr. gemessen:
pic = 37° 14' 50" (3)
ptc = 37 15 50 (3)
92
Zepharovich.
Mittelwerthe aus allen Messungen an Krystallen von Pfitsch.
Winkel der Normalen
m
?/(lii):c(00l)
37c
' 12
39°
14
m'(HO)
52
46
55
8
p»(iTl)
50
37
8
4
/(lll)
74
22
28
3
3(113) : c(001)
14
9
12
10
/(tH)
23
0
8
4
X'(445) : c(OOl)
31
16
0
1
/(Hl)
6
5
0
1
^'(885): //(Hl)
13
5
0
1
6(221) :/(Hl)
19
25
40
3
o'(lOl) : c(OOi)
28
9
30
2
«'(100)
61
49
55
2
«'(201) : o'(lOl)
18
51
0
1
«'(100)
42
52
0
1
i/(747) :/(lll)
10
0
0
1
«"(421) : c(001)
67
22
0
1
m'(HO)
28
55
45
1
«'(311)
10
43
30
2
a'(315) : c(OOl)
18
36
0
1
/'(312) : c(001)
40
18
55
2
^2(312)
23
36
36
3
/(Hl)
16
46
17
4
«'(201)
14
25
0
2
s'(311) : «'(201)
19
16
0
1
f(210) :ro'(110)
18
20
30
1
«'(310) :m'(110)
26
36
30
1
28
12
11
8
3
1
a
a
a
a
2
1
a
I. b) In einer Druse von der Seh warzenstein - Alpe im
Zillerthale (Wr. Min. Cab. 3444) beobachtete ich an etwa 9 Mm.
hohen, ölgriinen, durchseheinenden Säulen, begleitet von grossen
Klinochlortafeln, die Combination: (001). (111) .(HO) . (100). Auf
(001) zeigten sich quadratische und rundliche ßlättchen, auf (111)
bedeutendere Unebenheiten, durch die vorgreifenden Ränder sich
überlagernder Lamellen. Eine von aussen nach innen vordringende
Zersetzung der Kr. beginnend mit einem graugrünen, matten Über-
zuge ist zu bemerken; manche Kr. sind durch und durch verändert
und dabei im Innern löcherig geworden; andere sind im oberen
Theile noch frisch, zunächst der Anwachsstelle aber angegriffen.
Krystallographische Studien über den Ido-kras 93
III. Über die altbekannten ergiebigen Id. -Fundorte im Fassa-
und Heims - Thale entnehme ich in gedrängter Kürze, das Fol-
gende, dem ausgezeichneten Werke v. Richthofen's : Geogno-
stische Beschreibung der Umgegend von Predazzo, St. Cassian und
der Seisser Alpe •). — Im Monzoni - Gebirge (Ostseite des
Fassa-Thales) und bei Predazzo (Fleims-Thal) haben während der
Trias-Periode bedeutende Eruptivmassen2) die Sedimentgesteine
durchbrochen und in denselben eine Reihe von Contacterscheinun-
gen veranlasst, welche den classischen Ruf jener Gegenden für
Geologie und Mineralogie mit begründeten. Unter diesen sind jene
die bemerkenswerthesten, welche an den Grenzen eines eigentüm-
lichen Syenites „Monzon-Syenit" s) und des, diesem gangförmig
untergeordneten Hypersthenites4) mit den oberen Triaskalken auf-
treten. Im Monzoni-Gebirge sind Granat, Id. und Gehlen it
bezeichnend für den Contact von Syenit und Kalk, und es liegen die
Fundstellen dieser Minerale an dem Ost-, Nord- und Westrande des
Gebirgsstockes, der aus Syenit bestehend von mächtigen Kalkalpen
umfasst wird, nur gegen Süd an die Quarzporphyre des Monte
Bocche und im Südwest an den Augitporphyr der Pesmeda-Alpe
sich anschliessend. Aber auch auf dem Monzoni selbst findet man
an vielen Orten aufgelagerte Kalkmassen, welche sich durch Ein-
schlüsse der charakteristischen Contactminerale als die Reste einer
früheren zusammenhängenden Kalkbedeckung zu erkennen geben. —
Hypersthenit trat später gangförmig im Monzonsyenit auf und kam
ebenfalls vielfach mit dein Kalke in Berührung. An diesen Stellen
erscheinen aber, wie dies Rieht hofen zuerst hervorgehoben,
andere Contactgebilde als die vorgenannten des Syenites, nämlich:
verschiedene Varietäten von Augit (Fassai't im Kalk, Pyrgom in
Hohlräumen des Hypersthenit) Magnesiaglimmer, Brandisit
!) Mit einer geogn. Karte und vier Profil-Tafeln. Gotha. J. Perthes 1860. — Eine
frühere Mittheilung v. Ri ch t ho f en's im Jahrb. der geolog. Reichsanst. VIII. Bd.
1857, 164 bezieht sich abschliessend auf die Contacterscheinungen.
aJ Monzonsyenit, Tunnalin-Granit, Augit- und Uralit-Porphyr und Melaphyr.
s) Quarzfreies krystallinisch- körniges Gemenge von Orthoklas, Oligoklas und Am-
phibol mit stetem Glimmergehalt.
*) Krystallinisch-körniges Gemenge von Hypersthen u. Labradorit mit Glimmer, Titan-
eisen und Augit. Nach Richthofen, innerhalb des noch nicht völlig erstarrten
Syenites langsam erkaltete Augit-Porphyrmasse.
\) 4 Z e j> li ;i r o v i u li.
und Pleonast. Einige Fundorte liefern beiderlei Contact-Minerale
gemeinschaftlich; dann stehen auch Syenit und Hypersthenit nach-
barlich an.
Folgende Fundstellen von Id. sämmtlich am Contacte von Syenit
und Kalk, gehören dem Monzoni-Gebirge an i).
a) Nordgehänge des Monzoni. An mehreren meist unzu-
gänglichen Stellen (die reichste unmittelbar über der Alpenhiitte
im Val di Monzoni) erscheint in blauem körnigen Kalk ölgrüner
Id., welcher theils krystallinisch-zellige, mit Kalk innig durchwach-
sene Massen bildet, theils in Krystallen in den letzteren hinein-
ragt. (R.)
b) Auf der nordöstlichen Seite der Spitze des Monzoni
lagert eine Bank von krystallinisch-stengeligem mit blauem Calcit
durchwachsenem Id. 12 — 15' hoch und breit; wohl im Allgemeinen
einer der ergiebigsten Fundorte. Farbe braun, in's Gelbliche, Graue
und Grüne. Krystalle sind hier selten. (L.)
c) Sülle Palle auf den höchsten Bergwiesen des Süd-
abhanges, kurzsäulige oft vollkommen ausgebildete, 12 Millim. hohe,
durchscheinende, leberbraune Kr. in's Nelken- und Gelblichbraune,
mit Fassai't in blauem Calcit eingewachsen; oder in Hohlräumen
von krystallinischen, porösen Fassai't -Aggregaten, aus welchem der
Calcit oft schon vollständig entfernt ist. Der Fassai't gewöhnlich in
kleinen, sehr frischen Kr., während der Id. in dessen Nähe verwit-
tert und rauh, manchmal an den Kanten wie geschmolzen erscheint.
Derselbe wird nicht selten von weissem Steatit, in kleineren zuge-
spitzten sechsseitigen Säulen, begleitet. (L.)
d)Toa\ della foja (Südwest-Abhang). Die Fundorte auf dem
westlichen Walle dieses Tobeis, der ihn vom Pesmeda-Thal scheidet,
sind interessant durch das Nebeneinandervorkommen der Contact-
Minerale des Syenit und des Hypersthenit, welche beide in der
Nähe anstehen; neben Granat und Id. finden sich Pleonast, Fassai't
und Brandisit. (R.) Der Id. erscheint hier in krystallinischen,
schlackenartigen, geträuften, zerfressenen und eingesprengten Pai-
ien, mit blauem Calcit und Steatit (nach Pleonast und Glimmer),
eingewachsen in dichtem Fassai't; olivengrün in's Braune. (L.)
') Nach Liebener und V o rli a user I. c. S. 140, und Liebener's brieflichen
Mittheilungen 1863 (F,.), mich Richthofeo l.-c. S. Ä56. (li.)
Kryttallographische Studien über ilen Idokras. yö
e^AllePallerabbiose (Südwest-Abhang). Auch hier treten
Syenit und Hypersthenit, letzterer weit überwiegend, auf. (R.) Über
25 Mm. grosse kurzsäulige, meist unvollkommene und verdrückte
Kiy stalle, gummiguttgelb, in's Zeisig- und Olivengrüne') und kry-
stallinische Partien; eingewachsen in schmutzig gelblich-weissen
bis lichtgrauen körnigen Kalkstein, zuweilen von derbem Pleonast
begleitet. Oft» umgibt Steatit die Id. -Kr. und erfüllt auch ausgefres-
sene Stellen in denselben. (L.) R. Blum beschreibt schalig zu-
sammengesetzte Kr. von aussen nach innen in Steatit übergehend
von dieser Localität3).
f) Alle Seile (Nord-Abhang). Grüner Granat, drusenförmig in
einem krystallinisch-zelligen Silicatgestein, welches die Grenze von
Syenit und Kalk bezeichnet und wesentlich aus Granat und Id. -Masse
zu bestehen scheint; stets dicht von Calcit umhüllt. Gehlenit erfüllt
den Kalk in weiterem Abstände mit einer Uiuahl von Krystallen und
ist von keinem anderen Minerale begleitet. — In der Nähe tritt auf
Klüften des Syenit häufig ein Überzug von Epidot, wahrscheinlich
als Product späterer Infiltration auf. (R.) 3)
Ungleich mannigfaltiger als der Eruptivstock des Monzoni, ist
jener von Predazzo gegliedert. Dreierlei Gesteinsmassen stiegen
in kurzer Zeit nach einander empor, zuerst Syenit, ähnlich jenem
von Monzoni, dann Turmalin-Granit und endlich Melaphyr; später
folgten noch viele andere Eruptionen. Wie am Monzoni, erscheint
auch hier am Contact von Syenit mit den Triaskalken, der Id. nebst
i) Var. „Monzonit", s. D ufrenoy's Miner. 1836, III, p. 617. .
2) Psendomorphosen, 1843, S. 137.
3) Das Vorkommen der Contactproduele von Hypersthenit u. Kalk bringt v. R ich t-
hofen in die beiden Abtheilungen:
A. In Drusenriiumen im Hypersthenit: a) Toal de Rizzoni, mittlerer Theil (Süd-
Abhang) : Pyrgom, einaxiger Glimmer, Labradorit, Titaneisen, Sphen. h) Allochet
(Südost-Abhang), der zweite tiefere Fundort, nach Liebener, mit Malakolith,
Labradorit und Sphen, seheint hierher zu gehören.
B. Ausserhalb der Grenze des Hypersthenit im Kalke eingewachsen: aj Palle
rabbiose (s. oben e) : Fassait, Brandisit und Pleonast. b) Alpe Pesmeda : Fassait,
Serpentin und Steatit-Pseudomorphosen, (nach L.) dieser Abtheilung eigenthiimlieh.
cj Toal della Foja : Fassai't, Pleonast, Brandisit. dj Toal de Rizzoni: Pleonast in
Batrachit. — Endlich sind Fundorte von Infiltration« -Mineralien, A. auf Klüften im
Syenit; Allochet : -Quarz, Epidot, — Granat u. andere (?) ; Alle Seile: Epidot; Toal
de Rizzoni: Prehnit (L.), B. auf Klüften im Hypersthenit; Nord-Abhang, angeblich
über der Sennhütte: Chabasit.
96 Ze p-ha r o v i e h.
andern Silicaten vorzüglich an den gegenüber liegenden durch die
Thalebene des Avisio getrennten Abhängen der Sforzella und des
Monte Margola. Die ersteren Fundstellen ungemein ergiebig an
schönen grossen Krystallen liegen an dem berühmten steilen Ab-
hänge oberhalb Canzacoli1). Der Marmor, welcher hier gebro-
chen wurde, sich aber nicht verwendbar zeigte, ist ein mit Magnesia-
hydrat (Brucit) gemengter krystallinisch- körniger Kfllkstein, unten
grauer „Pencatit« (CaO.CO, + MgO.HO), oberhalb weisser „Pre-
dazzit" (2CaO . COo -f MgO . HO), die durch den aufsteigenden
Syenit veränderten, dolomitischen, dunkeln Virgloria- und hellen
Mendolakalke der oberen Trias. An der ganzen Grenzlinie gegen
den Syenit erscheint der Predazzit mit fremdartigen Substanzen
imprägnirt, und geht allmählich durch ein festeres kalkhaltiges Feld-
spathgestein in typischen Syenit über. Im Predazzit sind vollkommen
frisch Granat und Id. 3) beide von Calcit durchdrungen ausgeschie-
den. Besonders letzterer erscheint in ansehnlichen bis 6J/3 Cm.
grossen Kr. von dunkel ölgrüner, selten in's Braune oder Gelblichgrüne
ziehender Farbe, einzeln eingewachsen oder in Drusen von einigen
Kubikfuss Inhalt. Auch Gehlenit in den grössten bekannten Krystallen
kommt zur weiteren Übereinstimmung mit dem Monzoni hier vor. —
Die schönsten Id. finden sich in der Höhe, nächst der Grenze, in
einer isolirten, von Syenit umschlossenen Masse, die vielfältig von
Sammlern ausgebeutet wurde 3).
Am Westabhange des Monte Margola 4) hat der Syenit, von
zwei Hypersthenitgängen, wie am Monzoni, durchsetzt, die rothen
thonigen Campiler Schichten (untere Trias) in ein grünes jaspis-
artiges, unregelmässig zerklüftetes Gestein, und die dolomitischen
Mendola-Kalke (obere Trias) in Predazzit verwandelt. In Letzterem
kommen Id. -Kr. und viele andere Silicate meist nur als Verunreini-
gung des geschmolzenen Kalkes vor; Contactproducte von Hyper-
sthenit und Kalk sind hier nicht vorhanden.
i) Richthofen I. c. S. 274 ff.
3J liier zuerst von Boue beobachtet (Leonhard, Miner. Taschenbuch 1824. S. fiOS).
3) Gegenüber von Mezzavalle oberhalb Predazzo (am NW. -Abhänge des Monte Mulatto)
schliesst der Syenit zwei mächtige Blöcke von körnigem, prcda/.zitähnlichem Kalk-
stein ein, in welchem auf Klüften der fiymnit vorkommt.
*) Richthofen I. c. S. 260.
Krystallographische Studien über den Idokras. vi
Th. Kjerulf1) beobachtete (1852) an der Nordwand des
Monte Margola bei der Boscampo-Brücke, Id., Gymnit und grosse
Pleonast-Krystalle in Schichten von feinkörnigem Marmor, welche
durch einen Augitporphyrgang, der senkrecht zwischen dem Kalk-
stein und Syenit aufgestiegen ist, abgeschnitten wurden. Letzterer
selbst wird wieder von schmalen Gängen rothen Feldspath-Porphyrs
durchsetzt. Dre genannten Minerale linden sich am Contact des
Angifporphyrs und der Kalksteinschichten nesterweise in den dichten
gelblichen Kalksteinmassen. — Derselbe gelbliche Kalkstein (CaC
mit wenig Si u. AI) umschliesst nach Kj erulf an der Fundstelle „alle
Seile" am Monzoni, Nester von Id., Granat und Gymnit. Eine verticale
Scheidungslinie trennt ihn von weissem körnigen Marmor, welcher
Gehienit von Calcit umhüllt, enthält. Bechts von der Scheidungslinie
im gelblichen Kalkstein steht Melaphyr an.
Bezüglich der Entstehung der Contact- Minerale stellt sich
Bichthofen, auf die Analogie mit den Sommablöcken hinweisend,
entschieden auf die Seite des reinen Plutonismus (I. c. S. 254).
Wie in Südtirol gehört der Id. aus der
Woiwodina (ISanai) uuil lii^ara
einer Zone von Contactgebilden an, welche in gleicher Weise an
der Grenze von syenitischen Eruptivmassen und Kalksteinen auftre-
tend, durch ihre Erzführung besondere Bedeutung für die Bergbaue
im Banat und von Bezbänya in Ungarn erlangen. Über die letzteren
verdanken wir wichtige Aufschlüsse den geologisch-mineralogischen
Studien aus dem südöstlichen Ungarn von Prof. K. Peters3), welche
schöne Arbeit auch reich ist an werthvollen Momenten für die
Lösung der genetischen Fragen in anderem als dem obenerwähnten
Sinne. Das Banater Gebirge hat J. Kuderna tsch 3), aber vor-
herrschend sfratigraphisch, gründlich durchforscht.
i) Om Forholderne veil Monzoni og- Preoazzo in Sydtyrol. Nyt Magazin för Natur videns-
kaberne. Cliristiania. IM. VIII. S. 134. Profil 12, u. S. 143 Prodi 4. — Das Obige
verdanke ich einer briefliehen Mittheilung Hrn. Dr. Th. Kjerulf's.
*) Sitzb. d. k. Akad. d. Wissenseh. in Wien, math.-nat. Cl. XLIII. Bd. 1861 (mit einer
geogn. Karle u. einer Profiltafel.) I.Theil, S. 384; XLIV. Bd. 1861, II. Th. S. 81 (mit
■1 Tafeln).
S) Ebendaselbst XXIII. Bd. 1837, S. 39 (mit 1 Karte und 4 Profiltafeln), S. 66 wird
auch der Contact- Verhältnisse gedacht.
Sitzb. (1. luatliem.-naturvv. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 7
98 Z e p h si r o v i eh.
Vollkommene Analogie der geognostischen Verhältnisse herrscht
nach den vorliegenden Untersuchungen in diesen beiden Gebieten.
Nach Peters ist derRezbänyaer Syenit1) identisch mit dem Banater,
aber verschieden von jenem Südtirols. Nordöstlich vonPetrösz kommt
er auf einer langen, ihrer eisenreichen Contactgebilde wegen, höchst
wichtigen Strecke, mit Liaskalkschichten in Berührung, im Valle
sacca aber ist er als plumper, bnchtiger Stock in sehr junge, wahr-
scheinlich die jüngsten -Kalkschiehten des Gebietes (Neocomien)
hineingetrieben. — Im Valle sacca (V. seca, trockenes Thal) sind
die Contactgebilde im Seitengraben Poroze ganuli als das bekannte
Gemenge von Calcit mit Grossular, Id., Epidot und Tremolith ent-
wickelt, während an anderen Stellen (so an der Emerici-Seheidung)
in der Contactzone Magnetit mit wasserhaltigen Magnesia-Silicaten
oderLimonit, als wahre Ausfüllungsmasse, mit eingebetteten Syenit-
brocken auftreten.
Kalksilicate sind auch im Werksthal, wahrscheinlich am Con-
tacte eines grünsteinartigen Syenitporphyrs mit Kalkstein in gros-
sen Massen vorgekommen. Speciell über den Id. sagt Peters a. a.
0. S. 129. „So innig verwandt die Rezbanyaer und Oravitzaer Con-
tactgebilde auch sind, in der quantitativen Entwicklung derMineral-
species zeigen sie doch wesentliche Unterschiede. Der Id. im
Banater Calcitgestein so trefflich krystallisirt, tritt hier nur als ein
höchst untergeordneter Begleiter, richtiger gesagt als Stellvertreter
des Grossular, nie in ausgebildeten Kr., zumeist nur derb in körnig-
stengeligen Aggregaten auf. Übrigens ist es wohl möglich, dass er
früher besser entwickelt vorkam."
Ein interessantes Exemplar aus einer nicht näher bekannten
Stelle der Contactzonen beschreibt Peters a. a. 0. S. 131. Grosse
Individuen des gelblich-grünen Id. — von nicht mehr ganz frischem
Ansehen, mit beträchtlichem Wassergehalt — umschliessen mit
deutlich homoaxen Theilchen, Körnchen von Calcit und Grossular
und Blättchen eines eigenthümlichen Glimmers — der Mitgemeng-
theile des Contact - Calcitgesteines, und wären somit in dem-
selben Sinne als Perimorphosen aufzufassen, wie die Calcit ein-
') A. a. 0. S.477. Bin qutirzhältiges körniges, oft porphyrartig-es Gemenge von Ortho-
klas, Oligoklas, Glimmer und Ainphibnl.
Krystallographische Studien übet' den Mokras. 9{)
schliessenden Id. und Granaten von Cziklova, vom Monzoni und
von Predazzo.
Ausser diesen Einschlüssen ist es auch die fast constante bläu-
liche Färbung des begleitenden Caleites, welche das Vorkommen
des Id. an den genannten Localitäten zu einem sehr ähnlichen
gestaltet.
Von besonderer Wichtigkeit für die Geschichte der Contact-
bildungen ist Prof. Peters' Entdeckung eines wasserhaltigen Magnesia-
horates, des Szajbelyit ')> welches in mikroskopischen Nadelgruppen
und rundlichen linsengrossen Körnchen massenhaft in einem Kalk-
steine aus den Contactzonen von Rezbänya ausgeschieden ist. Nach
der Analogie heutiger Vorgänge (Volterra, Volcano) weiset die
Borsäure auf Wasserdämpfe hin , welche in früheren geologischen
Perioden auf den Contactklüften emporgedrungen , bei der Ausfül-
lung derselben eine wesentliche Rolle gespielt hahen mögen. —
Auch erscheint es sehr möglich, dass wasserhaltige Thonerde-Kalk-
oder Thonerde-Magnesia-Silieate (wie das von Peters ßiharit 2)
genannte Mineral), insoferne sie an der Stelle der normalen Con-
tactgemenge vorkommen und keinerlei Spur eines secundären Ur-
sprunges an sich tragen, wirklich primäre Gebilde seien, also das
erste Product, welches aus der Vereinigung der heissen Auslau-
gungsproducte des Kalksteines und der kürzlich emporgedrungenen
Eruptivmassen resultirte. — Die Contactzonen von Rezbänya sind
auch insofern sehr interessant — ich folge hier weiter den Worten
meines verehrten Freundes — als sie anstatt der Kalksilicate in
manchen Gegenden magneteisenreiche Gemenge darbieten, also
beweisen, dass keineswegs die Natur der einander berührenden
Felsarten die Art der Contactgebilde allein bestimmte, sondern
dass dieselbe vielmehr von hinzukommenden Stoffen abhängig war.
Übrigens gibt es viele Stellen, wo weder die einen noch die andern
vorhanden und im Kalkstein kaum Spuren einer Metamorphose zu
bemerken sind 3).
Aus der Zone von Contactgebilden, welche unter gleichen
Umständen wie bei Rezbänya längs dem westlichen Saume des
!) A. a. 0. S. 143 u. XLV1I. Bd. S. 347 — 354.
2) Ebendaselbst, XLIV. Bd., S. 132.
3) K. F. Peters. Die Contactgebilde im Kalksteingebirge und der gegenwärtige Stand
der ehem. Geologie. Schriften desVer. z. Verbreitung nalurw. Kenntn. in Wien, 1861.
7 *
100 Z e p h a r o v i c h.
Banaler Gebirgsstockes auftreten, ist mir Id. nur von Cziklova bei
Oravitza und Dognacska bekannt geworden. Bei Cziklova fand
ich ihn jenseits des Temeseher Gebirges in derben Massen und in
schönen, zum Theil grossen und vollständig ausgebildeten Kr., von
säuligem oder pyramidalem Habitus, eingewachsen in bläulichem
Calcit. An einer andern Stelle der gleichen Scheidung von Syenit
und Kalkstein, jedoch näher dem Orte zu, auf dem Wege in das
Temeseher Gebirge fehlt der Id., dafür erscheinen im blauen Calcit
brauner und grüner Granat nebst Wollastonit 1). — Also auch hier
das von Peters in Rezbänya beobachtete Verhältniss zwischen
Granat und Id.
Von Dognacska bewahrte die Mineraliensammlung des Joan-
neums in Graz, Drusen von grossen Id. -Kr. auf gleichartiger derber
Masse, von blauem Calcit begleitet.
Nach Kudernatsch3) sind bei Szäszka einzelne Frag-
mente der ehemaligen Kalkdecke, einige von kolossaler Grösse,
mitten im Syenite in demselben eingesenkt, und haben bergmän-
nische Arbeiten an den Berührungsflächen der beiden Gesteine
mehrorts auch hier die charakteristischen Contactbildungen nach-
gewiesen 3).
ftrystalle aus Südtirol und dem Banate.
Durch unverkennbare Analogien im Vorkommen und weitere
Übereinstimmung in mineralogischen Merkmalen, bilden die Kr. vom
Monzoni und von Predazzo, dann jene von Cziklova und Dognacska
eine natürliche Gruppe.
Eine besondere Oberflächen-Beschaffenheit scheint den Flä-
chen der Kr. von diesen Fundstätten, insbesondere den tirolern
eigenthümlich zu sein — eine über Pyramiden- und Prismen-Flächen*
sich erstreckende damascirte oder landkartenähnliche Zeichnung,
hervorgebracht durch rinnenartige, sich mannigfaltig verzweigende,
oder rundlich begrenzte Unterbrechungen der obersten, glatten,
lamellaren Kr.-Schichten.
J) Zepharovich, Min. Lex. S. 466 u. 473. — Kudernatsch (a. o. a. 0. S. 67)
gibt als Localität der Kalksilicate bei Cziklova den Rücken Parlavoi an.
2) A. ... ii 0. S. «7.
3) In Ackner'a Mineralogie Siebenbürgens 1855 wird Aisö-Va'cza westl. von Rörtfs-
bitnyii als Fundort von Id. (mit Magnetit) genannt .
Rrystallographische Studien ülier den (dokras. 101
Dieses, wie durch ätzende Einwirkungen veranlasste Aussehen,
zeigte sich an dunklen (braunen) und lichten (gelblich-grünen bis
gelben) Kr. vom Monzoni und von Predazzo. Auch erwiesen sich die
Prismenflächen frei von der sonst allgemeinen, verticalen Riefung.
Die Kr. von le Palle am Monzoni sind durch ihr Vor-
kommen mit Fassait, so wie durch ihre leberbraune Farbe und
Gestalt leicht kenntlich. Die bis 20 Mm. hohen Kr. sind entweder
mit Fassai't-Kr. in blauem Calcit eingewachsen, oder sie sitzen in
Drusen von Fassait, zuweilen in Höhlungen schwammig -löcheriger
Aggregate von Fassai't-Kryställchen, oft nur mit einer kleinen Stelle
anhaftend und allseitig entwickelt. Vorzüglich an den eingewachse-
nen Id. -Kr. sind die Prismen nur wenig ausgedehnt, zumal (110),
welches oft als schmales horizontales Leistchen erscheint, während
(100) als grosse Rhombenfläche die Mittelecke der (111), die im
übrigen vorwaltend die Kr. begrenzt, hinwegnimmt. (001) ist ent-
weder nicht oder nur sehr wenig ausgedehnt vorhanden. Derart haben
diese Kr. bei gleichmässiger Entwickelung von (111) und (100)
einige, auch durch nicht sehr auffallende Winkeldifferenz gehobene
Ähnlichkeit mit Rhomben-Dodekaedern. Mohs hat schon einen
solchen Kr. vom Monzoni abgebildet J) mit der Combination (111).
(100). (130). (HO), in welcher für das seltene, nicht durch Mes-
sung bestimmte (130), wohl (120) anzunehmen wäre.
Eine reichere Combination aus dem Wiener Mineralien-Cabinete
istTaf. X, Fig. 58, abgebildet:
c(001) .p(lll) . Ä(221) . *(331) . «(100) .m(110) /(120).
Nur an einem Individuum fand ich die Kanten von (111) durch
(101) schwach abgestumpft.
Nicht sehr verlässliche Messungen an drei Krystallen ergaben:
pip« = 74° 5' 15° n 2 S(p) 2
pipz = SO
26
17
n
7
»
8
p'm> = 52
54
38
n
9
n
10
p'af = 64
48
23
n
13
»
13
lfm' = 23
26
—
n
3
„
a
fa' = 26
54
—
n
2
«
a
fm = 18
5
—
»
2
»
a
i) Miner. 2. Aufl.; If. Taf. XVIII. Fig. 133. — Ebenso von K o h e 1 1 in Kastner's
Archiv, VII. Bd. 1826, Taf. 13.
102 -Z eph a ro vich.
aus welchen, wie S. 29 bemerkt, ein von den Kr. der anderen
untersuchten Localitäten bedeutend abweichendes Parameter-Ver-
hältniss folgen würde.
Mit den dodekaederähnlichen Kr. kommen an demselben Stücke
zuweilen kurzsäuligeKr. vor, geschlossen durch (111) mit (001) und
(101) in sehr geringer Ausdehnung, vielfach mit einander verwachsen,
auch in paralleler Stellung, so dass gleichzeitig die gleichartigen
Flächen erglänzen; die Zwischenräume sind durch blauen Calcit
erfüllt, der oft deutliche Anäizung erkennen lässt.
Auch die an den Palle rabbiose vorkommenden Kr. „Mon-
zonit(f *) sind hinreichend charakterisirt durch ihre vorwaltend gelhe
Färbung, so wie durch das Fehlen des blauen Calcites; sie sind in
einem dolomitischen körnigen Kalksteine eingewachsen und zuwei-
len von Pleonast begleitet.
An grünlich- gelben oder hell gelblich-grünen Kr. von diesem
Fundorte fand ich das Prisma (110), meist mit schmalen, rissigen
Flächen, geschlossen durch (111), mit schwachen Abstumpfungen
von (001), (101) und (100).
Die anderen oben genannten Fundstellen am Monzoni liefern Id.
von verschieden grüner Farbe; fast überall erscheint der bläuliche
Calcit als ihr Begleiter. Von allen diesen Localitäten sind unter der
Bezeichnung „Fassathal" oder „Monzoni" häufig Exemplare in den
Sammlungen vertreten2). An einer grösseren Anzahl solcher, von
grünlich-gelber oder licht bigrüner Farbe fand ich mit kurzsäuligem
Habitus Combinationen von
(001), (111), (331), (101), (HO), (100)
mit vorherrschendem (111) und (110), an denen zuweilen noch
(131) erscheint. Fig. 59, Taf.X, zeigt einen solchen grünlich-gelben
grossen Kr. vom Monzoni, eingewachsen in blauem Calcit; von
letzterem waren zahlreiche Theilchen in der Kr. -Masse eingeschlos-
sen oder Eindrücke auf den Flächen bewirkt. Die Einschlüsse haben
oft zu einer jüngeren Bildung von Calcit, der sich in Kr. in den
Hohlräumen ansiedelte, das Material geliefert.
i) S. S. 95, Anm. 1.
B) Abbildungen von Kr. aus Fassa inLevy's All. XXXIII. Fig. 7 (cptosma), Presl's
AU. VIII. Fig. 282, 28b (Monzoni) u. Dufrenoy's All. Taf lö'i, Fig. 42.
KrystallographUche Studien über Jen Idükras. 1 03
Die Kr. von Canzacoli bei Predazzo sind dunkel ölgrün,
selten in's Braune oder Grüne ziehend; sie erreichen zuweilen eine
ansehnliche Grösse ; bei theils säuligem (Fig. 60), theils pyrami-
dalem Typus und sind einzeln oder gruppenweise im Predazzit ein-
gewachsen.
Auch hier fehlt nicht der blauliche Calcit, doch ist er hier
spärlicher und mehr grau gefärbt als am Monzoni.
Zu Messungen sind die Kr. der vorgenannten Localitat so wie
die Banater wenig geeignet, da die Flächen ausser durch die er-
wähnten Vertiefungen uneben, meist auch rissig sind. Die folgen-
den wurden an einem halbdurchsichtigen Bruchstücke eines kleineu
grünlich-gelben Kr. vom Monzoni ausgeführt.
p'a' = 64° 56' 54°
p'pk = 50 42 45
Vertheilt man den Fehler dieser Messungen (p'a -f- i/ap'Pk =
90° 18' 15") gleichmässig, so ergibt sich
p'a' = 64° 47' 45°
p'pt = 50 24 30
welche Werthe zufällig stimmen mit den aus einer grösseren Anzahl
von Messungen an braunen Monzoni-Kr. erhaltenen.
Das speci fische Gewicht der letzteren fand ich durch
zwei Wägungen 3 401
Rammeisberg 3-385 <)
Mittel 3-393
eines hellgelben Id. vom Monzoni . . 3*344
Die bis über 25 Mm. grossen kurzsäuligen oder pyramidalen,
öl- oder zeisiggrünen Kr. von Cziklova zeigen Gestalt und Ober-
fläche der Fassa-Kr. und sind ebenfalls in bläulichem Calcit ein-
gewachsen, von welchem sie Theile umhüllen.
Fig. 61. c(001)./>(lll).»«(110).«(100). Dieselbe Combi-
nation mit (120) gab auch Haidinger von Cziklova an3).
Fig. 62. ^(lll).o(101).a(100); beiderseits vollständig aus-
gebildeter pyramidaler Kr. (Wr. Min. Cab.) ölgrün mit 38 Mm.
langen Mittelkanten, bemerkenswert!! durch den Mangel des Prisma
i) Miner. Chemie. 1SG0, 104.
2J Molis. .Miner. transl. by Haidinger II, iö'^i, :* J4 .
104 Zepharovich.
(110). Schone Drusen, fast vollständig ausgebildeter Pyramiden
(111) ohne Abstumpfung an Ecken oder Kanten, bewahrt die berg-
akademische Sammlung in Leoben.
An anderen Kr. fand ich in geringer Ausdehnung Flächen von
(331), s(131) u. f. (120).
Spec. Gewicht . . =3-368 Magnus.
3-378 Rammeisberg (hellbraun).
An lichtölgrünen säulenförmigen Kr. von Dognacska beob-
achtete ich Flächen von (001), (111), (331), (101), (131), (110)
und (100).
An die Banater Localitäten scbliesse ich hier als muthmasslich
von einer derselben stammend, ein eigenthümliches Vorkommen an,
welches Kenngott beschrieben i).
Gelblich-braune Id. -Kr. : (111) mit äusserst kleinen Flächen
von (001), (1U) l<2> (112)> (101)> (10°) und (HO), ein-
gewachsen in gelblich-weissem mit Dendriten gezierten Milch-Opal
von unbekanntem Fundorte. Von den Pyramidenflächen zeigte sich
(TU) glatt, während (111) und (111) in der Richtung von (100),
und (111) in der Richtung von (OlO) zart aber deutlich gerieft
waren, eine sehr auffallende Erscheinung, die auf ein Zerfallen der
(111) in drei Theilformen, — aber in ganz anderem als im Sinne
Breithaupt's — zu deuten scheint. Die Riefung der beiden Nach-
barflächen (Hl) und (Hl) Hesse sich allenfalls mit der an diesem
Kr. ziemlich deutlich auftretenden Spaltbarkeit nach {100} bezie-
hungsweise der Anlagerung der Krystallelemente in dieser Richtung
in Verbindung bringen, womit aber die Beschaffenheit der beiden
anderen Flächen nicht vereinbar wäre. Man wird verleitet, die ganze
Erscheinung als eine zufällige aufzufassen, da aus der (111) ein ein-
gesenktes, gleichgestaltetes Kryställchen hervorragte, dessen sämmt-
liehe Pyramidenflächen aber, ganz glatt keine Spur von Riefung
erkennen lassen, sich also identisch mit der einen (TU) des Trä-
gers erweisen. Der Combinations-Typus des besprochenen Kr. ent-
spricht vollkommen jenem von C z i k 1 o v a. — Von Dognacska be-
wahrt die Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien,
i) Sitzb. d. Wr. Ak. <!. W. 1834, XII. S. 72'».
Kryslallographische Studien über den Idokras. . 105
aus der Viniera mare-Grube — also zweifellos aus dor Id. führen-
den Contactzone — einen Opal, schmutzig gelblich-grau in's Milch-
weisse mit blauen Pünktchen und Dendriten '); Analogien des Vor-
kommens, auf welche die obige Annahme sich stützt.
Salzburg*
In drei Querthälern des Pinzgaues, welche die Hochkette
der Tauern zum Salza-Thale entsendet, im Rauris-, Slubach- und
im Hollersbach-Thale hat sich Id. gezeigt. Die Fundorte in den
beiden letzteren Thälern liegen beinahe gegenüber den Tirolern im
Dorfer- und Dümmelbachgraben Pregrattens; inzwischen erhebt
sicli die Tauernkette.
Im oberen Rauris- Thale, unterhalb der DiecheI-(T ür-
chel-)Wand: Kr. im Quarz des Glimmerschiefers3).
Reich ersberger Alpe im S tubach - Thal e , derbe,
dichte, zum Theil schalige Massen, mit flachmuscheligem oder split-
terigem Rruche, öl- bis pistaziengrün, mit wenig rothem Granat,
grünlich-grauem Anthophyllit (Bronzit?) und Amphibol auf Lagern
im Glimmerschiefer3). — Wahrscheinlich ist dieses, früher als Granat
bestimmte Vorkommen dasselbe, welches von Hlasiwetz analy-
sirt (H — 7, S, spec. Gew. = 3-378) 4) und von Descloizeaux
optisch untersucht (JI = 6) 5) wurde.
Scharnkahr im Hollersbach - Thale, kleine, acht- und
mehrseitige Säulen, ohne Endfläche, pistaziengrün, durchscheinend,
mit Granat-Kr. auf derbem Granat6).
i) Zepharovich, Min. Lexikon, 1839, S. 303.
a) C. Ehrlich, Über die nordostlichen Alpen. Linz 1856.
3) L. v. Köchl. Üie Mineralien des Herzogthums Salzburg. Wien 1859, S. 87.
4) Kenngott, Übersicht der Res. miner. Forschungen, 1856 — 57, S. 115.
5) Miner. I, 1862, p. 284. „Une variele du Salzbourg- en masse compacte schistoi'de, ä
cassure ecailleuse, translucide, parait au microscope composee, d'une inullitude de
petites ecailles, agissant irregulierement sur la lumiere polarisee."
ö) v. Köchl, a. o. a. 0.
106 Zepharövich.
Mähren i).
Bei Blau da kleine Kr. (001). (110) und längliche Körner
von schmutzig pistaziengrüner Farbe. — Nedwieditz, Olschy und
Strzitersch, kleine Kr. (001) . (111) . (110) . (100), ölgrün,
eingewachsen in feinkörnigem Kalkstein. — Popuwek, Kr. (001),
(110) in Drusen und körnig, in grünlichem körnigem Quarzit
(Obergestein des Syenites). — Längliche Körner bei Wiesen-
berg eingesprengt in FeMspath, bei Fröschau uml Lugau im
Granulit.
Böhmen.
In dem Burgstallgiaben nördlich bei Haslau (nordwestlich
von Eger) steht, anscheinend lagerförmig im Granit, ein eigenthüm-
liches schieferiges Gestein an, der „Egeranschiefer", wesentlich ein
klein- bis feinkörniges Gemenge von Calcit, Sahlit, Grammatit und
Glimmer, in welchem Egeran, gelbbrauner Granat, Quarz, Periklin,
weisser bis wachsgelber Opal und Pyrit, letzterer in geringer Menge,
nester- oder lagerweise vorkommen.
Diese Schiefer scheinen eine Art Lagermasse von etwa 300
Klafter Länge zwischen einem gleichkörnigen und einem porphyr-
artigen Granit zu bilden und von letzterem durch feinkörnigen
Granit geschieden zu werden. Ob dieselben jedoch einer selbststän-
digen Bildung angehören, oder ob sie — wie es manche Umstände,
mit Hinblick auf andere Localitäten, nicht unwahrscheinlich machen —
als Liegendschichten mit einem, bei der Thalbildung aber gänzlich
fortgeführten Kalksteinlager in näherer Beziehung gestanden, lässt
sich gegenwärtig mit Gewissheit nicht mehr entscheiden ~).
Werner betrachtete den Id. von Eger (Haslau) als neues
Mineral und benannte es nach dem Fundorte. Monteiro erkannte
dasselbe als Varietät des Id. und sandte davon Stücke an Haüy,
der dies vollkommen bestätigt fand ").
') F. A. K o lenati. Mioer. Mährensu. österr. Schlesiens. Brunn 1834. Zepharoi ich.
Miner. Lexikon. S. 466.
8) A. E. Ken ss. Abhdl. d. geol. Reichsanst. 1. S. 26 ff. — Jokeiy. Jahrb. d. geolog.
Reichsanst. 18i>6, VII. S. HU).
3) Iliiiiy. Min. 2. Kdit. 1822. II. p. 551.
Kiystallographische Studien über den Idokras. J 0 i
Das Bezeichnende für den Egeran, der spater noch an manchen
anderen Orten bekannt wurde, ist das Erscheinen langer, dünner,
längs geriefter und quer rissiger Prismen in Aggregaten von radial-
büscheliger oder parallel-stengeliger Textur. In diesen entwickel-
ten sich stellenweise deutlichere Individuen mit (110), (100),
(001), vorwaltend (110) zuweilen noch ein oktogonales Prisma *),
äusserst selten schmale Flächen von (111) meist als Abrundung der
Kante (HO, 001).
Die grösseren Individuen zeigen eine schalige Zusammen-
setzung, welche sich durch innere Lücken und auch oberflächlich
durch Lichfreflexe auf den tieferen Lagen bemerkbar macht. Farbe
meist dunkel haar-, gelblich-, oder rüthiichbraun, in's Leberbraune
und Olivengrüne; zuweilen erscheint eine obere Lage zunächst
(001) lichter als die übrige Säule gefärbt 3).
Die Zwischenräume der stengeligen Aggregate sind gewöhn-
lich mit Periklin, seltener mit Quarz erfüllt, welche die frei gebil-
deten Enden der Egeransäulen umschliessen , in diesen aber auch
als Einschluss sich finden 3). Einzelne Id. -Individuen sind zuweilen
in graulich-weissen Fettquarz eingesprengt; entfernt, hinterlassen
dieselben in der sie dicht umgebenden compacten Quarz- oderFeld-
spathmasse deutlich läugsgeriefte Abdrücke. Nach Zippe erschei-
nen auch vollkommen ausgebildete Individuen in körnigem, mit
Grammatit gemengtem Kalkstein eingewachsen, so dass sie an der
Begrenzung gleichsam mit einander verschmolzen sind *).
Die Egeranprismen lassen, wo sie mit dem Periklin in Berüh-
rung kommen, eine nachträglich erfolgte, durch ihre schalige
Textur begünstigte Zerstörung nicht verkennen; sie erscheinen
oberflächlich gleichsam in einzelne Nadeln zertheilt, oder ange-
fressen, während die in Quarz oder Calcit eingeschlossenen unver-
ändert bleiben 5).
i) Ähnlich Fig-. 279. Taf. VIII in Presl's Atlas.
2) Nr. 3471. H. S. Nr. I im Wr. Miner. Gab.
s) E. Söchting-, Einschlüsse von Mineralien u. s. w. 1860, 97, nach R. Blum.
4) Die Miner. Böhmens. Verhandl. der Gesellsch. des bnhm. Museums 1841, S. 43. >
Zepharovich. Miner. Lexikon, 1859, S. 466.
5J Von mir gesammelte Suite im miner. Museum der Universität Krakau.
108 Z e p li a r o v i c h.
Spec. Gewicht 3-399 (Mobs); 3.411 (Rammeisberg),
enthielt 1S4 MgO, 1-32 KO. ')•
Im südlichen Böhmen ist das Kalksteinlager im Urthon-
scliiefer von Kunicek (nördlich von Zahradka, nordöstlich von
Mirotitz) durch reichliches Id. -Vorkommen bemerkenswert!]. Un-
mittelbar im Hangenden desselben erscheint ein dichtes, grünlich
graues Felsitgestein mit körnigem bis dichtem Id. als Ausfüllung
oder Überzug in Klüften; stellenweise sind krystallinische Partien
auch einzelne mehr oder weniger gut ausgebildete Kr. dem Ge-
steine selbst eingesprengt. Ebenso finden sich körnige Id. -Aggre-
gate zum Theil mit Calcit gemengt in den obersten Kalkschichten
als Kluftausfüllung. Die Bildung des Id. dürfte hier nach Jokely
mit der Zersetzung des hangenden Felsitgesteines in einiger Bezie-
hung stehen. Ausser Id. enthält der Kalkstein noch einzelne Glim-
merschuppen und auf Kluftflächen einzelne, meist in eine weiche
talkartige Masse veränderte Amphibolsäulen -).
In dem Kalksteinlager von Klementinow bei Ilorazdiowitz
(in dünnschiefrigem Gneiss) kommt nach Hochstetter \d. ein-
gesprengt vor. Der krystallinische körnige Kalkstein wird häufig
von ansehnlichen Partien Grammatites durchzogen 3).
Baiern 4 ).
A. In den Ausläufern des Frankenwaldes und im Fichtel-
gebirge. — In Oberfranken: Wurlitz (Landgericht Schüsslitz)
kleine grüne Kr.; auch derb, in's Dichte übergehend, von verschie-
denen Farben, nesterweise in Serpentin (G u. H). — Wustuben
in der Gegend von Baireuth, Egeran in Quarz (G). — Göss-
weinstein bei Pottenstein, Egeran (B). — An der neuen Strasse
bei W uns i edel, röthlich-braune, säulenförmige Kr., selten mit
i) Min. Chem. 736.
2) Jahrb. d. geolog. R. Anst. lSfiö, VI. S. 696.
3) A. a. 0. S. 486.
4) Mineralog. Verzeichnisse von Frd. Schmidt (S), C. W. H ii m b e I (fi) u. Horn-
berg(//j im Correspondenzblatt des Zoolog, min. Ver. /.. Regensb. Jahrg. X. XI.
XII, 1856— 1858, und von A. F. ISesnard (#): Miner. Baierns, Augsburg 1So4. —
G. Leonhard (AJ topogr. Mineralogie.
Krystallographische Studien über den Idokras. 109
Epidot, Quarz und Albit, und zu Gö ring s reu th (Landgericht
Wunsiedel); an beiden Orten accessorisch im Quarz eines dem
sächsischen Erlan ähnlichen Gesteines, — gangförmig im Glimmer-
schiefer und Gneiss (H u. S). — Göpfersgrün bei Wunsiedel,
Egeran; gut ausgebildete Kr. in büscheligen Gruppen, radiale Ag-
gregate. Im Glimmerschiefer (S u. L). [Nach G um bei (die
geog. Verhältn. des Fichtelgebirgos; Bavaria , 3. Bd.) bilden der
Erlan von Göringsreuth u. s. w. und das Id. führende Gestein bei
Göpfersgrün Lager im Thonschiefer.]
B. Im Böhmerwaldgebirge. — In der Oberpfalz: Wildenau
(Landgericht Tirschenreuth), Egeran und derber Id. (B). — Am
Mühlbiihl, Fuchsberg bei P leistein (Landgericht Vohenstrauss)
Kr. mit Quarz; derber Id. zu Höfen und Stöckarn (B). — Süd-
östlich von Hauxdorf bei Ebendorf im Steinbruch, mit Quarz und
Glimmer, gangartig; Gottesacker bei Tirschenreuth, dicht, derb
mit Epidot; an beiden Orten in Gneiss (G). — In Niederbaiern :
bei Pfaffenreuth (Landesgericht Wegscheid) säulige Kr. mit
Granat und Grammatit (B).
Sachsen *)•
In der Gegend von Breit enbrunn und S chwarze nbe rg
treten im Glimmerschiefer Lagerstätten (lagerartige Gänge?) auf,
welche («) aus Grünsteinen, (6) aus solchen in Begleitung von Kalk-
stein und Dolomit oder (c) aus einem Gemenge von Kalkstein oder
Dolomit und Grünstein, aus Erlan, bestehen, und sich durch grosse
Manchfaltigkeit der daselbst einbrechenden Minerale — Magnetit,
Kassiterit, Kiese, Galenit, Blende, Kalk- und Magnesia-Silicate,
Quarz, Calcit u. s. w. — darunter auch Granat und Id. bemerkbar
machen. In den erzhaltigen Grünsteinen hat man Id. angetroffen,
in den Gruben bei Breitenbrunn («) — derb, dunkel nelken-
braun, grobkörnig in's Schalige, mit Kassiterit, Magnetit, Pyrit und
Glimmer — bei Wildenau (6) — olivengrün und leberbraun,
i) Naumann, Erläuter. zur geogn. Karte von Sachsen. II. S. 219 ff. 1845. Strahlstein,
Kies-, Erz- und Kalklager von Rreitenbrunn und Schwarzenberg von ß. Cotta. —
Freiesleben, Beiträge zur miner. Kenntniss von Sachsen, 1817 (geogn.
Arbeiten, V) u. Magazin für die Oryktographie von Sachsen, 1. Heft, 1828, S.26.
110 Z e p h a r o v i c h,
derb, zum Theil stengelig und krystallisirt im Grünstein — und Lei
Bermsgrün (6). Interessant sind besonders die Gesteine, welche
in der Grube Magdeburger Glück der Bermsgrüner Lagergruppe l)
einbrachen durch den grossen Beichthum an verschiedenen Mine-
ralien, unter denen sich hohle und zum Theil schalig zusammen-
gesetzte Id. -Kr. besonders auszeichnen, welche in ein kalkarliges
Gestein mit Wollastonit eingewachsen sind und im Querhruche ab-
wechselnde Kalk- und Id.-Binge zeigen. Auch auf Wellner's Fund-
grube ist öl- und olivengrüuer und leberbrauner Id. in Kr. und derb,
körnig und stengelig, in und mit Granat vorgekommen. — Ferner
fand man Egeran in geringer Menge auf Klüften im Erlan-Lager am
Hohen Bade bei Grünstäd tel 3), und einen egeranartigen Granat
an der Gölzsch bei Auerbach 3) in fast dichtem Grünstein, wel-
cher als Lager im Thonschiefer aufsetzt und Nester von Quarz,
derben und eingesprengten Pyrit enthält 4).
Grossherzogthum Hessen.
Der körnige Calcit von Auerbach an der Bergslrasse im
Odenwald führt ausser den bekannten Granat- Perimorphosen
nebst den daselbst vorkommenden Pseudomorphosen von Epidot
nach Granat, — Gegenstände, schon vielseitiger interessanter Erörte-
rungen von A. Knop 5), Tb. Scheerer6), B. Blum7) und 0.
Volger 8) — auch ähnliche Gebilde von Id.
Nach C. Fuchs9) bildet der Kalkstein ander bezeichneten
Stelle eine 10' — 40' und darüber mächtige Spaltenausfüllung von
beträchtlicherLangserstreckung zwischen Syenit im Hangenden und
i) Erläuter. S. 237. (Vergl. K. v. Leonhard, Hültenerzeugnisse, 1858, S. 392.)
-) A. a. U. S. 239.
S) A. a. 0. S. 277.
4) Zschorlau unfern Schneeberg, wurde noch als Fundort angegeben von schönen,
dunkelbraun en Kr. mit Strahlstein, Limonit, Magnetit und Quai/. , im Glimmer-
schiefer (G. Leonhard, Topogr. Miner. 1843,293; R. Blum, Oryktogn. 1804,316).
5) Leo uli. ii. Br on u. Jahrb. 1858, 33.
6) A. a. ü. 1859, 51.
7) Pseudomorphosen 2. Nachtrag', 1852, pag. 11.
s) Leonh. u. Bronn. Jahrb. 1858, 393 u. a. a. 0. (s. d.)
9) Der körnige Kalk bei Auerbach, Heidelberg 18Ö0. > Leonh. u. Bronn. Jahrb.
1861, 495.
Krystallographische Studien über den Idokras.
Schriftgranit und Gneiss im Liegenden: von dem letzteren zum
Calcit vermittelt eine eigenthümliclie Zone von Kalkthon-Siliraten
den Übergang 1).
An Handstücken beobachtete A. Knop aufeinander folgende
Lagen in der Ordnung: 1. körniger Marmor (Gangausfüllung),
2. Calcit, 3. Wollastonit, 4. Granatfels, 5. Schriftgranit in Dioiit
übergehend und grobkörnigen Granit als Nebengestein. Aus Granat
und Epidot besteht die dichte, zuweilen körnige Masse der Granat-
fels-Zone: in Drusenräumen erscheinen daselbst bis flintenkugel-
grosse Individuen von dunkelbraunem Granat — die Perimorphosen
nicht weniger als 11 verschiedene Mineralsubstanzen umschliessend
— Krystalle von farblosem Granat und bis 2" lange Epidot-Prismen.
Fernere Bestandteile des Granatfelses sind, wie Knop weiter
berichtet, ausser, die Hohlräume erfüllendem Calcit, nicht selten
eine lauchgrüne chloritische Substanz in sechsseitigen Tafeln und
Id. 3). Dieser ist häufig wegen Ähnlichkeit von Farbe und Bruch,
nicht vom Granat zu unterscheiden; mitunter jedoch ist er dunkler,
tief mumien-braun gefärbt und tritt hie und da auch wohl in Granat-
drusen krystallisirt hervor, (001), (111), (221), (110), (210),
(310), (100). Bisweilen zeigen sich grosse, schalig zusammen-
gesetzte Individuen, welche einen Kern von Calcit, Diopsid, Granat.
Wollastonit und Quarz umschliessen.
Eine andere schwefelgelbe Id. -Varietät, ähnlich jener von
Monzoni, fand sich früher in ziemlich grossen eingewachsenen Kr.;
auf den Bruchflächen nicht selten cariös und in den zerfressenen
Höhlungen mit sehr kleinen vielflächigen Kryställchen besetzt. Auch
im körnigen Kalk (obige Zone 1) kommt Id. in mangelhaft aus-
gebildeten, stark vertical-gerieften Kr. vor.
Bemerkenswerth ist noch das Vorkommen einzelner Kr. oder
Gruppen weniger Individuen von Molybdänit im Granatfels, nament-
lich an der Bangertshöhe bei Hochstätten; weniger ausgezeichnet
l) Die graublaue Färbung der Kalksteine ist nach Bischof organischen Ursprunges ;
sie brennen sich weiss. (Cliem. Geol. II. 1018.)
3) Nach G. Leonhard sind die Kr. von Auerbach jenen vom Vesuv zum Verwechseln
ähnlich (Topogr. .Min.). — Auch einzelne gelbliche Oligoklas-Lamellen mit deut-
licher Riefung und Glimmer wurden im Granatfels von H. Fischer beobachtet,
wesshalh ihn derselbe als eine sehr granatreiche Varietät des „Kinzigit" betrachtet.
Leonh. u Bronn. Jahrb. 1861,641.
j 1 2 Zepharovich.
ist derselbe auch auf den Granatfels-Zonen im Banate von Oravicza
und Szaszka bekannt geworden. Es lässt sich überhaupt zwischen
den Contactgebilden von Auerbach, und jenen des ßanater und
Rezbänyaer Gebirges eine Analogie nicht verkennen, im mineralogi-
schem Sinne hergestellt durch das gemeinschaftliche Vorkommen der
Silicate, von Granat und Id. (beide inPerimorphosen), Epidot, Wolla-
stonit , faserigen Amphibol - Varietäten , Apophyllit , sämmtlich in
und mit meist graublauem Calcit und metallischen Substanzen, wie
Chalkopyrit, Tetraedrit, Mispickel, Pyrit, Magnetit, Eisenglanz,
Hämatit, Galenit, Azurit, Malachit und Chrysokolla; die letzteren,
die metallhaltigen Minerale, in Auerbach wohl nur als Seltenheiten
gegenüber der reichlichen Entwickelung in den bezeichneten wich-
tigen bergbaulichen Districten Österreichs. Aber auch für weitere
Verfolgung der genannten Analogie in geologischem Sinne fehlen
zum Theil wenigstens nicht nach den über Auerbach mitgetheilten
Verhältnissen die Anhaltspunkte.
Preussen.
Mit den früher erwähnten sächsischen bieten die Erzlager-
stätten von Kupferberg und Rudelstadt in Schlesien — nach
Webskys Darstellung *) — manche Analogien dar. Die Kupfer-
erzgänge daselbst treten vornehmlich in Dioritschiefern auf, welche,
dem Glimmerschiefergebirge angehörig, von Kalksteinen und Dolo-
miten begleitet werden. Ausserhalb des eigentlichen Erzrevieres
erscheinen bei Rothenzechau und Alt- Kein nitz in Verbin-
dung mit den Dolomiten, augitische Saalband-Bildungen, aufweichen
Id. beobachtet wurde. An letzterem Orte tritt die Augitmasse, etwa
2 Lachter mächtig — zwischen Dolomit und Quarzschiefer — auf
und wird von Calcitgängen durchzogen, auf deren Seitenflächen Kr.
von Hyazinthgranat, Ripidolilh untl Id., zum Theil in bis zollgrossen
Individuen sich zeigen. In der Mitte dieses augitischen Saalbandes
erscheint durch Übergänge mit dem Nebengesteine verbunden, eine
1 — 2 Zoll starke Lage von ölgrünem durchscheinendem Serpentin,
welcher Chrysotilschnüre und fein eingesprengte Arsenikkies-Kr.
enthält.
») Zeilschr. d. deutschen geolog. Ges. V. Bd., 18Ö3, S. 371$.
Krystallograpbiscbe Studien über den Idokras. llö
Nach Klöden fand sich nur einmal in der Nähe von Pots-
dam ein innig verwachsenes Aggregat von Id.-Kr. als Geschiebe
von 9 Zoll Durchmesser *)•
Spanien.
Nach älteren Angaben zu San Lorenz o in der Provinz
Segovia, grünlichgrau in vierseitigen Säulen, mit Granat und
Magnetit auf Gängen im Gneiss 2).
Frankreich»
Die Kalksteine der Pyrenäen enthalten nebst anderen acces-
sorischen Gemengtheilen auch Id.-Kr. mit Flächen von (001),
(110), (100) und (Hl)3). In der Umgegend von Cauterets
(Arond. Argeies) findet man in dichtem, grauen Kalkstein, grosse
braune Granat-Kr., welche einen deutlich krystallisirten Kern von
dunkelgrünem Id. umgeben. Beide Minerale sind so bestimmt von
einander geschieden, wie Fluorit und Quarz an manchen Exemplaren
von Derbyshire *). — Am Pic d'Arbizon (östlich von Viella)
ward bräunlich-grüner Id. in krystallinischem Kalkstein von Granat
und Axinit begleitet 5). »
Irland.
In der Grafschaft Donegal (Provinz Ulster) sind Fundorte:
Derrylvaghan , Aggregate haarbrauner geriefter Prismen in
grünlich -weissem Kalkstein; Barnes Gap be Kilmacrenan;
bei Latte rmacher ward; Bambeg bei Gweedore, zuweilen
ziemlich ausgebildete Krystalle (110), (100), (001) — (210),
(310), (111), (101), (201) von haarbrauner Farbe mit schönen
Granat-Kr. in körnigem Dolomit6).
tj Leo ah. u. Br. Jahrb. 1834, 417.
2) Anales de bistoiia natural, VI. > K. C. (a ) u. G. L e o n ii a r d topogr. Miner.;
0) 111, 1809.
3) K. C. Leonhard. Oryktognosie, 1826,483.
4) Descioizeanx. Min. I, 1862, p. 542.
5) Leymerie, Min. II, p. 136.
6) Greg- and Lettsom, Mineralogy of Great Britain and Ireland, London 1858,
l>. 102.
Sitzb. d. matbem.-naturw. Cl. XUX. Bd. I. Abth. 8
\ [ J^. Zephnrovich.
Schottland.
Grafschaft Äberdeen: Glen Gairn in Kalksteinbrüchen, (110),
(100), (001) — (210); am Guwn - Flusse »). — Auf der Insel
Skye, anderthalb Meilen südlich vonBroadford am Wege nach
Kilbride 3).
Norwegen.
Über die Fundorte der schönen, ihrer schaligen Textur wegen
oft genannten Id. -Kr. dieses Landes, liegen in der Literatur nur
spärliche und aus älterer Zeit stammende Nachrichten vor. Meinem
Ansuchen um bezügliche Mittheilnngen hat mein verehrter Freund,
Dr. Th. Kjerulf in Christiania, in besonders dankenswerter
Weise auf das Bereitwilligste entsprochen durch Übersendung eines
reichhaltigen Manuscriptes 3), welches ich diesem Abschnitte, sowie
der später folgenden Beschreibung der Kr. zu Grunde lege.
Drei verschiedene Vorkommen von Id. sind in Norwegen bekannt:
I. im Kirchspiel Eker bei Drammen, II. beim Hofe Egg (Eeg,
Eg) dicht bei Christiansand, und III. der „Cyprin" im Kirchspiel
Souland in Telemarken und am Strömsheien im Sätersthal.
I. Kirchspiel Eker, westlich vonDrammen: kleine, oft flächen-
reiche Kr.; pistaziengrün bis oliven- und grasgrün.
Ältere schriftliche Notizen Prof. Esmark's über norwegische
Fundorte erwähnen: Id. krystallisirt in Allochroit vom See Ekern;
ferner Id. und dichter Kalkstein. — Nach Prof. Keilhau 4) kommt
stellenweise als Seltenheit Id. mit jenen Contactmineralien vor, welche
an den Grenzen von Granit und Übergangsschiefer oder Kalkstein
erscheinen: die häufigeren Contactgebilde sind Granat oder Allochroit
nebst Epidot. Keilhau's Übergangsschichten gehören nachKjerulf,
im Eker Kirchspiele, der ober- und untersüurischen Formation an.
In der Nähe der grossenGranitmassen erlitten dieselben verschieden-
artige Veränderungen. — Im Hammer -Fjeld nahe am Ekern-See
i) A. o. n. o.
-) An der Grenze zwischen Trapp u. K;ilk. <;. Leonhnrd. Topogr. Miner. 184:i, 292.
8) Vom 24. April 1863.
*) (i;ie;i norvegica. I. Theil.
Krystallographisehe Studien über den Idokras, 115
werden nachTellef D ahl's neueren Erhebungen, silurische Schiefer
von Granit durchsetzt und demselben zunächst lagern Id. und Granat
zwischen den einzelnen Schieferschichten; Calcit erfüllt die freien
Räume der Kr. -Drusen. Unweit von der Contactfläche ist in den
Schiefern ein 4 Fuss mächtiger Trapp-Gang aufgestiegen1).
Die Id. -Drusen erscheinen entweder unmittelbar auf dem hell—
und schmutzigfarbigen gehärteten Schiefer 3) oder auf unbestimmt
granatartiger Unterlage („allochroitisch" der älteren Autoren) und
sind die nicht selten auf beiden Breitflächen eines Handstückes auf-
sitzenden Kr. zuweilen von verschiedenem Typus. Als Begleiter
erscheinen gelblich- weisser, selten sehr licht fleisch-rother Skapolith
und Calcit; sie sind späterer Bildung, da körnige Partien des letz-
teren, zuweilen mit Spuren von violblauem Fluorit, mit Id. bedruste
Allochroitplatten überdecken, oder mit Kr. ausgekleidete Hohl-
räume in derber Id. -Masse erfüllen ; auch gelblich-weisser, weicher'
in Zersetzung begriffener Skapolith ist als Ausfüllung solcher klei-
nerer Höhlungen zuweilen zu beobachten. Selten findet man äusserst
kleine, röthlich-honiggelbe Granat-Kr., = zOo, 00O, mOn, mit dem
Id. verwachsen.
II. Egg bei Christiansand: Kr. mit ansehnlichen Dimensionen
und ausgezeichnet schaliger Textur; dunkel grünlich -braun bis
kölophonium-braun.
In dem nördlichen Theile der Umgegend von Christiansand
erscheinen nach Tb. Scheerer3) mitten im Gneisse, Nieren von
krystallinisch-grobkörnigem Kalkstein, zum Theil von sehr ansehn-
lichen Dimensionen, an deren Grenzflächen gegen den Gneiss,
Granat- und Id. -Massen, als mehr weniger breite Einfassung auf-
treten. Der marmorartige Calcit der Nieren ist fast durchaus mit
zahlreichen kleinen Augit-Kr. erfüllt; an einzelnen Punkten werden
i) Ganz analog beobachtete Kjerulf neulich in der Umgegend von Christiania,
bräunlichen Granat und grünen Epidot in Krystallen und derb, streifenweise zwi-
schen den Schichten von obersilurischem Kalkstein, der in der Nähe der grossen
Porphyrgebiete in Marmor verändert ist. Die Silicatstreifen treten deutlich aus den
angewitterten .Marmorschichten hervor.
'-) Am See Ekern wahrscheinlich der unteren silurischen Abtheilung angehörig.
(Kjerulf, das Christiania-Silurbecken, S. 33 u. 47.)
s) Nyt Magazin för Naturvidenskaberne, 4. Bd. S. 158— 159. — Geogn. mineralog.
Skizzen, gesammelt auf einer Reise an der Siidküste Norwegens. Leonh. und
Dr. Jahrb. 1843, S. 664, Taf. VII, Fig. 3.
8*
\ \ ß ZepharoYich.
dieselben durch Kr. von Skapolith, sehr selten von Chondrodit (?)
und Pleonast verdrängt; ausserdem findet man noch im Calcit ein
grünes feldspathartiges Mineral, Magnetit, Pyrrhotin und Molyb-
dänit. In der Nähe der Höfe Egg und Eie sind Granat und Id.
in bedeutenden Massen entwickelt, stellenweise bis zur Verdrän-
gung des Calcites. Nebst Granat und Id. kommt an der ersteren
Localität noch Skapolith, Augit und Magnetit, an der letzteren Ska-
polith und Sphen vor.
Tellef Da hl besuchte während der geologischen Aufnahme
Norwegens im Jahre 1861 die Fundstelle Egg; nach seiner Mit-
theilung (Manuscript) ist das Vorkommen daselbst ein Analogon
jener Ganggesteine *) in der Gegend von Arendal, welche beinahe
ganz aus körnigem Calcit bestehen. Beim Hofe Egg erscheinen in
den von schwebenden Pegmatit- Gängen durchzogenen Gneiss-
schichten (azoische Straten), conform der Schichtung liegend,
solche Calcitgänge, welche durch eingestreute Skapolith- und Augit-
Kr. eine Art Parallelstructur erhalten haben. An den Grenzflächen
von Calcit und Gneiss, auf dem letzteren aufgewachsen, lagern
Granat und Id., beide meist in inniger Verwachsung. Die derben
Massen sind die Träger gleichartiger grosser Kr.; mitunter erschei-
nen platte Stücke beiderseits mit Drusen besetzt. Die Id. zeigen
zuweilen Eindrücke von Granaten ooO stammend, Einschlüsse von
solchen, von späthigem Calcit und von kleinen Quarztheilchen; ferner
findet man Verkittungen geborstener Kr. durch Quarz- und Id.-
Masse und Ausfüllungen der Kr. -Zwischenräume in den Drusen
durch Quarz.
Sillem beschrieb achtseitige Id. -Säulen, welche ganz inWer-
nerit umgeändert, aus mehreren übereinander folgenden Lagen ge-
bildet scheinen und oberflächlich mit einzelnen deutlichen Wernerit-
Kr. besetzt waren. Andere Kr. bestehen aus einem Gemenge von
Wernerit und Granat, in welchem bald das eine, bald das andere
Mineral vorherrscht 2).
') Granat, \ugil u, Caleil in sehr wechselnden Verhältnissen gangförmig (eruptiv) in
krystalünischen Schiefern. Th. Kjernlf u. Tellef Dahl: Über das Vorkommen
der Eisenerze bei Arendnl, Näs u. Kragerö. Leonh. u. Bronn's Jahrb. 1862, .'S7.'>.
;) Leon h. u. B r. Jahrb. 1834, 417.
Krystallographisehe Sludien über den Idokras. 117
III. Über das Vorkommen des „Cyprin" am Hofe Kleppan im
Kirchspiel Soul and, District Telemarken, berichtet Th. Sc hee-
rer1): Grössere und kleinere Adern und Nieren von Quarz, häufig
in einem hornblendereichen Gneisse, enthalten stellenweise Thulit,
Cyprin, gelben Granat, violblauen Fluorit und derben Pistazit. —
Vom Strömsheien am Stroms -See in Sätersdalen erhielt die
Universitätssammlung in Christiania Exemplare von Cyprin mit
violetem Fluorit und grauem Quarz. Nach Kjerulf ist auch dort
Hornblende-Gneiss die Gebirgsart und stammen die Stücke wahr-
scheinlich aus Granitgängen oder aus der Nähe derselben.
Wie über das Vorkommen enthielten die brieflichen Mitthei-
lungen Kjerulfs auch sehr werthvolle Daten über krystallogra-
phiselie Verhältnisse, welchen ich meine Beobachtungen an Exem-
plaren des Wiener mineralogischen Cabinetes anschliesse.
I. Krystalle von Eker. Kleiner und meist flächenreicher als
jene von Egg, unterscheiden sich dieselben von den letzteren auch
durch die minder hervortretende schalige Textur, sowie durch ihre
grüne Farbe. Unterlage und Begleiter sind oft an beiden Fundorten
ähnlich. Die grössten Eker - Kr. erreichen 20 Mm. in Höhe und
Breite; diese Dimensionen sinken aber bis 2 Mm. und noch weiter
herab, gewöhnlich sind sie breiter (7 Mm.) als hoch (5 Mm.).
Farbe: pistaziengrün, bis gras- und olivengrün; oft erscheint die
mittlere Partie der Säulen von einem lichteren, gelbgrünen Bande
durchzogen.
Beobachtete Formen:
((001), (118), (113), (111), (101), (132), (131), (241), (131), (110),
\ OP %P y3P P Poo %PZ 3P3 4P2 5P3 <x>P
((470), (120), (130), (100).
\ ooP7/4 coP2 ~P3 coPeo
Es lassen sich zwei Krystall-Typen unterscheiden.
Hab. a) Flächenarme Krystalle. Würfelähnliche oder
breitsäulige Formen, entweder durch (001) allein oder durch (001)
(111), (118), (113) und (101) geschlossen.
*) Nyt Mag-, f. Naturv. 4. Bd. 406.
118 Z e p h a r o v i c h.
In beiden Fällen herrscht unter den Prismen-Flächen das ver-
tical geriefte (HO) vor; (120) ist gewöhnlich mit abwechselnd
breiteren Flächen und das ungeriefte (100) ganz schmal ausgebil-
det. Die Fig. 63—67 *), Taf. XI geben ein Bild der Formen und der
Oberfläche von (001), letztere erinnert an die Kr. vom Vesuv.
(101) scheint stets matt zu sein.
Hab. b) Flächen reiche Krystalle mit den früher ge
nannten Formen und oktogonalen Pyramiden.
Fig. 68, Taf. XII ist nach einem Kr. des Wiener Cabinetes
(Nr. ~) entworfen, dessen Flächenausbildung an dem oberen und
unteren Pole die Fig. 69 und 70 zeigen 2).
c(001), 3(il3),p(lll), o(lOl), tf(24i), ^(132), s(131),
v(151), w(110), f>(470), f(l20), A(130), «(100).
Die Flächenbeschaffenheit liess nur für die Combinations-
Bestimmung genügende Messungen zu, insbesondere war auf (001)
die Reflexion undeutlich. Aus den besseren Daten:
Gewicht Gewicht
p'w! = S2° 57' (2) p'S' = 22° 57' (1)
p^ = 23 5 % (1) nk =.*6 41 (1)
i7t8 = 23 . 28 J/3 (3)
mit Ausnahme von_p3, würde ein kleinerer Werth als 37° 7' (Mobs)
für pc folgen.
Als neu wäre das Prisma (470) = ooP7/4 zu bezeichnen, von
welchem eine dicht geriefte Fläche zwischen m und f zu beob-
achten war. Ich fand annähernd durch wiederholte Messungen:
Gewicht Berechnet
fm' = 15° 7' (1) 15° 15' 18"
ff = 3 28 (a) 3 10 48
daraus
m'f = 18 50 (1) 18 2G 6
*) Fig. 63 u. 64 nacli Kjerulf's Handzeichnungen.
2) Andere Zeichnungen von Eker-Kr. gibt D ul'reno y's Atlas, 1856, Taf. 1 St, Fi}»-. •">.'»:
ferner Presl's Atlas, Taf. 8, Fig. 283, 287, Ü93, 295, 21)7 u. 298. ( /') OP, (i) ' J\
(«)» .,/'. (<•)/'. (p)Foo, (a)3 .,/';>,, (,v) ;;/>;;, (d)ooP, f(ooP2, (A)oo7>3, (M)coPco.
Die Angaben von (/) und (ii) dürften nichl auf Messungen lieruhen.
Krystallographische Studien über den [dokras. 119
ferner für die seltene Fläche (130) = ooP3, hier ebenfalls einmal
äusserst schmal und glatt auftretend:
Gewicht Berechuet
h'f = 7° 43' (a) 8° 7' 48"
h'a = 18 38% («) 18 2G 6
Andere Flächen von f= (120) ergaben ebenfalls wie die oben
bezeichneten, grössere Abweichungen von der normalen Lage, so
/>3 = 17° 49' (1) fba3 = 26° 38% ' (3)
fctn, = 18 50 (1) f7f8 = 52 48% (1)
Als Mittel der Messungen mehrerer Kanten eines ähnlichen
Kr. wie der oben besprochene, fanden Kjerulf und Irgens mit
einem gewöhnlichen Wollaston'schen Goniometer bei Tageslicht:
n Grenzwerthe
pc = 36° 56' 12 36° 48 — 37° IS'
pp = 74 8 10 73 40 — 74 20
daraus pc = 37 — 22
ic = 40 18' 3 sc = 58 58 1/3 2 (a)
n
pS = 22° 36 V3' T
welche Werthe (ausgenommen ic) ebenfalls zu dem von mir oben
angegebenen Ergebnisse führen.
An einem zweiten Kr. ergab sich aus sechs Messungen pp ==
74° 8' (mit den Grenzwerthen 74° 0' — 74° 14') oder pc = 37° 4'.
Ferner bestimmte Kjerulf durch Messung eines dritten, 5 Mm.
breiten und 3 Mm. hohen Kryst.
c(001), $(m), p(iii), (101), (132), (131), m(110), (100)
n
Grenzwerthe
pc = 36° 42'
10
36° 25' —37° 5'
pp = 73 27
10
37 10 —73 35
daraus pc = 36° 42%' 20
Es war mir sehr erwünscht, denselben Kr., der einen so auf-
fallend geringen Werth der Kante pc ergab, auch selbst unter-
suchen zu können. Obgleich glatt, Hessen sich doch auf den Flächen
freie, die Ebenheit störende Bruchlinien erkennen; nur oben zum
Theil vollständig ausgebildet, erschienen durch seitliche Verwach-
sung in der Druse gehindert, von den Prismen nur ein paar kleine
120 Zepharovich.
Flächentheile; aus diesen beiden Umstanden konnte schon auf die
Winkel-Anomalien geschlossen werden.
Die Ergebnisse der Messungen mit meinem vollkommenen In-
strumente sind für die drei vorhandenen Flächen von (111)
Gewicht Gewicht
p'c = 37° 6' 22" (1) p'"c = 36° 30' 52" (2)
p'm' = 52 43 45 (1) p'"m'" = 53 24 45 (1)
89° 50' 7" 89° 55' 37"
p"c = 36 58 37 (2)
Zwei (Ill)-Flächen, und (001), letzteres unsicher, gaben das
Fadenkreuz; reducirt man die pm auf pc, so ergibt sich aus den
vorstehenden fünf Messungen mit Rücksicht auf die Gewichte, als
Mittel
pc = 36° 50' 58",
von dem obigen Werthe Kjerulfs um circa 8 Minuten abwei-
chend, welche Differenz zum grossen Theil auf Rechnung der ver-
schiedenen Güte der beiden Instrumente zu setzen ist. Mittelst drei
annähernden Messungen fand ich ferner
5c = 14° 6'.
Die Krystalle der beiden Typen, von Skapolith undCalcit begleitet,
sind entweder auf verändertem silurischen Schiefer oder granatartiger
Masse aufgewachsen; kommen beide, wie bereits erwähnt, an einein
Handstücke yor, so sind jene vom Typus a weniger glänzend im
Vergleiche zu b.
Zwei Bestimmungen ergaben das speci fische Gewicht
= 3*451. Rammeisberg fand am Id. von Hongsund im Kirch-
spiele Eker das spec. Gewicht 3-384 l).
II. Rrystalle voii Egg. Vor beiläufig 40 Jahren brachte der
Kopenhagener Mineralienhändler Nepperschmidt die anfänglich
für Epidot gehaltenen Kr. nach Deutschland, wo sie alsbald durch
ihre ungewöhnliche Grösse und ausgezeichnet schalige Textur die
Aufmerksamkeit der Mineralogen auf sich lenkten.
i) Mineralchemie, lbCl). 734.
Krystallographische Studien über den [dokras. 121
Weiss •) gab 1829 eine genaue Beschreibung der Egg.- Kr.,
welche durch die Bekanntmachung der an denselben auftretenden,
damals neuen oktogonalen Pyramiden (132) = 3/2PS ~) besondere
Wichtigkeit erhalt. Weiss schliesst seine Abhandlung über diese
Kr., welche bezüglich ihrer Schalentextur vollkommene Seitenslücke
zu den grossen Epidot-Kr. von Arendal und den Wolframiten von
Altenberg liefern, mit den Worten: „Was sich schon aus der dick-
schaligen Structur der Yesuvian-Kr. vermuthen lässt, die Analogie
in der Lagerstätte derselben und jener von Arendal, wird sich ver-
muthlich immer mehr bestätigen, und schon gehören die Skapolithe
und die völlig kalkspathartigen, grobkörnigen Kalksteine von Egg,
zu den Belegen dieser Analogie". In der That haben die neuesten
geognostischen Untersuchungen Tellef Dahl's (s.S. 116) die Ähn-
lichkeit der beiden mineralreichen Lagerstätten erwiesen. Aber der
in Egg so häufige Id. fehlt nach den norwegischen Berichten 3)
in Arendal. G. Leonhard4) sah Kr. von Arendal in einer Ber-
liner mineralogischen Sammlung — dieselben stimmen nach der
Beschreibung vollkommen mit jenen von Egg überein — und nennt
Arendal als Fundort .in seinem trefflichen Handwörterbuche der
topographischen Mineralogie 5). Wahrscheinlich beruhen diese An-
gaben auf einer Verwechslung der Fundorte, bei der Ähnlichkeit
des Vorkommens leicht möglich.
*■) Über den Vesuvian von Egg' bei Christiansand. Verhandlungen der naturforschenden
Freunde zu Berlin I. Bd. 4. Stück, S. 261. Vergl. auch L eo u ha rd's Taschenbuch
1826. 1. 467.
3) Die neue Pyramide (a : '/3a : «/gc) mit den Polkanten -Winkeln 23° 30' u. 33° 30',
und (a : i/3a : i/2c) : (a '■ a '■ c) = 16° 45', beobachtete Weiss auch an Krystallen
vom Vesuv ; ferner sagt eine Anmerkung, dass ihm ausserdem (« : a : 3c) vorge-
kommen sei. — Diese beiden Formen scheinen aber, — falls sie Weiss nicht
schon früher als a. a. 0. mittheilte (cü. in Leo n hard's Taschenbuch) schon be-
kannt gewesen zu sein. Philipps, Mineralogy. 1. Aufl. 1823, enthält Messungen,
welche er an (132) u. (331) vorgenommen hatte (s. S. 38).
3) Hausmann. Reise durch Scandinavien in den Jahren 1806 u. 1807. II. Th. S. 143
bis 150. — Th. Kj e r u If und Te lief Dah I. Die Mineralien von Arendal, Trede-
strand, Kragerö und Langen" nach ihrem geologischen Vorkommen geordnet.
(Leonh. u. Bronn. Jahrb. 1S62, 580.) — Th. Scheerer. Reise au der Siidkiiste
Norwegens. (Leonh. u. B r. Jahrb. 1S43, S. 648— 660.) — Weybie. Beiträge
zur topogr. Mineralogie des pistrictes Arendal. (Leonh. u. Bronn. Jahrb. 1849.
S. 559.)
4) Leonh. u. Br. Jahrb. 1841, 8.75.
5) 1843, S. 292.
J *> 2 Z e p h a ro v i c h.
Nach Weiss sollen die Kr. von Egg bis über einen halben
Fuss Höhe erreichen und sind dieselben gewöhnlich mehrere
Zolle hoch und breit. Das grösste Exemplar der Universität Chri-
stiania misst 9 Cm. in der Höhe und 7 Cm. in der Breite, die
kleinsten sind ungefähr 1 Cm. breit. Die meisten zeigen die
bekannte schalige Zusammenfügimg und zwar parallel den Säulen-
flächen und der Basis an ein- und aufgewachsenen Kr. des Wiener
Cubinetes folgen sich die einzelnen Schalen gleich den Gläsern
eines Einsatzes, und wurde durch Ablösung der obersten Lagen
ein kleinerer glattflächiger Kr. im Innern enthüllt. An abgebro-
chenen Kr. zeigt sich die schalige Fügung besonders deutlich;
die gegenseitige Verwachsung der einzelnen Schichten ist mehr
weniger innig. Zuweilen zeigen sich zwischen denselben kurze
Hohlräume oder poröse Stellen, die dann auch im Äussern auf der
Endflache in regelmässiger Anordnung sichtbar werden.
G. Leonbard fand die Kernform häufig von Schalen mit
abgeleiteten Formen umgeben, welche um so glanzloser und rauher
wurden, je mehr sie sich der äusseren Rinde näherten. Nebst diesen
Zeichen chemischer Einwirkung tragen fast alle Kr. in ihrer zer-
borstenen rissigen Oberfläche deutliche Spuren erlittener mecha-
nischer Gewalt. Manche wurden breit zerklüftet, und später wieder
durch Id.- oder Quarzmasse verkittet. An den dunkelgrünlich- bis
kolophoniumbraunen undurchsichtigen Kr. zeigen sich nicht selten
von den tieferen Schichten oder Sprüngen her, hell leuchtende,
rothe, gelbe oder grüne Reflexe in Flecken, Adern oder Pünktchen.
Eine grosse Zahl von Flächen ist nur in der Prismen-Zone
entwickelt, denn häufig werden die vier- oder achtseitigen Säulen
durch Abstumpfung oder Zuscbärfung der Kanten unbestimmt viel-
seitig; dieselben gehen über in vollkommen cylindriscbe Formen.
Dagegen sind die Prismen meist nur durch eine Fläche, (011), ge-
schlossen; zuweilen treten noch in sehr ungleicher Ausdehnung die
Flächen von (111) hinzu; andere untergeordnete Flächen sind
seltener.
Nachgewiesen wurden:
c(001), p(iii), o(101), *(132), m(ilO), f(t20), «(100).
Zu Messungen mit dem Reflexionsgonioineter sind diese Kr.
nicht geeignet.
Krystallographische Studien über den Idokras. 12o
Weiss hat an einer Combination : (001), (111), (132),
(101), (120), (100), (a. a. Taf. X) die Indices der Fläche (132)
berechnet aus den Messungen
ic = 40° 12' ip = 16° 45'
fä = 23 30 f^ = 33 30
Die Endfläche ist meist glatt aber gewöhnlieh rissig, verzogen,
oder eingeknickt. Nur selten und spärlich trägt sie quadratische
oder rundliche, lamellar aufgeschichtete Blättchen, oder ist parallel
zur (HO)-Kante mit zarten Linien eingefasst. Die ebenfalls rissigen
Prismen-Flächen sind vertical gerieft, (110) weit dichter als (100),
auf ersterem schneiden die kantigen Furchen oft tief ein (Fig. 71).
Eine eigentümliche Riefnng auf (100) parallel der Kante, mit
der einen anstossenden Fläche von (Hl) wurde von Kjerulf
beobachtet.
Nach Weiss entsprechen die derben Id. -Varietäten von Egg
auf das Vollkommenste dem Egeran von Haslau sowohl in Farbe als
in der charakteristischen geradstengeligen Textur.
Spec. Gewicht = 3436 i).
III. Von der ihres Kupfergehaltes wegen Cyprin genannten
himmelblauen bis spangrünen Id. - Varietät 2) sind vollständige und
gut ausgebildete Kr. selten zu sehen. Jene aus Souland zeigen
vertical geriefte einfache Säulen von himmelblauer Farbe: (001),
(HO), (100) bis 13 Mm. hoch und 8 Mm. breit, welche häufig
mit einander gleich gerichtet, seitlich verwachsen sind und dann
bei geringer Breitendiinension tief furchige Bündel -Aggregate
bilden. Schalige Textur ist nicht vorhanden. Auf der feuchtglän-
zenden (001) bemerkt man die bekannte Parkettirung durch zahl-
lose quadratische Blättchen. Das schwachgeriefte, stark glasglän-
zende (110) ist nach Kjerulf mit unregelmässigen, meist tropfen-
förmigen Conturen gezeichnet; derselbe beobachtete auch an einem
circa 9 Millim. hohen und 2 Millim. breiten Kr. die auffallende, in
Fig. 72, Taf. XII dargestellte Riefung, diagonal auf (HO) und
horizontal auf (100).
J) Rammelsii erg. Mineralchemie, 1860, 735.
f-) Stark doppelt strahlenbrechend nach Descloizeaux, Miner. 1862, I. 283.
124 Zepharovich.
Die Cyprine kleiden mit Thulit, Granat, Fluorit und Epidot,
Hohlräume in rauchgrauem körnigen oder dichten Quarze aus und
schliessen zuweilen Fluorit-Theilchen ein.
In Strömsheien kommen nur stengelige Individuen (bis
20 Mm. lang und 10 Mm. breit) von himmelblauer bis spangrüner
Farbe, von violetem Fluorit begleitet, in grauem Quarze vor.
Spec. Gewicht des Cyprin = 3-228 *)•
Schweden.
Gökum eine Meile südwestlich, von den Üanemora-Gruben in
Upland: die (21/aprocent.) magnesiahältige Varietät „Loboit"-),
in weissgrauem körnigen Kalkstein. Vier- oder achtseitige, meist
längsgeriefte und querrissige Prismen, bisweilen durch eine glän-
zende ebene Endfläche, äusserst selten durch Pyramiden geschlos-
sen, stets seitlich zu Aggregaten verwachsen; dunkel olivengrün,
an den dünnsten Kanten durchscheinend.
Nach Blöde ist der Loboit zum Egeran zu rechnen. Der
Kalkstein enthält ferner weissen feinstrahligen Wollastonit und
Allochroit 3).
Spec. Gewicht = 3-393 (Murray).
Lindbo am Billsjö-See in Westmannland (Vestanfors-
Kirchspiel): achtseitige Id. -Prismen in weissgrauem körnigen Kalk-
stein, welcher ausserdem Kaneelstein, hellbraunen, brandgelben
und schwarzen Granat, Amphibol, Skapolith, Augit, Glimmer, Quarz,
Magnetit und Molybdänit führt 4).
Fahlun in Dalarne. Kurze nadelförmige starkglänzende
Kryställchen (HO), (100), dunkel olivengrün, durchscheinend mit
(und zum Theil in) braunem Fahlunit eingewachsen in graulich-
grünem Talkschiefer 5). — Von Tunaberg in Södermanland
hat Rammeisberg einen grünlich braunschwarzen Id. mit dem
spec. Gewicht = 3383
analysirt 6).
') Nach Kichardson in Thomson's Miner. I. > Dufrenoy's Miner. 1886,111, |>. 162.
2) Von Berzelius nach J. v. L o h o, der sie beschrieben, benannt.
:;) W. II isi nger's miner. Geogr. von Schweden. 1. Aufl. v. K. A. Blöde 1819 ,
S. 168 u. 39S; 2. Aufl. von F. Wöhler, 1826. S 109.
*) II isi nger's miner. Geographie, v. Wöhler, S. 146; v. Blöde, S. 126, 390, ,'iU.
5) Kenngott, miner. Notizen, Ber. der Wr. Akad. d. Wissenseh. 1858, XV, 234.
6) Miner. Chem., 1860, 735.
Krystallograpliische Studien über den Idokras. 1 Zo
Russland.
N. v. Kokscharow's Materialien zur Mineralogie Russlands
enthalten im i. Bande, S. 92 — 140, eine ausführliche Monographie
der russischen Idokrase, auf welche werthvolle krystallograpliische
Arbeit schon wiederholt hingewiesen wurde ; hier sollen aus der-
selben noch die Angaben folgen, welche sich auf die einzelnen
Localitäten beziehen. Solche sind bekannt: I. in den Kirchspielen
Imbilax, Mäntzälä, Kimito und Bjerno in Finnland;
II. im Slatouster und Katharinenburger Bergrevier des
Uralgebirges, und III. am Wilui- Flusse in der Jakutsker
Oblast im östlichen Sibirien.
An den Kr. bestimmte Kokscharow die Formen:
((001), (113), (111), (221), (331), (101), (201), (121), (133), (AAQ,
\ 0P i/sP P 2P SP Pco 2Poo 2P2 P3 Pn
' P ich t o u z x h
(132), (131), (hhV), (HO), (120), (100).
%P3 3P3 mPm c*P <x>P2 <x>P<%>
a s (m > 3 ) d M
n. m. w. k.
I. Finnland.
Fast alle oben angegebenen Kirchspiele liefern die über
10 Procent magnesiahältige Varietät den „Frugardit"; in Mäntzälä
kommt aber auch noch der kali-, natron- und magnesiahältige
„Jewreinowit" vor. Vorzügliche Frugardit-Kr. stammen von
Frugard im Kreise Nyland l) und aus dem Marmorbruche Ho-
ponsuo in Imbilax: (110). (100) mit (001). (111) oder (001).
(111:001) = 37° 15"
Die Kanten wenig abgerundet; (HO) hell olivengrün, (001)
dunkel bis schwarzbraun. Beim Zerschlagen grösserer Stücke ge-
wahrt man krystallinische Flächen, selbst vollkommen ausgebildete
Krystalle.
Spec. Gewicht = 3-349.
Der Jewreinowit erscheint in kleinen stengeligen Par-
tien mit zwischengelagerten Kr., hellbraun, zuweilen auch farblos
!) Von hier bewahrt das Wr. Miner. ('ab. feinslengelige , dem „Egeran" ähnliehe
Aggregate. Einen bräunlich-grünen undurchsichtigen grossen Kr. OP, o«P, ogPI,
°°i>no aus Finnland mit Roman/.owit vorkommend, hat Levy abgebildet, Atlas
XXXIII, Fig. 3, auch Dufrenoy, Atlas, pl 151, fy 32.
"126 Zepharovicli.
in grobkörnigem Marmor. — Arppe analysirte einen Jewreinowit
von Frugard von hellblauer Farbe und spee. Gewicht = 3-386.
Derselbe fand auch braunen Id. (sp. Gew. = 3-37) mit 4*32 Magnesia
(1-06 Zinnoxyd) mit Granaten, krystallinisch und in Kr.-Fragmenten
bei Lupikko, unweit von Pitkäranta bei Schürfarbeiten, welche
ausser grösserer Menge von Chalkopyrit und Blende, noch Magnetit,
Arsenikkies, Fluorit, Calcit, Serpentin. Pyroxen und ein dem Metaxit
sehr ähnliches Mineral „Metaxoit" lieferten 1)>
II. Uralgebirge.
1. Grube Achmatowsk im Nasjamsker Gebirge (Di-
strict Slatoust). An den Berührungsstellen von Calcitgängen und
Chloritschiefer erscheinen schöne Kr. im Calcit eingewachsen oder
Hohlräume des Schiefers auskleidend. Es lassen sich vier Kr.-
Varietäten unterscheiden :
A. Prismatische Krystalle.
a) Licht pistaziengrün, zuweilen oberflächlich dunkelbräunlich-
grün, an den Kanten durchscheinend, bis 40 Mm. hoch, mit Flächen
von (001), (111), (331), (132), (131), (110), (120), (100).
Fig. 2, 7, 83); in den Combinationen vorherrschend (001) u. (HO),
Fig. 2, oder (331) und (110), Fig. 7 und 8; (HO) fein verlical,
gerieft, die übrigen Flächen glatt und glänzend.
(111): (111) = 50° 39'. Spec. Gew. = 3-354 K.
b) Dunkelbraune, ziemlich grosse Kr. (bis 30 Mm. und mehr
im Durchmesser) Fig. 4: (001)*. (111). (HO)*. (120). (100).
B. Pyramidale Krystalle.
c) Dunkel pistaziengrün in's Olivengrüne, halb durchsichtig bis
durchscheinend; kleine, höchstens 10 Mm. breite Kr., pyramidal
oder tafelig, je nachdem (111) und (101) oder (001) vorwalten;
die Prismen sind untergeordnet oder fehlen gänzlich.
(001). (111) . (331). (101). (201) . (132) . (131). (1 10). (100).
Fig. 9, 10, 11, 12 2), die Flächen von (111) undeutlich spiegelnd.
Spec. Gewicht = 3400 K.
i) Verhandl. der k. Ges. f. Min. zu Petersburg, 1862, S. 144.
~) Diese und die folgenden Fig. s. Taf. X und XI in Kokscharow's Atlas.
* Vorherrschende Flüchen.
Krystallographische Studien «i I > t» i- den Idokras.
127
d) Dunkel rothbraune, ziemlich grosse Kr., 30 Mm. und mehr
im Durchmesser, mit schwach spiegelnden Flächen von
(001), (113), (111), (221), (331), (101), (133), (IM) (/c> 3),
(HO).
Träger der Combination: in Fig. 13: (001 ). (111). (110), in
Fig. 14: (001). (111). (331). (101). Spec. Gew. = 3-364 K.
2. Im Kumntschinsker Gebirge, beiläufig % Meile von
der Grube Poljakowsk (Slatoust). „Heteromerit" (zum Theil)
dicht körnig oder stengelig, in Höhlungen und Klüften kleine aus-
gezeichnete glattflächige, halb- bis vollkommen durchsichtige Kr.,
pistaziengrün in\s Spargelgrüne 0.
Die säuligen Combinationen von P(001), c(lll), (331),
<12i), «(132), «(131). (IM) A->3, (110), (100), erlangen
durch breit angelegte Flachen von (131) einen eigentümlichen
Typus, Fig. 5 und 6.
Unterhalb (131) erscheinen gewöhnlich noch mehrere äusserst
nahe liegende schmale glänzende Flächen von (1£1) &>3. Die
Resultate der sorgfältigen Messungen Kokscharow's sind:
u) an einem Krystalle:
cP = (111): (001) = 37° 13" 25'
cc = (111): (111) = 50 39 30
b) an 7 Krystallen:
«(211): e(iii) = 18° 6' — "
«(312) : a"(3T2) = 23 37 30
„ : «'(132) = 33 39 —
„ : ^(111) = 16 49 45
s(311) : P(0W) = 59 29 50
„ : 6"(3T1) = 31 41 2
„ : «'(131) = 45 16 25
„ : c(lil) = 29 28 42%
„ : j(211J =11 21 —
„ : «(212) =19 10 -
Anzahl A. Messungen
17
3
5
2
1
3
55
14
»eraess. Kanten
3
2
1
2
1
4
30
7
4
2
1
1
Sämmtliche gemessene Winkel stimmen vorzüglich mit den
gerechneten überein, nur die auf s(131) bezüglichen ergeben Ab-
weichungen, welche aber höchstens für ss' den Betrag von 7 Minuten
l) Das Vorkommen angeblich nesterweise in Serpentin, welcher ein feldspathartiges
Gestein in Schnüren durchzieht (Kokscharow a. a. 0. Anm. S. 127).
128 Zepharo vich.
erreichen. Vier Flächen (n, w, m, fc) der Form (IM) &>3
Hessen sich sicher bestimmen. Die Messungen ergaben:
P(001) : n = 59° 45' 45
P(001) : w = 59 51 15
P(OOi) : m = 59 55 15
P(OOi) : k = 59 58 45
und aus diesen folgen die Zeichen:
n = (3.03P3.03)
w = (3.04P3.04)
m = (3.05 P3. 05)
k = (3.07 P3. 07) i)
Spec. Gewicht = 3-397 (2) 2).
3. Medwediewa im Schischimsker Gebiete (Slatoust)
„Heteromerit" (zum Theil 3), meist kleinkörnig bis dicht öl- und
zeisiggrün in's Gelbe; sehr kleine, höchstens 5 Mm. hohe, durch-
sichtige grüne, ringsum ausgebildete, säulige Kr. Fig. 1 : (001). (111)*
(110)*. (100), eingewachsen in weissem dichten Granat (Gros-
sular). — Ausser dieser nicht mehr vorkommenden Varietät finden sich
noch gegenwärtig, sehr selten im Mineralbruche der Schischimskaja
Gora Drusen erbsengelber Kr. auf dichtem gelblichen Granat.
Spec. Gewicht = 3-379 (3).
4. In der Gegend der Kyschtymsker Hütte (District
Kyschtym) und der Mramorsker Hütte (District Katherinen-
burg) findet man derben dichten Idokras von apfelgiüner Farbe;
am ersteren Orte als Seltenheit in Geschieben der Goldseifenwerke
in der Nähe des Flüsschens Barsowka, begleitet von Barsowit,
Korund, Spinell u. s. w.
Spec. Gewicht = 3-30-3-37. Hermann *).
1) Da der Unterschied der Winkel nP und kP ein kleinerer ist als jener von sP und nP,
so lassen sieli die vier ersteren Flächen als zusammengehörig betrachten und durch
eine Fläche von mittlerer Lage repräsentiren, um das Erscheinen derselhen über-
haupt an dieser Stelle festzuhalten. Zu einem gleichen Vorgänge ist man genöthigt,
wenn, wie so hänfig bei ähnlichen Fällen, wegen Krümmung oder Riefung, eine
sichere Messung nicht möglich wäre. Das Mittel der obigen vier Messungen 59° UV
45" weicht nur um '.10 Secunden ab von dem gleichen berechneten Winkel für
05.05 KJ.05) = }| Pf £ .
'-') Mitte] aus zwei Bestimmungen.
■!) Kenngott, Sitzb. d. Wr. Akad. d. Wissensch. VII. L68. — Obers. 1854, 100.
4) Kr dm. u. Mar eh. .!. f. prakt. Chemie XLIV. 193. - Leonh. und Br. Jahrb.
1841», 210.
Krystallogiaphische Studien über den Idokras. 129
Der Id. von der Mramorsker Hütte wurde früher für Pechnit
gehalten. •
III. Sibirien.
Die „Wiluit" genannten Id.-Kr. kommen mit Grossular und
Achtaragdit in einem tuffartigen erdigen, stellenweise ziemlich har-
ten und halbopal- ähnlichen Gesteine von grauer Farbe am Achta-
ragda (einem Nebenflusse desWilui) reichlich eingewachsen vor1).
Säulen (HO). (100) durch (111). (001) oder (001). (111) ge-
schlossen. (110) ist manchmal fein vertical gerieft, auch kurz
gekerbt, vorherrschend parallel den Prismen-Kanten, oder grosse
rechtwinkelige Lamellen tragend. Auf (001) beobachtete ich als
Seltenheit rundliche Blättchen. Ausnahmsweise und mit schmalen
Flächen sind (331), (131) und (120) vertreten (Fig. 1—3). Ge-
wöhnlich 20 Mm. hoch und 10 Mm. breit; zuweilen bis SO Mm.
hoch und 40 Mm. breit. Schalige Textur; aussen zeigen die Kr.
fast stets eine matte, sehr weiche gelbliche Lage, wohl durch Ver-
witterung entstanden; dann folgen abnehmend dünnere Schichten,
welche einen glänzend-flächigen Kern umhüllen. Zu genauen Mes-
sungen sind diese Kr. mit ihren unebenen, bis auffallend verzogenen
Flächen nicht geeignet. Kupffer und Kokscharow fanden p' p
beiläufig 50 . Dunkel braun-grüne, dünne ßlättchen sind grünlich-
gelb durchscheinend.
Spec. Gewicht = 3-394 (4).
Von manchen Wiluiten werden Grossular -Kr. (meist ooO)
ganz oder theilweise umschlossen.
Nord-Amerika 2)»
Canada. Grenville, Ost-Canada (Wollastonit, Hyazint,
Granat, Augit, Zirkon, Skapolith, Calcit). — Clarendon, West-
Canada, grosse bräunlich-gelbe Kr. mit braunem Turmalin in Kalk-
stein.
i) Im Jahre 1790 von Lachsmaun aufgefunden. Nova acta Petropolitana, XII, 300.
Pallas, nord. Beiträge, V. 282.
2) J. D. Oana's Mineralogy II, 1855, S. 199; Idocrase; S. 476 ff. Catalogue of ame-
rican localities of minerals. — Wo nicht Näheres über den Id. bemerkt ist, sind
einige der an denselben Localitäten noch vorkommenden Minerale in Klammern
beigesetzt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 9
|30 Zepharovich.
Maine. — In körnigem Kalkstein zu Phippsburg, Rum-
ford und Parsonsfield, schöne Kr. und derbe Massen mit gelbem
Granat, Augit u. s. w. ; ebenso zu Poland und Sandford. Von
letzterem Orte stammen ausgezeichnete egeranartige *) und flächen-
reiche Kr. Dana gab die Zeichnung eines solchen, s. Taf. XII, Fig. 73 :
^(OOl),^111)- *(331)' ö(101)« «(201). rf(241), i(132),s(131),
i»(il0),/'(120)> Ä(130), «(100).
Der Combinations- Typus erinnert an manche Mussa - Kryst.
(s. Fig. 37). Begleiter sind Epidot und Molybdänit (durchWebster
1848 entdeckt). Die Kr. aus Maine besitzen oft eine Schalen-Textur,
so dass sich glatte und glänzendflächige Kerne entblössen lassen3).
Spec. Gew. = 3*434, eines grossen, grünlich-braunen Kr. 3).
Nach Tammau stehen die Kr. von Sandford bezüglich ihrer
Form, Farbe und sonstigem Äusseren in der Mitte zwischen jenen
von Egg in Norwegen und Haslau in Böhmen. In der derben Id.-
Masse öffnen sich zuweilen grössere und kleinere, mit Calcit oder
Quarz ausgefüllte Drusenräume, in denen die schönsten Kr. er-
scheinen. Er bildet ein mächtiges Lager oder einen kolossalen Gang
von 200' Breite zwischen Granit und Trapp 4).
Das Wiener Mineraliencabinet bewahrt (H. S. I, 3470) von
diesem Fundorte, Drusen, grosser, dunkelgrüner, geriefter, 4- oder
8seitiger Säulen, deren Zwischenräume mit grauem Fettquarze
erfüllt sind. Gegen einander verschobene Theile einzelner durch-
klüfteter Kr. wurden durch Albit wieder verkittet. Die Endfläche,
welche allein die Säulen abschliesst, ist nach den vier Kanten mit
(110) gerieft, derart, dass die feinen Linien in den Diagonalen von
(001) zusammentreffen, oder es zeigen sich auf der glatten Fläche
und zwar zunächst der Trennungslinie zweier verwachsener Indi-
viduen, einzelne Systeme mit abnehmenden Dimensionen über ein-
ander gelagerter vierseitiger Blättchen. — Die oberste Schichte der
deutlich schalig zusammengesetzten Säulen ist zuweilen in ein-
zelne wellig oder zahnig begrenzte Lappen aufgelöst; stellenweise
*) Shepard. Mineralogy, 1832.
2) Dana a. a. 0. 199 unter „Altered forms".
3) Rarameisberg. Min. Chemie. S. 736.
*) Zeitschr. d. deutsch, geolog. Gesellsch. VI. S. 337. — Kenngott, Übersicht 1836—
1«K7 s tat
1837, S. 113.
Krystallographische Studien über den Idokras. 131
erscheinen die Prismen-Flächen selbst wie mit einzelnen Nagelköpfen
besetzt.
New-Hampshire. Am her st (Granat, Pargasit, Calcit).
Massachusetts. W Orchester. Egeran (001), (100)
(110) !) mit Granat in Quarz; gegenwärtig ausgebeutet.
New-York. LongPond, Essex Co. (Granat, Augit, Magnetit,
blauer Calcit). — Antwerp, Jefferson Co. nächst dem Vroomans-
lake (Augit, Calcit, Pyrit, Chalkopyrit). — Eine halbe Meile (engl.)
südlich von Amity, Orange Co. Graulich- und gelblich-braune Kr.
zuweilen von einem Zolle im Durchmesser, in körnigem Kalkstein ;
nächst dem Orte und eine Meile östlich davon, gelbe, grünlich-gelbe
und gelblich-braune Kr. Nach Shepard, säulige Combinationen von
(001), (111), (100), (110) i). - In der Nähe findet sich auch in
weissem Kalkstein die von Thomson „Xanthit" genannte Id. -Va-
rietät, in kleinen gerundeten, locker zusammenhängenden Körnern
und in blätterigen, leicht körnig zerfallenden Massen; graulich-gelb,
durchscheinend. Härte und specifisches Gewicht sind niederer als
gewöhnlich, daher wahrscheinlich in zersetztem Zustande2). —
Gouverneur, St. Lawrence Co. (Apatit, Augit, Skapolith, Calcit).
New-Jersey. Newton, gelblich -braune schöne Kr, mit
Korund und Spinell (Amphibol, Turmalin, Skapolith, Calcit).
Als Fundorte werden noch angegeben: a) Moria h am west-
lichen Ufer des Champlain-See's in New-York, Id. mit Wolla-
stonit (Shepard und Hermann, Sillim. amer. J. XVII, 145;
bj Salisbury in Conecticut, röthlich- braun, körnig; spec.
Gewicht = 3-508 (Thomson, Ann. of New-York, 1828, IX) und
c) Polk Co. in Tennesee, lange, stark geriefte Säulen, begleitet
von Pyrit und Chalkopyrit; spec. Gewicht = 3-359. (Mall et,
Sillim. amer. J. [2] XX, 85). s)
i) Shepard, Mineralogy 1852.
2) Hausmann. Mineralogie II, 1, S. 579.
s) Leonh. u. Br. Jahrb. (a) 1830, 494; (b) 1833, 425; (e) 1859, 819.
132 Zepharovich.
Nachtrag.
Nachdem die ersten Bogen dieser Abhandlung bereits im Druck
vollendet waren, gelang es mir, in der reichhaltigen Sammlung des
Joanneums in Graz jenes Exemplar mit Somma Idokras-Krystallen
aufzufinden, von welchem Haidinger einen in seinem Handbuche
der bestimmenden Mineralogie 1845, Fig. 314, S. 214 abgebildet.
Es trägt die Bezeichnung XX. K. IV. Seh. 184. Ich kann nun das
Seite 13 und 42 Erwähnte nach den Besultaten der Messungen die-
ses Kr. bestätigen. In vielflächiger Combination treten in der That
(331) und (511) auf, nicht (441) und (411).
Die Messungen ergaben für diese beiden Formen:
(221): (331) = 10° 13* (311) : (511) = 12° 18'
(331) : (110) = 23 15 (511) : (100) = 22 54 Va
Nebst den genannten (221), (331), (110), (311), (511) und
(100) erscheinen an dem Kr. noch, wie schon Haidinger ange-
geben (001), (111), (101), (312), (211), (421), (210), (310)
und überdies noch zwischen der breit angelegten (Hl) und der
eingetieften (001), als schmale Leiste, (113). Der innige Anschluss
an die Nachbar-Individuen in einem Drusenraume lässt nur geringe
Theile des gemessenen Kr. frei, und daher auch den erhaltenen
Winkelwerthen kein grosses Gewicht beilegen, obgleich diese meist
auf ebene, gut reflectirende Flächen sich beziehen.
Krystallographische Studien über den Idokras. 1 OO
Geognostische Übersicht der Idokras -Localitäten.
I. Im krystallinischen Schief ergebirge und dem-
selben untergeordneten Gesteinen.
A. Als lager-, kluft- oder nesterartige Ausscheidung a) in
chloritischem Schiefer oder bj in Glimmerschiefer:
a) Ala, Cerosole, Corbassera , Gressoney in Piemont. — Saas,
Zermatt, in der Schweiz. — Pfitsch, Pregratten, Zillerthal,
Tirol.
b) Hollersbach- und Stubach-Thal, Salzburg.
B. In Quarz: Rauris-Thal, Salzburg. — Haslau, Böhmen. —
Göringsreuth, Hauxdorf, Wustuben und Wunsiedel, Baiern. —
Sätersdalen und Souland, Norwegen. — Worchester, Massachusetts.
C. Im Kalkstein : Nedwieditz, Olschy und Strzitersch, Mähren.
— Haslau, Klementinow, Kunicek, Böhmen. — In den Pyrenäen,
Frankreich, — Derryloaghan, Irland. — Glen Gairn, Schottland.
— Gökum, Lindbo, Schweden. — Frugard, Hoponsuo, Finnland. —
Amity, New-York. — Sandford, Parsonsfield, Phippsburg, Poland,
Rumford, Maine. — Clarendon, Canada.
D. Auf Calcit- und Silicat -Gängen im Gneiss: Egg, Nor-
wegen.
E. Auf Calcit -Gängen im Chloritschiefer: Achmatowsk, Ural.
F. Auf Erzlagerstätten (Grünsteine und Kalksteine) im Glim-
merschiefer: Breitenbrunn, Schwarzenberg, Sachsen. — Rothen-
zechau und Alt-Kemnitz, Preussisch-Schlesien.
G. Im Erlan : Grünstädtel, Sachsen.
H. Im Grünstein: Auerbach, Sachsen.
II. An Calcit gebunden als Contactgebilde.
A. Zwischen Granit und Gneiss: Auerbach, Grossherzogthum
Hessen.
B. Zwischen Granit und silurischen Schiefern und Kalksteinen:
Eker, Norwegen.
C. Zwischen jüngeren Eruptiv- und Sediment-Gesteinen (tra-
chytischen oder syenitischen Gesteinen und Trias- bis Kreidekalken):
Monzoni-Berg, Predazzo, Süd-Tirol. — Erzlagerstätten vonCziklova,
Dognacska, und Szäszka im Banat und von Rezbänya in Ungarn.
134 Zepharovich. Krystallographische Studien über den Idokras.
Die Auswürflinge am Monte Somma, Neapel und wahrscheinlich
auch jene von Pitigliano, Toscana. — Insel Skye, Schottland?
III. In einer tuffartigen Ablagerung.
Am Wilui-Fl., Sibirien.
IV. In Geschieben.
Bei Pottsdam, Preussen. — Am Barsowska-Fl., Ural.
ANHANG.
Schweiz: Tarasp.
Siebenbürgen: Also Väcza.
Mähren: Blauda, Fröschau, Lugau, Popuwek, Wiesenberg.
Baiern: Göpfersgrün, Gössweinstein, Höfen, Pfaffenreutb,
Pleistein, Stökarn, Tirschenreuth, Wildenau, Wurlitz.
Spanien: San Lorenzo.
Irland: Gweedore, Kilmacrenan, Lattermacherward.
Schweden: Fahlun.
Russland: Lupikko (Finnland), Poljakowsk, Mramorsker
Hütte, Medwiedewa (Ural).
Vereinigte Staaten von Nordamerika: Amherst, Gouverneur,
Long-Pond, Moriah, Newton, Polk Co., Salisbury.
Canada: Grenville.
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v. Ett ingshn use n. Beiträge z. Kenntniss d. Flächenskelete u. s. w. 135
Beiträge zur Kenntniss der Flächenskelete der Farnkräuter.
Von dem c. M. Prof. Dr. Const. Ritter v. Ettingshausen.
(Auszug aus einer für die Denkschriften bestimmten Abhandlung.)
II.
Diese Abhandlung schliesst sich den im XXII. Bande der Denk-
schriften der mathem.-naturw. Classe veröffentlichten Beiträgen zur
Kenntniss der Flächenskelete der Farnkräuter an und enthält die
Bearbeitung der Nervationsverhältnisse mehrerer Gattungen aus
den Familien der Aspleniaceen, Aspidiaceen, Hymenophylleen
und Schizaeaceen.
Über den Zweck dieser Arbeiten wurde bereits in der oben
citirten Abhandlung das zur Begründung Nöthige auseinanderge-
setzt und insbesondere auf den Umstand hingewiesen , dass die
Mehrzahl der in den Schichten der Secundärformationen so reich-
lich vorkommenden fossilen Farnkräuter bis heute noch ungenü-
gend bestimmt oder vielmehr nur beliebig benannt ist.
Die für die Flora der Vorwelt aufgestellten Farngattungen
sind zumeist nur Sammelplätze für das noch nicht geordnete Mate-
rial. Zur richtigen Bestimmung der vorweltlichen Farne ist aber die
genaue Kenntniss der Flächenskelete der jetztweltlichen, welche
die Botanik in ihrem gegenwärtigen Zustande noch keineswegs
bietet, unumgänglich nothwendig. In der vorgelegten Abhandlung
bilden daher vorzugsweise solche Gattungen und Arten Gegenstand
der Bearbeitung, welche für die vergleichende Untersuchung der
vorweltlichen Farnformen von Wichtigkeit sind. Die Flächenskelete
sollen durch den Naturselbstdruck zur Anschauung gebracht werden.
136
IL SITZUNG VOM 14. JÄNNER 1864.
Das w. M. , Herr Prof. H. Hlasiwetz in Innsbruck, übersendet
die folgenden zwei Abhandlungen für die Sitzungsberichte:
„Über das Berberin", von Hlasiwetz und H. v. Gilm, und
„Über zwei neue Zersetzungsproducte aus dem Guajakharz"
von Hlasiwetz und L. Barth.
Herr Hofrath Prof. Jos. Hyrtl legt eine Abhandlung vor „Über
eine Eigentümlichkeit des Schlundes von Catla Buchanani" ; ferner
eine zweite „Über das Verhalten der Leber-Arterie zur Pfortader
bei Amphibien und Fischen".
Herr Director E. Fenzl macht eine Mittheilung aus einem
Schreiben des c. M., Herrn Dr. J. J. Tschudi, über einen Fisch
aus dem Rio Itajahy in Brasilien.
Herr Dr. F. Prym überreicht eine Abhandlung: „Neue Theorie
der ultraelliptischen Functionen".
Herr Dr. H. Leitgeb legt eine Abhandlung: „Zur Kenntniss
von Hartwegia commosa Nees" vor.
Herr Dr. J. E. de Vry, Inspector für chemische Untersuchungen
in Niederländisch -Indien, der eben auf einer Urlaubsreise in seine
Heimath begriffen ist, macht eine Mittheilung „über die Cultur des
Chinabaumes auf Java und mehrere andere dort vorkommende
Droguen".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Astronomische Nachrichten. Nr. 1456. Altona, 1864; 4°*
Cosmos. XIII" Annee, 24c Volume, 2e Livraison. Paris, 1864; So-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrg. Nr. 2. Wien,
1864; 4o-
Mondes. 2e Annee. Tome III. lre Livraison. Paris, Tournai, Leipzig,
1864; 8o-
Moniteur scientifique. 169e Livraison. Tome VI", Ann£e 1864.
Paris; 4°-
Programm des k. k. Gymnasiums zu Feldkirch für das Schuljahr
186V». Innsbruck, 1863; 4<>-
137
Reichsforstverein, österreichischer: Österreichische Viertel-
jahresschrift für Forstwesen. XIV. Bd. Jahrgang 1864. 1. Heft.
Wien, 1864; So-
So ciete Imperiale desNaturalistes deMoscou: Bulletin. Tome XXXVI.
Annee 1863, No. 3. Moscou, 1863; So-
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrg. Nr. 2. Wien,
1864; 4o-
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XIII. Jahrg. Nr. 5. Gratz, 1864; 4°-
1 38 L e i t g e b.
Zur Kenntniss von Hartwegia commosa Nees.
Von Dr. Hubert Leitgeb.
(Mit 1 Tafel.)
Schon im Jahre 1828 theilte Göthe in einem Briefe, den er
an Nees v. Esenbeck *) richtete, diesem mit, dass sich in
seinem Besitze eine Pflanze befinde, die ihn wegen ihrer ungemeinen
Productivität besonders interessire, und verlangt von Nees nähere
Angaben über diese Pflanze. — Göthe erzählt, dass diese Pflanze
„aus der Mitte des Blätterbüschels, der die Lilienart kennzeichne,
einen fadenartig herabhängenden Blüthenstengel treibe, an welchem
die sechsblättrigen Blümchen erst seltener, dann gedrängter her-
vorkommen, bis sie sich endlich quirlartig entwickeln und ganz
abschliesslich einen Blätterbüschel treiben. An diesem haben die
Blattenden etwas fettes, zwiebelartiges und, indessen die Blätter
selbst wieder aufwärts streben, zeigen sich unten kleine Wärzchen,
die an Licht und Luft zu vertrocknen scheinen, unter günstigen
Umständen, einer feuchten Umgebung, jedoch sich zu Luftwurzeln
entwickeln, in der Stärke eines schwachen Federkieles, über einen
Zoll lang, worauf denn die schwebende Pflanze abermals einen
fadenartigen Stengel treibt; und so immer weiter fort. Es kommen
also gewissermassen Luftstolonen zur Erscheinung, deren verbin-
dende Fäden jedoch blühen, und wo sie zu Hause sind, gewiss
Frucht tragen. Bringt man einen solchen Blätterbüschel mit seinen
Luftwurzeln in die Erde , so zeigt sich ein sonderbares Ereigniss;
diese Luftwurzeln streben wieder aus dem Boden nach Luft und
Licht, schwellen auch wohl stärker an, begeben sich aber mit ihren
Enden wieder in die Erde, verdünnen sich und werden zu den alier-
feinsten sich verzweigenden Fäden u. s. w.w So weit Göthe.
Weitere Kenntniss über diese Pflanze haben wir von Professor
Schult es 3), der seine Angaben einer ungedruckten Abhandlung
i) Acta N. Cur. Vol. XV, 2 (1831), pag. 363—374.
2) Syst. Veg. VII, 2 pag. 1693 n. 27 a.
Zur Keiintniss von Hartwegia commosa Nees. ld''
Sternberg's entlehnte, und sie nur in systematischer Beziehung
betrachtet und unter dem Namen Anthericum Sternbergianum aufführt.
Nees v. Esenbeck fügt diesen Angaben ebenfalls nur
systematische Notizen bei und bildet aus mehreren ihm genug wich-
tig scheinenden Merkmalen einen neuen Gattungscharakter, und
nennt die Pflanze Hartwegia commosa.
So viel mir bekannt, liegen über diese Pflanze weiters weder
morphologische, noch anatomische Untersuchungen vor, welche die
oben erwähnten, unvollkommenen Beobachtungen Göthe's näher
erläutert hätten.
Obwohl meine Untersuchungen hauptsächlich nur die Kenntniss
des Baues und der Function der Luftwurzeln zum Zwecke hatten,
war es mir doch auch interessant, die morphologischen Verhältnisse
dieser Pflanze etwas näher zu erforschen, überhaupt die ganze
Lebensgeschichte derselben , namentlich aber die gegenseitigen
Beziehungen der beiden von Göthe geschilderten Fortpflanzungs-
weisen kennen zu lernen.
Was erstens die systematische Stellung dieser Pflanze anbe-
langt, so wurde sie von Sternberg und später von Schultes
der Gattung Anthericum beigezählt. Übrigens schliesst sich die
Pflanze, wie Nees v. Esenbeck zeigte, durch viele morpholo-
gische Merkmale, wie die an dem Grunde befestigten Staubbeutel,
die kleine Narbe und die scharf dreieckige Kapsel mit hervorsprin-
genden häutigen Rändern der Kanten viel näher der Gattung Chlo
rophytum an. Allerdings unterscheidet sich dieselbe durch ein ande-
res Merkmal auch von dieser Gattung, indem die Staubbeutel nach
der Stäubung sich nach rückwärts einrollen; und dies vorzüglich
bewog Nees v. Esenbeck, die Pflanze von Chlorophytum zu
trennen und unter dem Namen Hartivegia als Repräsentanten einer
eigenen Gattung aufzustellen. — Da sie aber in allen übrigen Merk-
malen mit Chlorophytum übereinstimmt, sich auch im Habitus
besonders im Jugendzustande von den Arten dieser Gattung nicht
unterscheidet und erst in späteren Lebensstadien durch die merk-
würdige Proliücation ein ganz eigentümliches Aussehen erhält,
dürfte sich die Gattung Hartwegia kaum selbstständig erhalten las-
sen, sondern viel passender, wie es auch Endlicher *) gethan,
in die Gattung Chlorophytum einbezogen werden.
t) Genera plautarum.
140 Leitgeb.
Eine mehrere Jahre alte Pflanze zeigt folgendes Aussehen
(Fig. 1) :
Aus einem grundständigen Blätterbüsehel entspringen mehrere
fast gleich starke herabhängende Stengel, die an ihrem unteren
Theile mit ziemlich langen Deckblättern besetzt sind, und gegen
die Spitze zu sich verzweigen. Der Hauptspross wie sämmtliche
Seitenzweige tragen an ihrem Ende Blätterbüschel , die auch
hie und da an tieferen Stellen aus den Achseln der grossen lan-
zettförmigen Deckblätter entspringen und an ihrem Grunde nicht
selten von federkieldicken Luftwurzeln durchbrochen werden, die,
falls die Pflanze im Zimmer gezogen wurde, von grünem Aussehen
sind, scheinbar keine Wurzelhaare tragen, und nie über einen Zoll
lang werden; an in Wärmhäusern gezogenen Exemplaren aber mit
einem dicken aus Wurzelhaaren gebildeten Filzüberzug bekleidet
sind, und oft eine Länge von einen halben Fuss und darüber errei-
chen. — Ausser diesen die Blätterbüschel tragenden Stengeln ragt
aus dem grundständigen Blätterbüschel noch ein unverzweigter
Stengel hervor , der an seiner oberen Hälfte Blüthen trägt , die
anfangs einzeln und entfernt, gegen die Spitze zu aber dichter
gedrängt und büschelförmig gestellt erscheinen. An der Spitze
dieses Stengels bemerkt man ebenfalls ein Blätterbüschel, das
jedoch, so lange das wie natürlich an den untersten Stellen des
Stengels beginnende Aufblühen noch nicht bis über die Mitte des
Stengels vorgeschritten ist, sich noch sehr unentwickelt zeigt, und
erst dann rascher ausbildet, wenn die Blüthenperiode an diesem
Spross beendet ist. Hie und da tragen auch die die Blätterbüschel
tragenden Stengel solche Blüthen tragende Sprossen. — So er-
scheint uns eine ältere Pflanze, und es fragt sich nun, in welcher
Weise sie zu dieser Ausbildung gelangt:
Wenn man einen ziemlich entwickelten Blätterbüschel, an dem
sich ein oder mehrere Ansätze zu Luftwurzeln gebildet haben, von
der Mutterpflanze trennt, und in die Erde setzt, so wächst meist
schon im ersten Jahre aus dessen Mitte ein fadenartiger Stengel
hervor, der anfangs aufrecht ist, bei zunehmender Länge aber
überhängend wird. Es entsteht dadurch, dass der Vegetationskegel
des Blätterbüschels, der sich uns als ein Zweig mit unentwickelten
Internodie'n ähnlich den Blätterbüscheln der Lärche darstellt, aus
sich lauter entwickelte Internodien herausbildet, und so in eine Yer-
Zur Kenntniss von Hartweijiu commosa Nees. 1 4- 1
längerte Axe übergeht. Diese erreicht, wie schon oben angegeben
wurde , hie und da eine Länge von 3 Fuss und schliesst dann
wieder mit unentwickelten Internodien ab, so dass also an ihrer
Spitze sich wieder die Anlage zu einem Blätterbüschel bildet.
(Offene Knospen.)
In den Achseln der an der verlängerten Axe regelmässig auf-
tretenden Deckblätter bilden sich Zweigknospen, die in der Achsel
ihres untersten Blattes schon sehr früh ebenfalls wieder eine wei-
tere Knospenanlage erkennen lassen. Während nun die an der
unteren Hälfte der verlängerten Axe befindlichen Zweigknospen
sammt ihrer Axillarknospe unentwickelt bleiben, oder erst später oft
erst nach Jahren zur Entwickelung gelangen '), sehen wir in der
oberen Hälfte des Stengels ein sehr reges Wachsthum thätig. Es
äussert sich in der Weise, dass die Zweigknospp von ihrer Axillar-
knospe in der Ausbildung überholt wird , welche letztere sich zu
einer einzigen Blüthe, oder einem traubenartigen Blüthenstande aus-
bildet. Während in dem unteren Theile des Stengels aus jeder
Zweigknospe sich nur eine solche Axillarknospe entwickelt, gelan-
gen in den oberen Theilen bis zu vier solcher axillarer Blüthen-
knospen zur Entwickelung, durch welchen Umstand, verbunden mit
der gedrängteren Stellung der Blätter, die Blüthen von Göthe als
quirlartig gestellt bezeichnet wurden.
Wenn man mehrere Durchschnitte von Knospen , die aus ver-
schiedenen Theilen des Stengels genommen sind, mit einander ver-
gleicht (Fig. 2, 3 und 4), so sieht man, dass am unteren Ende des-
selben die Zweigknospe überwiegend entwickelt ist, und ihre Axil-
larknospe ganz unterdrückt erscheint , in den mittleren Theilen
desselben, die erstere schon eine ziemliche Ausbildung erreicht hat,
bevor sie von ihrer Axillarknospe in der Entwickelung überholt wird;
während der Spitze des Stengels zu die Zweigknospe schon in
ihrem ersten Stadium der Entwickelung ganz zurückgedrängt er-
scheint. So gelangen denn die Blüthen früher als die sie tragendet«
secundären Axen von unten nach oben zur Entwickelung. Gegen
Ende der Blüthenperiode entwickelt sich nun der terminale Büschel
rascher, während er zugleich der nach abwärts geneigten Rich-
i) Man bringt sie auch durch Abschneiden des darüber befindlichen Stengeltheiles
leicht zur Entwickelung.
142 Leitgeb.
tung der Axe entgegen, durch eine am Grunde eintretende Krüm-
mung nach aufwärts strebt. In der zweiten Vegetationsperiode, die
an in Wärmhäusern gezogenen Exemplaren, natürlich von der ersten
durch keinen Zwischenraum getrennt ist, beginnt auch an der gan-
zen verlängerten Axe ein neues Leben. Indem nämlich die Blüthen
bald nach der Stäubung der Antberen verwelken, und meist sammt
eines Theiles des Blüthenstieles an der Gliederungsstelle desselben
sich von seinem unteren Theile trennen und abfallen, gelangen nun
auch die bisher unterdrückt gewesenen Zweigknospen zur freieren
Entwicklung und treten als ßlälterbüschel von unten gegen oben
fortschreitend aus den Achseln der sie früher ganz bedeckt haben-
den Deckblätter hervor. Immer bemerkt man anfangs an ihnen noch
die Reste der Blüthenstiele (oder vertrockneten Traubenspindeln),
die an den übereinanderstehenden Knospen abwechselnd einmal
rechts, einmal links auftreten.
Hie und da entwickelt sich die eine oder die andere Zweig-
knospe in der Weise, dass sie ihre Internodien streckt und so zu
einem entwickelten Zweige wird, der sich dann selbst wieder wie
die Hauptaxe verhält und blüthentragend wird (Fig. 5). Wenn
jedoch durch besonders günstige Umstände (ich beobachtete es nur
ein paar Male) die Blüthen nicht abfallen, sondern sich weiter zur
Fruchtkapsel *) entwickeln, so bleibt auch in diesem Falle die
Zweigknospe in ihrer Entwickelung so lange unterdrückt, bis die
Frucht sich von der Axe getrennt hat. Eine Entwickelung der Zweig-
knospe kann auch in dem Falle nicht eintreten, wenn ihre Axillar-
knospe statt zur Blüthenknospe sich selbst zu einem Zweige aus-
bildet.
In der folgenden Vegetationsperiode entwickeln sich nun diese
Blätterbüschel in der Weise weiter, dass sie ihre Blätternnzahl ver-
grössern, während zu gleicher Zeit an der Basis der Blätter zahl-
reiche Luftwurzeln hervorbrechen. — Nur in seltenen Fällen ent-
wickeln sich aus dem Vegetationskegel dieser Büschel, so lange sie
mit der Mutterpflanze in Verbindung sind, wieder verlängerte Inter-
nodien; dies geschieht, wie schon oben gezeigt wurde, in der Regel
erst dann, wenn der Büschel seine Wurzeln in den Boden senden
i) Leider gelang es mir nie, reife Samen zu erhalten, um die Keimung der Pflanze
studiren zu können.
Zur Kenntniss von Hartvoegia commosa Nees. 14-ö
und so selbslständig werden kann. — Die Zweige mit entwickelten
Internodien verfolgen unterdessen denselben Lebenscyklus, wie er
für die primäre Axe angegeben wurde, und kommen zur Bildung von
Blüthen und Blätterbüscheln, — das ursprüngliche Blätterbüschel
bildet aus seinen Axillarknospen entweder wieder einen Stengel
oder Blätterbüschel , und so entsteht nach mehreren Jahren ein
Pflanzenstaat, dessen Individuen unter sich organisch verbunden
bleiben.
Die Blüthenstiele.
Es ist schon oben erwähnt worden, dass die Blüthen nach der
Stäubung der Antheren sammt einem Theile des Blüthenstieles in
der Regel abfallen. — Die Trennung erfolgt an der Gliederungs-
stelle *) des Blüthenstieles (Fig. 8) und wird durch einen ganz
merkwürdigen Vorgang bewerkstelligt, der dem Abfallen der Blätter,
wie es Mohl 3) zeigte, nicht unähnlich ist.
Wenn man durch ganz junge Blüthenknospen, an denen die
Blüthenstiele noch kaum wahrzunehmen sind, Längsschnitte macht,
so sehen wir noch keine Spur dieser später schon von aussen so
auffallenden Gliederung. — Sowohl die Zellen der Epidermis als
auch der unter derselben gelegenen Schichten sind ganz gleich-
massig ausgebildet, und weder dem Inhalte noch der Grösse nach
von einander unterschieden. Alle zeigen sich mit Inhalt dicht erfüllt,
und in jeder derselben bemerkt man einen deutlichen Zellkern. —
An etwas entwickelteren Knospen zeigt sich schon ein anderes Ver-
hältniss. Während nämlich die meisten Zellen sich durch Streckung
in der Richtung des Blüthenstieles vergrössert haben, bleiben meist
drei in der unteren Hälfte gelegene Zelllagen in ihrer Entwickelung
zurück, und erscheinen also verkürzt, wodurch sich diese Zellpartie
scharf von den oben und unten gelegenen Zelllagen abhebt (Fig. 11).
Dies geschieht aber nicht etwa in Folge des Absterbens dieser
Zellen, denn alle auch die kleingebliebenen zeigen sich noch mit
Inhalt erfüllt, und haben einen auffallend grossen Zellkern. Dieser
i) Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass wir es hier mit unterdrückten cymö-
sen Blüthenständen zu thun haben, denn man findet hie und da Blüthenstiele,
welche an der Gliederungsstelle ein zartes Deckblättchen tragen, in dessen Achsel
sich wieder eine Blüthenknospe befindet.
2) Bot. Zeitg. 1860, pag. 1, 9, 132.
144 Leitgeb.
Unterschied tritt zuerst in den unter der Rindenschichte gelegenen
Zelllagen auf, lässt sich aber bald auch in der Rindenschichte und
in der Epidermis wahrnehmen. In letzterer bleiben nun ebenfalls
drei Zelllagen in ihrer Grössenzunahme zurück, während die weiter
oben und unten gelegenen Zellen sich in radiärer Richtung bedeu-
tend strecken, was zur Folge hat, dass an dieser Stelle eine Art
ringförmige Einschnürung entsteht (Fig. 12). Öfters geschieht dies
jedoch nicht im ganzen Umkreise des Blüthenstieles, sondern an der
einen Hälfte desselben entwickeln sich die betreffenden Epidermis-
zellen ebenfalls in radiärer Richtung, während sie in der anderen
Hälfte unentwickelt bleiben, wodurch eine Krümmung des Blüthen-
stieles erzeugt wird (Fig. 13).
So zeigen sich die Verhältnisse vor der EntfaltungderBlüthen. —
Ist diese eingetreten , so beginnt in dieser rundzelligen Schichte
eine rasche Zellbildung durch Entstehen von Längsscheidewänden
(Fig. 11 a), wodurch die Dicke dieser Schicht nicht vergrössert
wird , das aber zur Folge hat, dass der Blüthenstiel an dieser Stelle
wulstig aufgetrieben erscheint. — Ist nun die Blume verblüht, so
trennen sich die Zellen dieser Schicht ohne zu zerreissen aus ihrer
Verbindung, und zwar in der Weise, dass eine Zelllage mit dem
an der Blüthe haftenden Theil des Blüthenstieles in Verbindung
bleibt, während zwei Zelllagen mit dem untern Theile des Blüthen-
stieles verbunden bleiben. Diese Trennung tritt zuerst nur stellen-
weise ein, so zwar, dass sich zuerst die innerhalb der Rindenschichte
gelegenen Zellen aus ihrem Verbände lösen, die Zellen der Rinden-
schichte hingegen zuletzt sich trennen, während die betreffenden Zellen
der Epidermis, die , wie wir oben sahen, durch rascheres Wachsthum der
oben und unten gelegenen Zellen eingedrückt wurden, schon früher
abstarben, wodurch natürlich ihre Verbindung aufgehoben wurde.
Diese Trennung geht jedoch nicht immer in einer vollkommen ebenen
Fläche vor sich, sondern richtet sich ganz nach der Lage der rund-
zelligen Schichte, die öfters denn auch in Folge des ungleichen
Wachsthumsprocesses in den verschiedenen Schichten des Blüthen-
stieles von der Zeit seiner Anlage an, entweder schief gestellt oder
gekrümmt erscheint.
Wenn man unmittelbar nach der Loslösung des betreffenden
Theiles die an der Trennungsstelle gelegenen Zellen untersucht, so
zeigen diese nach aussen vollkommen abgerundete Wände , doch
Zur Kcnnlniss von Vartweyia commosa Nees. 14»)
nicht dies allein zeigt für ihre Lebensfähigkeit, da sie auch noch
immer einen deutlichen Zellkern besitzen und mit Inhalt gefüllt
erscheinen. Es mag nicht unerwähnt bleiben, dass man noch vor der
Trennung gerade in dieser rundzelligen Schichte eine bedeutende
Anhäufung von Zellinhalt bemerkt.
Wir haben in der Ablösung der Blüthen also einen ganz merk-
würdigen Fall vor uns, der wohl sehr an das Ablösen anderer
Organe, wie es Hugo v. Mo hl schilderte, erinnert, aber damit nicht
zu verwechseln ist (obwohl auch Mo hl J) bei Sedum maximum
einen ähnlichen Fall anführt). Hier nämlich ist die Schichte, in der
später die Trennung erfolgen soll, schon sehr früh, noch vor der
Ausbildung des betreffenden Organes angelegt und entspricht in
ihrer Entvvickelung ganz derrundzelligenSchichte, deren Entstehung
Mo hl3) ausführlich beschrieb. — Wir beobachten hier keine Bil-
dung einer eigenen Trennungsschichte , sondern die Trennung
erfolgt in dieser rundzelligen Schichte , in der jedoch allerdings,
jedoch geraume Zeit vor der Trennung eine Veränderung vor sich
geht. Diese besteht darin, dass die Zellen dieser aus drei Zelllagen
bestehenden Schichte sich durch Längsscheidewände theilen, wo-
durch, wie schon oben angedeutet wurde, der Blüthenstie! von
aussen wulstig aufgetrieben erscheint.
Ich habe oben bemerkt, dass die an der Trennungsfläche gele-
genen Zellen abgerundet erscheinen, ich habe hier noch zu erwäh-
nen, dass diese Abrundung der Zellen auch an unter Öl beobachteten
Präparaten wahrzunehmen ist. Mohl undlnmann erklären das
Auseinanderweichen der Zellen als einen vitalen Act, nicht etwa als
eine Todtenerscheinung des betreffenden Gewebes, und ohne dass
ersterer es ausspricht, muss man annehmen, dass das Auseinander-
weichen der Zellen durch das Aufgelöstwerden der Intercellular-
substanz und durch die Eigenschwere des sich loslösenden Pflan-
zentheiles bewirkt werde.
Oftmalige Beobachtungen lassen mich keinen Augenblick
zweifeln, dass bei dieser Ablösung eine von der Zelle selbst aus-
gehende Kraft thätig sei. Wenn man zarte Schnitte von noch nicht
losgelösten Pflanzentheilen, bei denen aber die Trennung jedenfalls
x) L. c. pag\ 14.
3) L. c. |>aff. 11.
Sit/.!». .1. iiiiUliem.-iMtur.v-. Cl. XLIX. Bd. I. Abtli. 10
146 Leitgeh.
in kurzer Zeit hätte eintreten müssen, unter das Präparirmikroskop
legt, so kann man nicht selten beobachten, dass an mehreren Stellen
in dem Momente , als man mit der Präparirnadel das Präparat
erschüttert, diese Ablösung nicht allmählich sondern in einem Ruck
geschieht , so dass die betreffenden Partien förmlich auseinander
geschnellt werden. — Allerdings mag hier die reichlichere, durch
Endosmose bewirkte Wasseraufnahme das ihrige dazu beigetragen
haben, aber soll denn dieselbe Kraft nicht auch in der Pflanze wirk-
sam sein? Dass aber zur Zeit der Ablösung die betreffenden Zellen
mit Saft gefüllt erscheinen, dass überhaupt um diese Zeit in der
rundzelligen Schichte eine starke Anhäufung von Zellinhalt wahrzu-
nehmen ist, habe ich schon oben erwähnt.
Gewiss muss früher die Intercellularsubstanz aufgelöst werden,
aber das Abfallen der Blüthen ist zu rasch, als dass man es aus dieser
einen Ursache verbunden mit der Eigenschwere des Pflanzentheiles
erklären könnte. Man müsste sonst wenigstens hie und da halb los-
gelöste Blüthen, an dem unteren Theile des Blüthenstieles herab-
hängend, beobachten können, was jedoch, so weit meine Beobach-
tungen reichen, nie der Fall ist. — Ich habe oben erwähnt, dass die
Lostrennung zuerst in dem inneren Theile stattfindet. Hier nun
drücken die mit Saft erfüllten Zellen der Trennungsgeschichte , da
sie sich abzurunden, also auszudehnen streben, vermöge der Elasti-
cität der Zellmembran die betreffenden Theile des Blüthenstieles von
einander; diese hängen jedoch noch in der Rindenschichte zusam-
men , und erst wenn auch hier die Lostrennung weiter vorge-
schritten ist, wird der betreffende Pflanzentheil abgestossen.
Ich greife jedenfalls meinen Beobachtungen vor , wenn ich
vermuthe, dass dies wohl auch bei den Blättern der Fall sei —
und in der That, wenn man den Blätterfall beobachtet, und sieht,
wie plötzlich die Trennung eintritt, kann man nicht umhin, auch
hier eine Art abstossende Kraft zu vermuthen.
Die älteren Theile des Gefässbündels und die Gelasse nehmen
an diesem ganzen Processe keinen Antheil, sondern zerreissen,
wenn die Lostrennung der übrigen vollendet ist.
Ist auf diese Weise die Trennung erfolgt, so schliesst sich
die Wunde durch Vertrocknung der Zellen, welcher Process sich
jedoch nicht blos auf die rundzellige Schichte erstreckt, sondern
eine oft auch mehrere Lagen der langgestreckten Zellen mit ergreift.
Zur Keniitiiiss von Hartwegia commosa Nees. 147
Die Luftwurzeln.
Ich habe schon oben erwähnt, dass an der Basis der Blätter-
büschel, bald nach ihrer Entwicklung Luftwurzeln hervorbrechen.
Sie entstehen wie alle Nebenwurzeln am Verdickungsringe der ver-
kürzten Axe und treten in horizontaler Bichtung nach aussen.
Durch den Druck, den sie in Folge ihres Wachsthumes auf die
Basis des Blattes ausüben, wird dieses an der Berührungsstelle in
Form eines Wärzchens aufgetrieben und an dieser Stelle endlich der
Länge nach zerrissen. Dabei nimmt hier die sich verlängernde Wur-
zel nicht selten Stücke des Blattes mit sich, die man dann nicht
allein an der Wurzelhaube, sondern auch noch tiefer, dem Grunde
der Wurzel zu als braune Schuppen an der Epidermis haften findet.
Im Allgemeinen weicht der Bau dieser Luftwurzeln nicht von
dem anderer Nebenwurzeln ab. Im Verdickungsringe unterscheidet
man einen Kreis von (8 — 13) Gefässbündeln, die ein mit vielen In-
tercellulargängen durchzogenes Mark einschliessen. Der Bindentheil
besteht aus einem dünnwandigen und sehr lockeren Parenchym, das
von vielen der Länge nach verlaufenden Intercellulargängen durch-
zogen ist, und dessen Zellen mit Chlorophyll erfüllt sind, das meist
um den wandständigen Zellkern gelagert ist. In der Mitte des Bin-
dentheiles beobachtet man am Querschnitte einen Kreis sich beson-
ders durch ihre Grösse auszeichnender Zellen, welche Krystalle
(Baphiden) führen, die allerdings auch in anderen Zellen, wiewohl
seltener vorkommen. Da sie zugleich auch in Längsreihen gelagert
sind (Fig. 16), so bilden sie gewissermassen eine Art Mantel, durch
den die Binde in einen äusseren und inneren Theil getrennt wird.
Auffallend gross und oft ganz mit Krystalldrusen erfüllt, treten sie
besonders an in Wasser gewachsenen Luftwurzeln auf.
Die Epidermis besteht aus dünnwandigen, tafelförmigen Zellen,
und ist je nach dem Medium, in welchem die Wurzel sich entwickelte,
verschieden ausgebildet. So lange die Wurzel noch klein und nicht
über eine Linie lang ist, sind die Epidermiszellen nur zu kleinen
Papillen verlängert, die sich, falls die Pflanze in trockener Luft ge-
halten wird, auch nie zu wahren Wurzelhaaren entwickeln, wie in
solchen Fällen auch die Luftwurzeln nie eine bedeutende Länge (nie
über iy8 — 2 Zoll) erreichen. In feuchter Luft jedoch, wo die Luft-
wurzeln oft bis 8 Zoll und darüber lang werden, wachsen diese
10*
148 Leitgeb.
Papillen zu sehr langen Wurzelhaaren aus, wodurch dann die Wurzeln
wie mit einem weissen Filze überzogen erscheinen.
Nicht selten beobachtet man Luftwurzeln, die in der Art aus-
gebildet erscheinen, dass sie ihrer Länge nach an gewissen Stellen
ringförmig eingeschnürt erscheinen. Bei näherer Untersuchung
findet man, dass an solchen Stellen keine oder nur sehr kurze Wur-
zelhaare sich entwickelt haben, was darin seinen Grund hat, dass
zur Zeit, als sich diese Stellen gebildet hatten, die umgebende Luft
trockener als gewöhnlich war.
Wenn Wurzeln in Wasser gezogen werden, so bilden sich an
der Epidermis weder Papillen noch Wurzelhaare; die Epidermis-
zellen bleibenauch kleiner und schliessen enge an einander (Fig. 21).
Dies ist auch bei älteren in der Erde befindlichen Wurzeln der Fall,
während hingegen ihre ungemein feinen Verzweigungen dicht mit
Haaren bedeckt sind.
Einen ganz merkwürdigen Bau zeigt die unmittelbar unter der
Epidermis gelegene Zellschichte. Sie wird für uns nicht blos wegen
der eigentümlichen Ausbildung der sie zusammensetzenden Zellen
von hohem Interesse, sondern erhält eine um so grössere Bedeutung,
je constanter wir sie an so vielen der verschiedenartigsten Pflauzen-
familien angehörigen Pflanzen , die Luftwurzeln bilden, auftreten
sehen.
Wir finden sie zum Beispiele an den Luftwurzeln aller Orchi-
deen 9» a's die unter der Wurzelhülle oder wie hier unmittelbar
unter der Epidermis liegende Schichte, wir beobachten sie an den
Luftwurzeln der meisten Aroideen u. s. w. Überall zeigt sie dieselbe
Ausbildung, dieselbe regelmässige Anordnung ihrer Zellen; und
eben diese Stabilität ihres Auftretens an fast allen solchen Wurzeln,
welche entweder ganz oder wenigstens theil'weise zur Nahrungsauf-
nahme aus der Luft dienen und die überall nahezu gleiche Ausbil-
dung ihrer Zellen, lässt ihre hohe Wichtigkeit für die Function der
Luftwurzel schon im Vorhinein ahnen.
Schon ein Querschnitt durch eine Luftwurzel, möge diese sich
nun in was immer für einem Medium ausgebildet haben, zeigt diese
i) Die allgemeine Verbreitung dieser Zellschichte bei Orchideen zeigte Oude-
n ans in seiner Abhandlung über die Oberhaut der Orchideen (Über den Sitz der
Oberhaut bei den Luftwurzeln der Orchideen. Abhandl. d. mathem.-phys. Cl. d.
königl. Akad. d. Wissensch. zu Amsterdam, 18<>l) und nannte sie Endo dermis.
Zur Kenntniss von Hartwegia comrnosn Nees. 149
Schichte in ganz auffallender Weise, indem die Zellen nicht allein
durch ihre grössere Weite und die äusserst regelmässigem Anord-
nung, die sich in der vollkommen radiären Lage der Seitenwände
kund gibt , von den Epidermiszellen, wie von den darunterliegenden
Rindenzellen verschieden sind, sondern sich zugleich durch die Art
ihres Inhaltes von beiden sie begrenzenden Zellschichten wesentlich
unterscheiden. Während nämlich die darunter liegenden Rinden-
zellen Stärkemehl führen, dessen Körner an in Wasser oder Luft
gezogenen Wurzeln in den der Epidermis näher liegenden Schichten
mit Chlorophyll überzogen sind, die Epidermiszellen aber scheinbar
inhaltslos erscheinen, und an älteren Wurzeltheilen nie einen Zell-
kern wahrnehmen lassen, sehen wir viele Zellen dieser Schichte mit
einem auffallend grossen Zellkern versehen, der nicht selten in einer
die Zellen ganz ausfüllenden granulösen sich durch Jod gelbbraun
färbenden Masse gelegen ist. Diese Zellen, die den granulösen Inhalt
führen, lassen sich bei genauer Betrachtung von den anderen Zellen
dieser Schichte auch dadurch unterscheiden, dass ihre äusseren
Wände dünnwandiger sind, convex aufgetrieben erscheinen und über
die umliegenden Zellen in die Epidermis hineinragen. Auch sind
diese Zellen dadurch ausgezeichnet, dass ihnen nie ein Zellkern man-
gelt, der immer an der äusseren Wand der Zelle befind-
lich ist.
Die Verschiedenheit dieser Zellen tritt aber viel auffallender
an einem Längsschnitte zu Tage. Der Radialschnitt (Fig. 14) zeigt
uns, dass diese Zellschichte aus zwei Arten von Zellen besteht;
aus kürzeren kegelförmigen, die sich am Querschnitte schon durch
ihre convexe äussere Wandung und durch ihren granulösen Inhalt
ersichtlich gemacht haben, und aus lang gestreckten, die nur sel-
tener einen Zellkern wahrnehmen lassen, denen auch der granulöse
Inhalt fehlt, die aber dafür an ihren Wänden eine ungemein feine
und ziemlich regelmässige Streifung erkennen lassen. Diese Streifen,
obwohl sie nicht selten wie feine spiralförmige Verdickungsschichten
aussehen, lassen aber schon im vorhinein eine andere Entstehung
vermuthen , da sie meist nur in der Mitte der Zellhaut auftreten,
gegen die Seiten hin aber allmählich schwächer werden, und diese
sehr selten erreichen. Ein Tangentialschnitt (Fig. 15) zeigt uns den
Grund dieser Streifungen in vollkommen klarer Weise. Er liegt in
einer äusserst zarten Fallung der Zellmembran, wiewohl man hie
150 L c i t g e h.
und da an einer solchen Faltungsstelle eine wenn auch ganz schwache
Verdickung der Zellwand bemerken kann. Dieser Schnitt zeigt denn
auch die kleinen Zellen besonders schön, und man erkennt bei ver-
änderter Einstellung ihre viel kleineren Basisflächen, wodurch sie
sich, wie es auch schon der Längsschnitt lehrt, als kegelförmige
(eigentlich kegelstutzförmige) Zellen kundgeben.
Die Zellen mit gefalteter Zellmembran lassen sich auch wegen
ihrer Grösse nach dem Schulz'schen Macerationsverfahren sehr
leicht frei präpariren, und dann sieht man sehr deutlich, dass jeder
Streifen genau einer Faltung entspricht (Fig. 17).
Diese Zellschichte mit der eigenthümlichen Ausbildung ihrer
Zellen zeigt sich mehr oder weniger deutlich an jeder Luftwurzel,
besonders schön aber an solchen, die sich in Warmhäusern ent-
wickelt haben, deren Epidermiszellen also zu sehr langen Wurzel-
haaren ausgewachsen sind.
Was die Entwicklungsgeschichte dieser Zellschichte anbe-
langt, so entspringt sie wie die darüber liegende Epidermis dicht
im Vegetationskegel der Wurzel (Fig. 18). Der Unterschied der
beiden Zellarten dieser Schichte tritt jedoch erst da auf, wo die
Epidermis allmählich unter der Wurzelhaube hervorzutreten be-
ginnt.
Eine merkwürdige Beziehung zeigen die kegelförmigen Zellen zur
beginnenden Korkbildung, die man an den älteren Luftwurzeln sehr
leicht beobachten kann. Wenn man nämlich ältere Luftwurzeln von sehr
entwickelten Blätterbüscheln, seien diese nun mit der Mutterpflanze
in Verbindung oder frei in feuchter Atmosphäre aufgehangen, unter-
sucht, so kann man auf Quer- und Längsschnitten nicht selten die
ersten Stadien der Korkbildung beobachten. Man sieht dann, dass
die Korkbildung immer unmittelbar unter den kegelförmigen Zellen
beginnt, und ohne sich seitlich weiter auszubreiten, nur in den Baum
dieser Zellen hinein fortschreitet (Fig. 19, 20). Es zerreisst näm-
lich die Epidermis immer zunächst oberhalb dieser kegelförmigen
Zellen, deren obere Wandung dadurch blossgelegt und öfters eben-
falls zerrissen wird, welchen beiden Fällen sogleich die Korkbildung
ihren Anfang nimmt. Sie beginnt immer durch Bildung von Längs-
scheidewänden (Fig. 20), und setzt sich in der Weise weiter fort, dass
sich die nach innen gelegene Tochterzelle, und zwar wieder durch
Längsscheidewände weiter theilt, welcher Vorgang sich unter die
Zur Kenntniss von Hartwegia commosa Nees. 151
von Sanio J) als Korkbildung mit centripetaler Zellfolge bezeich-
nete Entwickelungsart subsumiren lässt. An dieser localen Kork-
bildung kann entweder nur eine einzige Zelle oder auch zwei oder
drei Zellen tlieilnehmen, je nachdem nämlich an die untere Wandung
der kegelförmigen Zelle nur eine einzige oder zwei oder drei Zellen
angrenzen (Fig. 19). Immer aber erfolgt die Bildung der tangen-
tialen Scheidewände von aussen nach innen, so zwar, dass immer
die innere Zelle sich als Mutterzelle weiter theilt, wie es sich durch
Vergleichung vieler Schnitte und durch Betrachtung der gegensei-
tigen Mächtigkeit der Zellwandungen unter starken Vergrößerungen
ganz unzweifelhaft herausstellt.
Durch diese Korkbildung wird der Raum der kegelförmigen
Zelle wie mit einem Pfropfen von innen aus verschlossen, und so die
unmittelbare Einwirkung der Atmosphärilien auf die innen gele-
genen Zellschichten vollkommen abgehalten.
Function der Luftwurzeln.
Wenn man einen Blätterbüschel, an dem sich erst Ansätze zu
Luftwurzeln entwickelt haben, oder dessen Luftwurzeln in Folge
der Trockenheit der umgebenden Luft nicht, oder nur hie und da
mit Wurzelhaaren besetzt sind, von der Mutterpflanze trennt, und
in trockener und feuchter Luft frei aufhängt, so geht er sehr bald
zu Grunde, indem zuerst die Blätter und nach einiger Zeit auch
die Luftwurzeln welk werden und nach Umständen verdorren oder
verfaulen. Anders gestaltet sich die Sache, wenn sich an dem Blätter-
büschel mehrere in feuchter Luft gewachsene Luftwurzeln betinden,
und dieses dann in feuchter Luft aufgehängt wird. In solchen Fällen
geht das Verwelken und schliessliche Absterben ungemein langsam
vor sich, wie nachstehende Versuche beweisen:
1. Von einer in einem Wärmhause stehenden Pflanze wurde
ein Blätterbüschel losgetrennt, an dem sich zwei sehr lange (2")
Luftwurzeln und zwei Blätter befanden. Letztere hatten zusammen
eine Oberflache von 6 Quadratzoll, welche Fläche uns, wie wir
gleich sehen werden, die Grösse der Verdunstungsoberfläche der
Versuchspflanze A darstellt. Die Luftwurzeln wurden in einem
•) Bau und Eutwickelung des Korkes. Jahrbücher f. wiss. Bot. II Bd. 18G0, pa». 45.
152
L e i t s- e b.
Glascylinder, in dem die Luft durch einen Schwamm feucht erhalten
wurde, dermassen eingeschlossen, dass die äussere Luft durch eine
kleine Öffnung mit der im Cylinder eingeschlossenen communi-
ciren konnte. Ebenso wurde eine zweite Pflanze B, deren Blattober-
fläche (bei 3 Blätter) nur 5 Quadratzoll betrug, an der sich jedoch
nur eine */a Zoll lange Luftwurzel, an der sich keine Wurzelhaare
zeigten, entwickelt hatte, ganz unter dieselben Verhältnisse. gebracht,
und beide Pflanzen von Zeit zu Zeit gewogen. Es ergab sich folgendes
Resultat:
Datum
des Versuchs
Gewicht d
in W.
er Pflanze
Gran
Anmerkung
A
B
December 20
4S
24-5
27
42
19
30
41
17
Jänner 4
40
15-5
8
39-5
13
11
38-5
12
13
38
11-5
18
24
29
37-5
36
38-5
9
Die Blätter der Pflanze B sind
fast ganz verdorrt , die der
Pflanze A noch frisch.
30
3S
Die Pflanze A wird auffallend
welker , daher der Versuch
unterbrochen.
Dieser Versuch, so wie mehrere andere, die nahezu dasselbe
Resultat gaben, zeigt, dass in beiden Fällen die Pflanzen lang-
sam zu Grunde gingen , dass jedoch der Gewichtsverlust bei der
Pflanze B vom 20. December bis 18. Jänner fast noch einmal so
gross war, als bei der Pflanze A, bei der die Luftwurzeln durch
ihre Function den durch die Verdunstung erzeugten Gewichtsverlust
theilweise deckten.
2. Von einer in einem Wärmhause stehenden Pflanze wurde ein
Blätterbüschel mit vier entwickelten Blättern und drei Luftwurzeln
(1, \x/z, 1 3/* Zoll lang), die mit Wurzelbaaren dicht besetzt waren, am
24. Jänner 1862 von der Mutterpflanze getrennt, und, nachdem die
Trennungsfläche durch etwas Baumwachs war verschmiert worden,
Zur Kenntniss von Hartwegia commosa Necs. 153
im Glashause gewogen und dann wieder neben der Mutterpflanze
frei aufgehängt. Die Pflanze zeigte ein Gewicht von 30-3 Gran.
Durch zwei Wochen war an der Pflanze keine Veränderung zu
bemerken, in der dritten Woche wurden die Blätter jedoch zusehends
welker. Am 20. Februar, also nach beiläufig einem Monate, wurde
die Pflanze wieder gewogen, und es ergab sich ein Gewicht von
27 Gran. Sie hatte also während eines Monats nur 3-3 Gran an
Gewicht verloren , war übrigens noch ziemlich frisch, während
andere Pflanzen, die ganz unter denselben Umständen waren gehal-
ten worden, deren Wurzeln aber klein blieben und keine Wurzel-
haare hatten, in dieser Zeit schon ganz zu Grunde gegangen waren.
3. Eine Pflanze wurde durch einen ganzen Sommer (1862)
im Glashause, wo sie sich auch entwickelt hatte, frei aufgehangen.
Im Winter wurde die welk gewordene Pflanze herabgenommen und
in feuchte Erde gesetzt. Obwohl sich die alten Wurzeln noch sehr
saftreich zeigten, gingen sie doch zu Grunde, dafür bildeten sich
aber sehr bald neue Wurzeln und Blätter.
4. Ein mit der Mutterpflanze noch in Verbindung stehender
Blätterbüschel wurde am 12. Juni 1862 in einen Cylinder einge-
senkt , in dem die Atmosphäre fortwährend feucht erhalten wurde.
Die Pflanze zeigte mehrere, kaum eine Linie lange Luftwurzeln und
zwei kaum fingerlange Blätter. Nach 8 Tagen hatten sich 6 Luft-
wurzeln mit dichtem Filzüberzug gebildet, von denen vier über einen
halben Zoll lang waren. Ami. August, also nach weiteren 40 Tagen,
hatte jede dieser Wurzeln eine Länge von 2 Zoll erreicht und war
über und über mit Wurzelhaaren versehen; die Blätter hatten sich
wenig weiter entwickelt, nur war der Ansatz eines neuen Blattes
hinzugekommen. — So wurde nun der Stengel, an dem sich der Blät-
terbüschel entwickelt hatte, durchschnitten, letzterer aber ganz in
seinen früheren Verhältnissen gelassen. Am 17. Jänner 1863, also
nach fast 6Monaten, war die Pflanze noch ziemlich frisch; die Wur-
zeln waren ganz gesund und saftreich, die Blätter hatten etwas an
ihrem Turgor verloren. Auch waren keine neuen Blätter dazu
gekommen. Das Gewicht hatte sich von 64 auf 52 Gran vermindert.
Die dann untersuchten Luftwurzeln, die sich während der Versuchs-
dauer ebenfalls nicht verlängert hatten, zeigten sich auch in ihrem
Baue in nichts verändert. Die Haare waren ungemein lang und zahl-
reich ; die kegelförmigen Zellen waren mit granulösem Inhalt erfüllt.
154 Leitgeh.
An den langgestreckten Zellen dieser Schichte zeigte sich die schon
oben erwähnte Streifung; das weiter nach innen gelegene Zellen-
gewebe enthielt viele und auffallend grosse Chlorophyllkörner, die
dicht um den Zellenkern gelagert waren. Die Zellen der Kernscheide
enthielten je einen Öltropfen, der gegen die Spitze der Wurzel an
Grösse zunahm; ausserdem zeigten sich in der Rinde wie im Marke
auffallend grosse, der Länge nach verlaufende Intercellularräume.
Diese Versuche beweisen wohl zur Genüge, dass die Luftwur-
zeln jedenfalls einen grossen Antheil an der Ernährung der Pflanze
nehmen. Wenn die Stoffaufnahme auch nicht so gross ist, um eine
Neubildung zu veranlassen, so wird durch die Thätigkeit der Wur-
zeln wenigstens das bewirkt, dass das Leben der Pflanze durch län-
gere Zeit in soweit erhalten bleibt, dass diese, wenn sie dann unter
andere ihrer Ernährung günstigere Verhältnisse kommt, noch Kraft
genug besitzt, um sich weiter entwickeln zu können.
Ich will hier noch auf einen Umstand aufmerksam machen, den
ich in Folge mehrjähriger Beobachtungen immer bestätigt fand. Es
ist nämlich eine ausnahmslose Regel, dass Blätterbüschel, die noch
an der Mutterpflanze hängen, wenn die Pflanze in trockener Luft
gehalten wird, alle durch den Stengel zugeführten Nahrungsstoffe
fast nur zur Bildung von neuen Blättern verwenden, die Luftwur-
zeln aber fast gar nicht entwickelt werden; dass hingegen in feuch-
ter Luft nach der Entwickelung der ersten Blätter fast nur mehr
Wrurzeln gebildet werden, die Blätter sich hingegen nur sehr wenig
weiter entwickeln. — So kann man an in einem Zimmer gezogeneu
Exemplare nicht selten Blätterbüschel beobachten, an denen sich
bis zu 12 Blätter, aber nur ein paar kleine Luftwurzeln entwickelt
haben, während sich an in Warmhäusern gezogenen Exemplaren
meist nur 2 oder 3 Blätter, dafür aber oft bis zu 20 nicht selten
fusslange Wurzeln vorkommen.
Wenn man einen Blätterbüschel , an dem sich Luftwurzeln
gebildet haben, von der Mutterpflanze trennt, und in die Erde setzt,
so sehen wir an letzteren eigenthümliche Veränderungen eintreten.
Während nämlich schon sehr grosse und mit Wurzelhaaren ver-
sehene Wurzeln meist ganz zu Grunde gehen, und sich statt ihrer
neue Wurzeln ausbilden, sehen wir, dass jüngere nicht viel über
1 Zoll lange Wurzeln in der Weise weiter wachsen, dass sie sich
bedeutend verdicken, dann aber allmählich wieder dünner werden,
Zur Kenntniss von Uartwegia commosa Nees. 155
und sich schliesslich in die feinsten Fasern verzweigen (Fig. 22).
Dies geschieht auch, wenn man eine Luftwurzel eines noch mit der
Mutterpflanze in Verbindung stehenden Blätterbüschels in Erde ein-
setzt. In dieser Beziehung unternahm ich folgenden Versuch:
An einer in einem Wärmhause stehenden Pflanze hatten sich
mehrere ßlätterbiischel und an einem derselben mehrere sehr lange
Luftwurzeln entwickelt. Die kürzeste von diesen war 21/3 Zoll lang.
Diese wurde nun, ohne ihre Verbindung mit dem Blätterbüschel zu
unterbrechen, am 27. October in einen daneben gestellten Garten-
topf gegeben, und dieser dann mit Erde gefüllt. — Am 10. Decem-
ber wurde nun die Wurzel an ihrer Verbindungsstelle mit dem
Blätterbüschel abgeschnitten und untersucht. — Der Theil der
Wurzel, der über der Erde geblieben war, hatte sein Aussehen wenig
geändert, er schien mir etwas grüner geworden zu sein, da die Wur-
zelhaare theilweise zu Grunde gegangen waren. Bei anatomischer
Untersuchung zeigten sich die Wurzelhaare und auch die Epider-
miszellen hie und da zerrissen, und an solchen Stellen bemerkte man
in der dritten Zellschichte die schon oben erwähnte Korkbildung.
Die Wurzel war ferners um 1 i/a Zoll länger geworden, hatte an
den neugebildeten Theilen eine glänzend weisse Farbe, und hatte
anfangs nur allmählich, später aber plötzlich an Dicke zugenommen,
so zwar, dass sich am Ende der Wurzel eine Art Knollen gebildet
hatte, an dessen Ende nur mittelst einer Loupe der durch eine kaum
merkbare Wurzelhaube bedeckte und etwas aus der Mitte hinaus-
gerückte Vegetationskegel unterschieden werden konnte.
An den zuerst gebildeten und nur wenig verdickten Theilen
hatten sich zolllange Nebenwurzeln gebildet, die auch an mehreren
Stellen der knollenartigen Verdickung entweder schon die Epidermis
durchbrochen hatten oder noch ganz in den tieferen Partien der
Binde lagen, was bei der durchscheinenden Beschaffenheit der
Wurzel sehr schön beobachtet werden konnte. Die anatomische
Untersuchung zeigte, dass wie natürlich die Zahl der Gefässbündel
(9) gleich geblieben war. In dem knollenförmigen Theile waren sie
aber weiter auseinandergerückt, und durch Parenchym von einander
geschieden; aber auch die zwischen ihnen liegenden Cambiumpar-
tien waren sowohl, was Zahl als Grösse ihrer Zellen betrifft, viel
bedeutender entwickelt. Der Holztheil der einzelnen Gefässbündel
hatte nur sehr wenig verdickte Zellen; so waren auch die Zellen
156 Leitg-eb.
der an anderen Wurzeln angezeichnet entwickelten Kernscheide
nicht verdickt, und auch nicht so regelmässig in einen Kreis gestellt.
— Sie sowohl v\ie die innerhalb gelegenen Zellen zeigten zahl-
reiche Theilungen. Der Markkörper hatte ebenfalls an Zahl und
Weite der Zellen zugenommen , zwischen denen man jetzt sehr
grosse lntercellularräume bemerkte. Der hauptsächlichste Grund der
Verdickung war aber in der Ausbildung der Zellen des Rindenkör-
pers gelegen. Während dieser nämlich in den ober der Erde geblie-
benen Theilen der Wurzel am Querschnitte nur 12 Zellreihen
zeigte, war deren Zahl in den am stärksten verdickten Theilen auf
20 gestiegen, wie auch die Zellen bedeutend an Weite zugenommen
hatten. In denselben gewahrte man hie und da einen Zellkern, aber
weiters keinen festen Inhalt. — Die Epidermis war vollkommen ent-
wickelt, zeigte aber keine Wurzelhaare, die zweite Schichte in ihrer
eigenthümlichen Ausbildung (Endodermis nach Ou dem ans) war
wohl vorhanden, der Unterschied zwischen den langgestreckten
und kegelförmigen Zellen war aber nicht so auffüllend, wie an an-
deren Wurzeln; letztere hatten nur höchst selten Zellkerne und nie
den schon oben erwähnten granulösen Inhalt, an ersteren war die
Streifung, wiewohl sehr undeutlich, ebenfalls vorhanden.
Die aus dieser verdickten Wurzel entspringenden Nebenwur-
zeln zeigten die Ausbildung der kegelförmigen Zellen schon inner-
halb der Rinde, noch viel ausgeprägter aber an den aussen gelege-
nen Theilen; und da zeigten sich die Epidermiszellen nicht selten
zu Haaren ausgezogen, an ihrer inneren, an die Endodermis anstos-
senden Wand jedoch mit Poren besetzt, was besonders an jenen
Zellen häufig auftrat , die über den kegelförmigen Zellen zu liegen
kamen.
Aus dem Umstände nun, dass sich diese Wurzeln durch län-
gere Zeit (natürlich durch ihren Verdickungsring) verdicken, und
dass sie auch in späteren Stadien noch im Stande sind, aus den ver-
dickten Theilen Nebenwurzeln zu treiben, sehen wir, dass hier die
Thätigkeit des Verdickungsringes durch längere Zeit noch fort-
dauert, während sie bei oberirdischen Wurzeln, die sich allerdings
auch hie und da jedoch nur in ihren jüngsten Enden verzweigen,
durch Ausbildung der Kernscheide schon sehr frühzeitig erlischt.
Schliesslich nur noch einige Worte über die Bedeutung der von
Ou de maus mit dem Namen Endodermis bezeichneten Zellschichte:
Zur Kenntnis« von Hartweyia commosa Nees. lo7
Ich habe schon oben erwähnt, dass sie nicht dieser Pflanze
allein eigentümlich isf, sondern dass sie sich ganz in derselben
Ausbildung an den Luftwurzeln aller Orchideen und fast aller Aroideen
findet, ja, dass sie in ihrem Auftreten viel allgemeiner ist, als die —
als Wurzelhülle bezeichnete Umhüllung der Luftwurzeln vieler Pflan-
zen. Ich erwähne noch, dass sie sich auch an den Luftwurzeln solcher
Pflanzen findet, die keine Wurzelhülle besitzen, wie zum Beispiele
Vanilla planifolia, Bulbophyllum, Raphidophora decursiva etc., wo
sie ebenfalls unmittelbar unter der Epidermis liegt, und wo sowohl
die kegelförmigen Zellen, was Form und Inhalt anbelangt, als auch
die langgestreckten ganz auf dieselbe Weise ausgebildet vorkommen,
nur dass letzteren hie und da die Streifung abgeht. Versuche, welche
Unger ') mit Spironema fragrans anstellte (einer Pflanze, deren
Luftwurzeln ebenfalls keine Wurzelhülle besitzen), beweisen, dass
die Wurzelhülle durchaus nicht nothwendig ist, um eine Wurzel zu
der ihr eigentümlichen Function der Pflanze ausschliesslich aus
der Luft die Nahrung zuzuführen, tauglich zu machen, indem sie
eben bei dieser Pflanze, die, wie die Versuche Unger's zeigen,
durch blosse Luftnahrung nicht nur sich erhallen, sondern auch
kräftig weiter wachsen kann, ganz fehlt, bei anderen wie bei
Arachnanthe moschif'era aber nur auf zwei Zellenlagen beschränkt
ist. In keinem Falle fehlt aber die Endodermis, und es ist wohl
mehr als wahrscheinlich, dass hauptsächlich das Vorhandensein
dieser Schichte eine Wurzel befähigt, als eigentliche Luftwurzel
zu fungiren. Die Wurzelhülle dürfte ganz auf dieselbe Weise wir-
ken, wie die dichtgestellten Wurzelhaare und wie ja schon Schlei-
den andeutete, zur Condensation von Wasserdunst beitragen; das
Geschäft jedoch , ähnlich der Epidermis an oberirdischen Theilen
die tiefer gelegenen Zellenschichten vor Verdunstung zu schützen,
dürfte aber hauptsächlich dieser Schichte zukommen. Wir finden
nämlich bei fast allen Pflanzen die längeren Endodermiszellen an
ihren äusseren Wänden mehr oder weniger verdickt , zugleich
aber bei solchen Wurzeln , die keine Wurzelhülle besitzen , die
ihnen anliegenden Wände der Epidermiszellen mit Verdickungsschich-
ten besetzt, wo aber eine Wurzelhülle vorhanden ist, die Spiral-
i) Sit^ungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. 1854. Bd. XII, pag\ 393.
2) GrmidzSge d. wiss. Bot. 3. Aufl. I. Bd. pag. 342.
1 58 L e i t g e b.
fasern an diesen Wänden enge aneinander gerückt, so zwar, dass
fast kein freier Raum zwischen ihnen bleibt. Die kegelförmigen
Zellen hingegen bleiben immer dünnwandig, oder wenigstens dünn-
wandiger als die langgestreckten Zellen, während zu gleicher Zeit,
in dem Falle, wo ihnen die Epidermis unmittelbar anliegt, die in-
neren verdickten Wandungen derselben getüpfelt erscheinen, was
hie und da auch über den langgestreckten Zellen der Fall ist. Dort
aber, wo eine Wurzelhülle vorhanden ist, fehlen die Spiralfasern
über den kegelförmigen Zellen entweder fast ganz, oder sind in
anderer Weise als über den langgestreckten Zellen entwickelt.
Ich glaube also zu dem Schlüsse berechtigt, dass, während
die langgestreckten Zellen hauptsächlich die Function haben , die
innen gelegenen Theile vor Verdunstung zu schützen, die kegel-
förmigen Zellen ebenso die Wege zur Aufnahme der durch die
Wurzelhülle oder Wurzelhaare condensirten atmosphärischen Dünste
bilden, wie etwa die Spaltöffnungen an den oberirdischen Theilen
die Zuleitung luftförmiger Nahrung vermitteln; dass also die Endo-
dermis in ihrer Function die Verdunstung zu verlangsamen
und doch Nahrungsaufnahme zu ermöglichen, der mit Spalt-
öffnu ngen versehenen Epidermis oberirdischer Pflan-
zentheile zu vergleichen ist.
Es sind noch andere Gründe, welche mich dies vermuthen
lassen, deren weitere Ausführung ich jedoch einer anderen Abhand-
lung vorbehalte, die die Luftwurzeln der Pflanzen im Allgemeinen be-
trifft, und die ich, wie ich hoffe, in Kürze werde vollenden können.
Hiemit schliesse ich meine Betrachtungen über die eigenthiim-
liche Lebensweise dieses sonderbaren Gewächses. Ich halte diese
Pflanze vermöge ihrer Productivität, wie ihrer grossen Lebenszähig-
keit, wie wenig andere geeignet, um an ihr Studien über die Func-
tion der Wurzeln im Allgemeinen und besonders der Luftwurzeln zu
machen. Mögen meine Andeutungen anderen Forschern, die glückli-
cher als ich über einen chemischen und physikalischen Apparat ver-
fügen, zur Anregung werden, in dieser Beziehung weiter die geheim-
nissvollen Gesetze des Lebens zu entschleiern!
Zur Keiiiitniss von Hartweyia commosa iSees. lOtf
Erklärung der Tafel.
Fig. 1. Eine mehrere Jahre alte Pflanze von Hartweyia commosa. Aus dem
grundständigen Blatterbüschel entspringen zwei büseheltragende und
ein einjähriger bliithentragender Stengel. —Verkleinert. (Diese Zeich-
nung wie auch Fig. ä und 22 vordanke ich der Güte des Herrn Gym-
nasial-Professors J. Mik )
„ 2. Durchschnitt einer Zweigknospe, die sich an dem untersten Theile des
Stengels entwickelt hatte, a Vegetationskegel der Zweigknospe ;
b ihre Axillarknospe; c erstes Blatt der Zweigknospe; d Schnittstelle
des Deckblattes. 12mal vergrössert.
„ 3. Durchschnitt einer aus den mittleren Theilen des Stengels genomme-
nen Zweigknospe, die von ihrer axillaren Blüthenknospe in der Aus-
bildung überholt wurde. Die Bezeichnungen wie früher. 16mal vergr.
„ 4. Durchschnitt einer Zweigknospe, aus der Spitze des Stengels. Sie ist
durch ihre axillare Blüthenknospe in ihrer Entwickelung ganz zurück-
gedrängt. 40mal vergr.
„ 5. Bliithentragender Seitenzweig in natürlicher Grösse. Die am unteren
Theile stehenden Blüthen sind schon verblüht, die gegen die Spitze
zu noch im Knospenzustande. An der Spitze beginnt sich das termi-
nale Blätterbüschel zu entwickeln. Bei a eine Zweigknospe mit ent-
wickelten Internodien.
„ 6. Knospenlage des Perigons.
„ 7. Diagramm der Blüthe.
„ 8. Insertionsverhältnisse der Blüthe.
„ 9. Querschnitt durch das üvarium. Vergr.
„ 10. Staubgefäss aus einer Knospe, von der Innenseite gesehen.
„ 11. Radialschnitt durch einen noch unentwickelten Blüthenstiel. Man be-
merkt die drei verkürzten Zelllagen wie auch den Beginn der ringför-
migen Einschnürung. Zwei Zellen sind in Längstheilung begriffen.
250mal vergr.
„ 12. Radialschnitt durch einen vollkommen entwickelten Blüthenstiel. Die
Einschnürung ist weiter vorgeschritten. Die verkürzten Zellen haben
sich um eine Lage vermehrt. Die punktirte Linie zeigt die künftige
Theilungsstelle des Blüthenstiels. 250mal vergr.
„ 13. Badialschnitt durch einen vollkommen entwickelten Blüthenstiel. Die
Epidermiszellen dieser Seite haben sich ebenfalls in radialer Richtung
verlängert. Daher ist keine Einschnürung entstanden. 250mal vergr.
„ 14. Radialschnitt durch eine 2 Zoll lange Luftwurzel. Die unter der Epi-
dermis gelegene Zellschichte (Endodermis) zeigt die mit Inhalt erfüllten
kegelförmigen Zellen, und in ihnen den Zellkern. Die langgestreckten
Zellen dieser Schichte sieht man fein gestreift. Die tiefer liegenden
Rindenzellen sind chlorophyllhältig, das aber in der Zeichnung nicht
angedeutet wurde. lOOmal vergr.
lbO L e i t g e b. Zur Kenntnis« von Hartwegia commosa Nees.
Fig. 15. Tangentialsehnilt einer Luftwurzel auf die unter der Epidermis liegende
Zellsehichte. Man sieht die beiden Arten von Zellen, an den lang-
gestreckten die gefaltefe Zellenmembran. 100m;] vergr.
„ 16. Radialschnitt durch eine Luftwurzel. Die Epidermiszellen sind zu Haa-
ren ausgewachsen. In der Rinde sieht man die grosszellige Krystall-
drusen führende Schichte. Sonst wie Fig. 14. lOOmal vergr.
„ 17. Zwei Zeilen mit gefalteter Zellmembran , durch chlorsaures Kali und
Salpetersäure macerirt und dann frei präparirt. lOOmal vergr.
„ 18. Längsschnitt durch eine Wurzelspifze. a Wurzelhaube; b Epidermis;
c krystallführende Schichte (vide Fig. Iß). Die tieferen Zellen der
Wurzelhaube wie die Wurzelzellen selbst, waren dicht mit Inhalt und
Zellkernen erfüllt, das aber der Deutlichkeit wegen nicht gezeichnet
wurde. lOOmal vergr.
„ 19. Querschnitt einer lange Zeit in trockener Luft gewesenen Luftwurzel.
Unter der kegelförmigen Zelle liegen zwei Rindenzellen, in denen die
Korkbildung begann, und durch Längsscheidewände sich nach aussen
fortsetzte. Die Zelle rechts zeigt 3, die links nur 2 Theilungen. lOOmal
vergr.
„ 20. Radialschnitt durch dieselbe Luftwurzel. Reginnende Korkbildung
unter der kegelförmigen Zelle. Es zeigt sich erst eine einmalige Thei-
lung 250mal vergr.
„ 21. Epidermis einer in Wasser gewachsenen Luftwurzel. lOOmal vergr.
„ 22. Ansicht des unterirdischen Wurzelwachsthums eines Rlätterbüschels in
natürlicher Grösse.
Die anatomischen Figuren sind sämmtlich mit dem SÖininering'schen Spiegel
gezeichnet.
Leitgel). Zur Kei f« viiii ll.,ii«.Vi,, ro
SiiBungsb.a k Akacl i W. ni.nli natur» ■.(,l..\l,Vimilil.l..\liih lfUi3
H y r t 1. Über eine Eigenthümlichkeit des Schlundes von Catla Buchanani. I b 1
Über eine Eigentliiimlichkeit des Schlundes von Catla
Buchanani.
Von dem w. M. Professor Hyrtl.
(Mit i Tafel.)
Catla Buchanani Val. besitzt eine ganz eigentümliche, bei
keinem anderen Cyprinoid wiederkehrende Bildung des Schlundes.
Nach der auffallenden Grösse des Kopfes und der damit
zusammenstimmenden Länge der Kiemenbogen und ihrer Zwischen-
spalten zu urtheilen, sollte der Schlund dieses Fisches eine unge-
wöhnliche Weite besitzen. Ich war desshalb nicht wenig überrascht,
als ich bei der Bereitung des Skeletes eines 10 Zoll langen Exem-
plares, die von der Mundhöhle aus sichtbare Öffnung des Schlundes
nur anderthalb Linien weit traf.
Es wird diese auffallende Enge des Schlingweges durch eine
abweichende Conformation der unteren Schlundkiefer bedungen.
Diese sind nämlich bei Catla im Verhältniss zur Länge und Stärke
der Kiemenbogen ungewöhnlich kurz, und tragen nur kleine und
sehr niedrige Zähne *). Während sie bei den echten Cyprinoiden
dem vierten Kiemenbogen an Länge nur wenig nachstehen, und ihn
bei den meisten Gattungen an Stärke selbst übertreffen, erscheinen
sie bei Catla derart verkürzt, dass sie von ihrem Suspensionspunkte
an der Schädelbasis aus, sich nur ein wenig zwischen die vierten
Kiemenbogen herabsenken, und zugleich mit ihren unteren Enden
so rasch convergiren, dass sie sich alsbald treffen, durch Band-
masse verbinden, und somit nur eine kleine Lücke zwischen sich
übrig lassen , durch welche die Mundhöhle sich in den Rachen
verlängert.
Die Verbindungsstelle der unteren Enden beider Schlundkiefer
stösst bei den übrigen Cyprinoiden (und allen Fischfamilien über-
i) Cuvier (Hist. nat. des poissons, Tome XVII, pag-. 410) bemerkt von ihnen: les
dents pharyngiennes sont seinblables ä celles des Choudrostomes, et lern- reunion
constitue un groupe petit pour la grandeur du poisson.
SiUb. d. mathein. -naturw. Gl. XLIX. Hd. I. Ablh. 1 1
162 Hyrtl.
haupt) dicht an die untere Commissur der vierten Kiemenbogen,
hinter welcher sie unmittelbar zu liegen kommt. Bei Catla dagegen
steht diese Verbindungsstelle der beiden Schlundkiefer noch 1 Zoll
über der Commissur der vierten Kiemenbogen. Von der Verbin-
dungsstelle der unteren Enden beider Schlundkiefer geht eine
fibröse Leiste zur unteren Commissur der vierten Kiemenbogen
herab, welche Leiste begreiflicher Weise die Medianlinie einhält,
und den Raum zwischen den beiden vierten Kiemenbogen in zwei
ganz gleiche Hälften theilt. So entsteht denn, wenn man die Sache
zum ersten Male sieht, der Eindruck, als sei ein Schlund von gewöhn-
licher Weite durch ein medianes Septum in zwei Theile getheilt
worden.
Auf der der Mundhöhle zugekehrten Kante dieser fibrösen
Leiste sitzt eine doppelte Reihe jener langen und feinen Hornfäden
auf, welche die bekannten Rechen an dem concaven Rande der
Kiemenbogen vieler Fische bilden, bei Catla aber auch an der con-
caven Seite der unteren Schlundknochen in einfacher Reihe vor-
kommen, und, indem sich diese einfachen Reihen von beiden Seiten
her längs des freien Randes der erwähnten fibrösen Leiste bis zur
unteren Commissur der vierten Kiemenbogen fortsetzen, auf dieser
Leiste eine Doppelreihe bilden müssen, wie sie sonst nur den
Kiemenbogen zukommt.
Diese fibröse Leiste mit ihrer doppelten Kammreihe hängt mit
den vierten Kiemenbogen nicht durch verbindende Schleimhaut
zusammen, sondern bleibt von ihnen durch, eine Spalte getrennt,
welche so lang ist, wie der vierte Kiemenbogen selbst, und somit
eine fünfte Kiemenspalte darstellt, von gleicher Länge mit der
vierten *)•
Indem nun die Schleimhaut in die enge Passage zwischen den
beiden unteren Schlundkiefern trichterförmig eindringt, bildet sie
zugleich eine Halbmondfalte, welche den ohnedies so beschränkten
Raum noch mehr, und zwar von unten her verengert.
Diese untere Falte am Racheneingang ist mit feinsten, weichen,
sehr zierlichen, etwas geschwungenen, von beiden Seiten gegen
i) Cuvier (üb. cit. pag. 413, 414) kannte die unpaare doppelte Kammleiste, schrieb
sie alier höchst sonderbarer Weise dem Körper des Zungenbeines zu. Nur einem
flüchtigen Blick in den Rachen des Fisches konnten sich die hier angeführten Ver-
hällnissc enl/.iehen.
Über eine Eigenthiimlichkeit des Schlundes von Catla Buchanani. iUö
die Medianlinie zu convergirenden Leistchen gezeichnet, während
über ihr ein mächtiges, schwellendes, weiches Schleimhaut-Polster,
als irritables Gaumenorgan sich seinen Antheil an der oberen
Begrenzung des Racheneingangs vindicirt.
Dicht hinter diesem Anfange des Rachens erweitert sich der
Schlingweg zu einer kleinen Höhle, ungefähr von der Grösse einer
kleinen Weinbeere. In diese Höhle ragen die kleinen Schlundzähne
hinein , deren jeder Schlundkiefer drei dicht zusammenstossende
Reihen trägt !). Nur der erste Zahn der ersten Reihe sitzt fest, die
übrigen sind beweglich, so dass sie sich mit der Nadel von einander
entfernen, und hierauf wieder zu einer wie carrirt aussehenden
Mosaikplatte zusammengesellen lassen.
Der schiefe Abschliff ihrer Kronen ist so gerichtet, dass die
Zähne beider Schlundkiefer unmöglich gegeneinander wirken können,
wie es bei den Arten von Catostomus, Barbus, Squalius, Itlus,
Alburnus, Leuciscus, der Fall ist, wo die spitzen und langen
Schlundzähne von beiden Seiten her ineinander greifen. Wohl aber
erscheinen sie mir vollkommen geeignet, in ihrer Gesammtheit eine
Reibplatte abzugeben, welche gegen die ihr gegenüber stehende,
am Basilartheile des Hinterhauptknochens angebrachte, und mit
einer dicken Hornplatte überzogene Knochenscheibe wirkt2) und
mit dieser das Geschäft des Wiederkauens vollzieht.
Dicht hinter den Schlundkiefern verengert sich der Rachen
neuerdings etwas, um einen Canal (Oesophagus) von der Stärke
eines Schreibfederkiels zu bilden, so dass die kleine, eben erwähnte
ruminatorische Höhle einen besonderen Abschnitt des Verdauungs-
tractus darstellt.
Über Magen und Darmcanal habe ich nur zu berichten, dass
der Oesophagus sich ohne scharfe Grenze in den Magen fortsetzt,
dessen Pars cardiaca schlauchförmig und geradlinig, keine merk-
liche Erweiterung bildet, sich einfach in die gleichfalls röhrenför-
mige Pars pylorica umbiegt, welche ohne Dazwischenkunft einer
Pylorusklappe, in den Darmcanal übergeht. Nur die im Zickzack
!) 3 Zähne in der ersten Reihe, 3 in der zweiten und dritten. Ich bemerke, dass die
Zahl der Zähne auf den Schlundkiefern der Cyprinoiden , bei einer und derselben
Art, kleinen Schwankungen unterliegt, da sie gewechselt werden, und die reprodu-
cirten Zähne die verloren gegangenen nicht immer vollzählig ersetzen.
2) Wie bei Cyprinug, Tinea, Aulopyge, Capoeta, Laben und Rohita.
11*
164 Hyrtl.
gestellten Zottenfalten des Darmes unterscheiden ihn von dem
gleichfalls darmähnlichen Magen.
Dass die Schlundkieferzähne der Cyprinoiden nicht beim
eigentlichen Schlingact, sondern erst bei der Rumination der auf-
genommenen Nahrung in Verwendung kommen, lässt sich auf dem
Wege des Versuches constatiren.
Man bringt bei uns häufig die Ellritze (Phoxlnus Marsiglü)
zu Markte, wo sie, neben der echten Cobitis barbatula, als
„Grundel" passirt. Ich hielt diese kleinen niedlichen Fische längere
Zeit in meinem Aquarium, und fütterte sie den Winter hindurch mit
enthülsten Haferkörnern, welche ich in heissem Wasser etwas
schwellen Hess. Die Fische schnappten diese Körner, wenn sie
längere Zeit kein Futter erhielten, begierig in grosser Menge auf.
Wenn ich nun einen derselben, allsogleich nach beendeter Fütterung
opferte, um zu sehen, in welchem Zustande sich die Haferkörner im
Magen befanden , traf ich sie sämmtüch unverändert daselbst an,
während die übrigen Fische nach eingenommener Nahrung sich
gewöhnlich auf den Boden des Gefässes begaben, um mit aller
Gemüthlichkeit zu ruminiren. Und dass sie dieses thaten, zeigte
sich ganz deutlich an den Fragmenten von halb zermalmten Körnern,
welche ich bei der Eröffnung ihres Rachens nicht eben selten
zwischen den Schlundkiefern eingekeilt vorfand.
Owen !) lässt sich über das Ruminiren des Karpfen folgender-
massen vernehmen:
The fishes, whieh afford the best evidence of this ruminating
action, are the Cyprinoids (Carp, Tench, Bream), caught after
they have fed voraciously on the ground-bait, previously hid in
their feeding haunts, to ensure the angler good sport. A Carp in
this predicament, laid open, shows well and long the peristaltic
movements of the alimentary canal; and the successive regurgitations
of the gastric contents produce actions of the pharyngeal jaws, as
the half-bruised grains come into contact with them, and excite the
singular tumefaction and subsidence of the irritable palate, as
portions of the regurgitated food are pressed upon it.
Owen geht selbst noch weiter, und schreibt das Wiederkäuen
auch den Raubfischen zu. Hechte, welche kurz nachdem sie ihre
• ) Leclures on llie Comparative Anatomy and Physiologe of Fishes. Loml. I84G, pag. 236.
Über eine Eigentümlichkeit des Schlundes von Catla Buchanani. 1 ÖD
Beute verschlungen, gefangen werden, zeigen an letzterer nur einige
Spuren der Wirkung der Fangzähne, aber keine Verletzung durch die
oberen und unteren Schlundzähne, deren Verwendung vielmehr darin
besteht, die in den Schlundweg regurgitirten Myocommata , welche
nach Auflösung der fibrösen Intermuscularsepta durch die Wirkung
des Magensaftes lose werden und auseinander fallen, zu zerhecheln
und zu krämpeln, um sie in einen breiigen Zustand zu bringen,
und sie dadurch der Einwirkung der Verdauungssäfte zugänglicher
zu machen. Wichtig ist es jedenfalls, um dem Gedanken an ein
Wiederkäuen bei Fischen mehr Eingang zu verschaffen *)> dass jene
Gattungen, deren Oesophagus so beschaffen ist, dass er ein Zurück-
bringen des Mageninhaltes in den Schlund nicht gestattet (viele
Knorpelfische2), der Schlundzähne entbehren.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Vordere Ansicht der Kiemenbögen und des Schlundes von Catla
Buchanani.
aa Kiemenbögen.
b irritables Gaumenorgan.
cc vorderer, concaver Rand der unteren Schlundkiefer, mit einer
einfachen Reihe von nach aussen gerichteten Hornfäden besetzt.
d mediane, fibröse Leiste, an welcher die beiden einfachen Faden-
kämme der Schlundkiefer zu einer doppelten Reihe aggregirt
sind.
e halbmondförmige Schleimhautfalte am Eingange des engen
Schlundes f. Die trichterförmige Schleimhautpartie vor dieser
Falte, zwischen den beiden Schlundkiefern, ist mit zierlichen,
etwas gesehlängelten Schleimhautkämmchen besetzt.
') Nur den Scarus-Avten wurde von Aristoteles (lib. III. cap. 14) Rumination zuge-
schrieben, welche sie jedoch nicht mit den Schlundzähnen, sondern mit jenen der
Kinnladen vollziehen sollen. Plinius (lib. IX. cap. 17).
Ebenso singt Oppian's Muse:
Et Scarus solus pallenles ruminat herbas,
Ac veluti pecudes revocat sul> gutture pastuin.
[ch bemerke hiezu, das Scarus kein pflanzenfressender Fisch ist, sondern sich von
Corallen nährt, welche ich in seinem Magen wiederholt antraf.
2) Insbesondere Scyllivm, Selache, Seaphirkynchus , Acipenser, Polyodon, sietobutis.
166 Hy r 1 1. Über eine Eigenlhiimliclikeit des Schlundes von Cutla Buckanani.
Fig. 2. Hintere Ansicht der Kiemenbogen und des Schlundes mit der Ruminn-
tionshöhle.
aa die durch Bänder an die Schädelbasis angehefteten, unteren
Schlundkiefer.
bb zahntragender Theil derselben.
cc unterer, stumpfer Fortsatz derselben zu Muskelinsertion.
d Eingang in die Ruminationshöhle von der Mundhöhle her.
e Ruminationshöhle mit den in sie frei hineinragenden, in drei
Reihen gestellten Kronen der Schlundkieferzähne.
f der aus der Ruminationshöhle sich nach hinten fortsetzende
Oesophagus.
Br »vrtl L'licr ein» Kig«.thüiulichkrii ib-s Sr.liUiiidesj von Catln ßui'hana
-
I
SiUimgsb. d. k Akad.d.W'matK.iiaturv.Cl.XLIX.Bd I Abtk.l8G4.
II v i- 1 I. Über das Vorhalten der Leberarterie zur Pfort.ider etc. 1 0 i
Über das Verhalten der Leberarterie zur Pfortader bei
Amphibien und Fischen.
Von dem w. M. Professor Hyrtl.
(Mit 1 Tafel.)
Die isolirte Injection der Blutgefässe der Leber eines Amphi-
biums aus der Familie der Salamandrinen , Derotremen und
Phaenerobranchen , führt zur Erkenntniss einer eigentümlichen
Anordnung dieser Gefässe, welche bei keinem warmblütigen Wirbel-
thiere wiederkehrt. Die Gattungen der genannten Familie, welche
ich untersuchte, und deren injicirte Leberpräparate ich aufbewahre,
sind: Triton, Salamandra, Salamandroidis , Menopoma, Siredon,
Siren und Menobranchus. Sie stimmen in folgenden Hauptpunkten
mit einander überein.
1. Verhalten der Pfortader.
Die Pfortader, welche vor ihrem Herantritt an das untere Ende
der inneren Leberfläche, die von der Harnblase (Allantois) , von
den Nieren *) und theilweise vom dicken Darm heraufkommende
J a c o b s o n'sche Bauchvene (Vena abdominalis anterior) aufnimmt,
senkt sich nicht, wie es sonst bei allen Wirbelthieren Regel ist, in
die Lebersubstanz ein, sondern zieht an der inneren Leberfläche bis
zu deren vorderem Ende hin. Sie bleibt somit dieser ganzen Fläche
entlang ein oberflächliches Gefäss.
Während dieses Laufes gibt sie Äste ab und nimmt welche auf.
Letztere, — drei an Zahl — sind Magenvenen, deren vorderste bei-
läufig im Mittelpunkte der inneren Leberfläche an den Pfortaderstamm
gelangt.
Die Äste ersten Ranges, welche die Pfortader abgibt, bleiben,
so wie der Stamm, oberflächlich. Sie gehen von beiden Seiten
des Stammes aus. Ihre Gesammtzahl beträgt bei Triton 6, bei
•) Deren sogenannte Pforladerii sie sammt den Hiiftvenen aufnimmt.
1 Oö Hyrtl. Über das Verhalten der Leberarterie
Salamandra 8, bei Menopoma 9, bei Siren 11. Sie senden, wenn
sie zu den längeren gehören, nach einer Seite hin Zweige aus, und
theilen sich dann gabelförmig, was die kürzeren, ohne jene Seiten-
zweige abzugeben, bald nach ihrer Entstehung thiin. Diese primären
Spaltungszweige, so wie deren fernere Bifurcation, liegen ebenfalls
superficial. Weiter geht aber die Theilung in Gabelzweige nicht,
denn schon nach den eben erwähnten drei Theilungen lösen sich
die Pfortaderäste in das Capillarnetz der inneren Leherfläche auf.
Jedem Aste und Zweige dieser oberflächlich lagernden Pfortader
gehört ein capillarer Bezirk an, und diese Bezirke werden nicht
durch Einschübe von Capillarbezirken der Vena hepatica getrennt
gehalten, sondern fliessen bei vollständigen Injectionen der Pfort-
ader so mit einander zusammen, dass für die Capillarien der Leber-
vene kein Platz zwischen ihnen übrig bleibt. Man kann sich denken,
welche Stärke diese Capillargefässe der Pfortader haben müssen.
Sie ist denn auch in der That so beträchtlich, dass man füglich
Anstand nehmen könnte, die betreffenden Gefässe capillar zu nennen.
Man braucht nicht einmal die Loupe, um alle Attribute des Pfortader-
Capillarnetzes vollkommen gut zu unterscheiden, vorausgesetzt dass
sie mit grellfarbiger Masse injicirt wurden.
Die Leber der genannten Familien ist flacher und platter
als jene der Saurier, Chelonier und ungeschwänzten Batrachier,
und ihre dem Magen zugekehrte Fläche bildet, wenn das Organ
herausgenommen und auf seine äussere Fläche gelegt wurde, ein
Planum, an welchem man die strahlige Vertheilung der oberflächlich
liegenden Pfortaderäste mit einmal übersehen kann.
"!, Beschränktheit des Rainificatiousbezirkes der Pfortader.
Injicirt man die Pfortader gegen die Leber zu, mit einer Masse,
welche der ausgezeichneten Weite der Capillargefässe wegen, nicht
zu den feinen zu gehören braucht, so findet man, dass sich nur
die innere Fläche der Leber über und über röthet; —
die äussere aber zum grössten Theil uninjicirt bleibt.
Die Pfortader hat somit nur Eine Leberfläche zu ihrem Ver-
ästelungsbezirk. Allerdings tauchen kurze Ästchen der primären
und seeundären Pfortaderzweige in die Lebermasse ein, jedoch nie
bis zur entgegengesetzten äusseren Fläche der Leber. Diese kurzen
zur Pfortader bei Amphibien und Fischen. 1 C9
penefrirenden Ästchen werden, so wie die oberflächlichen, schon
nach der dritten Theilung capillar. Das ihnen zugehörige Capillar-
gefässsysfem breitet sich nicht an der äusseren Leberfläche aus,
sondern erreicht dieselbe höchstens nur in kleinen, hie und da zer-
streuten Inseln.
Schneidet man eine von der Pfortader aus mit miltelfeiner
Masse injicirte Leber senkrecht auf ihre beiden Flächen durch, so
lässt sich an der Schnittebene die Tiefe absehen, bis zu welcher die
capillaren Netze der Pfortader gefüllt wurden. Niemals aber zeigt
sich ein dickerer, den primären, oberflächlichen Zweigen der
Pfortader gleich starker Ast an dieser Ebene, und niemals sieht man
einen penetrirenden Pfortaderast bis zur entgegengesetzten Leber-
fläche reichen, wenn gleich die Capillargefässbezirke einzelner
solcher Äste auf spärliche Weise jene Fläche in kleinen Gruppen
erreichen.
Injicirt man mit feiner Masse, so wird und muss allerdings
auch die äussere Fläche der Leber sich röthen, indem die Masse
aus den mächtigen Pfortadercapillaren in die eben so starken, von
der äusseren Fläche der Leber gegen die innere vordringenden
Capillaren der Lebervenen übergeht.
3. Verhalten der Lebervenen.
So wie kein Pfortaderast auf die äussere Fläche der Leber
übergreift, eben so wenig erstreckt sich ein Lebervenenast auf die
innere Fläche hinein. Denn die letztere gehört vorwaltend der
Pfortader-, die erster e der Lebervene. Ich sage vorwaltend, da
der Capillargefässbezirk der Pfortader an der inneren Leberfläche
nur etliche, kleine, unregelmässig begrenzte Inseln für das Capillar-
gefässbezirk der Lebervenen frei lässt und umgekehrt.
Die Füllung der Lebervenen gelingt eben so leicht, als jene
der Pfortader. Man hat es nur mit dem mächtigen Stamme der
Cava inferior nahe am Herz zu thun, um eine starke Injectionsröhre
in sie einzubinden, und sämmtliche Venae hepaticae von der Hohl-
ader aus zu füllen.
Hat man Pfortader und Hohlader mit verschieden gefärbten
Massen vollständig injicirt, so zeigen die zwei Leberflächen über-
wiegend nur eine der beiden Farben. Übung lehrt es, den richtigen
1/0 Hyrtl. Ül>er das Verhalten der Leberarterie
Consistenzgrad der Masse zu treffen. Ist die Masse zu fein
genommen, so geht sie aus dem einen Venenbezirk natürlich auch
in den anderen über, und behindert dann dielnjection des letzteren.
Pfort- und Hohlader dürfen auch nicht gleich nach einander
injicirt werden. Man warte einige Zeit, bis die Masse des erst
injicirten Gefässes durch Verdunstung des Äthers hart geworden.
Dann erst werde die andere Vene injicirt. Lässt man diese Regel
ausser Acht, und injicirt schnell nach einander beide Venen, so wird
die Injection der zweiten, die Masse in die erste zurücktreiben,
stellenweise ihren Platz sich anmassen, und die gegenüber liegende
Leberfläche eben so gesprenkelt erscheinen, wie es bei warm-
blütigen Thieren zu sehen ist. An den scharfen Rändern der Leber
ereignet es sich, dass bei Injection der Pfortader sich auch an der
äusseren Oberfläche, dem Rande entlang, kleinste Gruppen von
Capillargefässen füllen, und umgekehrt, bei Injection der Hohlvene
(oder Lebervene) etwas Ähnliches an der inneren Oberfläche der
Leber gesehen wird. Da nämlich die Summe der Capillargefässe,
in welche sich ein letzter Pfortader- oder Lebervenenzweig auflöst,
einen sogenannten Acinus bildet, also eine gewisse Dicke hat, so
wird, wenn diese Dicke jener des Leberrandes gleicht, auch die
entgegengesetzte Leberfläche, an ihren scharfen Rändern etwas von
der erst injicirten Masse zu Gesicht kommen lassen.
Bei den Schlangen verlauft der ganze Pfortaderstamm frei in
einer Furche der dem Magen zugekehrten Leberfläche. Die Hohl-
ader durchsetzt dagegen das Leberparenchym in seiner ganzen
Länge und wird erst gegen das vordere Ende der Leber zu ober-
flächlich. Sie nimmt die besonders von der äusseren Leberfläche
herkommenden, weniger die im Parenchym eingebetteten Leber-
venen auf. Durch Injection der Pfortader röthet sich desshalb zuerst
die ganze innere Fläche der Leber, durch Injection der Cava die
äussere. Die Leberarterie, welche der Pfortader folgt, senkt sich
nur in die Capillarnetze der ersteren ein, wie es bei den ßatrachinen
der Fall ist.
4. Leberarterie.
Jedem Pfortaderaste folgt eine Arterie. Die grösseren Äste,
werden wohl auch von doppelten Arterien begleitet. So stark die
zur Pfortader hei Amphibien und Fischen. 171
Pfortaderäste sind, so schwach erscheinen die Arterien. Die an den
oberflächlichen Zweigen der Pfortader hinziehenden Arterien sind
um das 5 — lOfache feiner, als diese. Da die Zahl der oberflächlichen
Pfortaderäste, wie früher gesagt, gering ist, werden auch nur spär-
liche Arterienzweige vorkommen. Diese Arterienzweige werden sich
nicht oft zu theilen brauchen, um wirklich capillar zu werden. Die
letzten Ausläufer der Arterien aber bilden keine
Netze, sondern münden sämmtlich an der inneren
Leber fläche in die grobstämmigen Capillarnetze der
Pfor tader ein. Man erstaunt, wenn man an Lebern, welche
durch die Venen und Arterien mit verschieden gefärbten Massen
injicirt wurden, zum ersten Male sieht, wie die feinsten arteriellen
Gefässe, ohne Netze zu bilden, ja ohne sich dazu nur im Geringsten
anzuschicken, sich in jene riesigen venösen Capillarnetze einsenken.
Um dieses zu beobachten, bedarf es gerade nicht der Leber
eines Amphibiums der genannten Familien. Jede Amphibienleber,
— insbesonders schön die Leber der Chelonier — zeigt dieses Ein-
senken feinster arterieller Gefässenden in weite Venennetze *)•
Bei den Sauriern und Ophidiern fällt die Sache weniger auf, da
die venösen Capillargefässnetze der Leber feiner sind, als bei den
Chelonier n und nackten Amphibien. Immer ist es der der Pfortader
angehörige Bezirk des venösen Capillargefässnetzes, in welchem
die letzten, nicht zu Netzen verbundenen Reiserchen der Leber-
arterie einmünden. Hat man die Pfortader irgend einer Amphibien-
leber blau, und die Lebervenen durch die Cava roth injicirt, so
wird die Injection der Leberarterie mit gelber Farbe immer nur
den Pfortaderbezirk der Lebercapillaren grün färben, niemals aber
den Lebervenenbezirk orange. Eine arterielle Injection der Leber,
wie sie sich bei Säugethieren und Vögeln erhalten lässt, wird bei
den Amphibien zur anatomischen Unmöglichkeit. Man erhält durch
die arterielle Injection immer nur Pfortadernetze gefüllt.
Wurde eine Salamanderleber blos durch Arterien injicirt, und
schneidet man sie in beliebiger Richtung in parallele Scheiben , so
*) Nur findet bei den Chelonier n der Umstand Statt, dass (wie es bei den ungeschwänzten
Batrachiern der Fall ist) die Pfortader sieh nicht oberflächlich ramificirt, sondern
ihre Zweige in das massige Parenchyra einsenkt, und die, diese Zweige begleitenden
spärlichen Arterienästchen, auch in der Tiefe der Lebersubstanz in ungewöhnlich
weite Pfortadernetze einmünden.
1 72 Hyrtl. Über das Verhalten der Leberarterie
sieht man an den Schnittflächen nur wenig Durchschnitte von
Arterien. Alle ansehnlicheren Äste der Arteria hepatica bleiben, bis
zu ihrem Capillarwerden, an jener Fläche der Leber, an welcher
die Pfortaderzweige ausstrahlen. Auch die penetrirenden Zweigchen
der Arteria hepatica reichen nie in die äussere Leberfläche hinein,
sondern entleeren sich schon viel früher in die Capillaren der
Pfortader.
5. Gallengefässe.
Man ist durch die ausserordentlich zahlreichen mikroskopischen
Untersuchungen des Leberparenchyms dahin gelangt, nicht zu
wissen, ob die Leberzellen innerhalb oder ausserhalb der Gallen-
gefässramificationen liegen. Die Injection des Ductus choledochus
der Amphibien ist eine der schwierigsten, die ich kenne. Die Fein-
heit dieses Ganges, welche nur zu oft die feinsten Injectionsröhrchen
übertrifft, sein Durchtritt durch das Pancreas, welches ihn völlig
umwächst, und sein Gefülltsein mit Galle, erklären die Unsicherheit
des Erfolges. Geduld und technische Gewandtheit kommen aber
auch mit diesem Gange, dessen Auffinden bei kleinen Thieren schon
ein anatomisches Kunststück genannt werden kann, zum Ziele; —
besonders dann, wenn man, um der in den Gallengefässen enthal-
tenen Galle einen Ausweg zu öffnen, zwei oder drei parallele und
höchstens J/3 Linie eindringende Schnitte über beide Leberflächen
führt. Diese Schnitte öffnen das System der feinsten Gallenwege
in genügender Weise, um, — natürlich nur partieenweise, — die
Füllung der Gallengefässnetze zu ermöglichen. Diese Netze sind
ausserordentlich feinstämmig. Der Durchmesser der Gallengefäss-
capillarien steht weit unter dem Durchmesser der arteriellen
Capillargefässe. Sie bilden vollständig geschlossene Netze, welche
bei jeder Durchschnittsrichtung der Leber sich als dieselben weit-
maschigen Retia darstellen.
Da nun je ein feinstes Element dieses Netzes in einer Masche
des venösen Capillargefässnetzes enthalten ist, diese Maschen aber,
wie oben gesagt, sehr weit sind, so können sie durch die feinsten
Gallengefässe doch nicht vollständig ausgefüllt werden. Der Raum,
welcher zwischen Gallen- und Venencapillarien übrig bleiben muss,
wird von den Leberzellen eingenommen. Diese liegen also
zur Pt'ortader bei Amphibien und Fischen. 1 T3
ausserhalb der feinsten Gallengefasse, deren Durchmesser unter
jenem der Leberzellen steht, so dass es eine physische Unmöglich-
keit wird, sich die Leberzellen im Innern der Gallengefässe, —
etwa als Enchymzellen — postirt zu denken.
Nie können terminale Netze der Gallenwege durch Injection so
überzeugend dargestellt werden, wie eben in der Batrachier-Leber.
Von Übergängen der feinsten Gallengefässe in weitere Säcke,
welche die Leberzellen enthalten sollen *), ist nichts zu sehen.
Scharf präcisirt und genau abgeschlossen , erscheint das
Gallengefässnetz durch das gesammte Leberparenchym als Ein
Ganzes, welches für sich bestehend, unabhängig von den Blut-
gefässen so gut wie von den Leberzellen, weder in kleinere Antheile
zerfällt, wie sie für jeden vermeintlichen Acinus zugelassen wurden,
noch mit Hohlräumen in Verbindung steht, welche, als von der
Capsula Glissonü gebildet, Complexe von Leberzellen in sich ein-
schliessen sollen. Alles dieses wurde statuirt und auf geduldigem
Papier abgebildet, um über die Schwierigkeiten nicht mehr weiter
nachdenken zu dürfen, welche die Postirung der Leberzellen ausser-
halb der Gallengefässe dem Übertritte der Galle aus den Zellen in
die Gallengefässe bereiten muss. Um einen Vergleich zu machen,
denke man sich ein feinstes Drathgitter durch die Lücken eines
Gitters von massiven Eisenstangen durchgeflochten. Was zwischen
Drath und Eisenstäben offen bleibt, denke man sich (wie bei Riegel-
oder Fachwerken durch Ziegel) durch eine Zellenmosaik ausgefüllt,
und man hat die rechte Idee vom Verhältniss der Gallenwege zu den
Blutwegen in der Amphibienleber. Und wer dann noch an der
Richtigkeit der Sache zweifelt, der betrachte die Injectionen von
Gallengefässnetzen, über welche ich zu seinen Gunsten disponiren
kann, und wird dann hoffentlich zu der Überzeugung kommen,
dass der Streit über den Ursprung der Gallengefässe sich nur
durch Injectionsresultate schlichten lässt, und dass das leidige
Zerzupfen und Zerzausen uninjicirter Parenchyme zu Zerrbildern
führt, welche man nur mit einer Regung von Unglauben betrachten
kann.
i) The smallest branches of the bile-ducts, are seen to dilate into much wider tubes, in
which the liver-cells lie. Beale, on some points in the An atomy of the Liver
pag. XIV. Fig. 27.
174 Hyrtl. Über das Verhalten der Leberarterie
6. Lebergefässe der Fische.
Was die Fische betrifft, so verhalten sich die Störe den nackten
Amphibien analog. Die Capillarnetze zwischen Vena portm und
Vena hepatica sind eben so mächtig, wie bei diesen, und die Arteria
hepatica mündet mit ihren letzten Reiserchen nur in den Pfortader-
bezirk der Lebercapillarien ein. Durch isolirte Injection der Arteria
hepatica füllten sich immer nur die Pfortadeieapillarien, niemals
primär jene der Vena hepatica. Die Verzweigungen der Leber-
Arterie und jene der Pfortader sind aber nicht blos auf die innere,
dem Magen zugekehrte Fläche der Leber beschränkt, sondern
durchziehen das gesammte Parenchym der Leber, so dass die Über-
gänge derselben in die Pfortadercapillarien auch im Innern der
Leber, ja selbst an der äusseren Oberfläche derselben gesehen
werden. Bei den Knochenfischen erstrecken sich die Ramificationen
der Leberarterie gleichfalls bis an die äussere Oberfläche des
Organs; die Capillarnetze zwischen Pfortader und Lebervene aber
sind eben so fein, wie sie bei warmblütigen Thieren gefunden
werden. Bei den letzteren und beim Menschen, verbinden sich zwar
die arteriellen Capillargefässe mit jenen der Pfortader und der
Lebervene, mit ersteren jedoch so überwiegend, dass mikroskopische
Injectionen der Pfortader sehr gerne auch in die Leberarterien über-
gehen, während ein solcher Übergang von der Lebervene aus,
schwieriger und nur in kleineren Bezirken sich ereignet.
7. Autheil des arteriellen Lcberblutes an der fiallenbereitung.
Die lange schon ventilirte Frage, ob das Blut der Arteria
hepatica blos zur Ernährung des Leberparenchyms, oder auch zur
Gallenbereitung verwendet wird, findet in den eben geschilderten
Verhältnissen der Leberarterie zur Pfortader eine Beantwortung,
welche weniger Misstrauen erregt, als die Barbarei resultatloser
Vivisectionen, durch welche man die Betheiligung des arteriellen
Blutes an der Gallensecretion zweifelhaft zu machen bemüht war.
Wenn die letzten, feinsten Enden der Arteria hepatia sich
sammt und sonders in die groben Capillarnetze der Pfortader er-
giessen, so kann dieses nur die unabweisliche Folge haben, dass die
üallenbereitim£ ihr Materiell aus einem Gemische von arteriellem
(Ivrtl. Über das Verhalten 3er Leberarterie axnrPfortalerebc.
i'uj. I .
% 2
I ■ ixv
SitKunPsb.d.k.Akad.d.W.mafli.naUirv.Cl.XLIX.Bi. LAbtti .1864.
zur Pfortader bei Amphibien und Fischen. 175
und Pfortaderblut bezieht. Hätte das arterielle Blut keinen Antheil
an der Gallensecretion , und wäre seine Verwendung nur auf die
Ernährung des Leberparenchyms berechnet, so müssten sich die
Arterien im ganzen Leberparenchym gleichförmig verzweigen, nicht
aber ausschliesslich an einer Fläche desselben enden und im Pfort-
adersystem aufgehen. Auch wird man zugeben, dass die Leber-
aiterien, wenn ihnen nur eine nutritive Verwendung zukäme, nach
Erfüllung derselben sich in die Anfänge der Lebervenen, nicht aber
in die Enden der Pfortader entleeren müssten.
Wie will man ferner die eben so alte als solide anatomische
Beobachtung deuten, dass bei den Ophidiern ohne Ausnahme eine
Summe von Lungenvenen1) ihr arterielles Blut nicht in den Haupt-
stamm der Vena pulmonalis , sondern in die Pfortader ergiesst 3),
wenn es nicht im Plane der Natur liegen würde, der Leber eine
Mischung von arteriellem und venösem Blute zur Gallenbereitung zu
überliefern.
Erklärung der Abbildungen.
Von den angefügten Figuren stellt Fig. 1 die innere Flache einer Trifon-
eber zweimal vergrössert dar. Die oberflächlich ausstrahlenden Verzweigungen
der blau injicirten Pfortader werden von feinsten Arterienästchen begleitet,
welche direct und ohne Netze zu bilden, in die grobstämmigen Netze der
Pfortader einmünden.
Fig. 2 gibt die Ansicht der äusseren Oberfläche eines Stückchens Schild-
krötenleber (Cltersits morginatus) , an welcher die feinsten, stark gespreizten
und spärlichen Arterienreiser sich gleichfalls in grobe Pfortadernetze einsenken.
i) Auf den vorderen Abschnitt der Lunge der Schlangen, welcher durch die Arteria und
Vena pulmonalis mit dem Herzen verkehrt, folgt eine relativ kurze Zone, welche ihr
venöses Blut aus einer Verlängerung der Arteria pulmonalis erhält, ihr arterielles Blut
dagegen der Pforfader übermittelt. Auf diese Zone folgt der dritte, längste Abschnitt
der Lunge, an welchem das zellige Ansehen der inneren Oberfläche sich gänz-
lich verliert, und welcher, da er von keinem Gefässe aus injicirbar ist, gefässlos
genannt werden muss. Er dient nur als Reservoir für jene Luftnienge, welche das
Thier nie unterlässt zu sich zu nehmen, wenn es aufgescheucht wird. Das zischende
Geräusch, mit welchem diese Luft durch die engen Nasenöffnungen eingezogen
wird, ist somit mehr Ausdruck der Furcht als des Zornes.
s) Sieh meine Strena anatomica, de novis pulmonum vasis in ophidiis nupeirime inventis
Prag», is::7.
176
III. SITZUNG VOM 21. JANNER 1864.
Herr Prof. Dr. Fr. Rochleder in Prag übersendet eine Ab-
handlung: „Über die Constitution organischer Verbindungen und
Entstehung homologer Körper".
Herr Bergrath Fr. Ritter v. Hauer übergibt im Namen des
Herrn Hofrathes W. Haidinger eine Abhandlung, betitelt: „Der
Meteorstein von Beauvechin bei Tourinnes-la Grosse (Tirlemont) im
k. k. Hof- Mineralien-Cabinete".
Herr Prof. E. Brücke legt eine Abhandlung: „Über den Nutz-
effect intermittirender Netzhautreizungen" vor.
Herr Dr. A. Boue liest eine Abhandlung: „Über den
albanesischen Drin und die Geologie Albaniens, besonders seines
tertiären Beckens".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, Königl. Preuss., zu Berlin: Ab-
handlungen aus dem Jahre 1862. Berlin, 1863; 4°- —
Kirchhoff A. , Studien zur Geschichte des griechischen
Alphabets. (Aus den Abhandlungen 1863); 4°' — Preisfrage
der physikal.-mathem. Classe für das Jahr 1866.
— der Wissenschaften, Königl. Bayer., zu München: Sitzungs-
berichte. 1863. II. Heft 1 & 2. München, 1863; 8»- —
— Königl. Schwed., zu Stockholm: Handlingar Ny Följd. IV Bd.,
1. Hft. 1861. 4°- — Öfversigt. XIX. Argangen 1862. Stock-
holm, 1863; 8°- — Meteorologiska Jakttagelser i Sverige.
III. Bd., 1861. Stockholm, 1863; Querquart. — Crustacea
decapoda podophthalma marina Sueciae etc. enumerat
A. Geös. (Acad. Scient. Suec. propos. die 14. Januarii 1S63.J
8°* — Mitglieder- Verzeichniss.
American Journal of Science and Arts. Vol. XXXVI, No. 107
& 108. New Haven, 1863; 8°-
Annalen der Chemie und Pharmacie, von Wühler, Liebig und
Kopp. II. Supplementband, 3. Heft. Mit 1 Tafel. Leipzig
und Heidelberg, 1863; 8°-
177
Argelander, F. W. A., Atlas des nördlichen gestirnten Himmels
für den Anfang des Jahres 1855. V. Lieferung, enthaltend
die Blätter Nr. 25, 28—31, 34—40. Bonn, 1859; Fol.
Astronomische Nachrichten. Nr. 1457—1458. Altona, 1864; 4»-
Bibliotheque Universelle de Geneve: Archives des sciences phy-
siques et naturelles. N. P. Tome XVIIe, No. 71 — 72. Geneve,
Lausanne, Neuchatel, 1863; 8°-
Blanche t, Rodolphe, Lettres adressees ä la Gazette de Lausanne
sur les maladies des plantes et sur Thygiene de l'homme et
des animaux. Lausanne, 1863; 8°*
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences.
Tome LVII, No. 26. Paris, 1863; 4<>-
Gesellschaft, Naturforschende, in Emden: 48. Jahresbericht,
1862. Emden, 1863; 8°-
— Deutsche geologische: Zeitschrift. XV. Bd., 3. Heft. Berlin,
1863; 8o-
— Schweizerische naturforschende: Verhandlungen. 1862.
46. Versammlung. Luzern; 8°* — Chr. Christen er. DieHiera-
cien der Schweiz. Mit 2 Tafeln. (Aus dem Programm der
Berner Cantonsschule für 1863.) Bern, 1863; 4<>-
— physikalisch-medicinische: Würzburger naturwissenschaftliche
Zeitschrift. IV. Bd., I. Hft. Würzburg, 1863; 8»— Würz-
burger medicinische Zeitschrift. IV. Bd., 3. & 4. Hft. Würz-
burg, 1863; 8o-
Grunert, Joh. Aug., Archiv der Mathematik und Physik.
XLI. Theil, 2. Heft. Greifswald, 1864; 8<>-
Jahrbuch, Neues, für Pharmacie und verwandte Fächer, von
F. Vorwerk. Bd. XX, Heft 5 & 6. Speyer, 1863; So-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrg. Nr. 3. Wien,
1864; 4<"
Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. XIII. Jahrg. November
und December 1863. Prag; So-
Marey, E. J., Physiologie medicale de la circulation du sang,
basee sur Tetude graphique des mouvements du coeur et du
pouls arteriel avec application aux maladies de Tappareil
circulatoire. Avec 235 figures. Paris, 1863; 8°-
Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt.
Jahrg. 1863. XII. Heft. Gotha; 4°'
Sitzb. (1. inathem.-aaturw. Cl. XL1X. Bd. I. Abtli. 12
178
Mondes. IIe Annee, Tome III, 2e Livraison. Paris, Tournai, Leip-
zig, 1864; 8°-
Societas regia scientiarum Upsalensis: Nova Acta. Seriei
tertiae Vol. IV. Fase. II. 1863. Upsaliae; 4°-
Societe geologique de France: Bulletin. Tome XXe- Feuilles
31_48. Paris, 1862 ä 1863; 8<>-
Verein der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg: Archiv.
17. Jahrg. Neubrandenburg, 1863; 8°-
— für vaterländische Naturkunde in Württemberg: Württem-
bergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. XIX. Jahrgang,
1. Hft. Stuttgart, 1863; 8<>-
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrg., Nr. 3. Wien,
1864; 4o-
Zeitschrift für Chemie und Pharmacie, von E. Erlenmeyer.
VI. Jahrgang, Heft 20. 1863; VII. Jahrgang, Hft. 1 & 2. Hei-
delberg, 1864; 8o-
— des österr. Ingenieur-Vereines. XV. Jahrgang, 10. & 11. Heft.
Wien, 1863; 4o-
B o u e. Der albanesische Drin und die Geologie Albaniens etc. 179
Der albanesische Drin und die Geologie Albaniens, beson-
ders seines tertiären Beckens.
Von dem w. M. Dr. A. B o n e.
Der albanesische Drin soll jetzt Scutari fast berühren, so
lautet die auffallende Nachricht des Herrn General-Consuls v. Hahn,
welcher sehr lakonisch beifügt: Seit vier Jahren istderFluss
mit zwei Drittel Theilen seiner Wasser in sein altes
Bett in nordwestlicher Richtung zurückgegangen und
mündet nun auf diese Art theilweise in den Kiri oder Drinassi neben
der Stadt.
Um die Wichtigkeit dieser hydrographischen Veränderung
würdigen zu können, muss man wissen, dass von Scutari nach
Skela oder der ehemaligen Überfahrt des Drin bei seinem Austritte
aus dem Gebirge eine gute Stunde Weges ist, während man von
derselben Stadt bis zur zweiten unteren Überfahrt über den Drin
bei Zadrima fast drei Stunden zählt. Diese rhombische Strecke
Landes zwischen dem Drin und Kiri ist flach, cultivirt und mit
mehreren Landhäusern bedeckt. Auf unserm Wege, ausser mög-
lich bei Butschera, bemerkten wir in den Jahren 1837 und 1838
keine Spuren von einem alten Flussbette.
Andererseits kann ich versichern, bei Skela kleine Schiffe
gesehen zu haben, welche wenigstens auf dem adriatischen Meere
längs der Küste fuhren, was jest wohl nur mehr bei dem höchsten
Wasserstande der Fall sein kann.
Interessant ist es zu erfahren, dass diese Veränderung erst
seit vier Jahren stattfand, und wirklich macht Herr Hequard in
seiner Beschreibung Albaniens im Jahre 1858 keine Erwähnung
davon. Möglich, dass ältere Autoren von jenem sogenannten alten
Bette etwas berichten, besonders weil die Veste Rosapha und selbst
Scutari dadurch vertheidigungsfähiger wird.
Vor dieser Umgestaltung bildete der in die Bojana mündende
Kiri nur zu Regenzeiten einen breiten reissenden Bach, zu anderen
Zeiten lag nur ein tro; kenes Bett voll Gerolle im Süden der Festung,
12*
180 B o u e. Der albanesische Drin
so wie am Fusse der westlichen niedrigen felsigen Verlängerung
jenes Kalkkegels, welcher die Stadt von dem Kiri trennt.
Mündet aber der Drin in den Kiri, so ist da natürlich ein Stadt-
und Festungsgraben geschaffen, und da die Bojana westlich und
nördlich den Fuss des Rosaphahügels bespült, so bleibt nur seine
östliche Seite als Aufgang zu diesem steilen, dreieckigen Felsen.
Jedenfalls erklärt diese zeitweilige Mündung des Drin in den
Kiri seinen doppelten Namen als Drinassi. Vielleicht hat das gleich-
zeitige Aufschwellen des Kiri und des Drin die Eröffnung dieses Ver-
bindungscanales befördert. Bei meiner dreimaligen Anwesenheit am
Ufer des Drin erhob sich dieses um 10 — 15 Fuss über dem Wasser.
Es ist kein Zweifel, dass in geologischen Zeiten der Drin und
der Kiri in dasselbe Wasserbecken mündeten, welches nicht nur
die ganze Vertiefung des Scutarisees, sondern auch die Thäler der
Bojana und der Zadrima begriff. Aber als Inseln erschienen, wenig-
stens in der neueren tertiären oder älteren Alluvialzeit, über dem
Wasser erstens ein grosser Theil der dreieckigen hügeligen Land-
zunge zwischen den Bojana-, Butschera- und Zadrimagegenden
und zweitens der schmale niedrige felsige Kamm, welcher von
Ost nach West laufend, die Stadt Scutari südlich theilweise
begrenzt.
In Mittel -Albanien haben wir einen ziemlich ähnlichen Fall
beim Scumbi und Devol, welcher leider bis jetzt von allen Geo-
graphen bis Kiepert selbst nicht recht verstanden und auf den
Karten schlecht aufgezeichnet wurde. Südlich von Elbassan liegt,
namentlich zwischen beiden Flüssen, nur eine ungeheure Ebene
anstatt der Gebirge der Geographen, und der schmälste Theil
dieser Wasserscheide, ungefähr 2'/4 Stunden breit, ist ganz flach,
fast ohne Bäume und Gesträuche, nur eine schöne grüne Wiese,
ausser im hohen Sommer. Da aber das* Wasserquantum der beiden
Flüsse besonders auf Regen im Gebirge angewiesen ist, so bemerkt
man meistenteils nur die zwei mächtig breiten, sehr wenig aus-
gehöhlten und mit Gerollen augefüllten Bette. Kommt eine Über-
schwemmung, so rücken die Wasser viel näher an einander oder
es erfolgt in Fällen grosser gegenseitiger Wassermenge eine Ver-
einigung derselben, wenigstens in dem eben beschriebenen engen
Isthmus. Endlich in einer gewissen Entfernung westlich nimmt das mit
einigen niedrigen, tertiären und alluvialen Hügeln bedeckte Land
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären Beckens. 1 o 1
zwischen dem Meere und dem Ausflusse des Scumbi und Devol die
Gestalt einer wahren Insel an.
Auf diese Weise würde die westliche Türkei an hydrographi-
schen Seltenheiten reich sein, denn zu diesen zwei sonderbaren
Fällen gesellen sich nicht nur die häufigen Katarotrons und unter-
irdischen Flüsse, sondern auch die so seltene, fast gleichzeitige
Ausmündung dreier Flüsse, namentlich im südlichen Bosnien die der
Tara, Piva und Sutschesa, südwestlich von Fotscha. Letzterer Fall
entstand erstlich durch die Kreuzung von zweierlei Spalten, die
eine von Nordwest nach Südost und die andere fast von Ost nach
West, und dann durch eine kleine Nebenspalte zu der ersten.
Umgeben war das nordalbanesische, tertiäre und alluviale
Becken vorzüglich durch FIö tzkal k-Ketten, welche mehr oder
weniger steilere Wände rund um ihn herum bildeten. Letztere Kalkfor-
mationen scheinen eher der unteren Kreide und Neocomien als der der
älteren Flötzkalke anzugehören und dieses ebensowohl nach unserer
flüchtigen Untersuchung, als in Folge der Thatsache, welche in
Montenegro und dem österreichischen Albanien erkannt wurde,
namentlich dass das Alter der Gehirgsformation vom Meere nach dem
Innern von Trias an abnimmt, indem ihre absolute Höhe in dersel-
ben Richtung nur gewinnt. Die älteren Flötzgebilde würden kaum
mehr südlich am östlichen Ufer des adriatischen Meeres, vielleicht
selbst nicht in den acroceraunischen Gebirgen, zu finden sein.
Obgleich ein tiefes, altes Alluvium, ohne erratische Blöcke, die
Oberfläche dieses Beckens bildet, so zweifle ich kaum, nach den
anstehenden Gesteinen in der südlichen Ausdehnung dieser grossen
Bucht zu urtheilen, dass die miocene Bildung theilweise noch jetzt
unter den Alluvionen durch Bohrung zu treffen wäre. Zum eocenen
Gebilde gehören wahrscheinlich die ziemlich geneigten Schiefer
und Sandsteine, welche theilweise das hügelige Land zwischen der
Bojana und Zadrima bilden und nur in dem Engpasse von Baldrin vor
Alessio oder Lesch an beiden Ufern des Drin durch Flötzkalk ver-
drängt werden.
Ob dieses nämliche Gebilde auch einen grossen Theil des Myr-
ditenlandes zusammensetzt oder ob letzteres der Kreide angehört,
müssen geschickte Geologen an Ort und Stelle entscheiden.
Schwarze Diorite, Euphotide, reines Diallagegesteine und einige Ser-
pentine durchschneiden es oft und helfen den Einwohnern die Wege
182 B o u e. Der albanesische Drin
noch unwegsamer machen , damit ihr Land so unbekannt als möglich
bleibe. Merkwürdig ist die Bemerkung des Herrn v. Hahn, dass
die Stellung der Schichten keineswegs dieselbe auf beiden Ufern
des vereinigten Drin in der Myrdita sei.
Nördlich stehen die Flötzkalkschichten senkrecht oder fast auf
dem Kopfe, während sie südlich viel weniger geneigt, fast hori-
zontal erscheinen. Aus diesem letzteren Umstände könnte man
vielleicht auf die Anwesenheit der Sandstein -Eocene schliessen,
obgleich Herr v. Hahn ausdrücklich meint, dass dasselbe Material
von einem Ufer zum andern übersetzte. Doch könnte diese Ver-
schiedenheit der Neigung auch in Verbindung mit der Spaltcnbildung
durch theilweise Versenkung oder Verrückung seine Erklärung
finden. Ist aber v. Hahn's mineralogisches Auge nicht betro-
gen worden, so hätten wir da wieder einen auffallenden Beweis
von einer Spaltenbildung an der Grenze zweier Formationen und
von dem Laufe des Hauptwassers einer Gegend nicht auf, sondern
neben derselben, kurz ein Fall, wie wir ihn an der Donau zwischen
Passau und Linz, zwischen Molk und Krems, bei Pressburg u. s. w.
wohl kennen.
Andererseits wenn man die Lage gewisser Euphotide und
Serpentine in Italien berücksichtigt und als Thatsache annimmt,
dass es in Siebenbürgen selbst eocene Quarzporphyre und gold-
führende Sandsteine wie zu Vöröspatak gibt, so könnte man schon
eocene Bildung in den Myrdita- und Mailändern vermuthen.
Wie im gegenüberliegenden Italien bildet südlich von der
Driner Bucht bis nach Griechenland das Tertiäre einen breiten Land-
strich, welchen Flötzkalk-Felsen oder Kuppen überall östlich über-
ragen, indem nur selten letztere Gebilde noch als ehemalige Inseln
hie und da aus dem Tertiären ersichtlich sind. So findet man von
Lesch oder Alessio an fast bis zum Graba-Balkan grösstenteils nur
eine hohe, sehr steile, weissgraue Kalkwand über 800 a-oja.
bis 1000 Fuss Höhe (ungefähr wie unsere Wand im j
südlichen Wiener Becken) , welche nur hie und da X\
durch Spalten oder durch enge Thäler der Mat, der
Benda und der oberen Quellengebiete des Ischm zer-
rissen wird. Die Stadt Croja liegt auf dieser Wand, CS///s<t —
von hohen Kalkbergen überragt. Aber zwischen den südöstlichen
Quellen des Scumbi und dem Ergent steigen nur einzelne Kalkkegel
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären Beckens. 183
aus dem Tertiär und Alluvium empor. Diese letztere plastische
Configuration erhält dann weiter ihren stärksten Ausdruck in der
Toskana in dem ungeheuren Kolosse des -5000 Fuss hohen Tomor
mit seiner westlichen Wand, mittelst welchen niedrigeren Ausläu-
fern die Flötzkalk-Gebilde sich dann in den Höhen des Pindus
verlaufen.
Südlich von dem Scutarisee und der Bojana hat einmal das
hohe montenegrinische Kalkgebirge sein Ende und dieses bis am
Meerbusen von Atta und bis nach Morea. Eine bedeutende Landes-
senkung muss da vor der tertiären Zeit geschehen sein, nur hie
und da blieben Stücke der niedergegangenen Gebirge zurück. So
z. B. herrscht natürlicher Weise westlich vom oberen Theile des
Vojutzathales , in Arkananien und längs der jetzigen östlich beste-
henden Kalkwand eine bedeutende Kluft, längs welcher diese Abrut-
schung stattfand. Im Hügel der Ruine Stelusia und unter einem
Kloster trägt das Terrain längs der Croja-Mauer noch Spuren solcher
dynamischer Bewegungen.
Die Breite des auf diesem untergegangenen Continente durch
das Tertiäre eingenommenen Raumes, so wie die relativ absolute
Höhe des ersteren nimmt auffallend von Nord nach Süd zu. So z. B.
beträgt diese Breite nur ein paar Stunden im unteren Ischmthale.
Zwischen Croja und dem Meere ist die Breite schon über 5 Stunden,
am Graba- Balkan mehr als doppelt so viel, während in Mittel-
Albanien diese Ausdehnung von West nach Ost zu wenigstens
20 Stunden anwächst. Südlich von Ergent erstreckt sich dieses
Gebilde noch weiter, aber in jenem grossen eocenen Nummuliten-
und Sandstein-Gebilde erscheinen manche Kreidekuppen und selbst
bedeutende Gebirgszüge, welche ihnen als Gerippe dienen.
Wenn man in Süd-Albanien oder Epirus die eocene Bildung.,
wie sie in Italien bekannt ist, in noch grösserem Massstabe als auf
jener Halbinsel studiren kann, so werden doch oft daselbst wie in
Istrien, wenigstens die Thäler bildenden Kreide-Sandstein-Schiefer
durch horizontal geschichtete engere Kalknagelfluh- oder durch
Süsswasserkalk-Ablagerungen theilweise bedeckt.
Wie in Istrien und Dalmatien ist in ganz Albanien die
eocene Bildung stark gehoben und zerspalten worden , indem
der über sie gelagerte Miocen aus sehr wenig geneigten Schichten
besteht.
lö*t B o u e. Der iilbanesische Drin
Wenn letztere Formation im Epirus selten zu sein scheint, so
ist dieses weder in Mittel- noch in Nord-Albanien der Fall, wo
hingegen das Eocene viel weniger hervortritt. Es bestätigt sich
wieder theilweise, da für das Tertiäre die sonderbare geographi-
sche Verbreitung der Flützformationen in Nord-Albanien, namentlich
dass das ältere näher gegen Westen ansteht als das jüngere.
Eines der schönsten Beispiele des Miocen findet man im Ischm-
(Hismo-) Thale, wo nördlich von Tyrana die deutlichsten Wiener
Tegel mit Melanopsides Dufourii und Congerien anstehen. Sie (6)
bilden die Basis der Hügel nördlich, südlich und westlich, und wenn
man denG'raba-Balkan von Elbassan nach Tyrana besteigt, so bemerkt
man, dass sie abwechselnd mit Nummulitenkalk (7/,) die eocene Bildung
endlich gänzlich bedecken. Der Durchschnitt jener blauen Tegel
und thonigen Mergelschichten, eine sehr Giaba-Baika,,.
geneigte Fläche von mehr als 800 Fuss - —
Höhe, erinnerte mich nicht nur an Wien,
sondern auch an den Volterrakegel in
Toscana.Wie in beiden Localitätenstösst
man dann unter den obersten sandigen
Schichten auf jenen um Wien wohlbe-
kannten Horizont YOüCerithium pictum,
mit Cardium simidans und plicatum, die Neritina Montalamberti
u. s. w. (siehe Turquie d'Europe, 1840, Bd. I, S. 298) und höher
hinauf liegt ein mächtiger Leithakalk quarzigen Conglomerats (7/),
welcher sich weit westlich, nordwestlich und nördlich gegen die
Spitzen der Berge erstreckt und scheinbar auch in der kleinen,
längs des adriatiscben Meeres laufenden Kette von Petrella nach der
Mündung des Ischm vorhanden ist.
Von diesem letzteren Gebirgszuge stammen die durch die Gefäl-
ligkeit des österr. General-Consuls v. Hahn zu Syra und desConsuls
Ballarini zu Durazzo geschickten Petrefacten, welche Herr Director
Dr. Hörn es, corresp. Mitglied d.k.Akad. d.W., zu bestimmen die Güte
hatte und deren Liste am Schlüsse folgt. Herr Ballarini liess auf
dem Berge Gradetz zwischen Durazzo und Tyrana sammeln und Herr
v. Hahn fand seine Petrefacten, meistens grosse Austern und Pecten,
auf dem Berge Sörel oder Zurel zwischen Tyrana und der Matgegehd.
Es läge im Interesse der Wissenschaft und schiene der Akademie
würdig, dass sie den Wunsch desHerrn ConsulsBallarini erfülle und
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären Beckens. löö
einem Fachmanne die Aufnahme dieses Terrains, so wie das gehörige
Sammeln seiner Petrefacten bald anvertraue. Wie gesagt kann man
erwarten, daselbst gegenüber Croja vielleicht ein zweites eben so
reichhaltiges Petrefactenlager als bei Sinigaglia zu finden.
Eine andere merkwürdige Zusammenstimmung mit Wiener
tertiären Zuständen konnte ich bei den Quellen in jenen Gebilden
Nord-Albaniens bemerken, namentlich floss eine sehr reiche kalte
Quelle an der Sohle des Leitha-Conglomerates heraus, welche höchst
wahrscheinlich von dem sehr weit davon (1 — 2 Stunden?) gelege-
nen Kalkflötz-Gebirge herstammt. Die Wässer werden in einen
eigenen Brunnen künstlich geleitet zum Labsale der Reisenden und
Thiere, welche nur mit Mühe, vorzüglich von Süden, den steilen mio-
cenen Thonabhang des Graba-Balkans durch geschlängelte Wege
erreichen können. Die Verflächung des Conglomerates, so wie des
miocenenThones war entschieden nördlich, so dass natürlicherweise
das Heruntergehen gegen jene Seite nur allmählig stattfinden konnte,
besonders da spätere Erosionen daselbst viel weniger als südlich den
Bergkörper angegriffen haben. An seinem südlichen Fusse aber, bei
der Abwechslung der Nummulitenkalke und blauen Mergelthone,
kommen noch ziemlich gute Quellen in mehr als einem Niveau zum
Vorschein. Auf diese Weise bildet sich weiter unten etwas süd-
westlich das kleine Wässerchen und Thälcben Namens Kutscha, wo
griechische Klostergeistliche ebensowohl einen frischen Trunk
Wassers als eine schöne Natur und Einsamkeit nach ihrem Wunsche
seit uralten Zeilen finden konnten.
In dem Scutarisee und Drinbecken kommen auch in gewissen
Localitäten grosse Conglomeratmassen vor, welche aber in der
Myrdita (zwischen Skela, Dukinhan und Spass oder Keuprihan)
ebenso wie Nummulitenkalk fehlen. Der Punkt , wo wir die
grössten Anhäufungen bemerken, liegt südlich von Hotti neben
jenem ausgedehnten morastigen Theile des Landes (Umsko-blato),
welcher das beste Zeugniss für die ehemalige viel grössere Ausdeh-
nung des Sees ablegt. Da aber diese Massen einen bedeutenden
Hügel krönen und ihre Höhe über dem Thale einige hundert
Fuss beträgt, so glaube ich, dass diese Conglomerate zu jenen
der Leithagebilde gehören dürften. Sie würden am Fusse des
Gebirges, am Ausgange seiner Thäler denselben localen Platz ein-
nehmen wie unsere längs des Flötzkalk-Gebirges am südwestlichen
186 B o u e. Der albanesische Drin
Theile des Wiener tertiären Beckens. Jedenfalls zeigen sie durch
ihre Höhe einen bedeutenden Unterschied mit anderen Gerollen und
Conglomeratanhäufungen, welche hie und da die Sohle des Thaies
bilden. Als alte Moräne können sie nicht gelten, da ihnen das wirre
Durcheinander der Gesteine jener fehlt und auch keine erratischen
Blöcke zu sehen sind.
Ehe ich von dem eigentlichen geognostischen Theile ablenke,
muss ich noch ein Wort über die schwach thermalen, sehr stark
mit Schwefelwasserstoffgas geschwängerten Wässer
sagen, welche aus dem Fusse der erwähnten grossen Flötzkalk-Wand
oder sogenannten uralten Flötzspalte und unteren Croja von einer
Höhle herausfliessen. Dieser Fall hat viele Ähnlichkeit mit unseren
Quellen von Mödling, Baden und Vöslau, so wie auch mit einigen
trinkbaren Quellen am südlichsten Ende des Wiener Beckens.
Wenn nach der heutigen Meinung manches Theoretikers die
Gypslager bei Heiligenkreuz in Verbindung wenigstens mit den
Badener Schwefelquellen gebracht werden wollen, so würde man
dasselbe auch in Nord-Albanien thun können , weil bedeutende Gyps-
brüchenlager, wenigstens südlich von der Stadt Dibra, vorhanden
sind. Wir aber glauben diese Erklärung nicht gelten lassen zu
können, weil wir die Annahme wahrscheinlicher finden, dass erstens
der kalkige Absatz in einem sehr alten Kraterbecken stattfand, dann
dass schwefelige Ausdünstung sich wieder darin Luft machte und
einigen Kalk in Gyps verwandelte, indem später solche Schwefel-
wasserstoffgase nur die Mittel fanden, einige unterirdische Wasser-
ströme stark zu schwängern.
Wahrscheinlich möchten auch Geographen meine jetzige Mei-
nung über das Alter jener Kalkformationen vernehmen,
welche einen so grossen Platz im östlichen Albanien, westlichen
Macedonien, selbst am Schar und in Ober-Mösien einnehmen und
vor 24 Jahren theilweise in der unteren Kreide eingeschlossen
wurden.
Ein Theil dieser grossen Kalkablagerung nimmt neben dem
krystallinischen Schiefergebirge einen dem Schweizer Alpen-Kalk
analogen Platz ein. So z. ß. erinnert der nördliche Abhang des
Schar an die ungleichförmige Lagerung des Flötzkalkes im Kanton
Uri auf dem unter ihm liegenden krystallinischen Schiefer. Über-
haupt führen sowohl die geognostischen Erscheinungen als die
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären fieckens.
187
Prisren.
Kettenbildungen im Innern der europäischen Türkei zu dem Schlüsse,
dass eine östliche Verlängerung der Alpen-Centralkette daselbst vor
banden ist. Selbe wäre schar.
nur etwas mehr gegen
Süden verschoben und
oft überdeckt worden,
indem die grosse Lücke
zwischen beiden von
West nach Ost laufen-
den Ketten meistenteils durch secundäre Kalkformationen und Ter-
tiäres auszufüllen wäre. Die ersten Spuren dieser Centralalpen-
Verlängerung treten in Slavonien auf, dann erkennt man solche
deutlich an der Grenze Bosniens und der nördlichen Herzegowina
in den Gebirgen von Setz und im Voinitzathale, so wie im süd-
lichen Serbien, von Uschitze einerseits bis Kragujevatz und Jagodin
und andererseits über Karanovatz im Jastrebatzer Gebirge; ferner
in der Central-Türkei von Schar und oberhalb des Moravathales an
bis zum grossen Balkan; endlich in ganz Macedonien vom Vardar bis
nach Bhodope, von wo dieser krystallinische Zug sich weit nach
Klein- und Central-Asien erstreckt.
Seitdem man dem Systeme des mächtigen Dachsteinkalkes
sammt seinen Dolomiten einen ziemlich bestimmten Platz über dem
alpinischen Keuper im Lias angewiesen hat, scheint es mir sehr
wahrscheinlich, dass dieses System auch in der westlichen Türkei,
aber immer neben krystallinischen Schiefergebirgen und in einer
gewissen Entfernung vom adriatischen Meere, eine bedeutende Bolle
spielt. So z. B. möchte ich dazu den dichten grauen Kalk nebst dem
Dolomite rechnen, welcher von Sua-Bieka bis an den schwarzen
Drin den nördlichen Fuss der Talk- und Chloritschiefer-Kette sammt
Protogine des hohen Schar (Schara Planina) bedeckt. Dieses Ge-
bilde stösst ungleichförmig gegen die ältere Formation an und bildet
noch besonders einen grossen Theil des Jalesch und den Schale-
Schossberg. Wenn aber diese Bestimmung die richtige wäre, so
könnte man durch die augenscheinliche Verlängerung jener Kalke
von Norden und Süden bis zum Pindus und wenigstens bis zu
Bilischta, wenn nicht bis zu Castoria ein ähnliches Dachsteinkalk-
System auch daselbst annehmen. — Wie weit sich dasselbe im süd-
lichen und nördlichen Bosnien, besonders in der westlichen Region
188 ßoue. Der alhanesische Drin
von Scharon findet, bleibt aber ein durch Geognosten zu lösendes
Problem; denn daselbst, wie auch im Epirus, im Pindus und Bure-
nos gibt es entschieden ältere Kreide oder Hippuritenkalke, welche
die Verhältnisse sehr compliciren. Obwohl zwischen Travnik und
dem sogenannten Skander Vakup im Ugrathale das Kössener System
vorhanden wäre? Vielleicht könnte man es im Epirus im oberen
Konitzathale zwischen Turanikhan und Seran auch entdecken, wo
so viele geneigte schwarze Mergel- und Kalkschichten abwechseln.
Viel ältere Formationen wären gewiss im Voinitzathale, südöstlich
von Travnik, in Bosnien u. s. w.
Die genaue geognostische Aufnahme des westlichen serbischen
Gebirges, eine verhältnissmässig mit Arbeiten im offenen Felde in
der Türkei sehr leichte Sache, würde die Kenntniss der bosnischen
Formationen sehr befördern. Darum wünsche ich sehr, dass die-
jenigen jetzt oder bald in Bosnien beschäftigten Österreicher
meinem wohlgemeinten Bathe folgen und mit Serbien anfangen,
damit sie das Schwierigere in Bosnien viel geschwinder enträthseln
können.
Eine ganz andere Beihe von älterem dichten Kalk scheinen mir
noch wie ehemals einige im südwestlichen Theile Ober-Mösiens zu
sein, so wie jene sehr gestürzten Kalkstöcke, welche, mit Schiefer-
thon abwechselnd, im westlichen Macedonien, immer unfern der
Glimmerschiefer und krystallinischen Kette, grosse, von Nord nach
Süd streichende Züge vom oberen Vardar über die Trojakgegend
nach der von Vodena und Moglena bilden. Im Centrum der Türkei
wäre es das nordöstliche Macedonien, wo ich am wahrscheinlichsten
neben dem grossen krystallinischen Schiefer des Bhodopus mit
seinen Graniten, schwache Spuren des Trias unter Dachsteinkalk an
der westlichen Seite des grossen krystallinischen Vitosch vermuthen
könnte. Im Etropol-Balkan sehe ich immer noch ältere Kalk- und
Schiefermassen neben Talk- und Glimmerschiefer.
Was die Entdeckung des Herrn General-Consuls v. Hahn über
die Uferbildung des Drin betrifft, so bestätigt sie nur, was ich
im Allgemeinen schon wusste und selbst sah. Der Drin läuft mei-
stens in einer förmlichen grossen, vorzüglich von Ost nach West
laufenden Gebirgsspalte, ohne Wasserfälle zu bilden, aber mit vielen
Felsenverengungen , wo die Strömung dann sehr stark ist. Daruni
war ich mit Herrn v. Habn's Chaluppefabrt, vorzüglich im Herbste,
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären Beckens. 189
wo die Wasser niedrig sind, nie einverstanden und wies immer
auf kleine, flach gebaute Dampfboote hin. Die grössten Felsen-
mauern sind natürlicher Weise an solchen Stellen, wo der innere
Felsenkörper der Gebirge gespalten ist, wie zwischen dem Jalesch
und Ibalea am schwarzen Drin, bei Komani, wo der vereinigte Drin
den Gebirgsrücken westlich vom Schaliathale bespült und dann
besonders bei der .Ausmündung dieses letzteren Thaies u. s. w.
Letzteres wurde mir von einein hohen Punkte östlich von Latin Hau
ziemlich deutlich. Da man aber den Ufern des Drin wegen der Fel-
senmauern nicht folgen kann, so hätte Herr General-Consul v. Hahn
von Scutari aus über Schkrell und Boga das Schaliathal erreichen
können und dann diese grosse, tiefe Spalte mit Wänden von mehr als
1000 Fuss Höhe bis an den Drin heruntergehen müssen. Daselbst
angekommen, hätte man gewiss eine Aussicht auf eine bedeutende
Strecke dieses Felsencanales des Drin gewonnen. Leider ist meine
Hoffnung, dass Herr General-Consul v. Hahn bis dahin zu Schiffe
kommen werde, nicht in Erfüllung gegangen.
Was den schwarzen Drin betrifft, so möchte ich künftige
Reisende auf drei ganz kahle Gebirgsspitzen aufmerksam machen,
welche alle drei zu besteigen wären, da sie ein wahres Pano-
rama jener fast unbekannten Gegenden gewähren müssten. Ich
meine erstlich den Schaller Schossberg im Hassgebiete
oberhalb des Thaies dieses Namens, welches westlich von ihm
liegt, indem an seinem südlichen Fusse der weisse Drin in
einem tiefen und engen Spaltencanal von Ost nach West fliesst.
Von Prisren wäre es leicht, diesen wahrscheinlich sehr felsigen,
kahlen Kalkberg, unter gehörigem Schutze der Obrigkeit, zu erstei-
gen; man würde aber dazu zwei Tage gebrauchen und müsste nahe
am südlichen Fusse desselben und unfern der Brücke über dem weis-
sen Drin in einem Dorfe übernachten.
Die Aussicht würde vierfach sein, erstens in nördlicher und
nordwestlicher Richtung, obgleich nicht ausgedehnt, so doch gross-
arlig durch das nahe Bild des ganzen, rauhen, beschneiten und
gefurchten Rückens des Prokletias und der Gebirge gegen Gusinie
und Ipek; dann gegen Ost und Nordost die Aussicht auf das ganze
doppelte Becken der Metoja und von Prisren ; südwestlich müsste
man in die waldigen Gegenden des nordöstlichen Quellengebietes
der Mat hinübersehen, während man südlich den Schar, so wie
190 B o u e. Der allianesische Drin
Theile des schmalen und tiefen waldigen Thaies des schwarzen Drin
vor sich hätte.
Letzterer Theil der Aussicht würde aber vollständiger werden,
wenn man sich nach der westlichen Spitze des Jalesch begeben
würde. Ein solches Vorhaben ist aber im Verhältnisse mit der Bestei-
gung des vorhergehenden Berges ein Leichtes. Man müsste am
nöi dlichen Fusse im DorfeLum übernachten und von da hinaufsteigen,
oder da diese kahle Seite des Berges kürzer und steiler als die süd-
liche ist, von Prisren nach Kalkandel über den Schar auf dem
gewöhnlichen Postwege gehen und dann zu Kostovo, im westlichen
Hintergrunde von der Tettovo-Gau und am südlichen Fusse des
Jalesch Quartier nehmen, wo man dann alle Hilfsmittel zu einer
solchen Gebirgsexcursion finden würde. An jener Seite gibt es
Waldungen, aber der hohe lange Rücken ist nur mit alpinem Gras
bedeckt. Von Jalesch aus muss man den grössten Theil des schwarzen
Drinthales übersehen und auch in das katholische obere Matiabecken
etwas hineinsehen können.
Die dritte lohnende Excursion wäre die Besteigung des Ibalea,
welche grosse, kahle Kalkkuppe aus der Mitte der tiefen Eichen-
waldungen am westlichen Ufer des schwarzen Drin hervorragt.
Der spitzige weisse Ibalea ist gegen den östlich gelegenen massi-
ven und länglich ausgestreckten Jalesch nur ein Brocken Kalkfels-
gebiet, zwischen beiden befindet sich die tiefe Spalte des schwarzen
Drin, indem der Fluss selbst im Thalwege noch in einem mauer-
ähnlichen tiefen Felsencanale liegt, neben welchem eine flache und
sehr schmale Thalsohle herrscht. Von der kahlen Spitze des Ibalea
muss man den grössten Theil der Matia bis zum Crojagebirge über-
blicken, so wie auch das Thal des schwarzen Drin durchmustern und
seine östlichen Gebirge fast alle sehen , welches von Jalesch aus nur
theilweise der Fall sein kann. Die Aussicht gegen Norden auf Prö-
kletia und seinen Nebenbuhler verspricht auch Grossartiges.
Die Mittel aber, den Ibalea zu besuchen, bin ich nicht in der
Lage anzugeben, denn von Keuprihan am vereinigten Drin ist er
zu weit entfernt und ich weiss nicht, ob man im Thurme bei der
Scheitanbrücke am schwarzen Drin übernachten könnte. Selbst von
da aus wäre diese Excursion hinreichend, um einen ganzen Tag
auszufüllen. Hinzufügen kann man noch, dass die locale Geographie
noch viel zu gewinnen hätte, wenn Beisende die Gebirgskänune
und die Geologie Albaniens, besonders seines tertiären Beckens. lyl
sowohl zwischen den Quellen der Mat und dem schwarzen Drin, als
zwischen letzterem und den obersten Quellen des Vardar zu über-
schreiten die Mittel finden könnten.
Aber die Einwohner dieser Gegend sind in sehr schlechtem
Rufe, ob ohne Ursache und nur für Türken oder ob wirklich ein Ge-
sindel, wird uns der HerrGeneral-Consul v. Hahn jetzt sagen können.
Wegen solcher niedrigen Stufe der Civilisation in dem ganzen
Bereiche der Myrdita, der Matia und des Thaies des schwarzen Drin
im Dibredistricte werden leider gegen die Ausbeutung der schönen
Eichen-, Fichten- und Tannenwaldungen jener Gegend ungeheure
nicht vorhergesehene Hindernisse sich erheben.
Herr General-Consul v. Hahn übersieht in seinem sehr gut
berechneten Plane, dass die Entdeckung eines solchen Holzreichthu-
mes nicht ihm gehört und dasDrinholz wahrscheinlich schon lange auf
Recli nung der Kaufleute von Scutari oder ihrer Correspondenten im
Auslände geflösst geworden wäre, wenn die Einwohner, obgleich in der
grössten Armuth, selbst ohne Hemd am Körper, nicht das Stationiren
von Fremden in ihrer Mitte mit den schelsten Augen ansehen wür-
den. Diese Gegenden sind einmal der Pforte nicht unterworfen oder
tributpflichtig, oder wenn in einem Theile doch etwas dergleichen
besteht, so gemessen sie ganz besondere Immunitäten, wie z. B.
dass kein Türke bei ihnen wohnen darf u. s. w. Nur eine besser
erzogene Geistlichkeit als die dieser Albanesen und eine kräftige
und vernünftige Regierung könnten allein dieses Land aus seiner
jetzigen Barbarei befreien.
In der Zeit, als ich jene Gegenden besuchte und mich wun-
derte, wie selbst eine so geringe Bevölkerung in einem solchen wil-
den Lande ihr Leben fristen könne, dachte ich oft an die Cultur
der süssen Kastanien, welche bei Kloster Detschani im oberen
weissen Drinbecken so üppig die Hügel bedecken. Wenn der Boden
jener wilden Myrdita und Matia den Wuchs dieses Baumes erlauben
würde, so möchte es eine grosse Wohlthat für die Einwohner der-
selben sein, denn jetzt sind sie fast einzig und allein auf Kukurutz
angewiesen und der grösste Verdienst dürfte wohl im Aufsammeln
der Knoppern, wenigen Brennholzlieferungen, einigen Ziegen und
Schafen und möglicherweise in einigen Bienenkörben bestehen. Für
eine Holzindustrie gleich der zu Berchtesgaden wäre diese Gegend
wie jfeschaffen.
19/4 Boue. Der albanesische Drin
Verzeichnis* nordalbanesischer tertiärer Petrefacten,
bestimmt von Herrn Direktor Dr. Hörnes.
1. Turritella turris Bast. Die Bruchstücke mit wohlerhallener Schale ent-
sp rechen vollkommen den im Wiener Becken hei Gainfahren, Enzesfeld u. s. w.
vorkommenden Exemplaren.
2. Teredo Norvegica Spengler. 7 Millim. dicke Röhren im fussgrossen
Aggregaten. (Der in der Subapenninen-Formation vorkommende und lebende
Teredo navalis ist etwas dünner.)
3. Lulraria oblong a Ch emn. Ein Steinkern, dessen Umrisse den im Wie-
ner Becken bei Gainfahren vorkommenden Exemplaren entspricht.
4. Venus Ditjardiui Hörn. Ein stark abgerollter Steinkern, dessen äussere
Form auf diese in Engelfeld häufige Art hindeutet;
5. Venus Aglaurae Bro cchi. Ein Steinkern, welcher noch die für diese Art
bezeichnenden concentrischen Streifen erkennen lässt. Weiteres Vorkommen
im Tegel des Leithakalkes hei Steinahrunn.
6. Venus multilamella L am. Zwei Exemplare mit zum Theile wohlerhalte-
ner Schale, die einige Ähnlichkeit mit denen von (irinzing zeigen.
7. Venus casina Linn. Ein Steinkern mit einem Theile der Schale. Es ist
dies eine subapennine Form, die im Wiener Becken nicht vorkömmt.
8. Cythera erydna Lam. Ein Steinkern, dessen Umrisse und zum Theile
erhaltenen charakteristischen concentrischen Streifen diese Art erkennen
lassen.
9. Cythera rudis Poli. Fünf Stücke mit zum Theile erhaltenen, meist
abgeriebenen Schalen, eine subapennine Foi'm , die im Wiener Becken nicht
vorkömmt.
10. Cardium hians B r o c c h i. Drei Steinkerne, die durch die entferntstehen-
den scharfen Bippen leicht kenntlich sind; kömmt sowohl in der Subapenninen-
Formation als in dem Sande von Enzesfeld ziemlich häufig vor.
11. Area di/uvii Lam. Drei grosse Steinkerne mit Schalenfragmenten
und ein vollkommen wohlerhaltenes geschlossenes Exemplar von geringerer
Grösse mit Farbenspuren, das mit denen hei Gainfahren und Enzesfeld vorkom-
menden übereinstimmt.
12. Pinna nobilis L\r\n. Ein Biucnstück eines Steinkernes, den jedoch die
Bestimmung zulässt.
13. Mytilus Haidingeri Hörn. Fünf Steinkerne von verschiedener Grösse,
deren Form ganz den bei Mayen, Küsering, Niederkreuzstätten u. s. w. vor-
kommenden Exemplaren dieser Art entspricht. Es ist dies eine von allen leben-
den und subäpenninen Mytilusarten ganz verschiedene Form.
14. Vecten solarium Lam. Eine grosse Anzahl Fragmente mit zum Theile
erhaltener Schale.
13. Pecten pusio Lam. Ein Exemplar mit erhaltener Sehale.
16. Pecten seabrellus Lam. Ein Fragment mit erhaltener Schale, das mit
den Exemplaren von Steinahrunn übereinstimmt.
iiihI die lieolog-ie Alhnniens. besonders seines tertiären Beckens. 1 }',>
17. Pecten Burdigalensis Lam. Zwei Exemplare mit erhaltener Schale.
Eine im Decken von Bordeaux ziemlich häufige Art.
i 8. Pecten latissimus B r o e c h i. Ein abgerolltes, aber deutlich erkenn-
bares Exemplar, mit jenen aus dem Leithagebirgc vollkommen übereinstimmend.
19. Östren angustata Lam. Schlossfragmente, die denen von Kühnring
u. s. w. entsprechen.
20. Östren lamellosa ßrocchi. Ein ziemlich erhaltenes Exemplar.
2i. Coiioch/pus semiglobosus Lam. Ein etwas beschädigtes abgerolltes
Exemplar.
Aus diesen wenigen Andeutungen über die meist schlecht
erhaltenen Exemplare lässt sich nur der Sehluss ziehen, dass die
fossile Fauna der Umgehung von Croja nicht der Suhapenninen-
Formation, sondern der Leithakalk-Gruppe angehört.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI.XLIX. Bd. I.Abth
13
SITZUNGSBERICHTE
DEK
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XLIX. BAND.
ERSTE ABTHEILÜNG.
2.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
14
195
IV. SITZUNG VOM 4. FEBRUAR 1864.
Herr Dr. Edm. R eitlinger, Privatdocent der Physik an der
Wiener Universität, übermittelt ein versiegeltes Schreiben mit dem
Ersuchen um dessen Aufbewahrung zur Sicherung seiner Priorität.
Herr Hofrath W. Haidinger übersendet eine Abhandlung:
„Der Meteoritenfall von Tourinnes-la-Grosse" Nr. 2.
Vom Herrn K. Mo s harn m er, Lehrer an der Ober-Realschule zu
Görz, ist eine Abhandlung eingelangt, betitelt: „Centralprojection
der Linien zweiter Ordnung".
Herr Dr. A. Boue zeigt eine von dem Afrika-Reisenden,
Dr. Barth, herausgegebene Carte routiere durch die ganze euro-
päische Türkei, und knüpft daran einige Bemerkungen über die von
Herrn Major v. Sehe da herausgegebenen zwei Blätter der Karte
Serbiens.
Herr Dr. S. Subic, Lehrer an der Communal-Realschule in
derRossau, legt eine Abhandlung „über die innere Arbeit und spe-
eifische Wärme" vor.
Herr Prof. Dr. J. Seegen überreicht eine Abhandlung, be-
titeil: „Physiologisch-chemische Untersuchungen über den Einfluss
des Glaubersalzes auf einige Factoren des Stoffwechsels".
An Druckschriften wurden vorgelegt :
Academia Real das Sciencias de Lisboa: Classe de Sciencias
moraes, politicas e Bellas-Lettras. Nova Serie. Tomo III, Parte
1. Lisboa, 1863; 4°- — Classe de Sciencias mathematicis, phy-
sicas e naturaes. N. S. Tomo III, Parte 1. Madrid, 1863; 4«-
Accademia delle Scienze dell'Istituto di Bologna: Memorie.
Serie II. Tomo II, Fase. 3 &4; Tomo III, Fase. 1. Bologna,
1863; 4°- — Rendiconto. Anno accademico 1862 — 1863. Bo-
logno, 1863; 8<>-
Annales des mines. VIe Serie. Tome IVe. 5e Livraison de 1863.
Paris, 1863; 8«-
14"
196
Astronomische Nachrichten. Nr. 1459—1460. Altana, 1864; 4«-
Bauzeitung, Allgemeine. XXVIII. Jahrgang. XI. & XII. Heft. Nebst
Atlas. Wien, 1863; 4" & Folio.
Olausius, R., Über einen Grundsatz der mechanischen Wärme-
Theorie. (Vorgetragen am 15. August 1863, in der zu Samadeu
abgehaltenen Versammlung der schweizerisch, naturforschenden
Gesellschaft.) — Über die Concentration von Wärme- und
Lichtstrahlen und die Grenzen ihrer Wirkung. (Vorgetragen
in der Züricher naturf. Gesellsch. am 22. Juni 1863.) 8°-
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences.
Tome LVIII, No. 1. Paris, 1864; 4'-
Cosmos. XIII0 Annee, 24e Vol., 4e — 5" Livraisons. Paris, 1864; 8°-
Encke, J. F., Berliner astronomisches Jahrbuch für 1866. Berlin,
1863; 8"- — EphemeTiden der seit 1845 entdeckten Planeten
für das Jahr 1864. Supplement zu dem Berl. Jahrb. für 1866.
Berlin, 1864; 8«-
Gewerbe- Verein, nieder-österr. : Verhandlungen und Mitthei-
lungen. Jahrg. 1863, 12. Heft. Wien, 1864; 8«-
Istituto, R. , Lumbardo di Scienze, Lettere ed Arti: Atti. Vol. III.
Fase. XV -XVIII. Milano, 1863 ; 4«-— -Memoria. Vol. IX. (III. della
Serie II.) Fase. IV. Milano, 1863; 4«- — Atti della distribuzione
dei premj seguita 7. Agosto 1863. 8°' — Temi sni quali e aperto
concorso.
— I. B., Veneto di Scienze, Lettere ed Arti: Atfi. Tomo VIII.
Serie 3a- Disp. 10a- Venezia, 1862—63; Tomo IX. Serie 3a
Disp. lma- Venezia, 1863—64; 8«- — Memorie. Vol. XI, Parte 11.
Venezia, 1863; 4<"
Land- und forstwirthschaftl. Zeitung. XIV. Jahrg. Nr. 4. Wien,
1864; 4o-
Mondes. 2""' Annee. Tome III. 3° — 4e Livraisons. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; 8«-
Moniteur scientifique. 170» Livraison. Tome Vle, Annee 1864.
Paris; 4«-
Personalstand des königl. böhmischen Polytechnischen Landes-
institutes in Prag und Ordnung der Vorlesungen im Studienjahre
1863/64. Prag, 1863; 4°-
Reader, The, a Review of Literature, Science and Art. No. 57,
Vol. III. January 30, 1864. London; Folio.
197
Societe Imperiale de Medecine de (Jonstantinople: Gazette medicale
d' Orient. VIIe Armee, No. 9. Constantinople, 1863; 4°-
Society, The Royal Astronomical: Monthly Notices. Vol. XXIV.
No. 1. London, 1863; 8»'
— the Royal Geographica!: The Journal. Vol. XXXII. 1862. Lon-
don; 8°-
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrgang. Nr. 4 — i>.
Wien, 1864; 4<>
Wochen -Blatt der k. k. steierm. Landvvirthschafts-Gesellschaft.
XIII. Jahrg. Nr. 6. Gratz, 1864; 4°-
Zantedeschi, Francesco, Discussioni intorno alla camera lucida
applicata alla Fotografia dei prototipi del mondo esterno ;
all'influenza della elettricitä nei fenomeni della rugiada e della
brina e ad un provvedimento di acque potabili per la cittä
marittime e terre fluviali. Padova e Venezia, 1863 — 64; 8°-
198
V. SITZUNG VOM 18. FEBRUAR 1864.
Herr Prof. H. Hlasiwetz zu Innsbruck übersendet eine von
ihm in Gemeinschaft mit Herrn L. Barth verfasste Abhandlung:
„Über einen neuen, dem Orcin homologen Körper".
Herr Prof. Aug. Em. Reuss legt eine Abhandlung „über
fossile Lepadiden" vor.
Herr Prof. C. Ludwig macht eine Mittheilung „über den
Einfluss des Halsmarkes auf den Blutstrom". Die betreffenden Unter-
suchungen wurden von ihm gemeinschaftlich mit Herrn Dr. L. Thiry
ausgeführt.
Herr «J. Popper bespricht seine Untersuchungen über die
„geometrische Darstellung der unendlichen Operationen".
Herr Dr. Fr. Stein da ebner übergibt eine Abhandlung unter
dem Titel: „Ichthyologische Notizen".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie gemeinnütziger Wissenschaften, Königl., zu Erfurt.
Jahrbücher. N. F. Heft III. Erfurt, 1863; 8°- — Jenzsch, Zur
Theorie des Quarzes mit besonderer Berücksichtigung der
Circularpolarisation. Erfurt, 1861; 8<>-
Anuario del Real Observatorio de Madrid. — V. Aiio. 1864.
Madrid, 1863; 8<"
Astronomische Nachrichten. Nr. 1461— 1462. Alton», 1864; 4<>-
Canestrini, Giov. , Note ittiologiche. (Estr. dall' Archivio per la
Zoologia. Vol. III. Fase. I.) Modena, 1864; 8"-
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences.
Tome LVIII. No. 3 — 4. Paris, 1864; 4<>-
Cosmos. XIIP Annee, 24c Volume, 6e — V Livraisons. Paris,
1864; 8o-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrgang, Nr. 5.
Wien, 1864; 4«-
Mondes. 2C Annee, Tome III. 5 — 6 Livraisons. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; So-
Mo niteur scientifique. 171" Livraison. Tome VIe. Armee 1864.
Paris; 4°-
199
Reader, The. No. 59, Vol. III. London, 1864; Folio.
Societe Batave de Philosophie experimentale de Rotterdam.
Programme. 1863; 8°*
Wien, Universität: Übersicht der akademischen Behörden etc. für
das Studienjahr 1863/64. Wien, 1863; 4<>
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrgang, Nr. 6 — 7.
Wien, 1864; 4«'
Wochen -Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XIII. Jahrgang, Nr. 7. Gratz, 1864; 4<>-
<£ 0 0 S t e i n d h v b ii e r.
Iclithyologische Notizen.
Von Dr. Franz Steindachner,
Assistenten am k. k. zoologischen Museum.
(Mit 2 Tafeln.)
Centropotnus affinis nov. spec.
Tat I, Kig. 1.
Spina analis secunda altitudinem corporis longitndine superans
et multo longior et f'ortior quam Spina tertia pinnae
analis; squamae in linea laterali (absque Ulis in pina
caudali) che. 47 — 50; squamae int er lineam medium
ventris et spinam primam pinnae dorsalis primae 17 — 18.
Diese Art unterscheidet sich von Centropotnus undecimalis
C. V. schon auf den ersten Blick durch die ausserordentliche Länge
des zweiten Analstachels, welche die Körperhöhe bedeutend über
trifft, feiner durch die Grösse und geringe Zahl von Schuppen
zwischen der Kiemenspalte und der Basis der Schwanzflosse. Ausser-
dem ist bei Centrop. affinis die Afterflosse der Schwanzflosse bedeu-
tend näher gerückt als bei C. undecimalis C. V., endlich der Vor-
decket, die Suprascapula und der untere Rand des grossen Präor-
bitalknochens stärker gezähnt als bei letztere]" Art.
Beschreib u ng.
Die Körpergestalt ist gestreckt und an den Seiten massig zu-
sammengedrückt. Die grösste Körperhöhe unterhalb des eisten
Dorsalstachels verhält sich zur Totallänge wie 1 :5, zur Körper-
lange (ohne Caudale) wie 1 : 4; die geringste Körperhöhe am
Schwanzstiele ist 21/4mal in der grössten enthalten.
Die Länge des Kopfes, in den nachfolgenden Zeilen stets nur
bis zur hinteren Spitze des knöchernen Theiles des Kiemendeckels
gerechnet, beträgt nicht ganz '/4 der Totallänge des Fisches; die
Iclitliyolugisclie Notizen. 40 1
Kopfbreite ist 2'/3 — 2a/5mäl, die Kopfhöhe circa l3/4 — 2mal in der
Kopflänge enthalten. Die Schnauze ist plattgedrückt wie hei C. un-
decimalis, und heiläufig l2/3mal so lang als der Augendiaineter,
welcher 4,/4inal (bei jüngeren) — i>2/5mal (bei älteren Individuen)
in der Kopflänge enthalten ist.
Der Unterkiefer überragt nach vorne den Zwischenkiefer und
trägt wie dieser eine massig breite Binde sehr feiner und kurzer
Sammtzähne; die Zahuhinden am Vomer und insbesondere an den
Gaumenbeinen sind schmäler als die bei C. undecimalis C. V.
Der grosse Präorbitalknochen trägt an der hintern Hälfte
seines unteren Randes 3 — 5 grosse, nach hinten gekrümmte Zähne.
Der Vordeckel, so wie die Suprascapula sind bedeutend stärker
gezähnt, als bei C. undecimalis ; eine ganz besondere Grösse errei-
chen die Zähne am Winkel des freien Vordeckelrandes und der
Parallelleiste desselben. Der breite, häutige Anhang am hintern
Rande des kleinen, dreieckigen Deckels und des Unterdeckels ist
nach hinten in eine lange Spitze ausgezogen und daselbst stachel-
ähnlich ausgezackt.
Die erste Dorsale enthält acht Stacheln; der erste derselben
ist sehr kurz, kaum halb so lang als der zweite, dieser kommt an
Höhe l/3 des dritten Stachels gleich, der dritte und vierte Stachel
sind sich zuweilen an Länge ganz gleich, nicht selten aber ist der
vierte länger als der dritte und stets circa l3/4 — l2/5mal in der
grössten Leibeshöhe enthalten. Die vier übrigen Dorsalstacheln
nehmen stufenweise bis zum letzten an Länge ab, der letzte Stachel
der ersten Dorsale ist 2'/2 — 3mal in der Länge des vierten ent-
halten.
Der erste Stachelstrahl der zweiten Dorsale ist 2 — 21/4mal in
der Höhe des zweiten, längsten Gliederstrahles derselben Flosse
enthalten, welche letztere die erste Rückenflosse au Höhe über-
trifft und am oberen Rande etwas eingebuchtet ist.
DieLänge der Brustflosse erreicht nicht ganz '/5 der Totallänge;
die Ventrale entspringt etwas hinter der Brustflosse und ist kürzer
als diese.
Der zweite Analstachel liegt der Basis des letzten Stiahles der
zweiten Rückenflosse gegenüber und ist durch seine ausserordent-
liche Länge und Stärke ausgezeichnet, zurückgelegt reicht er noch
über die Basis der Schwanzflosse hinaus ; seine Länge gleicht
202 Steindach ii er.
j/4 — 3/13 der Totallänge des Fisches. Der dritte Analstachel ist
bedeutend kürzer und nahezu viermal schwächer als der zweite
Stachel und eben so hing oder eiwas länger als der erste Glieder-
strahl der Afterflosse.
Beide Rückenflossen, so wie die Anale, bewegen sich frei
innerhalb einer Schuppendecke; ausserdem liegen auf der Mem-
brane sämmtlicher Flossen, mit Ausnahme der ersten Dorsale, eine
kürzere oder längere Strecke hindurch kleine Schuppen.
Die Schwanzflosse ist gabelig getheilt und bezüglich ihrer
Länge 43/4mal in der Totallänge des Fisches enthalten.
Wangen und sämmtliche Deckelstücke, mit Ausnahme des
Randtheiles des Vordeckels (zwischen dem freien Rande und der
Vordeckelleiste), so wie die Seitentheile des Hinterhauptes sind be-
schuppt; die Schuppen an den Wangen, am Vorderrücken und an
der Brust sind kleiner als die übrigen Schuppen des Körpers. Der
hintere Rand der Schuppen ist stärker abgerundet, als jeder der
übrigen und ausnahmslos deutlich, aber fein bezahnt.
Die Seitenlinie erstreckt sich bis zum hinteren Ende der
Kaudale und läuft mit der Profillinie des Rückens parallel; sie durch-
bohrt zwischen dem oberen Ende der Kiemenspalte und der Basis
der Kaudale circa 47 — 50 Schuppen; auf der Schwanzflosse selbst
liegen deren circa IS — 17.
Zwischen dem ersten Stachel der ersten Rückenflosse und der
Mittellinie des Bauches zähle ich 18 — 19 Schuppen in einer Vertical-
reihe; von diesen liegen 6 — 7 über und 11 unter der Schuppen-
reihe der Seitenlinie.
1. D. 8, 2. D. i/10, P. •/„-, V. t/5, A. •/,_,; C. JT
6—7.
Die Profillinie des Kopfes fällt bei jungen Individuen in gera-
der Linie bis zur Schnauze ziemlich steil ab, ist aber bei älteren
Exemplaren an der Stirne etwas eingedrückt. Die Profillinie des
Rückens ist vom Hinterhauptende bis zum Beginne der ersten Dor-
sale massig gebogen, hierauf geradlinig, zwischen dem ersten
Stachel der zweiten Dorsale und der Basis der Kaudale schwach
concav. Die Profillinie des Bauches läuft in gerader Linie oder
äusserst schwacher Bogenkrümmung bis zur Basis des eisten Anal-
stachels, steigt längs der Basis der Anale aufwärts und beschreibt
Ichthyologische Notizen. 203
hierauf bis zur Basis der Schwanzflosse einen massig gekrümmten
concaven Bogen.
In der Körperfärbung unterscheidet sich C. affinis nicht von
C. undecimalis, nur scheint der schmale dunkle Streifen längs der
Seitenlinie in der Begel gänzlich zu fehlen. Die obere Körperhälfte
ist bräunlich goldgelb, die untere hellgelb mit Silberschimmer. Die
Oberseite des Kopfes und die ganze Schnauze ist dunkelbraun fein
punktirt, eben so die Flossenhaut der beiden Dorsalen, so wie end-
lich der Anale zwischen dem zweiten und dritten Stachelstrahle.
Johann Natterer fand die hier beschriebene Art bei Rio
Janeiro, dann zu Cajutuba; erst kürzlich erhielt das kais. Museum
fünf Exemplare derselben Art von Demerara in Guiana.
In Cuv. und Val. Hist. Nat. des Poissons so wie in Dr. Gün-
ther's Katalog der Stachelflosser des britischen Museums ist nur
C. undecimalis- angeführt und beschrieben, es ist somit diesen
Ichthyologen die hier beschriebene zweite Centropömus- Art unbe-
kannt geblieben; Theodor Gi II bemerkt zwar in seiner Synopsis
of the Subfamily of Percinae (Proceed. of theAcad. of Natur. Scienc.
of Philadelphia, Februar 1861): Several species are found in the
Carribbean Sea, Gulf of Mexico and along the neighboring coa^fs,
doch kann ich nirgends eine Beschreibung oder Namensanführung
dieser Arten finden.
Heteroynathodon Pelersii nov. spec.
Taf. f, Fig. 2.
Longitudo totalis ad illam capitis = 4'/3 : 1, altitudo corporis
'/6 c. longitudinis totalis, oculi diameter */3 capitis longi-
tudinis partem adaequans; lobus superior pinnae caudalis
profunde excisae in filum productus; fascia fusca obsoleta
longitudinalis inter oculi marginem posteriorem et basin
pinae caudalis
Die Länge des Kopfes ist 4i/3mal in der Totallänge oder
3y3mal in der Körperlänge (ohne Kaudale) enthalten. Die grösste
Leibeshöhe beträgt kaum >/6 der Totallänge oder a/9 der Körper-
länge, die geringste Leibeshöhe ist 23/5mal in der grössten enthal-
ten. Das grosse, länglich runde Auge ist um etwas mehr als seinen
grösseren Längendurchmesser vom hinteren und um etwas weniger
4, 04 S t e i ii d » c li ii e r.
als einen Diameter voin vorderen Kopfende entfernt. Die Entfernung
der Augen von einander gleicht circa 8/s des Augendiameters,
welcher letztere selbst l/3 der Kopflänge beträgt.
Zunächst dem vorderen Ende des Zwischenkiefers stehen
jederseits 3 — 4 lange Hundszähne; die äussere kurze Zahnreihe
(im vorderen Längendrittel) des Unterkiefers enthält grössere
Zähne als die unmittelbar hinter derselben stehende schmale Zahn-
hinde, welche sich weiter nach hinten in eine einzige Reihe etwas
stärkerer Zähne auflöst. Der Vordeckel ist am hinteren Rande
gleichrnässig fein gezähnt, der Kiemendeckel mit einem sehr kurzen
Stachel versehen.
Der gliederslrahlige Theil der Rückenflosse übertrifft den sta-
cheligen etwas au Höhe.
Die zehn Dorsalstacheln nehmen vom ersten angefangen bis
zum letzten fast gleichrnässig an Höhe zu, der letzte Dorsalstachel
ist beiläufig l4/5mal so hoch als der erste, oder nahezu der halben
Kopflänge gleich. Von den neun Gliederstrahlen derselben Flosse
ist der drittletzte am höchsten, die vorangehenden nur unbedeu-
tend kürzer als dieser; der letzte 1 '/ainal in der Höhe des drittletz-
ten enthalten. Die Rasislänge der Anale beginnt übrigens gegen-
über dem zweiten Gliederstrahl der Dorsale und endet gegenüber
der Basis des vorletzten.
Von den drei Analstacheln ist der zweite am stärksten , der
dritte am längsten, aber kürzer als der darauffolgende Gliederstrahl.
Dorsale und Anale liegen mit ihrer Basis in eine tiefe Furche
eingesenkt, in welche sich die Flossenstacheln vollkommen zurück-
ziehen können.
Die Brustflosse ist unbedeutend länger als die Ventrale und
kommt bezüglich ihrer Länge der Entfernung des vorderen Kopf-
endes vom hinteren Rande des Vordeckels gleich.
Die Kaudale ist am hinteren Rande tief eingeschnitten, die
beiden Loben zugespitzt, der obere fadenförmig verlängert.
Die Deckelstücke, mit Ausnahme des Vordeckelrandes, Hinter-
haupt und Wangen (nicht aber die Suborbitalknochen) sind be-
schuppt. Sämmtliche Schuppen sind am hintern Rande fein gezähnt.
Zwischen der Kiemenspalte und der Basis der zum grössten
Theile überschuppten Kaudale durchbohrt die Seitenlinie circa 47,
auf der Kaudale selbst 4 Schuppen.
lehthyolo<*isehe Notizen. 205
Zwischen der Seitenlinie und der Dorsale liegen drei, zwischen
ersterer und der Mittellinie des Bauches 11 Schuppen in einer ver-
ticalen Reihe.
i). to/9s a. Vt. P- 1(i> v. i/B, c. Ts;
9 c.
Das Kopfprofil fällt vom Hinterhaupfe in einem schön ge-
rundeten Bogen zur Schnauzenspitze ab; das Rückenprofil ist sehr
schwach zngekriimmt, das Bauchprofil bis zur Basis der Anale
geradlinig.
Die obere Körperhälfte ist blass-violet; eine äusserst schwach
ausgeprägte violete Längsbinde zieht sich in gerader Richtung vom
hinteren Augenrande zur Schwanzflossenbasis; unterhalb dieser
Binde ist die Färbung des Körpers hellgelb, zunächst dem Bauch-
rande silberfarben. Die Ventrale ist an der Basis schwefelgelb, eine
äusserst schmale Binde derselben Farbe säumt den oberen Rand
des stacheligen Theiles der Rückenflosse.
Fundort: Zanzebar.
Vornhin microps Steind.
Taf. II, Fig. I.
•Syn. Corvina stellifera Giillth. nee Bloch.
Die von Dr. Günther im zweiten Bande seines „Catalogue
of the Acanth. Fish, in the Collect, of the Brit. Mus." pag. 299
als Corvina stellifera beschriebene Art ist nicht identisch mit
Bloch's Bodianus stellifer = Corvina trispinosa Cuv. Val., son-
dern eine eigene Art, welche meines Kracht ens Cuvier und
Valen ciennes unbekannt geblieben war und wegen der gerin-
gen Grösse der Augen den Namen Corvina microps verdient.
Das kais. Museum besitzt zum Theile schon seit sehr langer
Zeit zahlreiche Exemplare dieser Art aus Guiana, die ganz genau
mit der früher citirten Gü nther'schen Beschreibung übereinstim-
men und von Heckel als Corvina mirrophthalma etiquettirt
wurden.
Zur leichteren Evidenzhaltung meiner Ansicht gebe ich eine
genaue Abbildung von Corvina microps mihi = Corvina stellifera
it U b Steindachner.
Günther, nee Bloch, nee Corvina trisphiosa C. V. (s. Taf. II,
Fig. 1).
Corvina microps m. unterscheidet sich von Corv. trisphiosa
C. V. = Bod. stellifer Bl. in ganz auffallender Weise durch die
bedeutend geringere Grösse der Augen, deren Durchmesser
ß'/i — 7mal, bei Corv. trisp. 3— 31/omal in der Kopflänge enthalten
ist; die Kopflänge seihst steht der grössten Körporhöhe nur wenig
nach; ferner ist der Vordecke! abgerundet, am freien Rande ge-
zähnt. Die Zähne nehmen zwar gegen den Vordeckel etwas an
Grösse zu, erreichen aber nicht jene bedeutende Länge und Stärke,
wie dieses bei Bod. stellifer B I. der Fall ist.
Die äussere Zahnreihe des Zwischenkiefers enthält übrigens,
wie bei der Bloch'schen Art, etwas grössere und entfernter yon
einander stehende Zähne, als die inneren. Die Breite der Stirne
beträgt bei C. microps m. 2 — 23/4 (bei Corv. stellifera 1 i/5 — lVs)
Augendiameter, der dritte längste Stachel der ersten Dorsale ist
6mal (hei C. stellifera Gth. nur 5mal •) in der Körperlänge ohne
Kaudale enthalten, der zweite Analstachel gleicht nahezu der halben
Kopflänge.
Die Pseudobranchien fehlen übrigens bei Corv. microps m.
nicht, sind aber nur sehr schwach entwickelt und wurden desshalb
von Dr. Günther an den von ihm untersuchten Exemplaren höchst
wahrscheinlich nur übersehen. Die Formel für die Flossenstrahlen
und Schuppen ist :
■, L. lat. 46 — 48, L. transv. y,.,.
D. 10—11
10-21
Paehypops biloba Steinet.
Syn. Corvina biloba Cuv. Val.
Cuvier und Valenciennes übersahen die drei zarten
Kinnbarteln an dem von ihnen beschriebenen kleinen Exemplare
(s. C. V. Hist. nat. des Poissons, tom. V, pag. 112—113). Das
kaiserliche Museum zu Wien besitzt zwei wohleihaltene Exemplare
derselben Art, von welchen das grössere 6"/4 Zoll lang ist.
*) Nicht zweimal, wie es in meinen Beiträgen zur Kenntniss der Sciaenoiden Brasiliens
und «1er Cyprinodonten Mejico's (Sitzungsb. d, k. Akad. d. Wissensch., Bd. 48)
irriger Weise zu lesen ist.
Ichtliyolog-Jache Notizen. '40 i
Das Maul ist unterständig, klein und schmal, der Unterkiefer
unter dem Zwisehenkiefer ganz zurückziehbar. Die Bezahnung der
Kiefer ist sehr schwach; sämmtliche Zähne sind wie bei den übri-
gen Pachypops-Arten äusserst fein und von ganz gleicher Grösse.
Die vorspringende Schnauze gleicht dem Augendiameter an Länge
und bildet durch einen schwachen Eindruck in der Mitte ihres Vor-
derarmes zwei seitliche Protuberanzen.
Die Kopflänge ist etwas mehr als 4mal in der Totallänge ent-
halten und übertrifft ein wenig die grösste Leibeshöhe. Der grössere
Längendurchmesser des ovalen Auges gleicht </3 der Kopflänge,
die Breite der Stirne zwischen den Augen nicht ganz 3/s der Augen-
länge. Die hinteren grösseren Narinen liegen unmittelbar am Vor-
denande der Augen, die vorderen kleineren sind 3/5 Augendiameter
vom vorderen Schnauzenrande entfernt.
Der zweite Analstachel ist durch seine Stärke, welche bei-
läufig '/5 der Augenlänge beträgt, ausgezeichnet; seine Länge ver-
hält sich zu der des Kopfes wie 2 : 3, doch ist er etwas kürzer als
der erste Gliederstrahl der Anale. Die Länge des dritten höchsten
Dorsalstachels ist 1 '/atrial in der grössten Leibeshöhe enthalten, der
erste Dorsalstachel ist sehr kurz und scheint desshalb von C. V al.
übersehen worden zu sein.
Der erste Gliederstrahl der Ventrale ist fadenförmig verlän-
gert, seine Länge gleicht »/4, die Länge der Pectorale &/9, die der
rhombenförmigen, stark zugespitzten Schwanzflosse -/7 der Körper-
länge ohne Schwanzflosse. Der gliederslrahlige Theil der Dorsale,
so wie die Kaudale sind ganz mit Schuppen bedeckt. Die Leibes-
scbuppen sind in schief gestellte Reihen geordnet und nehmen gegen
den Bauchrand zu bedeutend weniger an Grösse ab, als gegen die
Rückenflosse.
Die Seitenlinie erstreckt sich bis zur hinteren Spitze der
Kaudale und durchbohrt zwischen der Kiemenspalte und der
Sehwanzflossenbasis circa 50 — 53 Schuppen. Zwischen dem ersten
Dorsalstachel und der Mittellinie des Bauches liegen in der grössten
Leibeshöhe 19 — 20 Schuppen in einer Verticalreihe.
I i Hz!
D' 1 ° j 26=^ » A" '/•. P 17,L. trans. J_
Fundort: Surinam.
/2Ö8 S t e i n d a r h n e
Pempheris Schomburgkii Müll. Trosch., an nov. spec. ?
Longitudo totalis ad illam capites = 4:1; altitudo corporis ad
longitudinem totalem = 3 : 1 ; squamae in linea laterali
absque Ulis in pinna caudali c. 57 , postice valde den -
ticulatae.
Wie ich aus dem Nachfrage zum zweiten Bande von Dr. Gün-
thers Catal. of the Acanth. Fish, in fhe Coli, ofthe Brit. Mus.
pag. 527 entnehme, ist in Schomhurgk's History of ßarbadoes
pag. 669 eine amerikanische Pempheris-Avt, Pempheris Schom-
bitrgkii J. Müll. et. Trosch. (vielleicht nur dem Namen nach?)
erwähnt, welche Dr. Günther 1. c. nur dem Namen nach anführt
und als eine fragliche Art hinstellt. Leider ist in keiner der zahl-
reichen Bibliotheken Wiens Schomhurgk's Hist. of Barhadoes zu
finden und ich kann daher nicht mit Sicherheit angeben, oh die im
kaiserlichen Museum befindliehe Pempheris- Art aus Cuba mit
P. Schomburgkii identisch sei oder nicht; im ersteren Falle ist
P. Schomburgkii eine ganz gute Art.
Die äusseren Leibessehuppen sind bei sämmtlichen Pempheris -
Arten sehr gross, fallen, mit Ausnahme der ziemlich fest sitzenden
Schuppen der Seitenlinie, sehr leicht ab und sind am freien hinteren
Bande stets fein gezahnt, doch gehen die Schuppenzähnchen wegen
ihrer Zartheit sammt dem dünnen Bandstücke der Schuppen selbst
sehr leicht verloren und mau hält desshalb die Pempheris- Arten,
die sich in der Begel im beschädigten Zustande in den Museen vor-
finden, für Cycloidschupper. Zwischen je zwei aufeinander folgen-
den Verticalreihen der grossen Schuppen und von diesen über-
deckt, liegt eine Reihe viel kleinerer ganzrandiger Schuppen dicht
neben einander, so dass nach Hinwegnahme der leicht abfallenden
grossen (äusseren) Schuppen der Körper mehr oder minder voll-
ständig noch mit einer Decke kleinererCycloidschuppen versehen ist.
Beschreibung.
Die grösste Höhe des Körpers über d^n Bauchflossen ist etwas
weniger als 3mal, die Kopflänge etwas mehr als 4mal in der Total-
länge des Fisches enthalten.
Ichthyologische Notizen. 209
Die Breite des Kopfes zwischen den Kiemendeckeln gleicht der
halben Kopflänge. Der Durchmesser des kreisrunden Auges kommt
nicht ganz 3/7 der Kopflänge gleich; die Breite der Stirne , welche
etwas eingedrückt ist, beträgt zwischen der Mitte der oberen
Augenränder 2/3 des Augendiameters. Das hintere Ende des Ober-
kiefers reicht bis unter die Längenmitte des unteren Augenrandes
zurück, der etwas vorstreckbare schmale Zwischenkiefer, so wie der
flache Unterkiefer tragen zwei Reihen kleiner spitzer, einwärts
gekrümmter Zähnchen. Vomer und Gaumenhein sind gleichfalls mit
einer schmalen Binde feiner Hakenzähnchen besetzt. Der hintere
Operkelrand ist halb bogenförmig eingebuchtet, der obere feine
dagegen convex und zahnförmig ausgezackt.
Die zarten Spitzen der Flossenstrahlen sind leider zum grossen
Theile stark beschädigt, jedenfalls aber übertrifft die Höhe der
Rückenflosse die Länge der Basis (= i/3 Kopflänge) mindestens
um */3 der letzteren. Die Länge der Analflossenbasis ist nicht ganz
2i/4mal in der Totallänge, die Höhe des ersten Gliederstrahles der
Anale 3 V^mal in der grössten Körperhöhe enthalten.
Die beiden ersten Analstacheln sind sehr kurz, der dritte fast
3mal so lang als der zweite und kaum halb so lang als der erste
Gliederstrahl derselben Flosse.
Die Kaudale ist am hinteren Rande massig concav, der obere
Lappen länger als der untere. Die Länge der sichelförmigen Pec-
torale kommt der Kopflänge nahezu gleich. Der zarte Venfral-
stachel gleicht 4/5 der Länge des Auges.
Die Seitenlinie steigt vom oberen Ende der Kiemenspalte bis
unter die Mitte derRückenflossenbasis an und erstreckt sich über 70
deutlich gezähnte Schuppen, von denen circa 13 auf der Schwanz-
flosse liegen.
Die obere Hälfte des Körpers ist violet, die untere goldgelb
mit Silberreflex; die Schuppenscheide der Anale ist an der Basis
dunkel violet gesäumt.
7 — 8 indiv.
D. Vo, A. 3/33, p. 17, V. </5, B. ITdlT-
5 — 6 indiv.
Das Profil fällt vom Anfange der Rückenflosse in einem
schwach gekrümmten Bogen ziemlich steil gegen die Schnauze ab,
ist über dem Auge etwas eingedrückt und bildet längs der Basis
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. XLIX. ßd. [. Abth. IS
210 Stein dachner.
der Rückenflosse bis zu der der Kaudale eine gerade, nur wenig
geneigte Linie. Das untere Profil des Körpers ist bis zur Basis der
kurzen Ventrale sehr stark bogenförmig gekrü nmf, zwischen der
Basis der Ventrale und dem ersten Analstachel geradlinig, horizon-
tal; längs der Analflossenbasis erhebt es sich wieder so, dass die
Basis des letzten Analstrahles in gleicher Höhe mit der Mitte des
Auges zu liegen kommt.
Grösse: 143".
Fundort: Cuba. Im kaiserlichen Museum zu Wien durch Prof.
Pöppig.
JPIatf/fßlossua (Mjeplojiilifi) tlnbius n. sp.
Taf. II, FiV. 2.
Ich würde nicht den geringsten Anstand nehmen, den auf
Taf. II, Fig. 2 abgebildeten Juliden aus Zanzebar für identisch soft
Platyglossus (HalichoevesJ nigrescens Bleek. zuhalten, wären
nicht die Dorsalstach ein und selbst die zwei letzten
Analstachel n mit ziemlich langen Hautfähnchen ver-
sehen. In der Körperfärbimg, in den Längen Verhältnissen der
einzelnen Körpertheile, selbst in der Länge der einzelnen Dorsa!-
stachelu stimmt unser Exemplar im Wesentlichen mit der ausge-
zeichnet schönen und guten Abbildung von Bleeker's IlaUchoe-
res nigrescens (s. Atlas Icbthyologique des Indes Orient, Neerland.
Tome I, tab. 37, Fig. 4) = Platyglossus Dussumieri spec. C. V.
Günther überein, nur ist das Auge etwas kleiner (Smal in der
Kopflänge enthalten), die letzte Schuppe der Seitenlinie
bedeutend grösser als die vorangehenden und die
äusseren vorderen Hundszähne im Zwischen- und Un-
terkiefer stark nach hinten gekrümmt, aber etwas
kürzer und schwächer, als die beiden mittleren. Die beiden ersten
Gliederstiahlen der Ventrale sind fadenförmig verlängert; ihre
Länge beträgt nahezu '/5 der Totallänge. Wangen und
Kiemendeckel sind schuppenlos, der Vordeckel ungezähnt; am
Mundwinkel steht ein nach vorne gekehrter starker Hundszahn ;
Ichthyologische Notizen. i 1 1
die Schuppen am Thorax sind kleiner als an den Seiten des
Körpers.
3
D. 9/18, A. 3/13, L. I. 29, L. transv.
n.
Länge: 100"'.
Fundort: Zanzebar.
Nfugil Güntheri nov. spec.
Altitudo corporis capitis longitudinem adaequans ; oculi diameter
Vi s capitis longitudinis, squamae in linea laterali. absque
Ulis caudalis basin teyentibus 46 — 47.
Die grösste Höhe des Körpers gleicht nahezu der Kopflänge
und ist 5'/4mal in der Totallänge des Fisches enthalten. Die ge-
ringste Körperhöhe unmittelbar vor der Sehwanzflosse gleicht 5/, ,
der grössten.
Die Kopfhöhe beträgt etwas mehr, die Kopfbreite etwas weni-
ger als */3 der Kopflänge. Die Oberseite des Kopfes ist schwach
gewölbt , der Kopf selbst zugespitzt. Die Schnauze fällt etwas
steiler zum Mundrande ab, als der übrige Theil des Kopfes.
Das Auge ist zum grössten Theile von einer dicken Ketthant
überzogen, welche sich nach vorne über den Präorbitalknochen
zieht. Der Augendiameter beträgt 4/15 der Kopflänge, die Breite der
Stirne zwischen den Augen nicht ganz 1 1/2 Augendiameter.
Die Entfernung der Nasenöffnungen von einander ist 2 '/3 mal
in der Länge des Auges enthalten. Die hintere Nasenöffnung liegt
in einer tiefen Grube. Der Präorbitalknochen ist am ganzen unteren
und hinteren Rande gleichmässig fein gezähnt und reicht nicht so
weit zurück als der Oberkiefer.
Ober- und Unterlippen sind mit feinen, haarförmigen, ge-
krümmten Zähnchen besetzt. Die Zähne der äusserst dünnen Un-
terlippe liegen fast horizontal, mit Ausnahme ihrer aufwärts ge-
krümmten Spitze und sind bedeutend kürzer, aber viel dichter an
einander gereiht als die Zähne der massig verdickten Oberlippe.
Die Mundspalte ist von herzförmiger Gestalt, eben so breit als
lang und nur unbedeutend kürzer, als der Augendiameter. Der
Knoten an der Symphyse der Unterkiefer springt stark nach
oben vor.
212 Steindachner.
Die erste Dorsale ist etwas höher als die zweite, ihre Höhe
gleicht 3/5 der Kopflänge. Die zweite Dorsale ist höher als lang,
aber nicht so hoch als die Afterflosse und ist gleich dieser so wie
der Unterseite der Ventrale ganz überschuppt. Die Basislänge der
Afterflosse übertrifft die der zweiten Dorsale, welche 21/4mal in
der Kopflänge enthalten ist, um 2/3 der Augen länge. Die Länge der
zugespitzten Brustflosse steht der des Kopfes nahezu um einen
Augendiameter nach. Die Länge der gabelig getheilten Kaudale ist
nicht ganz 5mal, die der Ventrale 73/4mal in der Totalläuge ent-
halten. Zwischen der Schnauzenspitze und dem ersten Dorsalstachel
liegen circa 26 Schuppen in einer Beihe, von denen die vier vor-
dersten Schnauzenschlippen sehr klein sind; zwischen dein hintern
Augenrande und dem Vordeckelrande liegen 3'/a Schuppen, zwi-
schen dem obern Ende der Kiemenspalte und der Basis der Kaudale
46 — 47, auf der Schwanzflosse selbst vier von dem Seitencanale
durchbohrte Schuppen. Eine sehr lange, aber schmale, an der
Basis selbst wieder mit kleineren Schuppen bedeckte Schuppe liegt
an der Basis der ersten Rückenflosse, eine etwas breitere zwischen
den beiden Ventralen, eine kürzere am Aussenrande jeder Ventrale
und am obern Ende der Brustflossenbasis.
Mit Ausnahme des Präorbifalknochens und der Lippe ist der
ganze Kopf mit Schuppen bedeckt. Die Kopfcanäle münden mit
ziemlich zahlreichen Poren an der Oberseite des Kopfes; am Vor-
deckelrande liegen deren 7.
Die Oberseite des Kopfes und der Rücken ist bräunlich mit
stahlblauen und stahlgrünen Reflexen, der übrige Theil des Körpers
silberfarben, mit Goldschimmer überflogen. Die Ventrale und
Anale zeigen eine blass orangerothe Färbung, eben so die Kaudale,
nur sind die Ränder schwärzlichbraun gesäumt.
Die beiden Dorsalen sind schmutzig gelbbraun, eben so die
Brustflossen, an deren Basis ein schwach ausgeprägter schwärz-
licher Fleck sitzt. Die einzelnen Schuppen der grösseren oberen
Körperhälfte sind, besonders an älteren Individuen, zunächst dem
hinteren Rande dicht braun punktirt.
B. 5, D. 4 | i/8, A. ■/„ L. lat. 46—47, L. transv. 14'/,.
Länge der zur Beschreibung benutzten Exemplare: 150 bis
182'".
Fu ndort: Britisch-Guiana.
Ichthyologische Notizen. Z\ o
Pimelodus altipinnis nov. spec.
Taf. II, Fig. 3 und 4.
Die grösste Leibeshöhe gleicht 2/z der Kopflänge, die ge-
ringste 3/5 der grössten Körperhöhe.
Der stark deprimirte Kopf ist S'/oinal in der Kopflänge ohne
Kaudale enthalten, und 1 ^mal so lang als breit.
Das runde Auge berührt mit seinem oberen Rande das Stirn-
profil und ist bezüglich seiner Länge 4y5mal in der des Kopfes
enthalten. Die Entfernung des Auges vom vorderen Kopfende be-
trägt 2, vom hinteren Kopfende 2*/a seiner Durchmesser. Die Stirn-
breite gleicht zwei Augendiametern. Die vordere Nasenöffnung liegt
nahe am Schnauzenrande am Ende einer langen Tube, und ist von
der hinteren nahezu um einen Augendurchmesser entfernt. Die Kiefer
sind gleich lang und mit einer schmalen Binde äusserst feiner Zähn-
chen besetzt. Die Breite des Maules gleicht der halben Kopflänge.
Die Maxillarbartfäden reichen bis zur Längenmitte der Kaudale,
die unteren äusseren etwas über die Basis der Ventrale hinaus, die
unteren inneren nahezu bis zur Spitze der zurückgelegten Pectorale.
Kiemendeckel und Schulterknochen sind durch erhabene Linien
gestreift. Die Oberseite des Kopfes überzieht eine äusserst zarte
Haut, welche sich hinter dem Auge auf das Innigste mit der Ober-
fläche der fein gekörnten Stirn und Scheitelbeine verbindet, unter
welchen das Gehirn durchschimmert. Der Hinterbauptfortsatz ist
fein zugespitzt, mehr als zweimal so lang als an der Basis breit.
Das Schild vor der Rückenflosse ist von der Körperhaut so bedeckt,
dass es nicht von aussen sichtbar ist. Die vordere Fontanelle be-
ginnt zwischen den hinteren Narinen und reicht nur eben so weit
als das Auge zurück; die hintere viel kleinere Fontanelle liegt vor
der Basis des Hinterhauptfortsatzes.
Sämmtliche Flossen sind durch ihre bedeutende Höhe ausge-
zeichnet. Die erste Dorsale enthält einen zarten Stachel, der sich
in einen gegliederten Faden verlängert und sechs Gliederstrahlen,
von denen der zweite bis vierte sich nahezu an Höhe gleichen. Diese
beträgt 7/6 der Kopflänge; der vorletzte Gliederstrahl gleicht an
Höhe dem Dorsalstachel sammt dessen Anhang oder 2/3 der Kopf-
länge. Die Fettflosse beginnt sogleich hinter der ersten Rücken-
flosse und ei reicht zunächst ihrem hinteren, senkrecht abgestutzten
214 Steindachner. Ichtliyologisehe Notizen.
Ende die grösste Höhe, welche etwas mehr als i/i der Kopflänge
beträgt. Die Länge der Fettflosse ist 2 i/4mal in der Körperlänge
ohne Kaudale enthalten.
Die Brustflossen kommen der Ventrale oder 5/7 der Kopflänge
gleich; der Pectoralstachel ist von massiger Stärke, sein Ende
weich verlängert und nur in der hinteren Längenhälfte seines
Aussenrandes gezähnt, dagegen ist der Innenrand bis zur Basis hinab
mit Zähnen besetzt. Ein Porus pectoralis ist vorhanden.
Das hintere Ende der zurückgelegten Bauch-
flosse erreicht die Basis der Anale. Letztere ist höher als
lang und endet zurückgelegt etwas vor dem Ende der Fettflosse.
Die Kaudale ist tief eingebuchtet, ihre Länge beträgt nahezu J/8
der Körperlänge (ohne Kaudale); die beiden Loben der Schwanz-
flosse sind fadenförmig verlängert.
Die Oberseite des Kopfes ist dunkelbraun, die Unterseite des-
selben gelblich-weiss, der übrige Körper goldbraun, Pectorale,
Ventrale und Anale sind blassgelb, Dorsale und Kaudale schmutzig-
hellbraun.
B. 7, D. '/6, P. i/„ A. 12, V. 6, C. 20 et pl. hiev.
Das kaiserliche Museum besitzt von dieser, wie ich glaube,
neuen Art nur ein einziges auf Taf. II in natürlicher Grösse abge-
bildetes Exemplar von Demerara in Guiana.
Sic iiuliii'luu'r. [rkllivolosisrkc Notizen
Fi9. /.
Taf.I.
Fiy.Z.
■'■<
/" \
^
.
m.
SitBunssk.d.k.Akad.AW. malk natuw. ClILIXBAlAbtk. I8li+.
Sir in <hcli iht. Iclltlivoloßisrhe Xnli/.ni
*8-<
Fig. ♦.
I
SilauiHisb d k ..Akad.d.W. mnf li. iinlurw CLXLlXBdXÄbtk.1864.
I'. e u s s. Über fossile Lepadiden. 21!)
Über fossile Lepadiden.
Von dem w. M. Prof. Dr. A. Reuss.
(Mit 3 Tafeln.)
In der trefflichen Monographie der Lepadiden von Darwin1)
werden die lebenden Lepadiden in 11 Gattungen vertheilt (Anatifa
B r u g., Poecilasma Dar w ., Dichelaspis Dar w., Oxynaspis Dar w.,
Conchoderma 0 1 f., Alepas R a n g., Anelasma D a r w., Heia L e a c h,
Scalpellum L e a c h , Pollicipes L e a c h und Lithotrya Sow.),
welche nicht sehr artenreich sind und zusammen nur 48 mit Sicher-
heit bekannte Species umfassen. Nicht viel zahlreicher sind die
fossilen Arten, deren man bisher etwa 52 kannte. Mit Ausnahme
einer Art, welche eine bis jetzt nicht lebend aufgefundene Gattung
Loricula Sow. repräsentirt, gehören sie sämmtlich den Gattungen
Scalpellum und Pollicipes an, deren erste 25, die zweite 26 Species
zählt. Die ältesten 2) reichen in die Juraperiode, treten also in der
Entwickelungsreihe der organischen Wesen früherauf, alsdieBalani-
den, deren erste Spuren (Verruca und Chthamalus) nach den Ent-
deckungen Bosquet's3) in den obersten Schichten der weissen
Kreide zum Vorschein kommen. Zum Höhenpunkt der Entwickelung
gelangen sie schon in der Kreideperiode, welcher 44 von den üben
!) Ch. Darwin, A munograph of the subclass Cirripedia. The Lepadidae in den
Schriften der Ray Society. 1851.
ä) Die gestielten Cirripedier dürften selbst noch in eine weit frühere Erdperiode
zurückreichen, denn die bisher räthselliaftc Gattung Plumulites Barr, aus den
Silurschichten Böhmens wird ohne Zweifel denselben beizuzählen sein. Nach
einem Exemplare, das ich in der trefflichen Sammlung Barrande's sah und in
welchem die sonst immer isolirt vorkommenden Klappen sich noch theilweise in
ihrer ursprünglichen Verbindung befinden, reiht sich dieselbe zunächst an die
ebenfalls ausgestorbene Gattung Loricula an.
3) J. Bosquet, Monographie des crustaces fossiles du terrain cretace du duche
de Limbourg. llaarlem, 1854 und Notice sur quelques Cirripedes recemiuent
decouverts dans le terrain cretace du duche' de Limbourg. Haarlem, 1857.
216 Reuss.
angegebenen Arten (also 84-6 Pct.) angehören. Nur drei Polli-
cipes-Xrlen stammen aus der Juraformation und Jrei Arten von
Scalpellum und zwei von Pollicipes lagern in den verschiedenen
Etagen der Tertiärformation.
Aber auch von den beschriebenen Arten besitzen wir nur
eine unvollständige Kenutniss, da dieselbe sich beinahe durch-
gehends auf einzelne aus dem Zusammenhange gerissene Klappen
beschränkt, so dass fast bei allen weder die Zahl der das Gerüste
zusammensetzenden Schalentheile angegeben werden kann. Überdies
treten die meisten Arten nur sehr selten und an vereinzelten Fund-
stätten auf. Nur wenige erfreuen sich einer weiteren Verbieitung und
scheinen nach Art mancher lebenden Species an weit ausgedehnten
Küstenstrecken heimisch gewesen zu sein.
Bei den grossen Lücken, an welchen unsere Kenntniss der
fossilen Cirripedier noch leidet, muss jeder weitere Schritt zur
Ausfüllung derselben erwünscht sein. Einen kleinen Beitiag zu
diesem Zwecke sollen auch nachstehende Bemerkungen liefern.
Das Materiale zu meinen Untersuchungen verdanke ich der Güte
theils meines verehrten Freundes Herrn Directors Dr. Hörn es,
der mir mit grösster Liberalität die einschlägigen Fossilreste des
k. k. Hof-Mineialien-Cabinetes zur Disposition stellte, theils des
Herrn Kammerrathes Grotrian aus Braunschweig, welcher ein
reiches Material aus den Oligocänschichten von Söllingen auf die
zuvorkommendste Weise mir zur Untersuchung mittheilte. Beiden
Herren sei hiermit mein aufrichtigster Dank ausgesprochen.
1. Lepadidenreste aus den Oligocänschichten von Söllingen.
Schon seit längerer Zeit haben die mitteloligocänen Tertiär-
schichten durch ihren Beichthum an Petrefacten die Aufmerksamkeit
der Paläontologen auf sich gezogen. Auch ich habe mich eingehend
mit der Untersuchung der Foramini feren , Anthozoen und Bryozoen
beschäftigt. Erstere liefern wohl grossentheils nur bekannte Arten,
und zwar solche, die sich in den typischen Septarienthonen anderer
Gegenden wiederfinden , und bestätigen das aus der genauem
Prüfung der Molluskenreste sich ergebende ßesultat, dass das Söl-
liuger Lager dem Seplarienthone beizuzählen sei, in vollem Masse.
Die Anthozoen und Bryozoen aber erregen dadurch ein besonderes
Über fossile Lepadiden. 21 T
Interesse, dass sie uns eine grossentheils ganz neue Fauna vorführen,
indem sie in anderen bisher untersuchten Septarienthonen ver-
geblich gesuclit worden sind.
In dem Materiale, das mir Herr Kammerrath Grotrian zu
dem genannten Zwecke mittheilte, entdeckte ich auch einige Cirri-
pedier-Reste, die als bisher unbekannte Formen sogleich meine Auf-
merksamkeit erweckten und zur näheren Untersuchung anregten.
Sie gehören drei verschiedenen Arten und Gattungen an und sollen
im Folgenden beschrieben werden.
1. Scalpelliini robustum m. (T. I, F. 1 — 10).
Schon vor nahezu drei Jahren habe ich eine neue Scalpellum- Ar\,
Sc. Ncmckanum, aus dem Septarienthone von Crefeld beschrieben *).
Jetzt benütze ich die Gelegenheit, eine zweite, der vorgenannten
verwandte Species aus Schichten, die demselben geologischen
Niveau angehören, bekannt zu machen.
Bisher sind 25 fossile Species von Scalpellum beschrieben
worden, von denen je eine pliocän, oligoeän und eocän ist; 20 Arten
stammen aus der obern Kreide, die zwei ältesten aus dem Gault.
Ältere Gesteinschichten haben bisher noch keine Spur davon geliefert.
Sondert man die Scalpellum- Arten nach dem Baue ihrer Carinalklappe,
so zerfallen sie in zwei Abtheilungen, deren eiste die Arten mit
endständigem Carinalwirbel umfasst, während der zweiten jene
Arten angehören, bei denen der Wirbel der Carinalklappe mehr
weniger von dem obern Ende derselben entfernt steht. Die erste
ist bei weitem reicher an Arten, besonders an fossilen ; von den
lebenden gehören ihr dagegen nur ein Drittheil, nämlich zwei an,
Die hieher zu zählenden Arten sind:
aj Lebend.
1 . Sc. rutilum Dar w.
2. Sc. villosum Leach sp.
b) Fossil.
3. Sc. quadratum Darw. Eocän.
4. Sc. fbssula Darw. Obere Kreide.
5. Sc. maximum Sow. sp. Obere Kreide.
6. Sc. lineatum Darw. Obere Kreide.
i) Sitzungsberichte der kais. Akademie d. Wissenschaften in Wien. Bd. 44, S. 301 ff.
Taf. I, Fig. 1—3.
i 1 o R e u s s.
7. Sc. hastatum Darw. Obere Kreide.
8. Sc. angustum Dix. Obere Kreide.
9. Sc. trilineatum Darw. Obere Kreide.
10. Sc. solidulum Steenstr. sp. Obere Kreide.
11. Sc. tubercitlatum Darw. Obere Kreide.
12. Sc. cretae Darw. Obere Kreide.
13. Sc. gracile Bosq. Obere Kreide.
14. Sc. quadricarinatum Reuss sp. Planer.
15. Sc. pygmaeum Bosq.; vielleicht mit dem vorgenannten
identisch! Obere Kreide.
16. Sc. elongatum Bosq. Obere Kreide.
17. Sc. pulchellum Bosq. Obere Kreide.
18. Sc. angustatum Gein. sp. Pläner.
19. Sc. simplex Darw. Gault.
20. Sc. arcuatum D a r w . Gault.
Die zweite Abtheilung umfasst dagegen nur 9 Arten, un>l zwar:
a) Lebend.
1. Sc. vulgare Leach.
2. Sc. ornatum Gray.
3. Sc. rostrat um Darw.
4. Sc. Peronii Gray.
b) Fossil.
5. Sc. magnum Wood. Pliocän.
6. Sc. Nauckanum Reuss. Oligocän.
7. Sc. Darwinianum Bosq. Obere Kreide.
8. Sc. Hagenowianum Bosq. Obere Kreide.
9. Sc. Beisseli Bosq. Obere Kreide.
Von zwei fossilen Arten aus der weissen Kreide — Sc. semi-
porcatum Darw. und Sc. radiatum Bosq. ist die Carinalklappe
bisher nicht gefunden worden, daher nicht sicher gestellt, welcher
der beiden Gruppen dieselben beigezählt werden sollen.
Die von mir nun zu beschreibende Species gehört der zweiten
Gruppe an und ist im Baue der Carina und des Senium dem ebenfalls
mitteloligocänen Scalpellum Nauckauum Reuss am nächsten ver-
wandt. Ich habe nur isolirte Klappen gefunden; da aber bei Söllingen
keine andere Sca/pellum-Species nachgewiesen werden kann, so
unterliegt ihre Zusammengehörigkeit kaum einem Zweifel. Mir
liegt die Carina, das Tergurn, das Scutum und die Carinalseiten-
Über fossile Lepadiden. 2 1 9
klappe vor; die übrigen Klappen sind bisher leider noch nicht auf-
gefunden worden.
Von der Kielklappe (Carina) habe ich sieben Exe nplare
von ungemein verschiedener Grösse vor mir liegen. Von diesen
ist jedoch nur eine in ihrer gesatnmten Länge erhalten; bei drei
anderen fehlt nur ein sehr kleines Stück, das sich leicht ergänzen
lässt; die übrigen drei sind sehr fragmentär, nur im oberen Theile
erhalten. Die vier vollständigeren Exemplare zeigen folgende Längen-
masse.
Das kleinste misst 3-75 Par. Lin.
„ zweite „ 8-0
„ dritte „10-5 „ „
„ grösste „11-0
In den meisten De!ails stimmt die Carina mit jener von Scal-
pellum Nauckanum überein. Auch hier setzt sich die im Ganzen
schmale, stark seitlich zusammengedrückte Klappe oberhalb des zuge-
rundetenWirbels durch nach aufwärts gerichtetes Wachstlium in einen
oberen Lappen von bedeutender Grösse fort. Statt dass derselbe
sich aber mit der Längsaxe des Haupttheiles der Carina in einem
sehr stumpfen Winkel vereinigt, wie es bei allen bisher bekannten
Scalpellum-Arten mit nicht terminalem Wirbel der Fall zu sein pfleg i,
bildet er damit einen viel kleineren Winkel. Bei einem der vor-
liegenden Exemplare von 105 Lin. Höhe ist es ein Winkel von beiläufig
80 , bei anderen von 60 , ja bei dem grösslen von nur 45°. Dadurch
nimmt der obere Theil der Kielklappe eine höchst auffallende kapu-
zenförmige Gestalt an. Dabei erreicht dieser Lappen ein Drittheil,
ja selbst die Hälfte der Länge des übrigen Theiles der Carina.
Ein anderes sehr in die Augen fallendes Merkmal ist die unge-
meine Dicke der Schale in der Wirbelgegend. Sie schwillt bei dem
grössten Exemplare zu 3*25- — 3-75 Lin. an, so dass die innere Fläche
in Folge der Ausfüllung durch zahlreiche, übereinander gelagerte
Schalenschichten nur eine seichte Längsrinne darbietet.
In den übrigen Verhältnissen findet grosse Übereinstimmung
mit Sc. Nauckanum Statt. Ja ohne die oben angedeuteten auffal-
lenden Abweichungen und ohne die Differenzen im Baue des Ter-
gums könnte man sich versucht fühlen, beide Species zu vereinigen.
Während die Carina am Wirbel so stark seitlich zusammengedrückt
ist, dass sie eine winkelige Rückenkante bildet, nimmt sie nach unten
220 Reu ss.
allmählich an Breite zu und endet daselbst in einem ziemlich breiten
Bogen. Das Tectum ist schmal lanzettlich, oben sehr lang zuge-
spitzt, schwach gewölbt und von den Parietalgegenden, mit denen
es in stumpfem Winkel zusammenstösst, schwach geschieden, indem
die Trennung nur durch eine zarte rippenartige Kante angedeutet
wird. Über das Tectum verlaufen überdies 2 — 3 sehr schwache
Radialstreifen, die aber an den meisten etwas abgeriebenen Exem-
plaren nicht sichtbar sind. Die stark ausgesprochenen ungleichen
Wachsthumsstreifen bilden einen dem untern Rande der Carina
parallel laufenden Bogen.
Die Parietalgegenden stellen eine spitz- und sehr schief-drei-
eckige, fast ebene Fläche dar, auf welcher nebst den sehr schräg
darüber hinwegsetzenden Anwachsstreifen noch einige entfernte und
schwache Radiallinien sichtbar sind. In Folge von Abreibung ver-
schwinden diese, während die Anwachsstreifung stärker hervortritt.
Von den Parietalgegenden sind die viel ausgedehnteren Inter-
parietalregionen, welche die Seitenflächen des oberen Carinallappens
darstellen, durch eine Depression gesondert, die an den kleineren
Exemplaren als schmälere, aber tiefere Furche, an den grösseren als
breiterer seichterer Eindruck erscheint. Sie entsteht dadurch, dass
die an der Grenze der Parietalregionen stärker zusammengedrückte
Carina gegen das obere Ende hin wieder etwas dicker wird. Übrigens
stellen die Interparietes sehr schiefe Dreiecke dar, deren lange untere
Spitze bis beinahe zur Hälfte der Gesammtlänge der Carina herab-
reicht. Die obere, kürzeste Seite des Trigons bildet der obere
Rand der Carina selbst. Der innere Rand stösst mit dem inneren
Rande des Körpers der Carina entweder in einem deutlichen sehr
stumpfen einspringenden Winkel zusammen oder geht durch eine
sanfte Einbiegung in denselben allmählich über. Die Anwachs-
streifen setzen über die Interparietalflächen in schräg aufsteigender
Richtung fort und werden bisweilen auch von einigen feinen Radial-
linien durchkreuzt.
Die innere Fläche der Carina erscheint als gebogene Längs-
rinne, die im untern Theile breiter und tiefer, im obern in Folge
der Schalenverdickung weit seichter wird.
Das Tergum liegt in zwei rechtsseitigen Exemplaren vor,
deren eines eine Höhe von 10'", das andere von nur 6'5" besitzt.
Es zeigt eine von dem Tergum der meisten übrigen Scalpel/um-Avten
Über fossile Lepadiden. «41
abweichende Gestalt und nähert sich am meisten dem lebenden
Sc. villosum Leach sp. (Darwin, 1. c. p. 274, T. 6, F. 8), so wie
dem fossilen Sc. Hagenowianum Bosq. (Monogr. des crust. foss.
du terr. eret. du duche de Limbourg, p. 39, T. 4, F. 14) und dem
Sc. magnum Wood (Darwin, Foss. Lepad. p. 18, T. 1, F. 1 d).
So wie bei diesen Arten, besitzt es einen schief-dreieckigen Umriss.
Es fehlt nämlich der gewöhnlich am Carinalrande vorspringende
Winkel; derselbe bildet vielmehr eine beinahe gerade, nur im
obern Theile wenig concave Linie, weil der zugespitzte Wirbel
etwas gegen die Carina hin gebogen ist. Dadurch nimmt auch der
Schliessrand (occludent margin) eine nicht bedeutende Biegung an.
Seine Länge beträgt nur zwei Drittheile des Scutalrandes , mit dem
er in stumpfem, bisweilen sehr abgerundetem Winkel zusammen-
stösst und der ebenfalls eine schwache Convexität zeigt. An dem
grossen Exemplare ist er beinahe gerade. Mit dem Carinalrande
vereinigt er sich in einem vorgezogenen, ziemlich spitzigen Winkel.
Die Aussenfläche des Tergums, welches im oberen Theile und
zunächst dem Carinalrande ziemlich dick ist, nach unten und gegen
den Scutalrand hin sich allmählich verdünnt, ist mit ungleichen,
etwas blätterigen Anwachsstreifen bedeckt, die zuerst dem Scutal-
rande parallel laufen, dann aber in einem vom Wirbel zum untern
Winkel sich hinabziehenden stumpfen Kiele sich aufwärts gegen
den Carinalrand biegen.
Die Innenfläche ist beinahe eben, ohne alleConcavität und dacht
sich gegen das zugeschärfte obere Ende etwas ab.
Vom Scutum habe ich zwei Exemplare vor mir, ein links-
seitiges, 93'" hoch bei einer grössten Breite von 4'", und ein rechts-
seitiges, nur 6"' hoch und 3-25"' breit. Letzteres ist zugleich sehr
dünnschalig. Im Umrisse kömmt es sehr mit Sc. Nauckanum und
Sc. magnum überein. Es ist trapezoidal, unten fast gerade abgestutzt,
oben schräge abgeschnitten, so dass es sich an der von der Carina
abgewendeten Seite in einen spitzigen Lappen verlängert, der bei
dem grössern Exemplare viel stärker ausgesprochen ist. Es hat
dies offenbar seinen Grund darin, weil das Wachsthum der Klappe
in der Jugend vorwiegend nach unten stattfindet und sich erst in
vorgerückterem Alter etwas mehr nach oben richtet.
Der Schliessrand, der längste der vier Bänder, ist beinahe
gerade, nur oben schwach gebogen. Er stösst mit dem Basalrande
222 K e u s s.
fast rechtwinkelig zusammen. Zunächst kömmt in Betreff der Länge
der entgegengesetzte Lateralrand , der nur im obern Theile etwas
ausgeschweift ist und mit dem kürzern schrägen Tergalrande einen
sehr stumpfen Winkel bildet. Von diesem, der ein in verschiedenem
Grade vorspringendes Eck bildet, läuft ein mehr weniger hervor-
tretender schwacher Kiel etwas schräge vorwärts gogen den Wirbel,
welcher am Schliessrande am untern Ende des zweiten Neuntheiles
der Gesammtlänge liegt. Es ergibt sich daraus die geringe Grösse
des den Wirbel überragenden spitzwinkeligen Lappens.
Die Oberfläche des Scutum ist wenig gewölbt und zwar nur
in dem Räume zwischen dem Schliessrande und einer vom Wirbel
gegen den Lateralwinkel gezogenen Linie, die im höhern Alter als
ein deutlicher, wenngleich sehr schwacher Kiel vortritt. Zwischen
demselben, dem Lateralrande und dem vorerwähnten stumpfen
Tergolateral winkel befindet sich eine seichte Depression. Eben so
ist der obere Lappen niedergedrückt. Die Anwachsstreifen laufen
dem untern und dem Laleralrande parallel und stossen in der oben
bezeichneten schrägen Kante fast rechtwinkelig zusammen. Auf dem
obern Lappen ziehen sie in dem oberen Rande paralleler Richtung
zur Spitze.
Die Innenseite lässt die grosse und ziemlich tiefe Depression
zur Anheftung des Musculus adductor deutlich erkennen, so wie
eine am Schliessrande vom Wirbel herablaufende und von einer
schmalen Lippe überragte Furche, wie sie an lebenden Arten zum
Sitze der complementären Männchen dient.
Unter dem von mir untersuchten Materiale befanden sich end-
lich noch zwei Carinalseitenklappen , eine rechts- und eine links-
seitige, beide von verschiedener Grösse. Die linke misst b''' in
der Breite, 2'ä'" in der Höhe, während bei der rechten diese
Dimensionen 3-78 " und 2'" betragen. In der Gestalt kommen sie
vollständig mit jenen von Sc. magnum Wood. (Darwin. I. c. T. 1,
Fig. 1 / — )i) überein. Sie sind schmal-dreieckig , sichelförmig
gebogen, an dem frei vorstehenden Wirbelende zugespitzt, an dem
entgegengesetzten schräg abgestutzt und schwach gerundet. Der
obere Rand ist concav, der untere stärker convex. Auf der äusseren
wenig gewölbten Fläche laufen die Anwachsstreifen dem Basalrande
parallel, an welchem die Klappe zugleich dünn, zugeschärft ist.
Das spitzige Umbonalende dagegen ist sehr verdickt und auf der
Über fossile F^epadiilen. i-to
Innenseite ebenfalls mit queren Anwachsstreifen bedeckt. Seine
Ränder sind fast senkrecht abgestutzt und der Länge nach furchen-
artig ausgehöhlt.
Die iibrgen Klappen sind bisher noch nicht aufgefunden
worden.
2. Poecilasma! dubia m. (T. 1, F. 11 ; T. 2, F. 1).
Unter den Klappen des eben beschriebenen Seal pel lum befand
sich auch eine einzelne Klappe, die offenbar ebenfalls einem gestielten
Cirripeden angehört und in Folge ihrer vollkommenen Symmetrie eine
Mittelklappe (Carina) sein muss. Da alle übrigen Klappen bisher fehlen,
so ist eine nähere Bestimmung sehr schwierig, ja mit Sicherheit unmög-
lich. Doch fehlt es nicht an Anhaltspunkten, die uns über die Verwandt-
schaft und zoologische Stellung des Thieres, von welchem der Fos-
silrest abstammt, einigen Aufschluss gehen können. Eines der zuerst
und am leichtesten in die Augen fallenden Merkmale ist es, dass in der
ganzen Ausdehnung der Klappe die Anwachsstreifung nach oben ge-
richtet ist, das Wach^lbum also ausschliesslich in dieser Richtung
stattgefunden bat; mithin in einer Richtung, die jenerbeiSea Ipel 1 um
und dem zunächst verwandten Pol li cip es gerade entgegengesetzt
ist. Diese beiden Gattungen werden also bei der Bestimmung unseres
Fossiles schon von vorne bereit» ausgeschlossen. Zu Anatifa(LepasJ
kann derselbe aber auch nicht gezählt werden, weil bei dieser die
Carina stärker gebogen und oben zugespitzt isl in Folge des llinein-
tretens zwischen beide Tergalklap;ien, und weil sie nach unten in eine
Gabel oder Scheibe auswächst, durch welche ihre festere Inser-
tion bewerkstelligt wird. Die fossile Klappe ist dagegen oben am
breitesten und wird dort gleichsam von zwei kurzen schrägen
bogenförmigen Rändern begrenzt , die in der Mitte unter sehr
stumpfem Winkel zusammenstossen. Es deutet dies darauf hin, dass
die Carina sich nicht zwischen beide Terga hineinschiebt, sondern
dass sie nur bis zu ihrem Basalwinkel reicht, deren je einem einer
der vorhin erwähnten kurzen schrägen Ränder am obern Ende
entspricht. Gerade diesen Bau finden wir aber bei Poecilasma
Darw. (I. c. p. 99, T. 2, F. 1-5), einer Gattung, die freilich
bisher nicht im fossilen Zustande bekannt gewesen ist. Auch die
Beschaffenheit des untern Endes, das beinahe einfach abgestutzt
ist, ohne Gabel und ohne Scheibe , würde damit übereinstimmen.
Dagegen besitzt die Carina der lebenden Poecilasma- Ar I en , beson-
2M
l> e u s s.
ders im untern Theile, eine stärkere Krümmung, breitet sich nach
oben nicht löffeiförmig aus und zeigt eine andere Beschaffenheit
der Aussenfläche. In wieferne diese Abweichungen nur eine speci-
fische Differenz bedingen oder selbst auf eine neue Gattung hinwei-
sen, ist nicht zu entscheiden, bevor die Entdeckung der noch feh-
lenden Klappen helleres Licht über den Bau des fossilen Thieres
verbreitet haben wird. Desshalb konnte ich mich auch nicht ent-
schliessen, auf einen so vereinzelten, wenngleich interessanten Fossil-
rest ein neues Genus zu gründen, sondern habe es vorgezogen, den-
selben vorläufig zu jener Gattung zu stellen, mit welcher er in seinen
Hauptmerkmalen übereinstimmt.
Die vorliegende Carina ist 9"' hoch, spateiförmig, am untern
Ende abgestutzt, am obern schwach zugerundet, mit sehr wenig
vorstehender centraler Spitze, in der sich die zwei Hälften des flachen
Bogens vereinigen. Nicht weit unter dem oberen Ende erreicht die
Klappe ihre grösste Breite von 3'" und verschmälert sich nach ab-
wärts sehr allmählich, so dass sie etwa 2-5'" über dem untern Ende
am schmälsten (etwa V" breit) wird. Von dort aus verbreitert sie
sich wieder etwas, indem sie sich jederseits in einen kurzen drei-
eckigen Zahn ausdehnt und an dem abgestutzten untern Ende wie-
der die Breite von 3'" annimmt.
In den unteren zwei Drittheilen steigt sie beinahe senkrecht
empor, und erst in dem obern spateiförmigen Drittheile biegt sie sich
schwach vorwärts. Dort ist sie auch am dünnsten , am Oberrande
selbst schneidig; ihre grösste, aber immer wenig bedeutende Dicke
besitzt sie nicht weit über dem untern Ende.
Die Aussenfläche erscheint nicht nur nicht convex, sondern
vielmehr der Länge nach seicht rinnenförmig ausgehöhlt. In der Mit-
tellinie verläuft ein erhabener Streifen, im obern Theile sehr niedrig,
nach unten allmählich etwas höher und breiter werdend. Nach aussen
von demselben in der Nähe des Seitenrandes beobachtet man jeder-
seits noch eine sehr schwache Längskante. Über die ganze Aussen-
fläche verlaufen endlich, nach oben einen schwachen Bogen bildend,
feine quere Anwachslinien.
Die Innenseite der Klappe ist beinahe eben; nur in der Mittel-
linie des obern Theiles bemerkt man eine schwache Rinne, die jeder-
seits von einer undeutlichen erhöhten Linie eingefasst wird. Sie ist.
aber zugleich schmäler als die Aussenfläche , indem die inneren
Über fossile Lepadiden. «40
Schalen -schichten nicht so weit nach aussen reichen, als die äusseren,
und der Klappenrand sich schräg von aussen nach innen abdacht.
Dadurch entsteht eine ziemlich scharfe innere Randkante, die sich
aber nach oben und unten hin verwischt. Am untern Ende sind es
dagegen die inneren Schalensehichten, die sich beiderseits in den
vorerwähnten triangulären Seitenzahn ausbreiten. Es zeigt über-
dies nach innen einige kurze Kanten und Längsfurchen, mittelst
derer ohne Zweifel die festere Verbindung mit der Mantelmembran
des Thieres bewerkstelligt wurde.
3. Pollicipes interstriatus in. (T. 2, F. 2).
Es liegen nur zwei Sputa vor, jenen von P. decussatus und
undulatus m. nahe verwandt, aber doch davon verschieden. Sie sind
hoch- und schief-dreieckig mit vorgezogenem Rostrobasalwinkel und
etwas auswärts gebogenem Scheitel, so dass dieAussentläche dadurch
schwach concav wird. Der Schliessrand ist am längsten und gerade
oder sehr wenig ausgeschweift und stösst mit dem flach bogen-
förmigen Basalrande in einem Winkel von beiläufig 50° zusammen,
während letzter mit dem ebenfalls geraden Tergolateralrande einen
Winkel bildet, der 90° nur wenig übersteigt. Der letztgenannte Rand
ist beinahe in seiner ganzen Ausdehnung durch eine schmale aber
tiefe Längsfurclie in zwei Blätter getheilt, deren inneres das äussere
in der obern Hälfte etwas überragt. Die Länge des Schliessrandes,
Tergolateralrandes und Basalrandes verhalten sich bei dem einen
Exemplare wie 5"' : 3-4" : 3-2'" , bei dem andern wie 4-7"',;
3-5": 315''.
Die Aussenfläche zeigt keine Radialkante ; das hintere Feld,
das bei P. undulatus und decussatus schon sehr schmal ist, fehlt daher
hier ganz. Die ganze Oberfläche bedecken etwas ungleiche starke
rippenartige Querstreifen, deren bald breitere, bald schmälere Zwi-
schenfurchen in derselben Richtung fein linirt sind. Sie verlaufen
dem Basalrande parallel und biegen sich erst hart vor dem Tergo-
lateralrande schwach nach aufwärts und setzen bis auf die Aussen-
fläche des innern Blattes dieses Randes fort, auf welcher sie gerade
nach oben gerichtet sind.
Die ziemlich grosse rundliche Anheftungsstelle des Musculus
adductor liegt heiläufig in der halben Höhe der seicht concaven In-
nenseite der Klappe. Der Schliessrand ist nur sehr wenig verdickt.
An beiden Basal winkeln sieht man innen eine schmale tiefe Grube.
Sitzb. d. mathein. -naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 16
226 R e u s s.
2. Über einige miocäne Lepadidenreste .
2. Pollicipes undulatus m. (T. 2, F. 4).
Im k. k. Hof-Miueralien-Cabinete befindet sich nur ein aber sehr
wohl enthaltenes Scutuin dieser Species, das die Gestalt eines hohen
schiefen Dreieckes besitzt, dessen innerer Basalwinkel (Tergolateral-
winkel) scliwach schräge abgestutzt ist. Im Baue weicht es von sämmt-
licheri beschriebenen Pollicipes- und Scalpellum-kvten wesentlich ab.
Vor Allem ist es nicht, wie gewöhnlich, mit seinem wenig scharfen
Scheitel gegen dasTergum hin, sondern auswärts gekrümmt. Dadurch
wird seine Aussenfläche von oben nach unten etwas concav. Auch sein
übrigens gerader Schliessrand, der längste seiner Ränder, ist in Folge
dessen nicht convex bogenförmig, sondern schwach eingebogen. Das
llostraleck ist stark vorgezogen und spitzwinklig; der kurze Basalrand
bildet einen flachen Bogen. DerTergalrand wird durch die Abstumpfung
des der Carina zugewendeten Basalwinkels sehr kurz und es entsteht
dadurch ein vierter kürzester Rand — der Lateralrand — , ^\cr mit
dem untern Rande in einem etwas gerundeten, 90 nur wenig über-
steigenden Winkel zusammenslösst. Mit dein Tergalrande vereinigt
sich derselbe in keinem deutlichen Winkel, sondern gebt in ununter-
brochenem Bogen in denselben über. Der Schliessrand, Basalrand
und Tergalrand verhallen sich in der Länge wie 3'2"':2,5'":2'". Der
letztgenannte Rand wird durch eine tiefe Längsfurche, die offenbar
zar Aufnahme des Scutalrandes des Tergums bestimmt war, in
zwei Blätter getbeilt, ein äusseres und ein dasselbe etwas über-
ragendes, aber kürzeres inneres.
Die die Aussenflächen bedeckenden Anwachsstreifen sind stark
hervorragend, etwas blättrig und wellenförmig auf- und abgebogen,
wodurch sie ein gekräuseltes Ansehen annehmen. Sie verlaufen dem
Basalrande parallel und biegen sich, ihre Faltung verlierend, kurz
vor dein Tergalrande unter einem gerundeten , 90 wenig über-
steigenden Winkel nach oben. Dadurch entsteht eine sehr schmale
abschüssige Fläche, die aber von der Rückenflache des Scutums
durch keine deutliche Kante gesondert wird. Endlich setzen die An-
wachsstreifen noch durch die erwähnte Furche des Tergalrandes
bis auf die Aussenseite seines innen) Blattes fort. In allen diesen
Details findet eine grosse Annäherung an P. interstriatus Statt,
Über fossile Lepadiden. 22 •
Sehr eigenthümlich ist auch die Innenfläche des massig dicken
Scutums gebildet. Die nicht sehr tiefe Anheftungsstelle des Musculus
adductor, die oben abgestutzt, unten gerundet ist, liegt an der Grenze
der obern und untern Hälfte, mehr in die erstere hinaufreichend.
Oberhalb derselben setzt sich bis zum Scheitel ein schwach vertief-
tes dreieckiges Feld fort, das mit sehr zarten länglichen Körnern
bedeckt ist, wie es Bosquet von dem Scutum seiner Mitella Danvi-
niana (I. c. p. 12, T. 1, F. 8 b) angibt. Eine tiefe längliche
Grube ist am innern Basalwinkel unterhalb des innern Blattes des
Tergalrandes eingesenkt. Der Schliessrand ist massig verdickt und
bildet bis zur Höhe des obern Randes des Muskeleindruckes eine
schmale Wulst.
Die beschriebene Klappe stammt aus den Miocänschichten von
Niederleis in Österreich. Sie befindet sich im k. k. Hof-Mineralien-
Cabinete.
2. Pollicipes decnssatus m. (T. 2, F. 3).
In Gesellschaft der vorigen Speeies findet sich noch eine zweite,
von der ebenfalls nur ein vollständiges Scutum im k. k.Hof-Mineralien-
Cabinet befindlich ist. Sie ist der vorigen Speeies im Allgemeinen sehr
ähnlich, aber doch durch einzelne Kennzeichen hinreichend davon ver-
schieden. Die Klappe ist ebenfalls schief- und hochdreieckig und mit
dem ziemlich scharfen Scheitel etwas auswärts gebogen, daher ihre
Aussenfläche schwach coneav. Dies wird übrigens zum Theile auch
dadurch hervorgebracht, dass die beiden Seitenränder etwas über den
schwach eingedrückten Mitteltheil der Fläche erhaben sind, wie wir
dies auch an dem überhaupt ähnlich gestalteten Scutum der Mitella
Guascoi B o s q. sehen (Bosquet notice sur quelques cirripedes etc.
p. 11, T. 1, F. 8 «). Das vordere Basaleck ist vorgezogen und der
wenig bogenförmige Basalrand verbindet sich mit dem geraden
Schliessrande in einem Winkel, der kleiner ist als 90 . Die Abstutzung
des hintern Basalwinkels ist viel weniger deutlich als bei P. undulatus,
mehr abgerundet, so dass der Basalrand im ununterbrochenen Bogen
in den geraden Tergalrand übergeht.
Vom Wirbel läuft zum hinlern Basalwinkel eine sehr stumpfe,
aber doch deutlich erkennbare Kante herab, die von der Rücken-
fläche des Scutum ein sehr schmales, schwach nach hinten abschüs-
siges Feld abtrennt. Der Schliess-, Tergal- und Basalrand ver-
halten sich in ihrer Länge wie 3" : 2-25'" : 19". Der Tergalrand
\r
228 Reuss.
ist auch hier durch eine tiefe Läugsfurche in ein äusseres und ein
kürzeres, das erstere etwas überragendes inneres Blatl getheilt.
Die gedrängten Anwachsstreifen ragen als fast senkrecht abfal-
lende, am oberen Rande gerundete Rippchen hervor, die durch
engere Zwische.ifurchen geschieden und von gedrängten feinen
vertieften Längslinien durchkreuzt werden. Diese verleihen unserem
Fossilreste eine dem P. elegans Darw. (I.e. p. 76, T. 4) F. 9)
ähnliche Sculptur und sind selbst an unserem oberflächlich etwas
abgeriebenen Exemplare deutlich zu erkennen. Die Wachsthums-
streifen laufen erst dem Basalrande parallel , biegen sich dann
auf der vorerwähnten Kante in einem flachen Bogen etwas nach
oben und verfolgen diese schräge Richtung über das schmale Hin-
terfeld durch die Furche des Tergalrandes bis auf den obern Theil
des innern Blattes dieses Randes. Dasselbe ragt auf der Innen-
seite der Klappe stark hervor. Unterhalb desselben vertieft sich die
innere Fläche zu einer tiefen spaltförmigen Grube. Auch der wulst-
förmig verdickte Schliessrand löst sich im untersten Theile von der
Innenfläche los und bildet eine kurze Spalte. Die Ansatzstelle des
musculus adduetor wird durch eine ziemlich hohe Leiste, die sich
nach innen neben dem Tergalrande gegen den Scheitel emporzieht,
zur schmalen aber tiefen Grube eingeengt. Die Oberfläche dieser
Leiste ist wie die Innenseite des Tergalrandes mit sehr feinen
körnigen Rauhigkeiten bedeckt.
3. Scalpellum magnuni Wood (T. 2, F. 5-12).
Darwin, 1. c. p. 1 8 , T. 1 , F. 1 — b, f Carina; c Scutum;
d Tergum; e Upper latus; h — k rostral latus; l — n Carina] latus.
Diese Species ist aus dem englischen Coralline Crag von Dar w i n
ausführlich beschrieben und abgebildet worden. Das k. k. Hof-
Mineralien-Cabinet bewahrt zahlreiche Klappen aus den Miocänschich-
ten vonSalles bei Bordeaux, die mit den englischen vollkommen über-
einstimmen. Sie stammen von Individuen verschiedener Grösse ab.
Von den vorhandenen Cariualklappen sind die meisten abge-
rieben und zerbrochen. Unter den vollständigeren inisst die eine
6-8'", die andere 4-8'" in der Höhe. Der Wirbel liegt beiläufig im
Anfange des zweiten Viertheiles. Das obere Ende ist stumpf zuge-
spitzt, das untere winkelig-bogenförmig mit beinahe rechtwinkeligem,
mehr weniger abgerundetem Mitteleck. Der den Wirbel überragende
Lappen stösst mit dem Körper der Carina in sehr stumpfem Winkel
Über fossile Lepadiden. 229
zusammen. Zwei feine, aber deutliche, massig gebogene Kielleisten,
die vom Scheitel zu jedem Eck des Basalrandes herablaufen, trennen
das besonders nach unten hin der Quere nach gewölbte Tectum von
den sehr schmal dreieckigen, oben lang zugespitzten flachen Parie-
talgegenden, die sich in steilem nur wenig stumpfem Winkel
anlegen. Ein stärker gebogener Kiel, der si-ch ebei falls vom Wirbel
j euerseits gegen das obere Ende des untersten Viertheiles desSeiten-
randes herabzieht, bildet die Grenze gegen die ebenfalls nieder-
gedrückte Interparietalregion, die drei Viertheile der Höhe der
Carina einnimmt.
Die feinen ungleichen Anwachsstreifen bilden auf dem Tectum
einen dem Basalrande entsprechenden Bogen, biegen sieh dann an
dem Parietalkiele unter fast rechtem Winkel nach oben um und
erstrecken sich in dem Seitenrande der Carina paralleler Richtung
bis zum oberen Rande des Carinallappens. Sie werden von einzel-
nen feinen Radiallinien durchsetzt, die selbst, wenngleich noch
feiner, auch auf den Interparietalflächen sichtbar sind.
Auch »las Scutum liegt in Mehrzahl vor, doch nur rechtsseitig
und in der Höhe zwischen 3-3'" und 4'", in der grössten Breite
zwischen 1*5"' und 2"' schwankend. Es stimmt beinahe vollkommen
mit der Darwinschen Abbildung überein. Es ist von trapezoi-
dalem Umriss, zweimal so hoch als breit, massig in die Quere ge-
wölbt, unten abgestutzt, oben zugespitzt. Der sehr wenig vortre-
tende Wirbel liegt beiläufig am untern Ende des obersten Viertheiles
der Höhe. Der fast gerade Schliessrand stösst mit dem ebenfalls
geraden Basalrand in einem Winkel von beinahe 90° zusammen.
Vom Wirbel zieht sich ein schmaler, wenig gebogener Kiel quer
nach rückwärts zu dem etwas vorgezogenen Eck zwischen dem
Tergal- und Lateralrand und schneidet einen niedergedrückten Lap-
pen vom Körper des Scutums ab. Eben so befindet sich gleich unter-
halb des Kieles eine Depression, durch welche der obere Theil des
Lateralrandes etwas eingebogen wird. Der untere gerade Theil des-
selben bildet mit dem Basalrande einen sehr wenig stumpfen Winkel.
Vom Wirbel erstreckt sich feiner eine fast gerade schwache
Kante zum hinteren Basalwinkel, so wie eine andere schwächere, bis-
weilen undeutliche zum Tergalrande am untern Ende der Einbiegung
desselben. Die schwachen ungleichen Anwachslinien verlaufen zu-
erst dem Basalrande parallel, biegen sich dann unter stumpfem
äoO R e u s s.
Winkel in eine dem Tergalrande folgende Richtung um, die sie auch
im ohern Lappen beibehalten. Auf dem vordem Tergalfelde werden
sie von feinen Radiallinien durchkreuzt.
Von dem sehr dünnen, flachen, gebogenen und schief drei-
eckigen Tergum liegt nur ein fragmentäres Exemplar vor , welchem
das obere Drittheil fehlt. Trotzdem lässt es die völlige Über-
einstimmung mit der Darwinschen Abbildung (I. c. T. 1, F. 1 d)
erkennen.
Dagegen habe ich ein vollständiges 6-5'" langes Tergum aus den
Miocänschichteii von Turin vor mir, welches auch dem Sc. magnum
angehören dürfte. Der etwas concave Carinalrand der lang- und
schief-dreieckigen Klappe ist 6i>"' lang und vereinigt sich mit dem 5'"
langen, flach bogenförmigen Scutalrande in dein spitzigen vorgezoge-
nen Rasalwinkel. Am kürzesten — 3'b' " — ist der gerade Sehliess-
rand, der mit dem Scutalrande einen stumpfen Winkel bildet. Vom
ßasaleck verläuft eine .schmale Linie bis zum Scheitel, in welcher
sich die Anwachsstreifen spitzwinkelig gegen den Carinalrand um-
biegen. Dieselben treten als entfernte feine Streifen hervor, deren
flache Zwischenräume in derselben Richtung zart linirt sind. Von
der vom vordem Theile des Scutalrandes gegen den Scheitel auf-
steigenden flachen Rinne ist kaum eine Spur vorhanden.
Von der oberen Lateralklappe (Darwin, 1. c. T. 1, F. 1 e)
konnte ich drei vollständige und ein sehr abgeriebenes Exemplar
untersuchen, von 2-8 — 35" Höhe und 2 — 2-45'" ßreite. Sie
sind länglich-fünfseitig, fl.tch und dünn, mit fast centralem Wirbel,
von welchem zu den fünf stumpfwinkeligen Ecken eben so viele Kan-
ten, von denen einzelne gekielt sind, verlaufen. Die zwei aufwärts
gerichteten Seitenränder sind schwach convex; von den drei nach
abwärts sehenden is* einer eingebogen. Den Rändern parallel laufen
dieAnwachslinien, sie bilden daherimmer kleinere Pentagone, je näher
sie dem Scheitel liegen. Sie weiden besonders auf den drei unteren
Feldern von feinen, vom Wirbel ausstrahlenden Linien durchsetzt.
Die Innenseite der Klappen ist äusserst seicht concav.
4.! Poecilasma miocaenica m. (T. 2, F. 12).
Wenn auch die bisher namhaft gemachten fossilen Anatifa- Arten
mehr weniger zweifelhaft sind und wahrscheinlich sämtlich anderen
Gattungen angehören, so kann ein solcher Zweifel in ßetretf der jetzt
zu besprechenden, leider vereinzelten Klappe (des Scutums) aus dem
Über fossile Lepadiden. 231
miocäneti Leitliakalke von Podjaikow in Galizien nicht erhoben wer-
den. Sie gehört offenbar der Gattung Anatifa in weiterem Sinne
an, da sie mit den entsprechenden Klappen lebender Arten in
allen Kennzeichen übereinstimmt. Zu welcher der Gattungen aber,
welche von Anatifa abgezweigt worden sind , sie zu zählen sei,
lässt sich mit Bestimmtheit nicht entscheiden, da weder die Zahl
der das Capitulum bildenden Klappen überhaupt, noch der Bau der
übrigen Klappen ausser dem Scutum bekannt ist.
Die vorliegende Klappe misst vom Seheitel bis zur obern Spitze
34'", wahrend die grösste Breite beiläufig 2*5'" beträgt. Der Um-
riss ist dreiseitig, der Schliessrand wenig gebogen und stösst mit
dem Basalrande in einem spitzigen Winkel zusammen. Der kleine
Wirbel ist etwa; übergebogen, der ßasalrand sehr kurz, nicht voll-
kommen gerade und geht, ohne einen Winkel zu bilden, bogenförmig
in den untern Theil des Tergo-Carinalrandes über. Vom Wirbel ver-
läuft bis zur obern Spitze eine deutlich ausgesprochene Kante, wo-
durch dem Scbliessrande zunächst ein hier sehr schmales, ziemlich
stark abschüssiges Feld vom Bücken der Klappe abgegrenzt wird.
Eine andere schwache Andeutung eines Kieles bemerkt man
weiter rückwärts, ebenfalls vom Wirbel zum gegenüberstehenden
Bande ausstrahlend, der dadurch an der Grenze zwischen dem
geraden Tergaltbeile und dem bogenförmigen Carinaltheile etwas
winkelig wird.
Die gewölbte Aussenfläche der Schale ist mit feinen unglei-
chen Anwachslinien bedeckt, die dem Tergolateralrande parallel
verlaufen und sich an der erwähnten Kante in stumpfem Winkel
gegen den Schliessrand umbiegen. Sehr zarte radiale Linien
durchkreuzen dieselben.
Die Innenseite ist concav, der Wirbel zahnlos, der ßasalrand
ohne vorstehende Kante, der Schliessrand einfach.
Fasst man sämmtliche beschriebene Charaktere zusammen,
so gelangt mau zu der Überzeugung, dass die fossile Species sich
in mancher Beziehung mehr der Gattung Poecilasma Darw., als der
Gattung Anatifa (Lepas) in engerem Sinne nähert. Besonders mit
dem Scutum der an den Küsten von Madeira lebenden Poecilasma
aurantia Darw. (I. c. p. 105, T. 2, F. 2) findet eine sehr grosse
Analogie Statt. Als unterscheidendes Merkmal von Anatifa tritt be-
sonders der sehr kurze, nicht gerade, in ununterbrochenem Bogen
CöZ Reuss.
in den Carinalrand übergehende Basalrand hervor. Auch lässt der
im Verhältniss zum Carinalrand kürzere Tergalrand auf ein kleines,
weniger entwickeltes Tergum schliessen, wie es die überhaupt mit
einem Tergum versehenen Poecilasma- Arten besitzen. Eine be-
stimmte Entscheidung muss freilich bis zur Entdeckung zahlreicherer
Reste, besonders der Carina, aufgeschoben werden.
3. Die Lepadiden der böhmischen Kreideformation.
Unter den böhmischen Kreidegebihlen sind es nur der Planer
und die Baculitenthone, welche Lepadidenreste geliefert haben;
den tieferen cenomanen Schichten scheinen sie ganz zu fehlen.
Aber auch in den ersten sind sie sparsam, immer nur auf vereinzelte
Klappen beschränkt. Ich habe zwar schon Gelegenheit gehabt, die-
selben früher zu besprechen *) und die Zahl der gefundenen Species
hat sich seither nicht vermeint; aber zahlreichere, besser erhal-
tene Individuen haben theilweise zu einer richtigem Deutung geführt.
Auch bin ich in den Stand gesetzt, die früheren, zum Theile unrich-
tigen Abbildungen durch entsprechendere zu ersetzen.
Sämmtliche mit einiger Sicherheit bestimmbare Reste können
auf drei Species zurückgeführt werden, zwei Pollicipes und ein
Scalpelliim. Einem der ersteren — dem weil verbreiteten P.glaber —
gehört die bei weitem vorwiegende Anzahl an.
1. Pollicipes glaberRöm. (T. 3. F. 7 — 19).
Römer, Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges,
pag. 104, T. 16, F. 11.
Reuss, Verstein. der böhmischen Kreideform. I, pag. 17,
T. 5, F. 45-49; T. 13, F. 86 — 91; II, pag. 105,
T. 42, F. 17.
Pollicipes Bronni Reuss, 1. c. I, pag. 16, T. 5, F. 40, 41 ;
T. 12, F. 4.
Xiphidium maxhnum Dixon, Geology and fossils of the
tert. and cret. form, of Sussex. p. 353, T. 28, Fig. 6—8.
Darwin a monograph of the foss. Lepadidae, pag. 61, T. 3,
F. 10.
i) Reuss, Die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation. I. S. 17, Taf. ä,
Fi g. 40—48; Taf. 12, Fig. 4; Taf. 13, Fig. 86—91; II. S. 105, Taf. 24, Fig. 11 ;
Taf. 42, Fig. 17, 18.
Über fossile Lepadiden. -i)>3
Mitella glabra Bosquet, Monographie des crust. foss.
du terr. cret. du duche de Limbourg. pag. 27, T. 2,
F. 4 — 12.
Es ist dies einer der am weitesten verbreiteten und zugleich
der häufigste der in der böhmischen Kreide vorkommenden
Cirripedier. Aber auch er hat nur isolirte Klappen geliefert. Es
liegen nur mehr weniger zahlreiche Exemplare der Carina, des
Terguni, Scutum, Rostrum und der Carinalseitenk läppe vor.
Die Carina (T. 3, F. 7) stimmt vollkommen mit der von
Dar win und Bosquet gegebenen Beschreibung und Abbildung
überein. Das grösste Exemplar misst 7" in der Hohe und an der
Basis 2-75" in der grössten Breite. Die Klappe ist schmal- und
hochdreieckig, indem sie sich nach oben allmählich zur Spitze ver-
schmälert. Unten zieht sie sich von beiden Seiten rasch zur kurzen
stumpfen Spitze zusammen. Überdies ist sie nur sehr wenig nach
vorne gekrümmt, bisweilen beinahe gerade. In der M tte ist sie der
Länge nach stumpfwinkelig gebrochen, dabei aber besonders in den
oberen zwei Drittheilen mit einem feinen Kiel besetzt, der sich nach
abwärts verflächt. Von diesem Mittelkiele dachen die Seitenflächen
mit geringer Wölbung gegen die Seitenränder ab, die etwas nach
innen und unten gebogen sind, so dass die Seitenwinkel der Basis
leicht nach unten vorragen. Der mittlere stumpfe Basiswinkel
springt in wechselndem Grade vor. Die Oberfläche ist nur mit feinen
ungleichen Anwachslinien bedeckt, die dem Basalrande parallel in
der mittleren Kante unter stumpfem Winkel zusammenstossen, an
den Seitenrändern sich aber im Bogen plötzlich nach unten wenden.
Nur an einem Exemplare, und zwar nur im obersten Drittheile
beobachtete ich die von Bosquet erwähnten feinen Längslinien.
Die Innenseite der Klappe ist stark rinneuarlig ausgehöhlt. — Die
untersuchten C*rinalklappen stammen aus dem Pläner der Schillinge
bei Bilin, von Weisskirchlitz, Kostenblatt und Kosstitz.
Vom Scutum (T. 3, F. 9) standen mir nur zwei Exemplare
zu Gebote, deren grösseres, aus dem Scaphitenpläner von Hundorf,
4-33'" hoch und an der Basis 3'" breit ist. Es ist im Hauptumrisse
dreiseitig, oben schaif zugespitzt, an der Basis abgestutzt, stark in
der Quere gewölbt, so dass im obersten Theile der Querschnitt halb-
konisch wird. Der nicht ganz gerade Basalrand bildet mit dem sehr
schwach gebogenen Yentralrande (occladent margin} einen beinahe
~»»4 Reust.
rechten, mit dem uuteru Theile des Tergolateralrandes einen nur
wenig kleineren Winkel. Die Aussenfläche der Klappe wird durch
zwei sehr schwache Läugskiele in drei Felder getheilt, die in sehr
stumpfem Winkel zusammenstossen. Ein Kiel erstreckt sich vom
wenig gebogenen Scheitel zum ßasolateralwinkel, der zweite dagegen
zu einem nur äusserst wenig bemerkbaren Winkel des Basalrandes,
der dem Rostralwinkel näher liegt als dem Basolateralwinkel. Der
erstgenannte, nicht vollkommen gerade Winkel gibt sich haupt-
sächlich dadurch zu erkennen, dass die feinen Anwachslinien, die
zuerst dem Basalrande parallel verlaufen, sich dort fast rechtwinkelig
gegen die obere Hallte des Tergolateralrandes umbiegen. Dieser
wird beiläufig in der Mitte durch ein sehr stumpfes gerundetes Eck
in zwei wenig ungleiche Hälften getheilt, deren unterer die umgebo-
genen Anwachslinien parallel in die Höhe laui'eu. Bei stärkerer Ver-
grösserung lassen sich auch noch sehr feine Radiallinien wahrnehmen.
Das zweite Exemplar des Scutums aus dem Pläner der Schil-
linge bei Bilin, dessen Spitze abgebrochen ist, misst ergänzt 4'4'"
in der Höhe und beinahe 3'" in der Breite. Die Kiele der Aussen-
fläche sind sehr undeutlich.
Zahlreich, aber leider ineist zerbrochen, sind die Terga (T. 3,
F. 8, 18, 19), die ich einer nähern Untersuchung unterzog. Sie
gehören sehr verschiedenen Altersstufen an und wechseln in Folge
dessen sehr in Grösse und zum Theil auch in Gestalt. Da ich aber
zahlreiche Mittelglieder beobachtete, so habe ich sie sämmtlich zu
P. glaber gezogen; um so mehr, da sie von demselben Fundorte
stammen. Die grössten sind 10' hoch und an der breitesten Stelle
halb so breit. Eine sehr dünne, ollenbar jugendliche Klappe bot
eine Höhe von nur 4* 75'" dar bei 3-7'" Breite, woraus sich schlies-
sen lässt, dass mit dem Alter die Höhe in viel rascherem Verhält-
niss zunimmt, als die Breite.
Der Umriss ist stets schiefrhomboidal, wobei der Schliessrand
und der untere Carinalrand am längsten sind. Der Scutalrand
kömmt dem ersteren an Länge beinahe gleich, der obere Carinal-
rand ist immer der kürzeste. Bei jungen Klappen treten diese
Längendillerenzen weniger scharf hervor ; dagegen pflegen dieselben
an beiden Enden schärfer zugespitzt zu sein, während an älteren
besonders das untere stumpfer wird. Der dem fast geraden Schliess-
rande zunächst liegende Theil ist stärker gewölbt, so dass dort in
Über fossile Lepndiden. 2oO
seiner ganzen Länge ein erhöhter Wulst hervortritt, der an älteren
Klappen höher und breiter ist. Nach innen neben demselben ist die
Schale zu einer ziemlich liefen rinnenförmigen Furche eingedrückt.
Ihr entspricht im vorderen Theile des Scutalrandes eine seichte Ein-
biegung. Etwas weiter nach innen liegt an ausgewachsenen Klappen
eine zweite viel seichtere Furche, die in der Jugend ganz zu fehlen
scheint. Über den Rücken verläuft vom Wirbel zum Basalwinkel
in beinahe gerader Richtung ein schwacher Kiel, von welchem die
Klappe nach beiden Seiten hin sich sanft abdacht. Der stets stumpfe
Carinalwinkel tritt in sehr wechselndem Grade hervor, bei jüngeren
Khippen am schärfsten ; bei älteren rundet er sich bisweilen ganz
ab. In diesem Falle ist auch gewöhnlich der Schliessrand am läng-
sten. Es findet hier dasselbe Verhältniss dar, wie bei der von
Darwin, 1. c. T. 4, F. 1 d abgebildeten Klappe von Polt, unguis.
Die äussere Schalenfläche ist mit feinen ungleichen Wachs-
thumslinien bedeckt, die dem Tergal- und unteren Carinalrande
parallel laufen, sich daher in dem Mittelkiele unter einem Winkel
von 60— 70 umbiegen. Auf dem zwischen dem Mittelkiel und der
Rostralseite gelegenen Theile beobachtet man bisweilen einige
Radiallinien.
Die Innenseite der Klappe ist grbsstentheils seicht concav, nur
der oberste Theil, besonders gegen die Caiinalseite hin, ist eben
und mit Wachsthumstreifen bedeckt.
Die beschriebenen Exemplare stammen theils aus dem au Spon-
gien reichen Pläner der Schillinge bei Bilin, theils aus jenem von
Weisskirchlitz hei Teplitz. Zum Theile ähneln sie ausnehmend
der Tergalklappe von P. unguis Sow. (Darwin, 1. c. p. 64, T. 4,
F. 1 b, c, d) aus dem englischen Gault. Ich ziehe sie aber
säuimtlich zu P. glaber, weil sie in Gesellschaft des unzweifelhaften
P. glaber in einem viel höheren geologischen Niveau liegen.
Der Pläner von Weisskirchlitz hat mir auch zwei Rostra (T. 3,
F. 10) zur Untersuchung geliefert. Das eine nicht ganz vollstän-
dige ist 3*3"' hoch bei 2"7ö'" unterer Breite, das andere sehr jugend-
liche nur 2" hoch und 18'" breit. Sie sind beinahe trigonal, unten
abgestutzt mit sehr schwachem bogenförmigem Basalrande. Über
die Mitte läuft ein feiner Längskiel herab, von dem die Schale
massig gewölbt nach beiden Seiten abfällt. Die schwachen Anwachs-
linien laufen der Basis parallel. Die Innenseite ist unten flach, oben
236 R e u s s.
schwächer concav und dort zugleich mit einem schwachen Längs-
kiel versehen.
In grösserer Anzahl werden bei Weisskirchlitz kleine Klappen
gefunden, ganz übereinstimmend mit der von Darwin, 1. c. T. 3,
F. 10 l abgebildeten, welche derselbe für eine untere Lateral-
klappe der Rostralseite anspricht (T. 3, F. 16, 17). Auch sie sind
von sehr verschiedener Grösse, die grössten 4'" hoch und 4#4'"
breit, so wie 3o" hoch, 4" breit, die kleinste 1-75" hoch, 2-1'"
breit. Sie sind wenig convex und haben eine schief trapezoidyle
Form odt-r die Gestalt eines schiefen queren Dreieckes, dessen
spitzer Basalwinkel schräg abgestutzt ist. Dadurch entsteht an der
Basis ein sehr stumpfes Eck, das beiläufig am Anfang des zweiten
Drittheils derselben liegt. Von den beiden anderen Seiten ist eine
länger, gerade oder schwach eingebogen, die andere kürzer,
schwach convex. Das stumpfe Scheitelende bildet einen Winkel,
wenig kleiner als 90°. Von demselben erstreckt sich zum mittleren
Basalwinkel eine schräge, bisweilen selbst gekielte Kante, welche
die Aussentläche der Klappe in zwei dreieckige Felder theilt, von
denen das schmälere ein spitziges beinahe gleichschenkeliges
Dreieck bildet. Die feinen Anwachslinien verlaufen den beiden
Basalrändern parallel und werden an älteren Schalen von, feinen
Radiallinien durchschnitten. Der Wirbel scheint in nicht unbedeu-
tender Ausdehnung frei gewesen zu sein, denn seine Innenfläche
zeigt an beiden Seitenrändern ein mit Anwachsstreifen versehenes
Feld, welche in der Mittellinie winkelig zusammenstossen.
Von Weisskirchlitz liegt noch eine dünne obere Lateralklappe
(T. 3, F. 11) vor, die ein vollkommen gleichschenkeliges Dreieck
von 2-4" Höhe und %'" Basalbreite darstellt. Die gleichen Seiten
verhalten sich zur Basalkante wie 2*8 : 2. Die ganz ebene Aus-
sentläche ist der Basis parallel fein gestreift. Auf der Innenseite
erscheinen die Seitenränder in ihrer ganzen Länge meisselartig
zugeschärft.
Ob diese Klappe w irklich zu P. glaber gehört, Iässt sich nicht
mit Sicherheit behaupten, da sie sich ganz vereinzelt gefunden
hat, ihr etwaiger Formenwechsel daher unbekannt bleibt. Von der
von Darwin (I. c. T. 3, Fig. 10 k) abgebildeten Lateralklappe , so
wie von der vonBosquet (1. c. T. 2, Fig. 8, 9) als von P. glaber dar-
gestellten Klappe unterscheidet sie sich durch ihre Gleichschenkelig-
Über fossile Lepadiden. £>& (
keit. In dieser Beziehung nähert sie sich mehr der oberen Lateral-
klappe von P. unguis Sow. (Darwin, 1. e. T. 4, F. 1 g). Dieselbe
aber dieser Species gerade zuzuzählen, gestatten die schon früher
angeführten Gründe nicht. Überdies ist es sehr wahrscheinlich,
dass auch die oberen Lateralklappen von P. glaber einer ähnlichen
Wandelbarkeit der Form unterworfen sein mögen, gleichwie die
Terga derselben Species.
2. Pollicipes conicns Reuss (T. 2, F. 13).
Reu ss, Verstein. d. böhm. Kreideform. I. p. 17, T. 5, F. 43.
icon. mala.
Diese Species habe ich schon im Jahre 1845 aufgestellt; die bei-
gegebene Abbildung war jedoch missrathen und nicht erkennbar. Sie
gründet sich leider nur auf eine Carina von 4'2"' Höhe und 1-7"'
grösster Breite aus dem Pläner des Sauerbrunnberges bei Bilin in
Böhmen. Da sie aber in ihrem Baue mit keiner der bekannten Pollici-
pes-Arten übereinkömmt , so dürfte die Aufstellung einer besonde-
ren Species gerechtfertigt erscheinen.
Die Klappe stellt einen der Länge nach halbirten schlanken,
ziemlich stark gekrümmten Kegel dar, der sich oben langsam zur
Spitze auszieht , unten aber gerade abgestutzt ist. Der hoch ge-
wölbte Hucken ist gerundet, ohne alle Spur von Kante oder Kiel. Die
Seiten fallen in ununterbrochenem Bogen ab bis zu dem Rande,
der sich schwach nach innen umbiegt, ohne sich aber herabzu-
biegen, wie bei P. glaber. Der Basalrand stellt daher auch einen
zusammenhängenden Bogen dar ohne Vorsprung eines Medianwin-
kels und der Seitenecken. Die Oberfläche ist glatt bis auf zarte
halhiingförmige Anwachsstreifen, die an nicht abgeriebenen Stellen
als sehr feine erhabene Linien hervortreten und an den Seiten-
rändern sich etwas umbiegen.
Diese Merkmale genügen vollkommen, um unsere Species von
dem in mancher Beziehung ähnlichen, aber stets mit einer gekielten
Carina versehenen P. glaber zu unterscheiden. In der Rundung des
Rückens der Carina kömmt P. conicus mit P. oolithicus Buckm., P.
validus Steenst. und anderen Arten überein, weicht jedoch in den
übrigen Kennzeichen wesentlich davon ab. Der vollkommene Beweis
der Selbstständigkeit unserer Species wird freilich erst in der Folge
durch die Entdeckung der übrigen bisher noch unbekannten Klappen
des Capitulum hergestellt werden.
238 R e ii s s.
3. Scalpellum quadricarinatam Reuss (T.2, F. 14).
Pollicipes quadricarinatus Reuss, die Verstein. d. böhm.
Kreideform. II. p. 105, T. 42, F. 18 ie. mala.
Scalpellum quadricarinatum Darwin, 1. c. p. 38. Note.
Seit der Entdeckung des der Species zu Grunde liegenden
Fragmentes hat sich leider keine weitere Spur derselben gefunden.
Der beschriebene Theil ist das nur 1-65'" lange Rruchstück einer
sehr kleinen und schmalen Carina, welchem Spitze und Basis fehlen.
Ihr Bau ist sehr eigenthümlich. Sie ist oben zugespitzt, massig ge-
bogen, im Querschnitt rechtwinkelig vierseitig, ziemlich dick.
Die beinahe ebene, nur gegen die Ränder hin schwach depri-
mirte Rückenfläche stösst mit den oben zugespitzten, seicht rinnen-
förmig ausgehöhlten Parietalgegenden rechtwinkelig zusammen.
An der Grenze verläuft ein schmaler Kiel vom Scheitel herab. Die
beinahe ebenen Interparietalregionen dagegen, in ihrem oberen
Theile ziemlich breit, verschmälern sich nach abwärts und werden
von den Parietalfliichen ebenfalls durch einen, aber noch schwä-
chern Kiel abgegrenzt. Der innere Seitenrand erscheint etwas ver-
dickt. Die sehr zarten Anwachsstreifeu sind auf den Seiten sehr
schräge von hinten und oben nach vorne und unten gerichtet;
auf dem Tectum können sie nicht unterschieden werden. Die Innen-
fläche der Carina ist tief rinnenförmig.
Die beschriebene Carina stimmt in allen Kennzeichen mit jener
des von Bosquet (Monogr. des crust. foss. du terr. cret. du
duche de Limbourg, p. 39, T. 3, F. 10—17) beschriebenen Sc.
pygmaeum aus den MaastrichterSchichten überein, und es ist wahr-
scheinlich, dass beide Species identisch sind. Da aber an dem höh-
mischen Fossilreste das Basalende nicht erhalten ist. so liegt keine
vollständige Gewissheit vor. —
Nebst den beschriebenen drei Arten liegen noch vereinzelte
Klappen vor, die damit nicht vereinigt werden können, deren nähere
Bestimmung aber unentschieden bleiben muss, weil die am meisten
charakteristischen Klappen (Carina und Scutuni) fehlen. So hat
z. B. der Scaphitenpläner von Hundorf ein einzelnes Tergum ge-
liefert, dem zwar das Basalende fehlt, welches sich aber leicht er-
gänzen lässt. Ich gebe davon T. 2, F. 16 eine etwas vergrösserte
Abbildung. Es ist vollkommen gerade, massig dick und auffallend
schmal, denn bei 7-75'" Länge besitzt es nur eine grösste Breite
Über fossile Lepadiden. Co"
von 3"', die ziemlich weit über der Mitte liegt. Das obere Ende und,
nach der Anwaehsstreifung zu urtlteilen, auch das untere sind scharf
zugespitzt. Der FJmriss ist sehmal rhomboidal mit sehr stumpfen
abgerundeten Seitenecken. Der gerade Schliessrand und der etwas
längere , im obern Theile kaum merkbar eingebogene Scutalrand
stossen in einem schwach markirten sehr stumpfen Winkel zusammen.
Die beinahe gleichlangen Carinalränder gehen sogar in einem un-
unterbrochenen Boden in einander über. Auf der schwach gewölbten
Aussenfläche läuft hinter dem Schliessrande eine sehr seichte fur-
chenartige Depression zum oberen Theile des Scutalrandes herab.
Über die Mitte dagegen erstreckt sich vom Scheitel bis zur Basal-
spitze statt der gewohnten Kante eine lineare Furche herab. Übri-
gens ist die Oberfläche mit sehr ungleichen vertieften Anwachslinien
bedeckt, die sich in der erwähnten Medianfurche in sehr spitzigem
Winkel vereinigen. Fn grösseren Abständen kehrt eine tiefere
Wachsthiimsfurche wieder, zwischen deren zweien die Schale in
Gestalt einer sehr Dachen Wulst vortritt, über welche noch eine
weehselnde Anzahl sehr feiner Linien in gleicher Richtung verläuft.
Das beschriebene Tergum unterscheidet, sich von jenem aller
bekannten Pollicipes- Arten wesentlich. Eine ähnliche Beschaffenheit
der Aussenfläche beschreibt Bosquet an einem Tergum, welches
er zu Scalpellum gräcile rechne' (1. c. p. 37, T. 3, F. 3), das aber
in den übrigen Verhältnissen abweicht. Unsere Klappe dürfte daher
wohl einer neuen Species angehören , deren nähere Bestimmung
aber aufgescbohen werden muss.
4. Lepadidenreste aus der Mucronatenkreide von Nagorzani.
Dieselben scheinen bei Nagorzani in Galizien häufiger vorzu-
kommen, als in der böhmischen Kreide. Wenigstens enthält eine
Suite von Versteinerungen von diesem Fundorte, die das k. k. Hof-
Mineralien-Cabinet dem hochwürdigen Abte am Strahow in Prag,
Freiherrn v. Zei dler verdankt, eine nicht unbedeutende Anzahl.
Bisher waren sie nur einer geringen Aufmerksamkeit gewürdigt
worden. Feh finde nur zweier solcher Reste vorübergehende Er-
wähnung gethan. Im Jahre 1848 erwähnte Kner in seiner Abhand-
lung über die Versteinerungen des Kreidemergels von Lemberg *)
*) H a i d i n g e r's gesammelte naturwissenschaftliche Abhandlungen". III, 'l. S. 35.
Taf. 3, Fig. 12.
240 Rein s.
dreiCirripedenkhppen, von denen er eine abbildet und vermuthungs-
weise dem Scalpellum (Pollicipes) maxhnum Sow. zuschreibt.
Nach der Abbildung des Fragmentes zu urtheilen, ist es ein Scutum
von Pollicipes fallax Darw. Ein Jahr später gab Dr. Alth in der
geognostisch - paläontologischen Beschreibung der nächsten Um-
gebung von Lemberg1) die Schilderung und Abbildung einer Ter-
galklappe aus dem Kreidemergel von Navaria bei Lemberg, welche
er von P. glaber Rom. ableitet, die aber ohne Zweifel ebenfalls von
P. fallax Darw. herstammt.
Die mir zur Untersuchung vorliegenden Schalen gehören drei
verschiedenen Arten von Pollicipes an.
1. Pollicipes fallax Darwin (T. 3, F. 1—6).
Darwin a monograph of the fossil Lepadidae. 1851. pag. 15,
T. 4, F. 8 a (Scutum), b (Tergum).
B o s q u e t notice sur quelqies cirripedes recemment decouverts
dans le terr. cret. du duche de Limbourg. 1857. pag. 17, T. 2,
F. i — 12; T. 3, F. 1, 2.
Diese Species scheint in den oberen Kreidegebilden weit ver-
breitet zu sein. Sie ist bisher bekannt aus der weissen Kreide von
Galoppe, Pesaken zwischen Benzenrathof und Keverbeghof und
von Stenaken im Limburgischen, von Ciply bei Mons , von Norwich
in England, von Baisberg und Köpinge in Schweden, so wie im
obern Kreidemergel von Gehrden bei Hannover. Bei Nagorzani
liegt sie ebenfalls in der Mucronatenkreide und, nach dem mir
vorliegenden Materiale zu urtheilen, ist sie die häufigste der da-
selbst vorkommenden Species. Ich lasse hier eine Beschreibung
der einzelnen Klappen folgen.
Nebst mehreren Bruchstücken habe ich drei vollständige Carinal-
klappen vor mir liegen (T. 3, F. 1,2). Ihre Dimensionen sind:
Nr. 1. Höhe 7-75'", grosste Breite 3-1'"
* 2. „ 90 „ , 38
„ 3. „ 9'7 „ ,, 4*0.
Ihre Breite verhält sich also zur Länge im Mittel wie 1 : 2-431,
während die von Bosquet abgebildeten Exemplare breiter und
bauchiger sind (1 : 1-9).
t) H a i d i n g e r's gesammelte naturwissenschaftliche Abhandlungen. III, 2. S. 30,
Taf. 10, Fig. 20.
Über fossile Lepadiden, 241
Sie sind beinahe gerade oder nur sehr wenig nach vorne
gebogen, verschmälern sich nach oben langsam zur stumpfen Spitze
und haben einen gerundeten Rücken ohne Spur von Längskante oder
Kiel, so dass sie halbkegelförmig erscheinen. Der Basalrand ist in
verschiedenem Grade, manchmal nicht unbedeutend ausgeschnitten;
die Seitenränder biegen sich schwach nach einwärts. Über die
Oberfläche laufen mehr weniger nach oben gebogene sehr ungleiche
Anwachsstreifen, deren einzelne in wechselnden Abständen als
schwachkantige Ringe vorragen.
Zwei andere der vorliegenden Klappen (T. 3, Fig. 3) stimmen
mit der von Bosquet (I. c. T. 2, F. 5) abgebildeten und für das
Rostrum erklärten Klappe überein. Bei übrigens vollkommener
Ähnlichkeit weichen sie in der Höhe von einander sehr ab, denn die
erste ist 53" hoch, d'l'" breit, die zweite 80" hoch, 36" breit.
Gleich der Carina besitzen sie die Gestalt eines halben Kegels,
krümmen sich aber mit der Spitze stark rückwärts und sind beson-
ders im untern Theile in der Medianlinie etwas winkelig. Der
Basalrand ist nicht ausgeschweift; daher laufen die Wachsthums-
streifen gerade über den Rücken der Klappe.
Andere in Gesellschaft der vorigen gefundene Klappen (T. 3,
F. 4) sind kürzer, an der Basis breiter (Höhe: Breite = 6*2" :
3-6") und an der Spitze ziemlich stark gebogen oder beinahe
gerade (Höhe: Breite = 6"': 4'"). Der Basalrand ist beinahe gerade
und über die Anwachsstreifen von der früher geschilderten Beschaf-
fenheit laufen einzelne schwache Radialfurchen. Sie kommen mit
Ausnahme der viel bedeutenderen Grösse mit den von Bosquet
als subrostra (I. c. T. 2, F. 6) und subcarinae (1. c. T. 2, F. 4) be-
schriebenen Klappen überein, könnten aber auch wohl Rostralklappen
sein, da Verschiedenheiten im Höhen- und Breitenverhältnisse auch
bei den Kielklappen in bedeutendem Grade sich geltend machen.
Am zahlreichsten sind die von mir untersuchten Scuta (Darwin,
I. c. F. 8 a. — Bosquet, I. c. T. 2, F. 1 a, b) (T. 3, F. 5, 6).
Drei vollständige Exemplare zeigen eine Höhe von 6*9" — 7*4'", an
der Basis aber ziemlich übereinstimmend eine Breite von 5'". Sie
sind dreiseitig mit etwas rückwärts gegen das Tergum gekrümmter
Spitze. Der massig bogenförmige Schliessrand stösst mit dem fast
geraden, nur vorne etwas eingebogenen Basalrande in einem Winkel
zusammen, der wenig kleiner ist als 90 . Etwas spitziger ist das
Sitzt», d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 17
242 R e ii s s.
Eck, welches der im obern Theile eingebogene, nur im untersten
Drittheile gerade Tergolateralrand mit dem Basalrande bildet. Von
dem nur wenig vorgezogenen Basolateralwinkel läuft bis zum Scheitel
ein starker, etwas gebogener Kiel, neben welchem die Schale beider-
seits eine schwache Wehenartige Depression zu zeigen pfleg». Durch
diesen Kiel wird die Aussenfläche in zwei, unter wenig stumpfem
Winkel zusammenstossende Felder getheilt, das breitere eigentliche
Rückenfeld und das stets viel schmälere, steil zum Tergolateralrande
abfallende Seitenfeld, dessen Breite aber selbst manchem Wechsel
unterworfen ist. An Schalen, wo es sich breiter ausdehnt, zeigt es
in der Nähe des Tergalrandes eine deutliche, vom Scheitel aus-
gehende rinnenartige Einsenkung.
Über die Oberfläche des Scutum laufen in regelmässigen
Abständen schmale, ziemlich scharfe Querrippen, deren breitere flache
Zwischenrinnen von zarten, denselben parallelen Linien bedeckt
sind. Nachdem sie dem Schliessrande zunächst eine sehr schwache
Biegung nach oben erlitten haben , setzen sie ihren dem Basalrande
parallelen Lauf quer bis zu dem Dorsalkiele fort. Auf demselben
biegen sie sich nun in einem etwas stumpfen Winkel um und wenden
sich, näher an einander tretend und an Höhe abnehmend, schräge
nach oben gegen den Tergalrand.
Unter den zahlreichen Klappen, deren Untersuchung ich vor-
nahm, befand sich zwar kein Tergum; die Abbildung bei A Ith (I. c.
T. 10, F. 20) beweist aber, dass auch solche Klappen bereits in der
Lemherger Kreide aufgefunden worden sind.
Die von Bosquet (I. c. T. 2, F. 7) dargestellten oberen
Lateralklappen hat Nagorzani bisher noch nicht geliefert; dagegen
sind daselbst, gleichwie in den Maastrichter Schichten, zahlreiche
kleine Schalen angetroffen worden, die offenbar dem untern Lateral-
wirtel angehören und mit den von Bosquet beschriebenen Formen
gut übereinstimmen (T. 3, F. 12). Sie stellen mehrere differente
Typen dar. Einzelne (2-1" hoch und an der Basis eben so breit)
kommen mit Bosquet's T. 3, F. 3 überein, sind mehr weniger
gerundet, dreiseitig, gewölbt, mit bogenförmigem Basalrande, eben
solchen Anwachsstreifen und mit stumpfem, nach innen gebogenem
Scheitel.
Aridere entsprechen der Abbildung Bosquet's, T. 2, F. 10
(T. 3, F. 13). Sie sind im Mittel 1-5"' hoch, bei einer Breite von
Über fossile Lepadiden. *i+o
1-6'", etwas schief-triangulär, gewölbt oder selbst etwas winkelig,
mit bogenförmigem Unterrande und davon abhängiger Anwachs-
streifung und mit stumpfer, nur wenig gebogener Spitze.
Noch andere (T. 3, F. 14, 15) erinnern an Bosquet's T. 2,
F. 8. Bei 2-5—3" Höhe besitzen sie eine Breite von 19— 2-0'",
sind mehr weniger eiförmig oder oval-dreiseitig mit abgerundeten
Winkeln und sehr stumpfem Scheitel und nur wenig gewölbt.. Der
untere Band, so wie die Anwachsstreifung bilden einen mehr weniger
starken, nach abwärts gerichteten Bogen. Endlich bemerkt man
noch einzelne schmälere oder breitere Furchen, die vom Scheitel
ausstrahlen und Einbiegungen des Basalrandes bewirken.
2. Pollicipes Zeidleri m. (T. 2, F. 15).
Ich gründe diese Species auf ein vollständig erhaltenes Scutnm
der linken Seite, das jenem von Mitella Darwiniana Bosq. (Monogr.
des crust. foss. du terr. cret. du duche de Limhourg, pag. 12,
T. 1, F. 8 «, 6) sehr ähnlich ist, aber doch in mancher Bezie-
hung abweicht, so dass ich mich nicht entschliessen kann, es damit
zu vereinigen, um so weniger, als die übrigen Klappen, welche eine
rechtsgiltige Entscheidung begründen könnten, bisher fehlen.
Das vorliegende Senium ist 10'" hoch und an der Basis 6-2'"
breit, verlängert schiefdreiseitig , an der Basis schief abgestutzt, an
der Spitze massig nach hinten gegen das Tergum gebogen. Der
Schliessrand ist schwach bogenförmig; der viel kürzere (nur 65'"
lange) Tergolateralrand im untern Theile fast gerade, im obern
ziemlich stark coneav. Der kurze vordere Theil des Basalrandes
stösst in einem 90 nur wenig übersteigenden Winkel mit dem
Schliessrande zusammen. In geringer Entfernung von demselben
bildet er eine starke Einbiegung nach oben und verläuft dann in fast
gerader, nur gegen das Ende hin etwas geschwungener Linie nach
hinten und oben , um sich unter einem ebenfalls wenig stumpfen
Winkel an den Tergolateralrand anzuschliessen.
Die Aiissentläche erhebt sich am Schliessrande in eine diesem
folgende ziemlich breite, flache, nach hinten abschüssige Wulst,
die durch eine vum Wirbel in beinahe paralleler Bichtung herablau-
fende tiefe Binne begrenzt wird, aus welcher die Schale in schräger
Bichtung emporsteigt, um beinahe in gleichem Niveau mit der vor-
erwähnten Wulst eine deutliche Kante zu bilden, von welcher die
Oberfläche der Klappe sich sodann in geringer Wölbung bis zum
17 9
244 Reu ss.
Tergolateralrande senkt. Der beschriebenen Rinne enlspricht die
vorerwähnte starke Einbiegung des ßasalrandes.
Über die Oberfläche der Schale verlaufen, den Unebenheiten
derselben folgend, schmale, aber scharfe Querfalten, deren viel
breitere Zwischenrinnen in gleicher Richtung fein linirt sind. Beide
senken sich von dem Randwulst zuerst schräg hinab in die dahinter
befindliche Rinne, um auf der Hinterwand derselben wieder schräg
aufzusteigen und dann von der Randkante dem Basalrande parallel
sich dem Tergolateralrande zuzuwenden.
Die Beschaffenheit der Innenseite der Klappe kann nicht ange-
geben werden, da sie auf dem Gesteine aufliegt und ohne Zerstö-
rung der calcinirten Schale nicht losgelöst werden kann. Mau kann
jedoch schon von aussen wahrnehmen, dass der innere glatte Theil
des Schliessrandes sich am untern Ende in einen die äusseren
Schalenschichten überragenden vierseitigen Zahn verlängert, wie
ihn Bosqu et auch bei Mitelia Darwiniana beschreibt und abbildet.
Ich habe die in Rede stehende Species zu Ehren des Herrn
Abtes am Strahow in Prag, Freiherrn v. Zeidler, dem das
k. k. Hof-Mineralien-Cabinet die beschriebenen Fossilreste verdankt,
benannt.
3. Pollicipes glaber Rom. Diese Species, wohl die verbreitetste
und häufigste aller Pollicipes-Arten, ist bisher schon aus der Senon-
kreide des Herzogthums Limburg und Belgiens, Englands, Schwe-
dens, Westphalens, Hannovers, so wie aus dem Pläner Böhmens und
Sachsens bekannt. Sie findet sich auch in denMucronatenmergeln der
Umgebung von Lemberg in Galizien , obwohl sie dort seltener zu
sein scheint, als P. fallax Darw. Von Nagorzani befinden sich im
k. k. Hof-Mineralien-Cabinete mehrere Scula und Terga.
Ein Tergum, das vollkommen mit der Abbildung bei Darwin
(T. 2, F. 10 e) übereinstimmt, zeichnet sich durch seine Grösse
aus, indem es bei einer grösslen Breite von 9", die es heiläufig in
der Mitte seiner Höhe darbietet, eine Höhe von 12" erreicht
(T. 3 , F. 19). Ein anderes nicht ganz vollständiges Exemplar
mag kaum 8"' in der Höhe messen. Auch ein Tergum von 7-2 "
Höhe kömmt in seinen Merkmalen mit den englischen und böhmi-
schen Exemplaren vollkommen überein. Eine andere fragmentäre
Schale dürfte bedeutend grösser gewesen sein.
Über fossile Lepadiden. 245
Die Carina und die übrigen Klappen habe ich bisher von Na-
gorzani nicht zu sehen Gelegenheit gehabt.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel I.
Fig. 1. Sealpellum robusfum Rss. Carinalklappe aus dem Mitteloligocän von
Söllingen. a seitliche, b Rückenansicht, c innere Ansicht; d Querschnitt.
Vergrössert.
» 2 — 4. Dasselbe, ebendaher. Vergrösserte Seitenansichten von Carinal-
klappen.
„ 5. Dasselbe, ebendaher. Tergalklappe, in natürlicher Grösse, a äussere,
b innere Ansicht.
„ 6. Dasselbe, ebendaher. Äussere Ansicht einer Tergalklappe. a in natür-
licher Grösse; b vergrössert.
„ 7. Dasselbe, ebendaher. Äussere Ansicht einer Scutalklappe, in natürlicher
Grösse.
„ 8. Dasselbe, ebendaher. Scutalklappe. a äussere vergrösserte Ansicht,
b äussere, c innere Ansicht, in natürlicher Grösse.
„ 9. Carinalseitenklappe derselben Species von demselben Fundorte.
a äussere Ansicht, in natürlicher Grösse; b vergrössert; c innere
vergrösserte Ansicht; d seitliche vergrösserte Ansicht.
„ 10. Carinalseitenklappe derselben Species, ebendaher, in natürlicher
Grösse, a von aussen, b von innen gesehen.
„ it. Poecilasma? dubia Rss. Carinalklappe von Söllingen. Äussere
Ansicht, a in natürlicher Grösse; b vergrössert.
Tafel II.
Fig. 1. Poecilasma? dubia Rss. Carinalklappe von Söllingen. a vergrösserte
innere Ansicht; b Seitenansicht, in natürlicher Grösse.
„ 2. Poliicipes interstriatus Rss. Scutum von Söllingen. a äussere Ansicht,
in natürlicher Grösse; b dieselbe vergrössert; c innere vergrösserte
Ansicht.
„ 3. Poliicipes decussatus Rss. aus den Miocänschichten von Niederleis.
Scutum. a äussere Ansicht, in natürlicher Grösse; b dieselbe vergrös-
sert; c innere vergrösserte Ansicht.
„ 4. Poliicipes undulatus Rss. Scutum von Niederleis. a äussere Ansicht,
in natürlicher Grösse; b dieselbe vergrössert ; c ein Theil der äusseren
Oberfläche stärker vergrössert; d vergrösserte innere Ansicht.
„ 5. Sealpellum magna m Wood von Salles bei Bordeaux. Fragmentäre
Carina vergrössert. a seitliche, b Rückenansicht; c ein Theil der
letzteren stärker vergrössert; d Querschnitt.
24:6 R e u s s, Über fossile Lepadiden.
Fig. 6. Dasselbe , ebendaher. Vergrösserte Seitenansicht einer Carinalklappe.
„ 7. Dasselbe. Vergrösserte Ansicht eines Scutums. «von aussen, b von
innen.
„ 8. Dasselbe. Äussere Ansicht einer Tergalklappe, in natürlicher Grösse.
„ 9 — 11. Obere Lateralklappen derselben Species. Äussere vergrösserte
Ansichten.
„ 12. Poecilasma? miocaenica Rss. Scutum von Podjarkow in Galizien.
Äussere Ansicht, a in natürlicher Grösse, b vergrössert.
„ 13. Pollicipes eonicus Rss. aus dem böhmischen Pläner, Carina. a Rücken-,
b Seitenansicht; c Querschnitt, sämmtlich vergrössert.
„ 14. Scalpellum quadricarinatum Rss. Rruchstück der Carina aus dem
Pläner von Weisskirchlitz in Böhmen. Vergrösserte Seitenansicht.
„ 15. Pollicipes Zeidlevi Rss. Äussere vergrösserte Ansicht eines Scutum
von Nagorzani.
„ 16. Äussere vergrösserte Ansicht des Scutum eines Pollicipes (? Bronni)
aus dem Pläner von Hundorf in Böhmen.
Tafel III.
Fig. 1. Pollicipes fallax Darw. Carina von Nagorzani, vergrössert. « Rücken-,
b Seitenansicht.
„ 2. Carina derselben Species, ebendaher.« Rücken-, b Seitenansicht,
beide in natürlicher Grösse; c ein Stück des Rückens vergrössert.
„ 3. Rostralklappe derselben Species , ebendaher, in natürlicher Grösse.
a Rücken-, b Seitenansicht.
„ 4. Subrostralklappe? derselben Species, ebendaher, in natürlicher Grösse.
« Rücken-, b Seitenansicht.
„ 5, 6. Scutalklappen derselben Species, ebendaher, a vergrösserte äussere
Ansichten; b ein Stück der Oberfläche stärker, vergrössert.
„ 7. Pollicipes glaber Rom. Aus dem Pläner von Bilin. Vergrösserte Ansich-
ten der Carinalklappe. « Rücken-, b seitliche Ansicht.
„ 8. Tergalklappe derselben Species aus dem Pläner von Weisskirchlitz.
Äussere Ansicht, in natürlicher Grösse.
„ 9. Scutalklappe derselben Species aus dem Pläner von Bilin. Vergrösserte
äussere Ansicht.
„ 10. Rostralklappen derselben Species aus dem Pläner von Weisskirchlitz.
Vergrösserte äussere Ansicht.
„ 11. Obere Lateralklappe derselben Species, ebendaher. Vergrösserte
äussere Ansicht.
„ 12— 15. Pollicipes fallax D a r w. von Nagorzani. Untere Lateralklappen.
Vergrösserte äussere Ansichten.
„ 16, 17. Pollicipes glaber Rom. aus dem Pläner von Weisskirchlitz. Untere
Rostrolateralklappen. Vergrösserte äussere Ansichten.
„ 18. Tergum derselben Species aus dem Pläner von Weisskirchlitz. Äussere
Ansicht, in natürlicher Grösse.
„ 19. Tergum derselben Species aus den Mucronatenmergeln von Nagorzani.
Äussere Ansicht, in natürlicher Grösse.
Reiil's. Fossile Lepadiden.
Tafl.
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• - .: - t,atelri£cferei.
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//. Poecilasrnct //////i'/i /' /.'v.
Sitrangsb. (I. k.Akad.d/W. matli. aatunr. CL XLIX. BcLi:Abth..l86*.
Ficul'.s' Fossile Lepadiden
TafJH
. i uLHat
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/ Poecilasm-a dubia /?A: ?. Pollicipes ////iy.i//w//Ai7//i: . >'. /' eleciiwa ///.;■////:
^. P i///r//'//rff/.r ///■!■. .y_ //. ScalpeZlicm ///*//■//////// Wood.
72. Poecilcurma / miocaeni&a ///■): /■';'. Pollici&ej: conicu^ /'/■>:
/-//. A'rr/ ///!■/ ////// ////t//-//-ir///-///r/////// /f/,i: /.}. Polllct/oe& ,', r/W/r//' ///.'f.
/6'. Pü///' er/ /<•.!■ i//.
S'ity.imuvlul k.Akad ..l.W.iiii.tli.ii.-itiinv.Cl. XLIXBd.l.ÄbthA864:.
Iumi In Fossile Lepadiien
Taf.
/ 6, l.'i />, l'vllui/tts lallu.r Danw
/ //, (6 19, /' glaber Hörn .
Sil'/,iHi:-sli ,1 k Akad d W. malli. n « :w CI XLIX.Bd.J AMli. IXIi i
247
VI. SITZUNG VOM 25. FEBRUAR 1804-
Herr Prof. Dr. A. v. Wal ten ho fen in Innsbruck, übersendet
eine Abhandlung: „Beobachtungen über die Polarisation constanter
Ketten und deren Einfluss bei Spannungsbestimmungen nach der
Compensationsmethode".
Herr Prof. Dr. A. Weiss in Leinberg, übermittelt eine Abhand-
lung, betitelt: „Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte
des Farbstoffes in Pflanzenzellen".
Herr Dr. A. Boiie liest: „über die Geogenie der Mandel-,
Blatter- und Puddingsteine".
Herr Hofiath Prof. J. Hyrtl legt eine Abhandlung „über
Wirbelassimilation bei Amphibien" vor.
Herr Dr. L. Thiry spricht „über eine neue Methode, den
Dünndarm zu isoliren".
Herr F. Unferdinger überreicht eine Abhandlung, betitelt:
„Vergleichung der Pendellormel mit den Beobachtungen".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Astronomische Nachrichten. Nr. 1463 — 1464. Altona,
1864; 4o-
Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome
LVIII. No. 5 — 6. Paris, 1864; 4°
Cosmos. XIII9 Annee, 24e Volume, 8e Livraison. Paris, 1864; 8°-
Dana, James D. 1. The Classification of Animals on the Principle
of Cephalization. 2. On fossil Insects from the carboniferous
Formation in Illinois. (From the American Journal of Sc.
& Arts. Vol. XXXVII.) 8°-
Gewerbe-Verein, nieder-österr. : Verhandlungen und Mitthei-
lungen. Jahrgang 1864, 1. Heft. Wien; 8°-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrgang, Nr. 6.
Wien, 1864; 4«-
Mittheilungen des k. k. Genie-Comite. Jahrg. 1863. VIII. Band,
4. Heft; Jahrg. 1864. IX. Bd. 1. Heft. Wien, 1863 & 1864; 8«-
248
Mondes. 2e Annee, Tome III., T Livraison. Paris, Tournai, Leip-
zig, 1864; 8o-
Moniteur scientifique. 172e Livraison. Tome VI% Annee 1864.
Paris; 4<>-
Reader, The. Nr. 60, Vol. III. London, 1864; Fol.
Reichsanstalt, k. k. geologische: Jahrbuch. 1863. XIII. Bd.
Nr. 4. October, November, December. Wien; kl. 4°-
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrgang, Nr. 8.
Wien, 1864; 4<>-
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft'.
XIII. Jahrg. Nr. 8. Grafz, 1864; 4<>-
Zeitschrift für Chemie und Pharmacie von E. Erlenmeyer.
VII. Jahrg. Heft 3. Heidelberg, 1864; 8°-
— des österr. Ingenieur-Vereines. XV. Jahrg. 12. Heft, Wien,
1863; 4o-
249
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Sehaalsteine, der
Variolithen, der Serpentine und der kieseligen Puddingsteine.
Von dem w. M. Dr. A. Boiie.
Voriges Jahr hat die Ciasse eine Abhandlung über einige dieser
Fragen gedruckt, in welcher ich leider Behauptungen bemerkte,
welche mir nicht in der Natur gegründet erscheinen.
Die Akademie überlässt wohl den einzelnen Gelehrten die
Verantwortlichkeit ihrer Meinung, demungeachtet könnten gewich-
tige Fachmänner sich wundern, dass Niemand in Wien sich getraut
hätte, gegen solche aphoristisch hingeworfene Meinungen Ein-
sprache zu erheben.
„Die Hohlräume der alten Laven sollen nur selten etwas
regelmässig gestaltet und selten besonders vollständig rund sein
(siehe Sitzber. Bd. 17, S. 104). Nie kommen kugelrunde Bäume
neben solchen vor, welche bei gleicher Grösse nach verschiedenen
Richtungen verästelt sind. Zwei Blasen eines porösen Mandelsteines
sind nie durch eine Wand von der Dicke eines Menschenhaares
getrennt (S. 111), und was noch wichtiger dem Verfasser scheint,
nie kommt eine Vereinigung von zwei neben einander liegenden
Blasen vor (S. 111). Möglich, dass dieses der Fall in der durch
den Herrn Verfasser fleissig durchmusterten schönen Sammlung
des k. k. Mineralien-Cabinets ist, aber die Geologie und Geogenie
lernen sich nicht wie die krystallographische und chemische Mine-
ralogie im Studirzimmer, sondern in der freien Natur und da
würde man bald, denke ich, die zu straffe Begrenzung der Mög-
lichkeiten und Zufälligkeiten erkennen müssen. Wir brauchen nur
auf den Vesuv, die Auvergne und Island u. s. w. zu verweisen.
Die Form der Lavalöcher hängt ebensowohl von der Art der
Bildung und leichten oder schweren Entweichung der Gasarten, als
von der Ablagerungsweise jener feurigen Massen ab. Wenn der
Druck gering und viel Gas vorhanden war, so sind die Hohlräume
grösser und von verschiedenartiger Structur; stellen sich die
entgegengesetzten Umstände ein, wie z.B. ziemlich oft in Lavagängen,
so gibt es eher viele rundliche als eckige Räume. Wenn die Gase
250 Rone.
der Feuerproducte nur dem Luftdrucke ausgesetzt sind, ihre Hülle
feldspathisch und letztere in der Luft sehr zerstückelt geschleudert
werden, so entstehen die länglichen Räume und das Faserige der
Bimssteine, aber Schlacken schwerer Gattung mit Augit, Eisen u. s. w.
zeigen ebensowohl runde als eckige Löcher. Für die geringste
Dicke der Wände der Lava mögen manche oft so leichte, mit so
vielen kugelrunden Räumen versehene vulcanische Schlacken bür-
gen, welche mit Bimssteinen selbst von Island bis nach Schott-
land über's Meer wandern und über die als unmöglich gehal-
tene Vereinigung zweier Lava oder Basaltblasem finden wir in
den schönen Basaltdrüsen des Riesendammes Irlands die unstreit-
barsten Widerlegungsbeweise.
Die Verwitterung der Kiystalle und besonders der Zwillinge
oder des Zusammengesetzten aus der Reihe der Feldspathe, Augite,
Hornblende u. s. w. gibt unter gewissen Umständen Anlass zur
Bildung von rundeckigen und selbst ganz sphäroidischen Concre-
tionen, wie der Herr Verfasser es sehr gut darstellt (S. 106) und
wie es z. B. gewisse Kaolin-, Steatit- oder Speckstein-Concretionen
im Thonstein und in Thonerzlagen darthun. Aber diese Gattung
Felsarten galten nie als wahre Mandelsteine, sondern nur als Por-
phyre mit mandelsteinartigenTh eilen, und darum glaube
ich es nicht erlaubt, wenigstens diese Bildungsart als charakte-
ristisch für die meisten dunkelgrauen, braunröthlichen oder rothen
Mandelsteine (Toadstone der Englander) anzunehmen. Nach den
Deductionsregeln ist es höchst wahrscheinlich, dass selbst diese
mandelsteinartigen Abteilungen der Porphyre oder Felsenmassen
nur solche vorstellen, welche in der ersten Zeit ihrer Bildung durch
Gasentwickelungen etwas poröser als die übrigen waren.
Die wahrenMandelsteine sollen nach V olger (Stud. z. Ent-
wicklungsgesetz der Mineral. 1854, S. 533) und dem Herrn Verfasser
wahre umgestaltete Conglomera te sein, wieder Hereforter kiese-
lige Puddingstein (S. 112), eine sonderbare, aber gerade für unsere
plutonische Meinung ziemlich wichtige Annahme.
Die Mandelsteine sind ja. nach dem Ausspruche aller compe-
tentesten Männer in der Kenntniss der Vulcane und der plutonischen
Gebiete, nichts anderes als Schlacken oder sehr poröse Massen-
anhäiifungen, welche meistens oben auf den alten Lavaausbrüchen,
aber auch unter diesen zu liegen kommen und welche dann durch
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaalsteine, der Variolithen etc. 451
verschiedene chemische Verwitterungen und später Ausfüllungen
in Mandelsteine umgewandelt wurden.
Die meisten Theoretiker sahen in der Ausfüllung der vollen oder
nur theilweise gefüllten Mandel ein Werk wässeriger Infiltrationen,
mittelst Thermal- und Tagewässer (siehe Soret überWasser in Basalten
N. Bull. Soc. philom. P. 1825, S. 124), welche besonders Kiesel und
noch andere chemische Elemente mit sich führten, so wie aus den
verwitterten Felsen aufnahmen, so dass ebensowohl die verschieden-
artigsten Agathen als Kalkspath und Zeolithenbildung daraus entstan-
den. Man hat sich Mühe gegeben, die gewöhnlichste Folge der Bildung
dieser sehr verschiedenartigen Mineralien zu erkennen. In den Drusen
der Mandel zeigen sie mehrere Formen, welche an die Stalak-
titen- und Tropfsteinhildung überhaupt erinnern (siehe Del esse,
Ann. d. Miner. 1850, Bd. 16, S. 527). Doch gibt es auch einige
Geologen, wie Fourne t, welche keineswegs eine Infiltration zugehen
wollen, sondern sich die Bildung der Mandel durch kieselhaltige
warme Wasserdämpfe vorstellen (Bull. Soc. geol. Fr. 1849, N. F.
Bd. 6, S. 510—513 und auch Coquand, Mem. Soc. geol. Fr. 1850,
Bd. 3, S. 360 — 361). Wir möchten glauben, dass, obgleich die
erstere Meinung die Bildung sehr vieler, vielleicht selbst der
meisten Mandel erklärt, die Möglichkeit der letzteren Theorie nicht
ganz ausgeschlossen bleibt, was selbst für einzelne Fälle die allein
richtige sein könnte. Das seltenere Vorkommen von gediegenem und
rothein Kupfererz (besonders am oberen See in Nordamerika) und
von gediegenem Blei zwischen Wikerode und Gross-Almerode (Moll's
Jahrb. d. Berg- und Hültenk. 1801, Bd. 5, S. 434) geben keinen
Anhalt weder für die eine noch für die andere Hypothese, obgleich
man die metallischen Sublimationen (Eisenglimmer, gediegenes Kupfer
u. s. w.) in Laven in Erinnerung bringen könnte.
Wenn andererseits Fournet's Theorie meistentheils die rich-
tige wäre, so müsste man sich wundern, so selten Mandelstein-
und besonders Achatenbildung in jüngeren plutonischen Gebilden
zu finden. So z. B. bemerkt man in der Auvergne Mandelsteine
mit kohlensauren Kalk-Infiltrationen und Mandel-Ausfüllungen nur
in der Limagne oder in dem tiefer gelegenen Lande, welches
noch unter Wasser stand, als jene Vulcane in Thätigkeit waren.
Hingegen in höher gelegenen Gegenden, wie z. B. zwischen
Clermont und Montdore und anderswo, beobachtete ich nur selten
252
B o u e.
einige kleine Ablagerungen des kohlensauren Kalkes in den sehr
porösen älteren Basaltlaven; in jüngeren noch starr und wild, wie
aus dem Krater geflossen (Volvic), aber nie etwas Ähnliches.
Dass man die Gänge der Infiltration nie sieht, ist
auch ein Irrthum , besonders wenn man mit den dichten , gewöhn-
lich ziemlich zeulitharmen Mandelsteinen die Zeolith- Basalte des
irischen Riesendammes vermengt (S. 111). Für letztere kann
ich gutstehen, dass jeder Mensch diesen Umstand daselbst aufs
Deutlichste bemerken kann. Diese Zeolithen-Infiltration erstreckt
sich selbst bis in die Spalten des unten liegenden Kreidekalkes.
Für jede Mandel und selbst für jeden Mandelsteinfels dielnfiltrations-
canäle als sichtbare Gegenstände zu fordern, scheint mir überflüssig,
da es viele Nebenumstände gibt, welche die Zustopfung jener
Leitungswege später oder sogleich bedingen mussten. Daher
stammen auch die mikroskopischen Structuren jener verwitterten und
später bedeutend modificirten Gesteine her, wie sie durch Herrn
Zirkel's Zeichnungen und Beschreibungen uns vorgeführt wurden.
Ich habe selbst Zeolith- (Stilbit?) Drusen, obwohl selten,
im Trachyte der Bergspitzen des Cautal gefunden und zweifle
kaum an der grössern Wahrscheinlichkeit dieser winzigen Mineral-
bildung durch die kohlensäurehaltigen Tagewässer- Infiltration als an
ihrem Erstehen auf feurigem oder gasartigem Wege. Doch die
Infiltrationscauäle blieben mir nicht wahrnehmbar. Dasselbe würde
man wahrscheinlich auch für den selten im Granite befindlichen
Stilbit (Essai l'Ecosse, S. 19) vermuthen können.
Die sogenannten grünen, grauen und röthlichen Wacken
haben eigentlich die grösste Ähnlichkeit mit der Grundmasse der
Mandelsteine, namentlich eine thonartige Verwitterung und Zer-
setzung, besonders des Feldspaths, der Augite und manchmal des Olivin,
hie und da mit einigen Kalkspath-Trümmern. Da aber die Mandel
oder gefüllten Räume fehlen und die Wacken ebensowohl in Gängen
(Joachimsthal, Werner Ciell's Chem. Ann. 1789, S. 134) als in
den deutlichsten Lagern in älteren Steinkohlen — Sandsteinen (Calton
hill, Edinburgh) oder hie und da unter jüngeren Basalten (Schei-
beuberg in Sachsen. Werner, Bergmann. J. 1788, Bd. 2, Nr. 9,
S. 845 — 907, Puy Marmant, Auvergne) bekannt sind, so würde
man in dem Lagerartigen wenigstens vielleicht nur vulcanische
Aschenausbrüche oder selbst Schlammausbrüche im Wasser sehen
Ober die Geopenie der Mandel-, ßlntter- oder Sehaalsteine, der Variolithen etc. £ 5 3
sollen. Herr Schafhäutl hat uns eine neptunische Wacke mit
Quarz, Turmalin, Dichroit, Rothkupfererz u. s. w. in den Berner
Alpen beschrieben (München, gel. Anzeige 1849, Nr. 1822, S. 417,
N. Jahrb. f. Miner. 1850, S. 67), welche hierher nicht gehören kann.
Die Blatter- oder Schaalsteine scheinen ein Mittelding
zwischen den Mandelsteinen und gewissen, durch Metamorphismus
veränderten Schiefern und Kalkgesteinen zu sein. Unter letzteren
erstlich gesagt, rechne ich die halb krystallinischen dichten Kalke
mit Albit-Krystallen (Joch des Bonhommeberges, Savoyen); die
mit Serpentin, Steatit, Glimmer, Talk, Granat, Idokras, Augit,
Tyrit, Eisenoxydulen, Kupferkies u. s. w. geschwängerten Kalk-
felsen; dann die sogenannten Fleckenschiefer, einige Frucht-
schiefer; die Schörl, Chiastolith, Dipyr, Couzeranit und seltener
Diallagon? (Othre) führenden Schiefer; die mit krystallisirlem FeM-
spath, Hornblende oder Actinot, Grenatit , Magnet-Eisenstein,
Eisen- und Kupferkies versehenen Schiefer oder selbst nur Sand-
steine (Taviglianer Sandsleine); gewisse unreine Glimmerschiefer,
mit oder ohne Granat oder Schörl, die Hornfelsarlen sammt gewissen
dichten feldspathreichen Gneissen. Letztere Gesteine unterschieden
sich ganz gut ebensowohl vom rothen als vom grauen Gneiss (siehe
Scheerer, Abh. in berg- und hüttenmänn. etc. 1861, S. 181). Für
uns beruht noch immer dieser letztere wichtige Unterschied auf einem
mehr oder minder fortgeschrittenen allgemeinen Metamorphismus.
Wenn die Mandelsteine ganze Lager oder Stöcke oder selbst
Gänge und Theile von letzteren ausmachen, so haben die Schaal-
steine keine so einfache Lagerung und selbst keine so gleichartige
Zusammensetzung. Es gibt einige Schaalsteine, namentlich bei wel-
chen die Brecciennatur die herrschende ist und die Gänge und
Theile von diesen meistens bilden. Andere sind nur die oberen oder
unteren Theile von Trappgängen.
Wenn die Mandelsteine augitisch veränderte schlackenartige
Massen im altern Paläozoischen, in den älteren Steinkohlen, in dem
unteren oder oberen Flötzgebiete, sowie selbst im Tertiären sind, so
scheinen die bekanntesten Schaalsteine (Harz, Dillenburg, Fichtel-
gebirge) meistens nur horublendeführende metamorphische Contact-
bildungen in schiefrigen älteren Gebilden zu sein. Wegen diesem
letzteren Umstände haben die meisten eine blättrige Slructur,
gehen hie und da in Thonschiefer oder gewöhnliche Schiefer
254 ßone.
über (S. 114) und sind in innigster Verbindung mit Eisensteinlagern
und Nestern. Unter dem Namen eines Mandelsteines hat uns Dufrenoy
in der Nachbarschaft von Paimpol in der Bretagne einen silurischen
Schiefer beschrieben, welcher nach ihm durch Porphyre in jenes
Gestein umgewandelt worden wäre (Ann. des Mines. 1838, 3. R.,
Bd. 14, S. 362—364, 376 u. 392; Explicat. de la Carte geol. de Fr.
1841, Bd. 1, S. 95). Wenn hier kein Schaalstein gemeint ist, so
wäre es ein Beispiel von Mandelsteinbildung durch Metamorphis-
mus (siehe also Bozet für Localitäten im Beaugolais Bull. Soc.
geol. Fr. 1840, Bd. 12, S. 154).
In den Schaalsteinen sind die Verwitterung, die Infiltration
und der Spielraum der chemischen Affinitäten wieder die Haupt-
factoren, welche das Gestein ebensowohl umwandelten, als ihre
hohlen, mit Gas gefüllten Bäume in Mandeln verwandelten. Doch
sind letztere weder so zahlreich und vorzüglich, noch so rund wie die
der Mandelsteine, sondern sie sind länglich, meistens sehr wenig
bauschig und die Ausfüllungsmaterien sind besonders Kalkspath und
ein grauliches chloritisches Mineral als Zersetzungsproduct. Zeolithe,
Epidote, selbst Quarz scheinen da gewöhnlich nicht vorhanden zu sein.
Man sieht es dem Gesteine an, dass den Gasbildungen daselbst der
Raum sehr eng bemessen wurde und sie immer einen grossen Druck
zu überwältigen hatten. Roth- und Brauneisensteinnester sind bei
denselben in besonderer Verbindung mit grossen mandelförmigen
Absonderungen der Blattersteine.
Der sogenannte Eisenthon, Ironclay der Engländer, im
plutonischen Gebiete, ist nur ein sehr verwitterter, veränderter,
sichtlich sehr wenig poröser Felsit, welcher sehr reich an Eisen ist
und auch manchmal etwas Augite enthalten kann.
Wie der gefleckte lichtgraue, ziemlich weicher Honest one
der Engländer in dem alten Steinkohlengebiete (siehe Essai sur
l'Ecosse, S. 171) nur ein veränderter, verwitterter Phonolith ist,
wie der Thonstein und der Dolomit nur modificirte Abänderungen des
Feisites für den ersteren und der Trachyte für den andern sind, so
steht es mit den Eisentbongesteinen, welche von dem Engländer
manchmal basaltische Klingsteine genannt wurden. Die
festen Varietäten bilden einen sehr schweren und zähen, eisen-
reichen, schwarzgrauen oder röthlichen (Dunbar) dichten Felsit,
indem die weicheren fast in eine immer röthliche Bole übergehen,
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaalsleine, der Variolithen etc. /COO
so dass man selbst letztere manchmal nur mit einiger Mühe von den
eigentlichen Bolen unterscheiden kann.
Unter der plutoni sehen ßole sind namentlich mehrere
minder specksteinartig, besonders wenn sie meistens von feldspathi-
schen Aschmausbrüchen herstammen, gröbere Gattungen sind melir
eisenhaltig. Ihre Farbe ist die weissliche, blauliche und rothe und
hängt innig mit dem Oxydirungsgrade ihres Eisengehaltes zusammen.
Wenn man sich mich einem Lavaausbruche eine Ejection von unzähligen
kleinen Schlacken und Asche denkt und diese in's Wasser fallen, um
wieder von Laven bedeckt zu werden, so müssen durch den Druck, die
Verwitterung und chemische allmähliche Veränderung ziemlich ähn-
liche Gesteinlager als jene feinere Bolearten und Abänderungen des
Ironclay erstehen. Dieses scheint mir nun der Fall in Island, in
den Hebriden und am irischen Riesendamme der Fall gewesen zu
sein, wo zwischen ausgedehnten mächtigen lagerartigen Basalt-
strömen solche röthliche Eisenthone sich weit ausbreiten und auch
Spuren von Späth-, Kalk- und Zeolith-Infiltration darbieten. Ob
aber andere rothe Bole, wie z. B. der unter dem Basalt von Apchon
im Cantal (siehe Jour. de Geologie 1830, Bd. 2, S. 408) denselben
Ursprung haben, möchte man wegen der Feinheit bezweifeln;
besonders weil, wenigstens in jenem centralen Frankreich, solche
Gesteine aller Farben vorkommen und der feldspathische Charakter
über dem augitischen daselbst die Oberhand hat.
Überhaupt ist da noch ein weites Feld für die mikroskopische
Mineralogie, welches auch gleichzeitig uns die besten Aufschlüsse
über die ganze Bimsstein-Reihe-Gebilde geben könnte,
namentlich vom gewöhnlichen fragmentarischen Auswürfling bis
zu jenem Bimsstein , welcher durch bewegte Wässer fort-
geführt und abgesetzt, endlich nur als weisslicher Schlamm, rein
oder mit anderen Mineralien gemischt, als abnorme kreideartige
Felsart abgesetzt wird, wie in Ungarn, Siebenbürgen, Klein-
Asien u. s. w.
Eine ganz andere Classe von plutonischem Gebilde, die der
Variolithen, wurde oft unlogischmit den Mandelsteinen zusammen-
geworfen. Ich meine darunter diejenigen feldspathreichen dichten
Gesteine, worin Concretionsbildungen sich befinden, denn
ihr mandelartiges Aussehen ist nur eine falsche Ähnlichkeit, da die
fremdartigen Nester meistens rund und nicht wie in den Mandel-
256 ß o u e.
steinen besonders elliptisch oder im regelmässig sind. Ausserdem ist
die Bildungsart d< utlich eine andere, in den Mandelsteinen wurden
Räume später ausgefüllt, indem andererseits die Concretionen uns
die Centralpunkte der chemischen Affinitätsthätigkeiten während
der Bildungs- und Abkühlungsperioden jener Felsarten andeuten. In
dieser Hinsicht stehen die Variolithen genetisch ganz in der Nähe
der wohl bekannten kugeligen oder Orbicularibrmen der Perlsteine,
Pechsteine (Serope , Insel Ponza), Diorite (Domfront, Orne und
Corsica), der metallführenden Hornblende-Porphyre Ungarns und
Macedoniens, der Felsit-Porphyre oder Pyroineriden Corsica's,
der sogenannten drüsigen Hornstein -Porphyre zu Planitz (Cotta's
Geologie 1840, S. 282—284) und manche Granite. Diese Formen
scheinen mit der Art der Erkältung und Erstarrung der Felsarten
im Zusammenhange zu stehen (siehe für den Pyromerid Bourjot.
Bull. Soc. geol. Fr. 1855, Bd. 12, S. 369). Ähnliche sphäroid.sch
strahlförmige Bildungen wurden in folgenden M-ineralien beobachtet,
wie: Schwerspath, Kalkspath, Quarz, Glimmer, Actinot, Lievrit,
Eisen- und Kupferkies u. s. w. Mit der Anwendung der Infiltrations-
Theorie für die Bildung der Sphäroidal-Concretionen der Variolithen
können wir uns keineswegs einverstanden erklären, obgleich Herr
Delesse in solchen Concretionen Verwerfungen und Sprünge gesehen
haben will (Ann. d. Mines. 1850, Bd. 16, S. 125).
In den kugeligen Concretionen der Variolithen bemerkt mau den
dichten Feldspat!), den Albit, das dichte Diallagon, einen grünen
Talk, seltener den Epidot u. s. w. Diese Felsarten kommen selten
einzeln als Eruptivstöcke im Flötzgebiete, wie längs der Durance
im Dauphine *), vor, meistens sind sie in Verbindung mit mächtigen
Euphotid- oder Gabbro- und Serpentin-Gängen und Pils- oder hut-
förmigen Massen 3), wie in Ligurien, Toscana, Graubündten u. s. w.,
aber auch weniger charakterisirt mit den jüngeren Dioriten oder
l) Man hat die Variolithen jener Gegend mit den Spiliten oder Mandelsteinen des
Flusses Drac in derselben Provinz oft unlogisch zusammengeworfen. Letztere
Gesteine enthalten Kalkspathmandeln und sind in der Mitte von theilweise in Gyps
verwandelte Liaskalke bei Vizille und Champs, so wie im Estrellegebirge (Hier und
Coquand, Bull. Soc. ge'ol. de Fr. 1840, Bd. 11, S. 385 u. 428, 1844, N. R. Bd. 1,
S. 414 — 417). Herr Gras möchte in jenen Mandelsteinen nur metamorphosirte
Kalke sehen (dito 1840, S. 423 — 429), eine Meinung, der die chemischen Gründe
fehlen.
*) Dieser Ausdruck wird mir erlaubt sein, da man von einem eisernen Hut
der oberen Teufen von Gängen schon lange spricht.
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaalsteine, der Variolithen etc. 2ö7
Ophiten, wie in den Pyrenäen u. s. w. Herr Fournet hat sich
bemüht, die chemische separate Bildung der Variolithen von der
der Serpentine auf die Wirkung der Kohlensäure zurückzuführen
(Ann. Sc. phys. nat. Soc. d'agric. de Lyon 1841 , Bd. 4, S. 151),
indem G. Rose in der Bildung eines eben sowohl in grünen Schiefer
als in Serpentin übergehenden Gabbro zu Zobten in Schlesien, eine
metamorphische magnesiareiche Wirkung einer Graniteruption siehf,
weil der Gabbro zwischen Serpentin und Granit eingezwickt er-
scheint (Bull Soc.ge'ol.Fr. 1847, N.R. Bd. 4, S. 1061). Später sprach
sich derselbe Gelehrte noch deutlicher in seiner Geogenie des Ser-
pentiis aus (Poggendoiff's Ann. Phys. 1851, Bd. 2, S. 525—530).
Die geogenetische Auffassungsart der Bildung der eben erwähnten
verschiedenen Felsarten, gegen welche ich meine Bemerkungen
machte, scheint innigst verwebt mit der Frage über den Ursprung
des Materials jener Gesteine. Denn in manchen möchten
gewisse Geologen nur feurige oder wässerige Umwandlungen von
gesebichteten Gebirgsarten sehen und ihre Stütze suchen sie beson-
ders eben sowohl in chemischen Zerlegungen als in den fremden
Fragmenten der sogenannten plutonischen Massen. Auf diese Weise
würden wir durch letztere fast gar nichts über die Natur der Erd-
bestandtheile unter der von dem Plutonisten als erstarrt gehaltenen
Erdrinde erfahren.
Da dieser Theil der Petrologie und mineralogischen Chemie
nur im Beginne der Erkenntniss sich befindet, so hält es schwer,
darüber Vieles zu jagen. Unstreitig werden alle plutonischen Eruptiv-
gesteine Yon mehr oder weniger fremdartigen Breccien begleitet,
ob diese letzteren neben den eigentlichen feurigen Felsarten oder
einzeln nicht unfern jenen erscheinen, ist hier ziemlich gleich-
giltig. Andererseits ist wohl zu bemerken , dass alle Geognosten
diesen wichtigen Umstand nicht ganz berücksichtigen oder selbst
manchmal ganz übersehen. Wenn ich schon behauptete, dass
tuan manchmal Trachytbreccien mit dein Trachytconglomerate
unwissenschaftlich zusammenwirft, so stellen sich ganz ähnliche Fälle
für Porphyr- und Pechsteinbreccien der paläozoischen und älteren
Flötzperioden ein, wie z. B. in Norwegen, in Glencoe in Schottland,
in Cumberland, im Königreiche Sachsen (siehe Guide du Geologue
Voyageur, Bd. 1, S. 435), in den Pentlandbergen bei Edinburgh
u. s. w. Feldspathische Conglomerate des Rothtodtliegen wurden
Sitib, d, mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth, 18
258 B o u e.
besonders oft von Porphyrbreccien nicht getrennt. Aber selbst bei allen
anderen plutonischen und metamorpbisch-krystallinischen Gebirgs«
massen fehlen die Breccien mehr oder weniger nicht. Ohne an die
häufigen Tufas der Trappe und die Breccien der Augitporphyre erinnern
zu brauchen, übersah man manchmal und ich selbst einst die schönsten
Breccien der Diorite und Syenite, indem man die Fragmente nicht
als Bruchstücke, sondern als chemische Concretionen behandelte,
wie z. B. auf der Insel Arran an der Bucht von Brodick am Ausgange
des Cloythales (siehe Essai sur TEcosse, S. 20). Durchbricht der
Syenit, der Gabbro, der Serpentin, der Augitfels oder Porphyr
Kalksteine, wenn auch von verschiedenem Alter, so bilden sich
eigene Trümmersteine, wie man es zu Glentilt in Schottland,
zu Cravignola bei Borghetto in Ligurien, bei Willendorf in Nieder-
österreich, in den Pyrenäen bei Lherz, im Fassathale (Kalktiümmer
in Augitporphyr des Monzoniberges u.s. w.); zuSerravezza(Toscana,
Kalkfragmente in Wackite Savi und Brongniart. J. de Geologie, 1830,
Bd. 2, S. 264—265), und zu Vizille (Dauphine, Gyps- und Man-
delstein-Breccie) beobachten kann. Die Granite mit Fragmenten von
Gneiss und Schiefer sind in mehreren Gebirgsgegenden eine wohlbe-
kannte Thatsache, weniger die wahren Breccienpartien der Gneiss-,
Glimmer- (Schwarzwald) und Talkschiefer (Tanneberg, Agordo).
Dieser kurze Überblick über die plutonischen, oder besser
gesagt Contact-Breccien zeigt aber, wie wenig wir noch
berechtigt sind, die Urmaterie des Eruptiven unter den Schiefern
oder neptunischen Gebilden der Erdoberfläche zu suchen. Denn
wenn die Temperatur jener plutonischen Gesteine so gering war,
um wahrscheinlich unter einem gewissen Druck eine solche Masse
fremder Fragmente so wenig verändern zu können , und wohl
gemerkt, in den Trapp- und Porphyrbreccien gibt es selbst noch
, unverzehrte Versteinerungen i), so bleibt bis jetzt die bestrittene
Hypothese nur eine noch nicht bewiesene Muthmassung und das
selbst für den besonderen Fall des Trachytes oder Dolomites, der
einst in Frankreich aus Granit erstanden sein sollte.
•) Von Althaus, Helix hortensis iu Phonolithtuö' zu Magberg (Württemberg. Jahrb.
f. Min. 1832, S. 228) Leop. von Buch, Basaltgänge in Württemberg mit petrefacten-
reichen Jurakalk-Fragmenten (Jahrb. f. Min. 1832, S. 224), Boue', Breccienartige
untere Theile eines Mandelstein mit Cariophyllien enthaltenden Kohlenkalkstiickes
zu Berkeley in der Grafschaft Gloucester (Essai sur l'Ecosse 1820, S. 366), Griffith.
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaalsteiae, der Varlolithen etc, i59
Demungeacbtet muss man nicht vergessen, wie viele sehr
veränderte Fragmente fremder Gebirgsarten die jüngeren
Laven enthalten, sowie auch die seltene Zusammenschmelzung
jener Massen mit der Lava, wie es uns der Vesuv insbesondere beweist.
Auch kommen mir wieder jene so zahlreichen rundlichen Massen
von Olivin und Granit in den Basalten des Vivarais (Thäler der
oberen Ardeche und des Fontaulier) in den Sinn, welche neben ein-
ander sich so sonderbar ausnehmen, weil sie nicht nur dieselbe Form
haben, sondern auch der Olivin unter den Bestandtheilen des Gra-
nites wie vermengt erschien. Es drängt Einem unwillkürlich die Frage
auf über den möglichen Übergang des Olivin in Granit. Dr. Hibbert
beschrieb einen Übergang des Basaltes in Granit. (Edinb. Jof. Se.
1824, Bd. 1, S. 105.)
Dass aber in den bis jetzt als plutonisch angenommenen
Felsarten der Hitzegrad ehemals als überschätzt war, ändert ganz
und gar nicht die Theorie und findet sich gerade mehr in Ein-
klang mit dem Bekannten über die geringen Veränderungen an den
Berührungsflächen vieler neptunischen Massen mit dem Eruptiven.
Im Gegentheil, wässerige chemische Veränderungen haben daselbst
viel öfters stattgefunden, während andererseits die Erfahrung hin-
länglich gezeigt hat, was für eine bildende und umändernde Wir-
kung eine nur verhältnissmässig geringe Temperatur haben kann,
wenn sie lange fortdauert und unter einem gewissen Drucke, so wie
mit Hilfe der Wasserdämpf'e stattfindet.
Es gibt ein Gestein, der Serpentin, welcher der Umwand-
lungstheorie sehr das Wort zu sprechen scheint, obgleich sein6
Lagerung nicht immer alle geognostisehen Kennzeichen der eruptiven
Massen entbehren. So z. B. für jene ungeheuren Gänge oder Pro-
Terebrateln im Grünstein des Kohlenkalkes Irlands (Conybeare's Outlines of the
Geolog, of England 1822, S. 440), Naumann, Grünsteintuff mit Versteinerungen bei
Planzschitz am Fusse des Kirchberg (Fichtelgebirge), zu Magwitz, Kosenthai und
Plauen (N. Jahrb. f. Min. 1841, S. 194), J. Phillips' Muschel und Korallen in eiuem
Trappkalk-Aggregat des Malvernberges (Phil. Mag. 1842, Bd. 21, S. 388—293), Eug.
Robert, Melaphyr mit petrefactenreichen paläozoischen Kalkstein-Fragmenten zu
Tyre-Holmen unfern Christiania (Bull. Soc- geol. de Fr. 1841, Bd. 13, S. 23 ad
notat.), Dechen, Porphyr mit Trilobiten in der Grauwacke von Lenue (Karsten's
Archiv f. Min. 1845, Bd. 19, S. 419— 420, Berg- und Hüttenmann-Zeit. 1860, S.255),
Guido Sandberger, Schaalstein mit Muscheln im devonischen Kalke «bei Weilburg
Nassau (N. Jahrb. f. Min. 1842, S. 227). Alex. Brougniart, eine Spillite zootlque
mit Encriniten (Dict. d. Sc. nat).
18*
260 Boae
trusionen, welche man im Monte Rosa, so wie in Central- Graubündten,
nordwestlich des Julier, so wie im Davos kennt, dann für jene
angedeuteten italienischen Gängemassen, welche in ihren obersten
Theilen die Form eines Keils angenommen und über die neptunischen
Gebilde sich etwas ausgebreitet haben. Wenn schon F erb er den
Serpentin des Berges Traverso inToscana als alte Lava bezeichnete,
so wird Niemand es verargen können, wenn Alex. Brongniart und
ich die eruptive Natur des Serpentins nicht allein auf Borghetto,
Prato u. s. w. (siehe mein geognost. Gemälde Deutschlands 1829,
S. 272 — 273) beschränken wollten. Möglich, dass wir im Unrecht
waren, die unterliegenden rothen und gelben Jaspise einzig als
feurige Contactwirkung anzusehen, indem zu dieser Silicilirung
wohl auch eher Kiesel-, Eisen- und Kohlensäure enthaltende Thermal-
wässer und Dämpfe mitgewirkt haben mögen.
Überhaupt ist die Lagerung des Serpentins in dem
charakteristischen paläozoischen Schiefer, so wie vorzüglich in dem
mehr oder weniger krystallinischen Schiefer und dem körnigen
Kalk der Art, dass man ehemals solche Gesteine nur als gleich-
zeitige chemische Bildungen betrachtete. Jetzt sehen aber mehrere
gewichtige Geologen nur metamorphische niagnesiareiche Wirkun-
gen in solchen Lagern und Stöcken, So z. ß. Böbert für die durch
Veränderung des krystallinischen Schiefers hervorgebrachte Ser-
pentine Norwegens (Gaea Nor wegica Keilhaus, 1838, Edinb. u. phil. J.
1838, Bd. 24, S. 206), Fallou und Müller für die durch chlori-
tische Sublimationen im sächsischen Weissstein gebildeten Serpen-
tine bei Bohringen unfern Rosswein (Mittheil, aus d. Osterland.
Naturforsch. Ges. zu Altenburg 1842, Bd. 5, S. 219), J. Fournet
für die Serpentine als Metamorphumus in gewissen Kalksteinen der
Vogesen in der Nachbarschaft des Granites (Bull. Soc. geol. Fr.
1846, N. B., Bd. 4, S. 231— 232), Alph. Favre für die Serpenline
des Berges Iseran (Bull. Soc. gCol. Fr. 1851, Bd. 8, S. 624), Bernh.
S tu der für diejenigen, welche mit körnigem Kalke und Dolomite
im Walliser Lande, in Piernont, bei Predazzo in Tirol und in Glen
Tilt in Schottland verbunden sind (Edinb. u. phil. J. 1849, Bd. 46,
S. 168). In Graubündten neben der grossen Serpentinablagerung
von der Ober-Halbsteingau südlich von dem Albulath.ile schienen
mir auch rieben mancher Felsverkieselung ähnliche metamorphische
Contactbildungen vorhanden zu sein.
Über die Geogenie der Mandel-, Blatter- oderSchaalsteine, der Variolithen etc. 261
Schon im Jahre 1820 sprach ich mich üher die theilweise wahr-
scheinliche feurige Bildung der Serpentine aus (Essai sur TEcosse,
S. 442), indem ich auf die so wichtige Verbindung des Diallagon
und Olivin mit jenen Gesteinen aufmerksam machte. Chrysolithe
will Fournet darin in den Vogesen gesehen haben (Bull. Soc.
geol. Fr. 1846, Bd. 4, S. 227). Im Jahre 1820 und beson-
ders später wurden die Übergänge des Serpentins im Doleriten
(Insel Inchcolm bei Edinburgh in Schottland), im augitreichen
Trapp oder Basalt, im Euphotid, Diorit oder Ophit von mir aufge-
zeichnet (siehe Denkschriften d. k. Akad. d. Wiss. 1851, Bd. 3,
S. 54). Im Jahre 1842 beschrieb Fallou neben dem Serpentin des
Weissstein eine Gebirgsart mit der Structur des Eclogit und
kleinen Trümmern von Chlorit. In neuerer Zeit erklären aber Blum,
B. Cotta, H. Müller und Naumann den Serpentin nur für eine
Pseudomorphose des Eclogit, gewisser Hornblendefelsarten, der
Diorite und der Euphotide. Th. Sehe er er brachte die Bildung der
Serpentine auch in Verbindung mit dem Olivin (Liebig's Hand-
wörterbuch d. Chemie 1835 u. N. Jahrb. f. Min. 1854, S. 451—453)
und James Dana sieht auch im Serpentin nur eine durch warme
Magnesia enthaltender Wässer gänzlich veränderte Felsart (Americ.
J. of Sc. 1843, Bd. 45, S. 120). Th. Sterry Hunt ging noch weiter,
indem er dieselbe Bildungstheorie nicht nur für Serpentine, son-
dern auch für Euphotide , Talk und Hornblendegesteine Canadas
vorschlug (Bull. Soc. g6ol. Fr. 1855, Bd. 12, S. 1031, C. R. Ac.
d. Sc. P. 1837, Bd 44, S. 996).
Über die Urmaterie gewisser Trappgesteine haben nur sehr
wenige Geologen sich Muthmassungen erlaubt, so z. B. Samuel Solly,
welcher in der Londoner geologischen Gesellschaft im Jahre 1816
den 7. Juni und in der Royal Society den 6. März 1828 sie als
veränderte ältere Steinkohlen-Gesteine erklärte (Ann. of phil.
1818, Bd. 8, S. 143, Phil. Mag. a. Ann. 1828, Bd. 3, S. 458—460,
Zeitsch. f. Min. 1829, S. 383—386). Mögen auch die Trapp-, sowie
gewisse sogenannte schieferige ältere Grünsteine zum Metamor-
phismus gehören, so sind doch diese Fragen bis jetzt nicht gründlich
genug erörtert worden und der Trapp bleibt einstweilen wie die
Lava ein eigentliches Product, dessen Urmaterie bis jetzt unbekannt
geblieben ist. Die Zeit ist vorüber, wo man es als wahrscheinlich
fand, dass Granit als theoretisch angenommenes unterstes Gestein.
262 bou^.
die Materie alles Vulcanischen wäre, denn die chemischen Beweise
wurden nie davon geliefert und sehr granitähnliche Gesteine bilden
noch jetzt jüngere Laven.
Was die kieseligen tertiären Puddingsteine betrifft,
welche in jener erwähnten, der Akademie vorgelegten Abhandlung
mit in dasMandelstein-Tableau hineingezogen wurden, so glaube ich
bei der Meinung der bisherigen Mineralogen und Geologen bleiben
zu müssen, namentlich dass ebensowohl in den englischen aus der
Grafschaft Hertford, als in den französischen bei Nemours die soge-
nannten Mandel nur grösstentheils abgerundete Hornstein- und Feuer-
steinstücke aus der Kreide seien. Manche dieser ovalen oder runden
Fragmente zeigen verschiedenartig gefärbte concentrische Zonen
der Verwitterung, so wie alle Kiesel- und Kalksteine. Doch da das
Cement dieser Agglomerate Kiesel oder selbst Achat ist, — wahr-
scheinlich eine Thermalwasser-Ablagerung, — so müsste es eher
auffallen als erstaunen, dass diese Kieselsolution keine Absonderung
in einigen Löchern veranstaltet oder selbst einige Kalkgerölle ver-
kieselt oder gänzlich ersetzt hätte. Einfachere Drüsenausfüllungen
können auch dadurch erstanden sein, und ganz dasselbe geschah
m sogenannten kieseligen Pariser Süsswasserkalk zu Champigny.
Möge man auch überhaupt ein so geschickter Mineralog oder
Chemiker als nur möglich sein, jede geognostische Erklärung muss,
wie schon bemerkt, die verschiedene geognostische Lage der
besprochenen Mineralien oder Felsarten gründlich berücksichtigen.
Sonst bleibt Alles nur einseitig, wie es z. B. den höchst interessanten
mineralogischen (S. 247) und chemischen Erörterungen (Bischofs
chemische Geologie und Delesse Ann. d. Mines. 1848, 4. Ser., Bd. 13,
S. 695— 697, Bull. Soc. geol. Fr. 1859, Bd. 16, S. 419) zum
Trotze noch jetzt immer mit dem sogenannten wässerigen Nieder-
schlage aller Granite und Porphyre steht. Zu allen Zeiten gab es in
der theoretischen Wissenschaft abnorme Meinungen, wie z. B. für
die Feuergebilde ein Nose, für den Basalt ein Schmitz u. s. w.,
welche die deutlichsten Feuerspuren in einer unbekannten Feuer-
quelle in jenen Gesteinen suchten; kein Wunder, dass heutzutage
der Ilfelder Melaphyr nur ein eisenschüssiger Thon des rothen
Sandsteines sein soll (N. Jahrb. f. Min. 1848, S. 53), oder dass selbst
über die Steinkohlenbildung Sonderbares uns dargeboten wurde (siehe
Berg- und Hüttenmann-Zeitung, 1861 u. 1862).
Ober die Geogenie der Mandel-, Blatter- oder Schaalsteine, der Variolithen etc. 363
Wenn die Bildung des Quarzes wahrscheinlich oft mittelst warmer
Wässer stattfand und dieses sowohl für die tertiären quarzigen
Mühlsteine und quarzigen Trachytporphyre, als für die Feuersteine
und Hornsteine der Kreide, des Flötz und paläozoische Zeit gewesen
sein mag, so bemerkt man, dass die Menge letzterer, besonders
als knollige Mineralien von der ältesten Zeit bis zur neuesten immer
zahlreicher werden, indem in den allerältesten Perioden der weisse
Quarz und Quarzit jene ersetzt und nur selten in späteren Zeiten
sich wieder zeigte, um doch solche Massen nie wieder zu bilden.
Vergleicht man beide Kieselreihen, so sieht man leicht ein,
dass in beiden Zeiträumen die Kieselablagerungen immer mehr oder
weniger localisirt waren. So z. B. mangeln in gewissen Kreide-
gebilden mancher Länder der Reichthum der Feuersteine, anderswo
stellen sich Hornsteine oder andere kieselige Ablagerungen in anderen
tertiären Flötz- und paläozoischen Kalken ein, welche in gewissen
Ländern nicht wieder gefunden werden. Selbst in den ältesten Gebilden
ist die Ausbreitung der Quarze nicht gleichförmig. Dieser Umstand
ist sehr erklärbar, wenn man diese Kieselbildung mitThermalwasser
verbindet, da Mineralwasser immer nur locale Erscheinungen sein
können. Die Frage, ob Quarz ganz gebildet und feuerflüssig aus
der Eide hat kommen können, möchte ich nicht beantworten, aber
ungeachtet dieser theoretisch offen gelassenen Frage können wir
wenigstens schliessen, dass die Ablagerung der weissen Quarzstein-
gänge und Lagen unter ganz besonderen Umständen erzeugt wurde.
Da aber die Wasserbildung nicht nur für Quarzkrystalle und Feuer-
steine u. s. w., sondern selbst für Quarzgänge im Tertiären und
Flötzen erwiesen ist, so versteht man sehr wohl, wie man diesen
geogenetischen Gedanken verallgemeinern möchte. Doch kann die
Natur zwei Wege zur Erzeugung desselben Minerals gebrauchen und
in Wirklichkeit, wie neben vielen von unten oder von der Seite ge-
füllten Basaltgängen es einige gibt, welche es von oben wurden, wie bei
Murat im Cantal (siehe Essai sur l'Ecosse, Fig. 33), so haben wir
im Gegentheil die Kenntniss von einer Unzahl von kleineren und
grösseren Quarzgängen erlangt, welche von oben nach unten gebildet
wurden, indem andere, wie die zu Plomhieres, sowie gewisse stra-
tificirte Achate- und Honisteingänge, auf das Deutlichste von unten
durch kieselhaltige Thermalquellen allmählich gefüllt würden (siehe
Daubree, Ann. d. Mine.. 5. Ser., Bd. 13, S. 227—256).
264 Hyrtl.
Über Wirbelassimilation bei Amphibien.
Von dem w. M. Prof. Jos. Hyrtl.
(Mit 1 Tafel.)
Dass der letzte Lendenwirbel einseitig, oder auf beiden Seiten,
sich zu einem Kreuzwirbel umgestalte, wurde am Menschenskelete
weit öfter beobachtet, als dass der erste Kreuzwkbel, ganz oder
nur halbseitig, den Charakter eines Lendenwirbels annehme. Schon
Albin und Sandifort kannten erstere Transfiguration, und die
neueste Zeit, welche ähnlichen Mefamorphosirungen des Atlas und
des siebenten Halswirbels besondere Aufmerksamkeit zuwendete,
hat sie auch mit einem besonderen Namen, als „Assimilation", be-
zeichnet.
Über das Vorkommen dieser Anomalie bei Thieren war nichts
bekannt *)• Ich erwähne nun ihrer hier bei den Reptilien, wo ich
sie, insbesonders in der Ordnung der Saurier, wiederholt ange-
troffen habe. Sie betrifft aber nicht, wie beim Menschen, den Körper
und sämmtliche Fortsätze des umgestalteten Wirbels, sondern nur die
Querfortsätze, da nur in der Form der letzteren der Unterschied
zwischen Lenden- und Kreuzwirbeln liegt, alle übrigen Fortsätze
dagegen, so wie die Körper der Wirbel am Lenden- und Becken-
segment der Columna vertebralis, nur sehr wenig differiren.
In meinem Museum für vergleichende Anatomie befinden sich
unter 71 Saurierskeleten drei Fälle dieser Art, und in meiner Privat-
sammlung von Skeleten (welche meistens aus Fischen besteht, und
nur 32 Saurier zählt) habe ich drei weitere, hieher gehörige
Specimina aufgestellt.
Unter den Batrachiern kenne ich die Assimilation des letzten
Lendenwirbels mit den Kreuzwirbeln nur bei Menobranchus lateralis,
t) Dns erste Skelet meiner osteologischen Sammlung — ein vollkommen ausge-
wachsener Chimpanse — ist mit rechtseitiger Assimilation des letzten Lendenwirbels
an das Kreuzbein behaftet.
Hl. Leber vVirbelassimilation bei Ampliibiei
Fig. 1.
Mg.2.
Bg.3
%• f
Sifzunesb.d.Ji .Hcad.A.W.matli iw.fmw ''! XI.1X.H.! I..\hih.!M+.
Über Wirbelassiinilation bei Amphibien. ^1)5
(Harl.) und in der Ordnung der Chelonier, von welcher ieh 49 Ske-
lete besitze, sind die Arten Testudo graeca (Linn.), Chersina
angulata (Gray) und Clemmys Cumberlandensis (Ho Ihr.), gleich-
falls hieher zu beziehen. Unter den Ophidiern beobachtete ich sie
bisher nur bei Giftschlangen (Aspis, Trigonocephalas, Lachesis
und Crotalus), indem der letzte rippentragende Wirbel rechter- oder
linkerseits eine Gabelrippe trägt, welche das vordere Ende des
Lymphherzens aufnimmt.
1. Saurier
Bei der Ausarbeitung des Skeletes eines grossen Exemplares
von Ctenodon nigropanctatus Wagl. fem. ') beobachtete ich die
Sache zuerst.
Das Thier besitzt 25 Rumpfwirbel, 65 Schwanzwirbel, dagegen
nur einen wahren Kreuzwirbel, während allen Sauriern zwei solche
zukommen.
Dieser wahre Kreuzwirbel, dessen mächtige Querfortsätze den
Beckengürtel tragen, ist schief verzogen, so dass der rechte Pro-
cessus transversus nicht unerheblich nach hinten abweicht, während
der linke etwas nach vorne inclinirt. Zugleich ist der rechte Quer-
fortsatz etwas kürzer als der linke. Die Beckenstellung wird da-
durch eine schiefe. Der Ersatz für den fehlenden zweiten wahren
Kreuzwirbel wird nun durch den letzten Lenden- und ersten Schwanz-
wirbel geliefert. Der letzte Lendenwirbel zeigt seinen rechten
Querfortsatz, und der erste Schwanzwirbel seinen linken Querfort-
satz so entwickelt, dass beide die Form und Grösse von Kreuzwirbel-
querfortsätzen erhalten. Der rechte (assimilirte) Querfortsatz des
letzten Lendenwirbels weicht so stark nach hinten, dass er den-
selben Fortsatz des wahren Kreuzwirbels erreicht, und mit ihm sich
an das rechte Os ilei begibt, während der linke (assimilirte) Quer-
fortsatz des ersten Schwanzwirbels sich nach vorne neigt2), um
denselben Fortsatz des wahren Kreuzwirbels zu erreichen, und mit
ihm das linke Os ilei zu tragen.
i) Fig. 3.
2) Es kommt bei den Sauriern sehr oft vor, dass auch bei normaler Configuration
des Beckens der zweite Kreuzwirbel seine massiven Querfortsätze in schiefer
Richtung jenen des ersten Kreuzwirbels (welche quer stehen) entgegen schickt. Am
Ausgesprochensten zu sehen hei Hypsilophus tuberculatus Wagl. Bei den Krokodilen
stehen die Querfortsätze des ersten und zweiten Kreuzwirbels parallel, bei CrocodU
lus amazonicus Spix convergiren sie beide gegen das Darmbein hin.
2t>6 Hyrtl.
Der linke Processus transversus des letzten Lendenwirbels ist
auf ein unbedeutendes Höckerchen reducirt, welches keine Rippe
trägt, während der vorletzte Lendenwirbel ein gut entwickeltes
Rippenpaar zeigt. Der rechte Querfortsatz des ersten Schwanzwirbels
steht an Länge und Stärke demselben Fortsatze des zweiten Schwanz-
wirbels auffallend nach. Die schiefe Stellung des wahren Kreuz-
wirbels, und die Abweichung der assimilirten Querfortsätze seines
Vor- uiid Hintermannes, welche ihm Succurs bringen, ist so aus-
gesprochen, dass sie auf den ersten Blick in die Augen fällt; die
Compensation aber zugleich eine so ausreichende, dass die Arthro-
Symphysis sacro-iliaca auf beiden Seiten ganz gleiche Festigkeit
besitzt.
Bei Opiums torquatus Cuv. kommt auf 24 Stammwirbel und
46 Schwanzwirbel ebenfalls nur ein wahrer Kreuzwirbel. Die schiefe
Richtung seiner robusten Querfortsätze ist jener bei Ctenodon ent-
gegengesetzt, d. h. der rechte weicht nach vorn, der linke nach hinten
ab, mit entsprechender schiefer Stellung des Beckens. Darum leisten
nur der linke Querfortsatz des letzten Lendenwirbels, und der
rechte des ersten Schwanzwirhels durch ihre Umwandlung in mäch-
tige Kreuzwirbel-Querfortsätze genügende Aushilfe, und lenken zu-
gleich von der Querrichtung dergestalt ab, dass sie die Enden der
schiefgestellten Querfortsätze des echten Kveuzwirbels erreichen,
und mit ihnen zu Stützen des Beckens werden.
Auf der rechten Seite des letzten Lendenwirbels sitzt eine Rippe
auf, und der rechte (assimilirte) Querfortsatz des ersten Schwanz-
wirbels zeigt eine ausgezeichnet S-förmige Krümmung nach vorn,
während der linke Querfortsatz jenem des zweiten Schwanzwirbels
an Länge, Slärke und Richtung vollkommen gleicht.
An einem riesigen Exemplar von Lophura amboinensis Wagl. J)
sehe ich die schiefe Stellung des Beckens, und die halbseitige Assi-
milation des letzten Lenden- und ersten Schwanzwirbels, am auf-
fallendsten entwickelt.
Die Assimilation betrifft, wie bei Ophtrus, den linken Querfort-
satz des letzten Lendenwirbels, und den rechten des ersten Schwanz-
wirbels. Das Becken erscheint riemgemüss nach rechts und vorn
verzogen. Von den beiden Querfortsätzen des ersten Kreuzwirbels
1) Fig. l.
Über Wirbelassimilation bei Amphibien. £Ö i
übertrifft zugleich der rechte den linken an Stärke und Länge,
steht etwas höher als der letztere, und nimmt an seinem Darm-
beinende so an Breite zu, dass eine ihn daselbst der Länge nach
zeichnende Furche eine Tendenz zum Zerfallen in zwei Endhöcker
andeutet.
Der rechte, nicht assimilirte Querfortsatz des letzten Lenden-
wirbels strebt zwar auch dem Darmhein zu, ist aber zu kurz, um es
zu erreichen, und schwächer als der gleiche Querfortsatz des nächst
vorhergehenden Wirbels. Er neigt sich desshalb dem rechten
massigen Querfortsatz des eigentlichen Beckenwirbels so zu, dass er
nicht mit dem Darmbein, sondern mit dem genannten Querfortsatz
mittelst einer, an dessen vorderem Rande befindlichen Gelenkfläche,
articulirt. Der linke Querfortsatz des ersten Schwanzwirbels zeigt
eine fast hakenförmige Krümmung nach hinten.
Bei Grammatophora barbata Dum. Bibr. J) betrifft die Assi-
milation dieselben Fortsätze wie bei Ctenodon, und die dadurch
bedingte Schiefheit des Beckens erfolgt in der Richtung nach links
und vorn. Bei diesem Exemplare nimmt auch noch der vorletzte und
zweitletzte Lendenwirbel an der Asymmetrie Antheil, indem ihre
rechten Querfortsätze kürzer sind als die linken, und der vorletzte
Lendenwirbel insbesondere durch eine geringe Discordanz der
rechten und linken Hälfte seines Bogens die Inegularität der Becken-
bildung auch auf die Lendenwirbelsäule übertragen hilft. Der rechte,
nicht assimilirte Querfortsatz des ersten Schwanzwirbels ist ver-
kümmert, und inclinirt bedeutend nach hinten.
Bei Chrysolamprus ocellatus Fitz, inseriren sich beide Pro-
cessus transoersi des letzten Lendenwirbels an das Darmbein, aber
der rechte ist durch seine Masse, nicht durch seine Länge, um das
Sechsfache überlegen. Der linke Querfortsatz repräsentirt zugleich
eine wahre, durch Gelenke mit dem Wirbel articulirende Bippe,
deren nach hinten gerichtete Bogenkrümmung sie eben das Darm-
bein erreichen macht. Die Asymmetrie des eigentlichen Kreuzwir-
bels fällt nicht besonders auf, da seine beiden Querfortsätze an
Stärke ziemlich gleich sind, und nur der rechte ein klein wenig
tiefer steht als der linke. Dagegen erscheint der erste Schwanz-
wirbel schief nach rechts und vorn verzogen, indem sein linker
l) Fig. 2.
26S Hyrtl.
breiter Querfortsatz sich an das Darmbein als Träger desselben
anschliesst; der rechte dagegen diesem Knochen ferne bleibt.
Der letzte Fall unter den Sauriern betrifft Bipes Pallasii Opp.
Das ßeckenrudiment wird nämlich links vom Querfortsatz des 55.
Wirbels, rechts von jenem des 56. getragen. Der linke Querfort-
satz des 55. Wirbels ist breiter und stärker als der rechte, und
lenkt in seiner Richtung nach hinten ab, während der rechte, dünn
und kurz, der rechten Rippe des 54. Wirbels entgegenwächst.
Sonst lässt sich an der Kreuzgegend der Wirbelsäule keine Asym-
metrie gewahren. Die Form des linken assimilirten Querfortsatzes
lässt zugleich vermuthen, dass auch er zur ßildung der Nische für
das linke Lymphherz verwendet wurde.
Wenn ich nun die Skelete, an welchen die Assimilation der
Querfortsätze am letzten Lenden- und ersten Schwanzwirbel beob-
achtet wurde, mit gleichnamigen Skeleten ohne Assimilation ver-
gleiche, so ergibt sich, dass die Fälle eigentlich nicht als halbseitige
Assimilation des letzten Lendenwirbels mit dem Kreuzwirbel, sondern
umgekehrt, als partielle Umwandlung des ersten Kreuzwirbels in
einen Lendenwirbel anzusehen sind. Denn erstens haben alle Sau-
rier zwei reguläre Kreuzwirbel, während bei Vorhandensein der
Assimilation nur einer vorkommt. Zweitens aber lehrt die Zählung
der Wirbel an gleichnamigen Exemplaren ohne und mit Assimilation,
dass bei Lophura und Grammatophora ohne Assimilation 24 Rumpf-
wirbel und 2 Kreuzwirbel vorkommen, und an den Skeleten mit Assi-
milation ebenfalls 24 Rumpfwirbel gezählt werden, somit, was ich
der Deutlichkeit der Beschreibung wegen, einen letzten (assimi-
lirten) Lendenwirbel nannte, eigentlich ein Kreuzwirbel zu nennen
gewesen wäre. Die Assimilation des ersten Schwanzwirbels mit den
Kreuzwirbeln muss als solche verbleiben, da die Skelete mit Assimi-
lirung einen Schwanzwirbel weniger haben.
2. Batrachier.
Unter den geschwän/.ten Batrachiern besitze ich nur einen Fall
von exquisiter Wirbelassimilatiou bei Menopoma alleghaneme
Harl. «).
Der linke Querfortsatz des 20. Wirbels trägt das linke Daun-
bein, der rechte des 21. Wirbels das rechte. Das Becken steht,
i) Fig. 4.
Über Wii'belassimilation bei Amphibien. 209
wegen Länge der beiden Wirbel sehr auffällig schief, die betreffen-
den Querfortsätze aber zeigen im Vergleich zu den gegenständigen
desselben Wirbels keine Abweichung an Stärke, Länge oder Rich-
tung. Der rechte Querfortsatz des 20. Wirbels trägt ein Rippenrudi-
ment, wie seine Vormänner, und der linke Querfortsatz des 21. Wir-
bels merkwürdiger Weise ein gleiches.
Da an einem zweiten Exemplare derselben Art der 20. Wirbel
es ist, welcher mit seinen beiden Querfortsätzen das Becken trägt,
so muss natürlich auch dieser Fall nicht als einseitige Metamorphose
eines Rumpfwirbels in einen Kreuzwirbel, sondern als Umwandlung
des Kreuzwirbels in einen Rumpfwirbel, und des ersten Schwanz-
wirbels in einen Kreuzwirbel aufgefasst werden.
Dass das Becken bei einem geschwänzten Batrachier nicht an
den beiderseitigen rippenähnlichen Knochen eines und desselben
Wirbels, sondern an den einander entgegengesetzten Pleurapo-
physen zweier hinter einander Hegender Wirbel befestiget sein
könne, wurde bisher nur einmal, von A. S. Schnitze bei Triton
cristatus beobachtet. Das Becken war links am sechszehnten, rechts
am siebenzehnten Wirbel Gxirt J).
In der, mir soeben durch meinen Freund Herrn Prof. Suess,
zugeschickten Abhandlung der Herren J. J. Schmidt, J. Goddart
und Dr. J. van der Hoeven über den Japan'schen Riesensalaman-
der2) ist auf Taf. I das Becken dieses Thieres abgebildet, dessen
Darmbeine gleichfalls von den Pleurapopbysen zweier , hinter ein-
ander folgender Wirbel getragen werden. Der vordere derselben
trägt das rechte, der hintere, welcher vom Kopfe an gezählt, der
22. ist, das linke Darmbein. So sagt die Erklärung der Tafel. Im
Texte dagegen heisst es s), dass die Verbindung zwischen Rippen
und Beckenknochen rechts an dem 20., links an dem 21. Wirbel
Platz greift. An dem von Herrn Schlegel in der Fauna Japonica
abgebildeten Skelet von Cryptobranchus , und an jenem, welches
ich soeben ausgearbeitet habe, ist das Becken nur am 22. Wirbel
suspendirt. Wäre also die erste Zahlung die richtige, so ist der
i) Meckel's Archiv für Physiologie, 4. Band, 1818, pag. 379.
2) Aanteekeningen over de anatoraie van den Cryptobranchus Japonicus , in den
Natuurkundige Verhandelingen van de Holl. Matschappij der Wetenschappen
te Haarlein. 19. deel, eerste stuck. Haarlem, 1862.
3) Lib. cit. pag. 11.
270 Hyrtl.
letzte (21 ) Bumpfwirbel halbseitig einem Beckenwirbel assimilirt.
Hätte aber die 2. Zählung zu gelten, welche ich für die unrichtige
halte, so wäre der Fall gegeben, dass zwei halbseitig assimilirte
Rumpfwirbel für einen Beckenwirbel einstehen können. Weder die
genannten Herren, noch A. S. Schultze haben dieses Vorkommen
als Wirbelassimilation gedeutet
3. Chelonier.
Bei einem männlichen Exemplar von Testudo graeca Linn.
erleiden die Querfortsätze der das Darmbein stützenden Wirbel in
sofern eine auf die Symmetrie des Beckens Einfluss nehmende Ver-
schiebung, als der Querfortsatz des dritten Wirbels, welcher das
Os ilei erreicht, so gestellt erscheint, dass er nicht allein vom
Körper des ihm zugehörigen Wirbels, sondern zugleich von jenem
des nächst folgenden Wirbels ausgeht, worin Jene, welche ihn lie-
ber als Rippenhals aufzufassen geneigt sind, eine Stütze mehr für
hre Ansicht finden können. Dass eine Abweichung von so unter-
geordneter Art auf die Stellung des Beckengürtels keinen Einfluss
äussern kann, brauche ich nicht erst zu sagen.
Viel markirter wird das Missverhältniss der rechts- und links-
seitigen Querfortsätze der Beckenwirbel bei einer männlichen Cher-
sina angulata Gray. Vier Wirbel gehen eine Verbindung mit den
Darmbeinen ein. Ihre Körper bilden zusammen eine merkliche
S-förmige Curvatur. Die Querfortsätze werden demnach nach jener
Seite, auf welcher die Convexität des S liegt, kürzer als auf der
entgegengesetzten sein, und umgekehrt. Da zugleich das linke
Os ilei mehr nach vorn gerückt ist als das rechte, werden auch
die linken Processus transversi dieselbe Richtung zeigen, während
die rechten in ihrer transversalen Stellung verharren. Der erste
und zweite Schwanzwirbel tragen rechterseifs Querforlsätze, linker-
seits nicht.
Der Fall ist eigentlich keine Assimilation, sondern Scoliose, und
als solcher gewiss nicht minder interessant. Das betreffende Prä-
parat befindet sich in meiner Privatsammlung. Im zootomischen
Museum diente ein weibliches junges Skelet desselben Thieres zum
Vergleiche. Es findet sich nun seltsamer Weise an letzterem die-
selbe Seitenverkrümmung der Beckenwirbelsäule , wenn auch in
Über Wirbelassimilation bei Amphibien. Ci\
minder erheblichem Gad'1, ebenso die Asymmetrie und der partielle
Mangel der Querfoi'tsätze.
Bei Clemmys Cumberlandensis Holbr. reducirt sich die
Asymmetrie des Beckens blos auf Schiefheit des zweiten Becken-
wirbels, dessen linker Querfortsatz an der Fuge zwischen den bei-
den betreffenden Wirbelkörpern aufsitzt, während der rechte nur
seinem zuständigen Körper angehört,
An einer weiblichen Pyxis arachnoides Bell, geht nur der
linke Processus trtmsversus des ersten Kreuzwirbels eine Verbin-
dung mit dem Os ilei ein. Der rechte erscheint viel kürzer und
dünner, und biegt sich gegen denselben Fortsatz des ersten Kreuz-
wirbels zurück, um sich mit diesem durch Bandmasse zu vereinigen.
Es findet keine Compensation von Seite des ersten Schwanzwirbels
Statt. Das Becken ist schief nach rechts verzogen; das rechte Darm-
bein zugleich dem linken an Grösse etwas überlegen.
Ophidier. Bekanntlich bilden gegabelte Rippen der letzten
Rumpfwirbel und ebenso gespaltene Querfortsätze der ersten Schwanz-
wirbel bei den Schlangen eine Nische zur Aufnahme des Lymph-
herzens. Ich finde nun an vier *) Exemplaren von Giftschlangen
(unter 31 Arten), dass der letzte Rumpfwirbel auf der einen Seite
eine einfache, und auf der andern eine gabelförmig getheilte Rippe
trägt, während der letzte von dem zur Bildung der Lymphherz-
nische beitragenden Schwanzwirbel sich umgekehrt wie der letzte
Rumpfwirbel verhält. Die Asymmetrie kommt zweimal rechterseits
und zweimal linkerseits vor. Das eine Lymphherz muss somit um
eine Wirbellänge weiter nach vorne zu liegen kommen. Sonderbar
erscheint es, obwohl es blos Zufall sein kann, dass von 74 Arten harm-
loser Schlangen, keine einzige mit asymmetrischer Assimilation des
letzten Rumpfwirbels behaftet ist. Dagegen besitzeich das Skelet eines
Zacholus austriacus, an welchem zwischen dem vorletzten und
letzten Rumpfwirbel rechterseits ein halber Wirbeikörper einge-
schaltet liegt, und zwischen letztem Rumpf- und erstem Schwanz-
wirbel linkerseits eine zweite, compensirende Wirbelhälfte einge-
schoben ist. Keiner der beiden halben Schaltwirbel trägt eine Rippe.
*) Sie sind: Luchesis rhombeata, Aspis Haje, Crntatus Durissus und Trigonocephalus
Jararacca.
272 Hyrtl. Über Wirbelassimilation bei Amphibien.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. t. Beckengürtel von Lophura amboinensis. Der erste Beckenwirbel ist mit
seinem rechten Querfortsatz von der Bildung des Beckenringes ausge-
schlossen, wogegen der rechte Querfortsatz des ersten Schwanzwirbels
zur Fixirung des Darmbeines dieser Seite verwendet wird. Auffallende
Schiefheit des Beckens, indem das rechte Darmhein weiter nach hinten
gerückt erscheint, als das linke.
a, a Ossa pubis,
b} b Oberschenkel,
c zweiter Schwanzwirbel,
d letzter Rumpfwirbel.
Fig. 2. Dieselbe halbseitige Assimilation des ersten Beckenwirbels an die
Rumpfwirbel, und des ersten Schwanzwirbels an die Beckenwirbel, aber
die entgegengesetzte flinke) Seite betreffend, von Grammatophora
barbata.
Fig. 3. Derselbe Fall von Ctenodon nigropunctatus.
Fig. 4. Beckengürtel von Menopoma alleghanense , dessen rechtes Darmbein a
nicht von dem Querfortsatz desselben Wirbels getragen wird, welcher
das linke, b , trügt, sondern an den Querfortsatz des nächsten hinteren
Wirbels durch Bandmasse adhärirt. Der rechte Querfortsatz des ersten
und der linke des zweiten (assimilirten) Beckenwirbels tragen Rippen-
rudimente, c, c.
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XLIX. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
3.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
19
273
VII. SITZUNG VOM 10. MÄRZ 1864.
Herr Hofrath Au er Ritter v. Welsbach, Director der k. k.
Hof- und Staatsdruckerei, übermittelt eine Anzahl gedruckter Auf-
sätze über die Maisfaser- Production, und ladet zu der in den
Localitäten der k. k. Hof- und Staatsdruckerei veranstalteten Aus-
stellung der aus der Maispflanze gewonnenen Producte ein.
Der Verwaltungsrath der „ Dampfschifffahrt - Gesellschaft des
Österr. Lloyd" erklärt sich mit Zuschrift vom 3. März 1. J. , in Folge
der Verwendung der kais. Akademie der Wissenschaften , gerne
bereit, Herrn Prof. Dr. Karl Peters, in Berücksichtigung der hohen
Wichtigkeit seiner in der Türkei zu unternehmenden wissenschaft-
lichen Reise, die freie Passage auf den Dampfern der Gesellschaft
zu gewähren.
Herr Dr. J. Wiesner dankt mit Schreiben vom 10. März für
die ihm zu seinen Untersuchungen über die Zerstörung der Höher
an der Atmosphäre, bewilligten Subvention von 200 fl. ö. W.
' Herr Hofrath Prof. J. HyrtI übermittelt eine für die Denk-
schriften bestimmte Abhandlung: „Über normale und abnorme
Verhältnisse der Schlagadern des Unterschenkels".
Ferner wurden folgende Abhandlungen eingesendet: „Analyse
der Constautins- und der Klausenquelle zu Gleichenberg in Steier-
mark", von dem w. M. Herrn Prof. J. Gottlieb in Gratz.
„Das Pendel Abnahmegesetz" , von dem Herrn C. S chilbach ,
Uhrmacher in Triest.
„Über einige Zwillinge des Kupferkieses", von Herrn
•T. Gut zeit in Riga.
Herr Director K. v. Littrow übergibt eine Abhandlung:
„Entwicklung von Differentialformeln zur Verbesserung einer
Planeten- oder Cometenbahn nach geocentrischen Orten", von
Herrn Th. Oppolzer.
Herr Dr. H. Leitgeb legt eine Abhandlung: „Über kugel-
förmige Zellverdickungen in der Wurzelhülle einiger Orchideen" vor.
19*
274
Herr Dr. L. Ditscheiner überreicht eine Notiz: „Über die
Brechungsquotienten einer Lösung von salpetersaurem Wismuth-
oxyd".
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Naturforscher, kais. Leopoldino - Carolinisch-
deutsche: Verhandlungen. XXX. Band. Dresden, 1864; 4°-
Astronomische Nachrichten. Nr. 1465. Altona, 1864; 4°-
Comptes rendus des seances de TAcademie des Sciences.
Tome L VIII. No. 7. Paris, 1864; 4<>
Cos mos. XIIP Annee, 24e Volume, 9e — 10e Livraisons. Paris,
1864; 8o-
Jena, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem
ersten Halbjahre 1863/64. Jena & Leipzig, 1863 & 1864;
8o. & 4°-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrgang, Nr. 7.
Wien, 1864; 4<>-
Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. XIV. Jahrgang. 1864.
Januar & Februar. Prag; 8°*
Mittheilungen aus J. Perth es' geographischer Anstalt. Jahrg.
1864. I. Heft. Gotha; 4<>-
Mondes. 2" Annee, Tome IV, 8 — 9e Livraisons. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; 8<>-
Moniteur scientifique. 173* Livraison. Tome VI% Annee 1864.
Paris; 4°*
Reader, The. No. 61 — 62. Vol. III. London, 1864; Folio.
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrg. Nr. 9 — 10.
Wien, 1864; 4<>-
Zeitschrift des Österreich. Ingenieur- Vereines. XVI. Jahrgang.
1. Heft. Wien, 1864; 4»-
275
Über kugelförmige Zeilverdickungen m der Wurzelhülle
einiger Orchideen.
Von Dr. H. L e i t g e b.
(Mit 1 Tafel.)
Locale Verdickungen der Zellwand sind im Pflanzenreiche nichts
seltenes, und die verschiedenartigsten Formen derselben sind theils
in oberflächlich gelegenen Geweben des Pflanzenkörpers , theils im
Innern desselben schon gefunden worden.
Die auffallendsten und interessantesten Formen bilden bis jetzt
unstreitig die spiess- und traubenförmigen Körper in gewissen Blatt-
zellen mehrerer Acanthaceen und Urticeen, deren Bau und Entwicke-
lungsgeschichte von Schacht *) genau beobachtet und beschrieben
wurde.
Ahnliche partielle Verdickungen der Zellwand, die sich aber
allerdings in Bau und Entwickelung von den letztgenannten Bildungen,
wie überhaupt von allen wenigstens mir bekannt gewordenen Ver-
dickungsweisen wesentlich unterscheiden, beobachtete ich in gewissen
Zellen der Wurzelhülle mehrerer, besonders der Gattung Sobralia
angehöriger Orchideen.
Die an den Luftwurzeln der Orchideen befindliche Wurzelhülle
besteht, wie bekannt, aus einem ganz eigentümlichen, aus einer oder
mehreren Zellschichten bestehenden Gewebe, dessen Zellen in der
verschiedensten Weise verdickt und im Alter mit Luft gefüllt sind,
wodurch viele Luftwurzeln ein silberglänzendes Aussehen erhalten.
Bei allen mit einer solchen Wurzelhülle versehenen Luftwurzeln
liegt unter derselben eine immer nur aus einer Lage von Zellen
gebildete Zellschicht, die nach dem Vorgange Schieiden 's von
fast allen Anatomen als Epidermis bezeichnet wurde, bis Schacht
sie auf ihre wahre Bedeutung zurückführte, indem er sie als eine
innerhalb der primären Binde gelegene Zellschichte erkannte; was
l) Über die Traubenkörper etc. Verhandl. d. Senckenbergischen Gesellschaft 1854
276 Leitgeb.
später von Oudemans1) durch die Entwickelungsgeschichte nach-
gewiesen wurde, der sie auch zum Unterschiede der als äusserste
Schicht der Wurzelhülle auftretenden Epidermis als Endodermes
bezeichnete, welche Benennung ich demnach auch in dieser Abhand-
lung gebrauchen will.
Diese Endodermis besteht wenigstens bei allen mit einer Wur-
zelhülle versehenen Luftwurzeln der Orchideen aus zweierlei Arten
von Zellen, die sich durch mehrere Merkmale von einander unter-
scheiden. Die Zellen der einen Art nämlich sind langgestreckt,
wenigstens an ihren äusseren Wänden verdickt und erscheinen
schon kurz unter der Wurzelspitze ohne sichtbaren Inhalt; die der
andern Art sind viel kürzer und zeigen an tangentialen Schnitten
meist eine kreisförmige oder in seltenen Fällen, wo sie länger als
breit sind, eine elliptische Begrenzung, sind dabei immer dünn-
wandig und besitzen selbst an älteren Wurzeln immer einen ziemlich
grossen Zellkern. Sie werden von Meyen als die basilären Theile
seiner „Hantdrüsen", von Sehleiden wenigstens bei einigen
Orchideen (Aerides) für Spaltöffnungen gehalten. Da sie gegen
die Peripherie der Wurzel an Breite zunehmen, werde ich sie nach
dem Vorgänge anderer Forscher die „kegelförmigen", die ersteren
aber die „langgestreckten" Zellen der Endodermis nennen.
Wie diese beiden Arten von Zellen schon durch ihre verschie-
dene Längenausdehnung am Badial- wie Tangentialschnitt auf den
ersten Blick von einander unterschieden werden können, sind die
kegelförmigen Zellen am Querschnitte meistentheils nur dann leicht
zu erkennen, wenn die langgestreckten Zellen wie bei mehreren
Arten von Angraecum , Epidendron , Brassia etc. dickwandig sind
und sich so deutlich von den dünnwandigen kegelförmigen Zellen
abheben.
Die Verschiedenheit dieser beiden Zellarten, die sich, wie aus
Vorhergehendem erhellt, in Form und Inhalt kundgibt, äussert sich
aber auch in Bezug auf den Einfluss, den sie auf die Bildung jener
Verdickungsschichten nehmen, die an den ihnen anliegenden Wänden
der der Wurzelhülle angehörigen Zellen auftreten.
Bei allen mit einer Wurzelliülle versehenen Luftwurzeln, mag
diese nun aus spiralig- oder netzfaserig verdickten oder einfach
») Über den Sitz der Oberhaut bei den Luftwurzeln der Orchideen. Aus den Abhand-
lungen der kön. Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam 1861.
Über kugelförmige Zellverdickuugen iu der Wurzelhülie etc. 277
porösen Zellen zusammengesetzt sein, sind die der Endodermes an-
liegenden Wände in anderer Weise verdickt als die übrigen Wände
dieser und der allenfalls noch darüber liegenden Zellschichteu. In
der Regel sind in dem Falle, als die Zellen der Wurzelhülle spiralige
Verdickungen zeigen, die Verdickungsfasern an diesen Wänden
viel enger an einander gerückt, so dass sie sich oft sogar berühren,
während wieder dort, wo die Zellen der Wurzelhülle einfach porös
erscheinen, die Verdickungsschichten an diesen Wänden ununter-
brochen abgelagert sind , oder aber körnige Erhabenheiten wahr-
nehmen lassen, wodurch diese Wände dann von oben betrachtet, ein
gekörntes Aussehen erhalten. In vielen Fällen beobachtet man auch,
dass die Verdickungsschichten an diesen Wänden ein ungemein
enges, oft aus mehreren über einander liegenden Lagen bestehendes
Netzwerk bilden, dessen einzelne Fasern erst nach Behandlung mit
Schwefelsäure oder Kali deutlicher sichtbar werden.
Während nun diese Verdickungsschichten an den über den
langgestreckten Zellen der Endodermis gelegenen Wandungen
ganz gleichmässig verlaufen, zeigen sie an den den kegelförmigen
Zellen anliegenden Wänden meist eine mehr oder weniger verschie-
dene Ausbildung, obwohl auch nicht selten Fälle vorkommen, wo
ein solcher Unterschied nicht wahrzunehmen ist, wie man es zum
Beispiele bei Zygopetalum crinitiim, Oncidium pulvinatum, Brassia
verrucosa etc. beobachten kann. In allen auch den zuletzt angeführ-
ten Fällen erscheinen ferner die Verdickungsschichten, die über
den kegelförmigen Zellen gelegen sind, mehr oder weniger gebräunt,
so dass man auf Tangentialschnitten die Lage der letzteren auch
durch mehrere Zelllagen der Wurzelhülle hindurch genau wahr-
nehmen kann.
Bei Eria stellata sind die der Endodermis anliegenden Wände
ganz gleichmässig verdickt , zeigen aber über den kegelförmigen
Zellen zahlreiche Poren, die aber an den den langgestreckten Zellen
anliegenden Wänden nur äusserst spärlich vertheilt sind.
Bei Cattlega crispa sehen wir die über den langgestreckten
Zellen gelegenen Verdickungsschichten aus sehr eng an einander-
Iiegenden, meist schief über die Zellwand verlaufenden Fasern
gebildet, während über den kegelförmigen Zellen nur sehr wenige
vereinzelt stehende Fasern, zwischen denen hie und da Poren auf-
treten, beobachtet werden können (Fig. 7).
278 L e i t g e b.
Schon viel complicirter erscheint die Ausbildung dieser Ver-
dickungsschichten bei Camaridium ochroleucum, Chysis bractescens,
Xylobium pallidiflorum etc. Bei Camaridium ochroleucum zum Bei-
spiele laufen die Verdickungsschichten an den über den langge-
streckten Zellen gelegenen Wänden ganz so, wie oben für Cattlega
crispa erwähnt wurde. Man kann die Fortsetzung der Fasern aller-
dings auch über die kegelförmigen Zellen verfolgen; doch wird dort
ihr Verlauf ein ganz unregelmässiger, indem sie sich vielfach ver-
ästeln und verschlingen. Bei genügender Vergrösserung (2S0) und
schiefer Spiegelstellung erkennt man aber ausserdem noch eine
zweite ungemein feine quer über die früher erwähnten Fasern ver-
laufende Streifung, die man noch dadurch deutlicher machen kann,
dassman das Präparat einige Zeit in etwas verdünnter Schwefelsäure
liegen lässt, wodurch die Verdickungsfasern etwas aufquellen.
Diese Beispiele, denen ich noch mehrere nicht minder interes-
sante beifügen könnte, zeigen an sich schon, wie ganz eigenthümlich
und von den übrigen Zellwandverdickungen abweichend der Bau der
Verdickungsschichten an jenen Wänden ist, die über den kegel-
förmigen Zellen gelegen sind , aus welchem Umstände allein man
schon auf einen von den in den benachbarten Zellen statthabenden
verschiedenen Lebensprocess der kegelförmigen Zellen zu schliessen
berechtigt wäre.
Ich gehe nun zur Besprechung des eigentlichen Gegenstandes
dieser Abhandlung über:
Wenn man durch die Luftwurzeln einer Sobralia-Art J) zarte
Querschnitte macht , und selbe bei genügender Vergrösserung
betrachtet, so bemerkt man in einigen Zellen der an die Endodermis
anliegenden, der Wurzelhülle angehörigen Zellschicht schwarzbraune
kugelförmige Massen, die mit einer etwas breiteren Basis den Zellen
der Endodermis enge aufsitzen (Fig. 1). Immer befindet sich nur
eine einzige Kugel in einer Zelle und man beobachtet solche Zellen
entweder ganz vereinzelt stehend, oder aber zu zwei oder drei an
einander liegend. In einigen Fällen bemerkt man, dass die darunter
liegenden Zellen der Endodermis kleiner und etwas tiefer liegend
sind , als die zunächst gelegenen , und man kann sie in solchen
Fällen schon für die kegelförmigen Zellen halten. Deutlicher wird
i) Ich untersuchte Sobralia decora und S. macrantha. Oudemans erwähnt S.
Liliaatrum, sagt aber, dass er auch bei anderen Arten Ähnliches beobachtet habe-
Über kugelförmige Zellyerdickungen in der Wurzelhülle etc. ä79
die Ansicht auf einen Radialschnitt (Fig. 2), wo man die kugelför-
migen Körper immer nur über den kegelförmigen Zellen bemerkt.
Ein Tangentialschnitt zeigt, dass die Anzahl der über einer kegel-
förmigen Zelle gelegenen Kugeln von der Anzahl der Zellen abhängig
ist, die über ihr zusammentreffen. Man findet eine, zwei, drei auch
vier solcher Kugeln beisammen liegend, je nachdem eben nur eine
einzige Zelle eine kegelförmige Zelle bedeckt, oder zwei, drei oder
vier solcher „Deckzellen" vorhanden sind.
Ich finde dieser kugelförmigen Massen nur bei Oudemans1)
Erwähnung gethan, der sie auch abbildet, aber nur erwähnt, dass
„bei mehreren Sobralia-Arten die kürzeren Zellen der Endodermis
von zwei oder mehreren fremdartigen bräunlichen, mit einer körnigen
Oberfläche versehenen Körpern bedeckt werden.
Im ersten Augenblicke ist man allerdings versucht, diese Massen
für fremdartige Körper zuhalten, etwa für Reste des Zellinhaltes,
wie man sie öfters in den Zellen der Wurzelhülle findet, oder für Aus-
scheidungsproducte der kegelförmigen Zellen. Aber schon die Con-
stanz und Regelmässigkeit ihres Auftretens, wie andererseits die
bestimmte Form und scharfe Regrenzung lassen vermuthen, dass
wir es hier nicht mit fremdartigen Körpern zu thun haben. Die
schwarzbraune Färbung dieser Körper hindert bei etwas dickeren
Schnitten allerdings irgend eine Structur an ihnen wahrzunehmen;
wenn man aber hinreichend feine Schnitte in was immer für Rich-
tungen anfertigt, so bemerkt man eine deutliche Schichtenbildung,
die gegen die Rasis des Körpers oft ganz undeutlich, gegen den
Rand hin aber immer deutlicher wird (Fig. 3 und 4). Dabei beob-
achtet man an sehr feinen Durchschnitten , dass die Contouren der
einzelnen Schichten auch der äussersten, welche besonders nach
Kochen in Kali sehr scharf begrenzt hervortreten , durchaus nicht
als zusammenhängende Linien, sondern sehr oft unterbrochen er-
scheinen; welcher Umstand verbunden mit der Ansicht der Ober-
fläche uns lehrt, dass die einzelnen Schichten, aus welchen diese
kugelförmigen Körper bestehen, nicht als homogene Flächen, sondern
als ein von vielen sich verästelnden und durchkreuzenden Fasern
gebildetes Netzwerk zu betrachten sind.
*) Oudemans, 1. c. pag. 31 und Taf. II, Fig. 22 b.
280 Leitgeb.
Ein ganz älinlich gebildetes, aber meist nur aus einer Lage von
Fasern bestehendes Verdickungsnetz beobachtet man auch an den
über den langgestreckten Zellen der Endodermis gelegenen Wänden
und man sieht, besonders an solchen Präparaten, die durch schief
gegen diese Wände geführte Schnitte dargestellt wurden, wie die
an den Seitenwandungen vereinzelt laufenden Verdickungsfasern
sich allmählich in dieses Netzwerk auflösen, im selben aber öfters
zu körnigen Hervorragungen anschwellen.
Die über den kegelförmigen Zellen der Endodermis gelegenen
Zellen der Wurzelhülle (Deckzellen) passen jedoch nicht genau auf
jene, sondern bedecken meistentheils auch die zunächst gelegenen
Partien der langgestreckten Zellen (Fig. 3) , zeigen jedoch an
diesen Stellen ein viel weniger entwickeltes, hie und da ganz feh-
lendes Verdickungsnetz ; wo dieses aber vorhanden ist, da beob-
achtet man an sehr feinen Schichten und bei starker Vergrösserung,
wie einzelne Fasern an den kugelförmigen Körpern emporsteigen,
und in diese einzelnen Schichten derselben allmählich übergehen,
wodurch also eine Verbindung dieser Körper mit den an den anderen
Wänden der Zelle, wiewohl sehr spärlich verlaufenden Verdickungs-
schichten hergestellt wird. Die innersten Schichten liegen einmal
an einer mittleren Stelle der über der kegelförmigen Zelle gelegenen
Wand, wie in Fig. 4 bei a ersichtlich ist, oder aber sie entsprin-
gen an den Stellen, wo die über den kegelförmigen Zellen mehr
oder weniger senkrecht stehenden Seitenwände mit den unteren
jenen anliegenden Wänden zusammentreffen. Die äussersten Schich-
ten endigen einerseits über den langgestreckten Zellen, andererseits
an den Berührungswänden zweier solcher Deckzellen (wenn nicht
blos eine einzige vorhanden ist) , oder gehen allmählich in die im
Umkreise der kugelförmigen Körper abgelagerten Verdickungs-
schichten über.
Da die kegelförmigen Zellen etwas tiefer als die langgestreckten,
in diese eingesenkt, gelegen sind, so werden auf diese Art in der
Endodermis Grübchen gebildet, in denen dann auch die kugel-
förmigen Körper gelegen sind, die aber doch bei ihrer immerhin
ansehnlichen Grösse mit ihren oberen Theilen über die Endodermis
sich erheben und in die Wurzelhülle hineinragen. Die letzteren
Verhältnisse lassen sich besonders gut an einem etwas dickereu
Tangentialsehnitt schon unter dem Präparirmikroskope bei etwa
Über kugelförmige Zellrerdickungen in der Wurzelhülle etc. 281
dreissigfaeher Vergrösserung wahrnehmen und man kann dann mit
den Präparirnadeln diese Kugeln mit der von ihnen bedeckten Wand
der Endodermis losreissen, in welchem Falle dann die darunter
liegenden viel kleineren kegelförmigen Zellen zum Vorschein
kommen.
Schon aus den oben angeführten anatomischen Untersuchungen
ist man berechtigt, diese kugelförmigen Massen, als durch locale
Zellverdickung entstanden, zu erklären.
Aber nicht allein die anatomische Untersuchung belehrt uns
über die Natur dieser Körper, auch nach ihrem chemischen Ver-
hallen erweisen sie sich als gehäufte Verdickungsschichten, indem
sie sich gegen Reagentien gerade so verhalten, wie die benach-
barten über den langgestreckten Zellen gelegenen und die spiral-
oder netzfaserig auftretenden Verdickungsschichten der übrigen
Zellen der Wurzelhülle. Voreist sei erwähnt, dass die braune
Färbung, die diese Körper zeigen und die gegen ihre Basis hin
an Intensität zunimmt, nicht etwa durch andere zwischen die ein-
zelnen Schichten abgelagerte Stoffe bedingt ist, sondern in der
Färbung der Schichten selbst ihren Grund hat, sich aber durch kein
mir bekanntes Mittel vollkommen entfernen lässt; nur durch die
Maeeration mit chlorsaurem Kali und Salpetersäure werden die
äussersten Schichten aber erst dann entfärbt, wenn der Macerations-
process schon so weit vorgeschritten ist, dass auch schon ein theil-
weises Aufgelöstwerden dieser Schichten eintritt.
Wenn man auf sehr feine Schnitte, welche man sich sehr leicht
verschafft, wenn man das Wurzelstück früher etwas austrocknen
lässt, Jod und Schwefelsäure einwirken lässt, so färben sich die
Verdickungsfasern der Zellen der Wurzelhülle wie auch die netz-
förmigen Verdickungsschichten über den langgestreckten Zellen und
die diesen Kugeln angehörigen gelbbraun, letztere nicht selten roth,
wobei sich an diesen öfters ein, wenn auch sehr schwaches Aufquellen
der äussersten Schichten beobachten lässt. Alkohol, Äther, Kali
verändern auch nach erfolgtem Kochen diese Körper nicht, mit Aus-
nahme eines geringen Aufquellens der äussersten Schichten. Auch
durch Behandlung mit Salpetersäure und Salzsäure zeigt sich kein
anderer Einfluss als der, wie er sich auch auf andere Verdickungs-
schichten kundgibt. Eine Kalkablagerung also, wie an den Trauben-
körpern, ist hier nicht vorhanden. Durch die Maeeration mit chlor-
282 Leitgeb.
saurem Kali und Salpetersäure werden die äussersten Schichten
dieser Körper eher angegriffen, als die Verdickungsschichten anderer
Zellen der Wurzelhülle, wobei sie auch, wie schon oben erwähnt,
ihre braune Färbung verlieren. Behandelt man nach erfolgter Mace-
ration die Präparate, aus denen man jetzt ohne viele Mühe unter
dem Präparirmikroskope die Kugeln herauslesen kann, mit Jod und
Schwefelsäure, wobei man jedoch die Vorsicht anwenden muss,
das Präparat nach Behandlung mit Jod etwas eintrocknen zu lassen
und dann erst Schwefelsäure hinzuzufügen, so färben sich die ein-
zelnen Schichten der Kugeln so wie die über den langgestreckten Zellen
liegenden netzförmigen Verdickungen und die Verdickungsfasern
der übrigen Zellen der Wurzelhülle öfters bläulichgrün , was noch
ein theilweises Vorhandensein von Cellulose voraussetzt, an Präpa-
raten , die aus der Luftwurzel nahe an ihrer Spitze geschnitten
wurden, erhielt das Grün eine immer entschiedenere Beimengung von
Blau, eine vollkommene Bläuung konnte ich jedoch nie erhalten, wie
es mir überhaupt auch nie gelang, das Innenhäutchen blau zu färben.
Wenn man bei der Maceration nach dem Schulz'schen Ver-
fahren das Kochen durch einige Zeit fortsetzt, so dass schon ein
theilweises Zerfallen des Objectes eintritt und solche Präparate
nun unter dem Mikroskope betrachtet, so sieht man, dass die kugel-
förmigen Körper wie auch die benachbarten netzförmigen Ver-
dickungsschichten über den langgestreckten Zellen fast ganz ver-
schwunden sind, während jedoch die Verdickungsfasern der übrigen
Zellen der Wurzelhülle noch ziemlich gut erhalten bleiben, was
allerdings auf eine wenigstens theilweise Verschiedenheit der chemi-
schen Constitution dieser beiden Arten von Verdickungen schliessen
lässt. Hat man jedoch das Kochen in einem Momente unterbrochen,
wo diese Verdickungsschichten noch nicht angegriffen wurden, die
Maceration aber doch soweit vorgeschritten ist, dass sich die Zellen
unter den» Präparirmikroskope leicht isoliren lassen , so gelingt es
sehr leicht, die ganze Deckzelle mit dem darin befindlichen Körper
frei zu präpariren, und nun kann man sich auf das Genaueste über
den Verlauf der Verdickungsschichien unterrichten, die nun durch
den ganzen Körper bis zu seiner Basis wahrzunehmen sind. Auch
gelingt es jetzt, die früher sehr spröden und brüchigen Körper zu
zerfasern und so ihre Zusammensetzung aus einzelnen Verdickungs-
fasern auf das Schönste nachzuweisen.
Über kugelförmige Zeilverdickungen m der Wurzelhülle etc. COo
Die Entwicklungsgeschichte dieser eigentümlichen Zeilver-
dickungen bietet weiter wenig Bemerkenswerthes dar: Die Endo-
dermis erscheint auf einem Längenschnitte durch die Wurzel-
spitze schon vom Vegetationskegel aus als eine sowohl gegen die
darüberliegende Wurzelhülle als auch gegen das innerhalb gelegene
Rindenparenchym scharf begrenzte Zellreihe, in der auch sehr bald der
Unterschied zwischen beiden Zellarten auftritt. Die erste Anlage der
über den kegelförmigen Zellen gelegenen Verdickungsschichten fällt
mit dem Auftreten der Spiralfasern in den übrigen Zellen der Wurzel-
hülle zusammen. Sie beginnt an Theilen, die noch unter der Wurzel-
haube gelegen sind und die Ablagerung dieser Verdickungsschichten
schreitet so rasch vorwärts, dass die kugelförmigen Körper (wie auch
die Spiralfasern in den übrigen Zellen) schon vollkommen ausgebildet
sind, wenn die Wurzelhülle unter der Wuizelhaube hervortritt. Von
einer früheren Bildung eines Stielchens, wie Schacht es für die Ent-
wickelung der Traubenkörper bei den Urticeen angibt, konnteich nichts
bemerken. Die Schichten legen sich unmittelbar an die Wände der
Zellen an und erscheinen auch sogleich braun gefärbt, wie es mir
auch nie gelingen konnte, selbe durch unmittelbare Anwendung von
Jod und Schwefelsäure blau zu färben. Es mag dies wohl darin
seinen Grund haben, dass in der Jahreszeit, in welcher ich meine
Untersuchung anstellte (Jänner und Februar), das Wachsthum der
Wurzeln, wenigstens an den mir zur Verfügung stehenden Exem-
plaren fast ganz stille stand. Ich glaube auch nicht, dass die Beob-
achtung an jungen lebhaft vegetirenden Wurzeln in Bezug auf die
Entwickelungsgeschichte dieser Kugelkörper andereResultate ergeben
dürfte, da ich Gelegenheit hatte, auch bei anderen Orchideen ähn-
liche Bildungen in ihren ersten Entwickelungsstadien zu beobachten
und dabei ganz gleiche Resultate erhielt.
Ich habe nämlich schon oben erwähnt, dass bei einigen Orchi-
deen wie Zygopetalum crinitum, Oncidium pnlvinatum etc. , die
über den kegelförmigen Zellen gelegenen Verdickungsschichten
öfters zwei Lagen wahrnehmen lassen, die man aber erst bei wech-
selnder Spiegelstellung genau unterscheiden kann. Es haben wohl
schon diese Bildungen wenigstens ihrer Entstehung nach eine gewisse
Ähnlichkeit mit den hier gedachten kugelförmigen Verdickungs-
körpern, obwohl diese beiden Schichten nicht so mächtig werden,
um eine bedeutende Verdickung der Zellwand hervorzubringen. Nun
284 Leitgel..
finden wir aber Orchideen, deren Luftwurzeln in dieser Beziehung
gerade die Mitte zwischen den beiden gedachten Bildungen halten.
Wenn man nämlich durch die Luftwurzeln von Trigonidhim
Egertonianum Quer - oder Längenschnitte macht , so bemerkt
man, dass über den kegelförmigen Zellen der Endodermis ebenfalls
in ziemlicher Mächtigkeit Verdickungsschichten abgelagert sind,
die den Deckzellen angehören (Fig. 8 und 9). Sie sind unmittel-
bar über den kegelförmigen Zellen am mächtigsten und verlaufen
dann allmählich, indem sie in die über den langgestreckten Zellen
gelegenen Verdickungsfasern übergehen. Es ist jedoch diese Er-
scheinung nicht etwa eine Täuschung, veranlasst durch die starke
Convexität der kegelförmigen Zellen, der zufolge es in der That
manchmal nicht möglich ist, so feine Schnitte darzustellen, um
nicht blos die Durchschnittslinie, sondern auch einen Theil der
gekrümmten Fläche sehen zu müssen, so dass man also das über-
einander zu sehen meint, was eigentlich hinter einander gelegen
ist , welche Täuschung bei einer flüchtigen Betrachtung bei
anderen Orchideen allerdings sehr leicht eintreten kann; dass es
in der That gehäufte Verdickungsschichten sind , beweist über-
zeugend Fig. 9, wo zwei Deckzellen vorhanden sind, die Ver-
dickungsschichten in der einen aber stärker entwickelt sind als in
der andern. Auch die Entwickelungsgeschichte dieser Verdickungs-
schichten stimmt ganz mit der oben für die Kugelkörper in Sobralia
angegebenen überein; es ist eben nur eine locale stärkere Ablage-
rung von Verdickungsschichten.
Bevor ich schliesse, muss ich noch einer Erscheinung Erwäh-
nung thun, die an den kegelförmigen Zellen beobachtet wird. An
jedem Radialschnitt, den man durch eine Luftwurzel von Sobralia
(decora oder macrantha) führt, beobachtet man die Seitenwand der
kegelförmigen Zellen mit einigen Porencanälen besetzt (Fig. 4 b).
Ein tangentialer Schnitt (Fig. 6) zeigt uns, dass sie den seeundären
Schichten der langgestreckten und dickwandigen Zellen der Endo-
dermis angehören und an den kleineren dünnwandigen Zellen enden.
Man findet sie fast ausschliesslich an den der Länge nach verlaufen-
den Wandungen und immer nur an den Berührungswänden der lang-
gestreckten und kegelförmigen Zellen. Sie stehen wahrscheinlich
mit der Ablagerung der kugelförmigen Verdickungsschichten in einer
gewissen Beziehung.
Über kugelförmige Zellverdickungen in der Wurzelhülle etc. äöO
Über die physiologische Bedeutung dieser Verdickuugsschichten
wage ich vorderhand noch keine bestimmte Meinung auszusprechen.
Sind, wie ich schon bei einer andern Gelegenheit *) erwähnt habe,
die immer dünnwandigen kegelförmigen Zellen die Wege zur Auf-
nahme der durch das Geflecht der Wurzelhaare oder die Wurzel-
hülle condensirten Wasserdünste der Atmosphäre, so lässt sich
die Bedeutung dieser Verdickungsschichten, welche so die Verbin-
dungswege verlegen, nicht recht einsehen. Wenn man aber bedenkt,
dass diese kugelförmigen Körper keine homogene Masse, sondern ein
mehrfach über einander liegendes, aus einzelnen Fasern gebildetes
Netz von Verdickungsschichten darstellen, so können sie als poröse
Körper wohl ganz gut die Fähigkeit haben, sich des condensirten
Wassers zu bemächtigen, selbes durch längere Zeit festzuhalten und
allmählich an die darunter liegenden kegelförmigen und dünnwandigen
Zellen abzugeben, die es dann sowohl unmittelbar nach innen, als
auch durch die oben erwähnten Porencanäle seitlich zu leiten im
Stande wären.
Ich werde bei einer andern Gelegenheit nochmals auf diese
interessanten Bildungen zurückkommen.
Erklärung der Tafel.
Sämmtliche Figuren sind mit dem So mmering'schen Spiegel gezeichnet.
Die Vergrösserung ist als Bruchzahl jeder Figur beigefügt.
Fig. 1. Querschnitt durch eine Luftwurzel von Sobralia decora. Über den
kegelförmigen Zellen der Endodermis liegen bei a zwei, bei b drei
kugelförmige Körper.
„ 2. Radialschnitt aus derselben Partie der Wurzel.
„ 3. Tangentialschnitt. Man sieht die die Endodermis bedeckenden Wände
mit den eigenthümlichen Verdickungsschichten und den durchschnit-
tenen Spiralfasern der Seitenwände. In den Deckzellen die beiläufig in
der Mitte durchschnittenen Kugelkörper. Die von diesen freibleibenden
Wände der Deckzellen liegen, wie aus Fig. 2 und 4 erhellt, etwas tiefer,
sind auch fast gar nicht verdickt und erscheinen daher licht.
„ 4. Radialschnitt wie in Fig. 2, aber stärker vergrössert. Man sieht die
aus Schichten bestehenden kugelförmigen Körper und über den lang-
!) Zur Kenntniss von Hartweyia comosa. Jännerheft der Sitzungsber. d. kais,
Akad. d. Wiss. 1864.
28b Leitgeb. Über kugelförmige Zellverdickungen in der Wurzelhülle etc.
gestreckten Zellen hie und da zackenartige Hervorragungen der netz-
förmigen Verdickungsschichten. a Anfangsstelle der Schichtenbildung;
b Poren.
Fig. 5. Tangentiale Ansicht zweier langgestreckter Zellen und der die kegel-
förmigen Zellen bedeckenden Kugelkörper.
„ 6. Tangentialer Schnitt, geführt durch die kugelförmigen und die benach-
barten langgestreckten Zellen der Endodermis. a Porencanäle; b Ver-
dickungsschichten der langgestreckten Zellen; c Wand der kegel-
förmigen Zelle.
,, 7. Tangentialschnitt durch eine Luftwurzel von Cattleya crispa. Man sieht
die die Endodermis bedeckenden, mit eng an einander liegenden Ver-
dickungsschichten besetzten Wände der darüberliegenden der Wurzel-
hülle angehörigen Zellschicht: a kegelförmige Zelle. Die Wände der
darüberliegenden (3) Deckzellen sind mit einzelnen Verdickungsfasern
und Poren besetzt; b durchscheinende Wand der tiefer liegenden lang-
gestreckten Zelle der Endodermis.
„ 8. Radialschnitt durch eine Luftwurzel von Trigonidium Egertonianum.
a obere Wand der verdickten langgestreckten Zellen der Endodermis;
b die über den kegelförmigen Zellen gehäuften Verdickungsschichten
der Deckzellen; c durchschnittene Seitenwände; d spaltenförmige Poren
der langgestreckten Zellen.
,, 9. Ansicht und Bezeichnung wie in Fig. 8. Über der kegelförmigen Zelle
liegen zwei Deckzellen.
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%5
287
VIII. SITZUNG VOM 17. MÄRZ 1864.
Die Direction der „Ersten k. k. priv. Donau -Dampfschifffahrt-
Gesellschaft" erklärt sich, mit Zuschrift vom 12. März, mit Ver-
gnügen bereit, dem c. M. Herrn Prof. Peters, zu seiner wissen-
schaftlichen Reise nach der europäischen Türkei die freie Fahrt
auf den Schiffen der Gesellschaft von Wien nach Galaz und zurück
zu bewilligen.
Die „Societe des Sciences Naturelles du Grand -Duche de
Luxembourg" dankt, mit Schreiben vom 9. März, für die Betheilung
mit dem akademischen „Anzeiger".
Herr Director E. Fenzl überreicht im Namen des Herrn
Prof. F. Unger eine Abhandlung: „Über einen in der Tertiär-
Formation sehr verbreiteten Farn".
Herr Prof. Seligmann macht eine Mittheilung über einige
ethnographische Gegenstände, welche neuerlich vom Herrn Dr.
Ried aus Valparaiso für die Novara- Sammlung eingelangt sind.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Rizio, Giovanni, Sopra una concrezione rinvenuta negrintestini
di un cavallo. Analisi chimica. (Dagli Atti del Istituto Veneto
1863—64.) Venezia; 8«-
Comptes rendus des sSances de PAcademie des Sciences.
Tome LVIII. Nr. 8. Paris, 1864; 4«-
Cos mos. XIIPAnnee, 24" Volume, lle Livraison. Paris, 1864; 8«»-
Hoffmann, Robert, Bericht über die Wirksamkeit der agricultur-
chemischen Untersuchungsstation der k. k. patriot. -Ökonom.
Gesellschaft. Im Jahre 1862. Prag; 4°-
Jahresbericht der Lesehalle der deutschen Studenten in Prag.
1. Juli 1862 — Ende December 1863. Prag, 1864; 8<>-
Koller, Marian, Über das Passage -Instrument. (Separatabdruck
aus dem 1. Jahreshefte des naturf. Vereins in Brunn.) Brunn,
1863; 8°- — Zur Theorie des August'schen Heliostaten. (Aus
dem II. Bande der Verhandlungen desselben Vereins.) Brunn,
1864; 8°-
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I.Abth. 20
288
Land- und forstvvirthschaftliche Zeitung. XIV. Jahrg. Nr. 8.
Wien, 1864; 4o-
Mitt Heilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahrg.
1864. II. Heft. Nebst Ergänzungsheft Nr. 12. Gotha; 4<"
Mondes. 2e Annee, Tome IV, 10e Livraison. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; 8«-
Reader, The. No. 63, Vol. III. London, 1864; Folio.
Simpson, J. Y. , On the anatomical Type ofstructure ofthe human
umbilical Cord and Placenta. (From the Transactions of the
R. Society of Edinburgh. Vol. XXIII. Part 2.) Edinburgh,
1863; 4o-
Socie*te Imperiale de Medecine de Constantinople: Gazette medi-
cale d'Orient. VII. Annee. Nr. 10 — 11. Constantinople,
1864; 4«-
— des Naturalistes de Moscou: Bulletin. Annee 1863, Nr. IVe.
Moscou, 1863; 8«-
Solaro, J. M. Sanna, Nouvelle theorie de la grele. (Extr. de
TAnnuaire de la Sociele meteorologique de France, Tome XI.)
Versailles, 1863; 8«>-
Sternwarte, k. k. in Wien: Anualen. III. Folge. XII. Band. Jahrg.
1862. Wien, 1863; 8°- — Meteorologische Beobachtungen
von 1778 — 1855. IV. Band. 1823 — 1838. Wien, 1863; 8<>-
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrg. Nr. 11. Wien,
1864; 4o-
Zantedeschi, Francesco, Intomo alla spettrometria e chimica astro-
atmosferica; airOzono studiato ne'suoi rapporti colla elettri-
citä atmosferica e la fotografia; e con un Cenno degli avan-
zamenti della Meteorologia in Italia. Padova, 1864; 8°-
289
Über einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten Farn.
Von ilem w. M. Prof. F. Unger.
(Mit 2 Tafeln.)
Indem englischeuBiaunkohlrnlager zu Bovey kommt in grosser
Menge ein Farnkraut vor» welches obwohl schon früher an mehreren
Punkten in Deutschland aufgefunden, doch erst durch die Unter-
suchungen von Herrn 0. Heer (On the lignite formation of Bovey
Tracey, Devonshire — Philos. transact. P. II. 1862, p. 29) genauer
bekanntwurde. Sowohl in der 17. als inder26. Schichte jenes Lignit-
lagers findet man sowohl Stiele (Stipites) als einzelne Fragmente
des einfach gefiederten Wedels, meist nur durch dünne Thonlagen
von einander getrennt, in der Regel so gut erhalten, dass die Ner-
vatur daran völlig deutlich erkennbar ist, jedoch immer ohne Spuren
von Fructification , obgleich sich der genannte in Untersuchungen
solcher Gegenstände äusserst versirte Naturforscher vielfach bemühte,
unter hunderten an Ort und Stelle in die Hand genommenen Exem-
plaren auch nur einen einzigen Fruchtwedel zu entdecken. Eben so
gelang es nicht Wedel zu finden, bei welchen die Fieder noch an
der Rhachis angeheftet waren. In der 25. Schichte zu Bovey, seltener
in der 17. Schichte kamen überdies breite Rhizome bedeckt und
umgeben von Wedelstielen zum Vorschein , die wohl ebenfalls zu
diesem Farne gehören müssen , da die Stiele des genannten Farnes
rücksichtlich der Grösse, der Form und Zeichnung mit den am Rhizome
vorhandenen Stielen übereinstimmen , ausserdem kamen aber auch
Theile der Fieder desselben hier vor, die, wenngleich nicht in
unmittelbarer Verbindung, doch sicherlich nur von diesen getrennt
sich hier vorfinden können.
0. Heer, der dieses Farnkraut, wie er selbst angibt, früher
der Gattung Aspidium unterstellte, glaubt jedoch mit Berücksichtigung
der bisher allein bekannten Nervation es nunmehr besser zur Gattung
Hemitelia zu bringen, indem namentlich Hemitelia Karsteniana
(cf. Mettenius leones filicum pl. 29 f. 2) in dieser Beziehung die
grössten Analogien darbietet, da aber die Sache noch immer
zweifelhaft bleibt, diesem Farnkraut \on Bovey einstweilen no^h den
20*
290 ünger.
ganz unverfänglichen Namen Pecopteris lignitum zu belassen,
welchen Giebel dem gleichen Farne gegeben (Paläont. Unter-
suchungen. Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften 1857,
p. 305, pl. 2, F. 2).
Herr 0. Heer setzt seiner genauen, mit Abbildungen begleiteten
Beschreibung noch bei, dass leider sowohl Rhizome als Wedelstiele
dieser Farnart von Bovey in Kohle verwandelt und daher für eine
mikroskopische Untersuchung nicht zugänglich seien.
Ein Zufall, der mir eine grosse Suite von Petrefacten aus dem
bekannten Braunkohlenlager von Salzhausen, wie ich glaube, ein
Eigenthum des Herrn Professor Klip pst ein, schon vor Jahren in
die Hände führte, und die ich damals untersuchte, Hessen mich in
den zu jener Zeit angefertigten Zeichnungen mehrerer mit der
Nummer 319 und 320 bezeichneter Farnrhizome nunmehr auf den
ersten Blick die grosse Übereinstimmung mit Fig. 1 auf Taf. VII der
genannten Abhandlung Heer's erkennen, und die Vermuthung
liegen, dass das Rhizom von Salzhausen wohl nichts anderes
als das Rhizom von Pecopteris lignitum sei. Die Sache erhielt
darin noch die Bestätigung, dass Herr Ludwig in der That ein
Fiederstück aus Münzenberg in den Palaeontographicis (VIII. 2.
p. 63, t. 12, f. 3) abbildet, die er zwar als Aspidium Meyeri Heer
bezeichnet, das aber nach der Angabe He er 's nicht zu dieser Art,
sondern zu eben jener Pecopteris lignitum gehört, auch gibt schon
Herr Ludwig Kunde, dass in Salzhausen Rhizome von diesem Farne
gefunden werden. Ein auf Taf. X, Fig. 3 abgebildetes Rhizom war in
der Nähe mehrerer Wedelbruchstücke des erwähnten Aspidium
Meyeri gefunden worden , ohne dass dieselben jedoch auch hier in
unmittelbarer Verbindung mit demselben gewesen waren, was jedoch
Herrn Ludwig zu der allerdings berechtigten Vermuthung ver-
anlasste, dasselbe für das Rhizom der genannten Farnart zu halten.
Diese Rhizome nun sind nach der Beschreibung Ludwigs „gross
und stark, über 1/4 Meter lang und Ins zu 1 Decimeter dick, gerade
gestreckt, bestehen aus federspuldicken festen, holzigen, um die
Axe spitz konisch und radial gestellten , zopfartig in einander
gefügten, am äussersten Ende zerfaserten Wurzeln. (Irrig werden
hier die Wedelstiele mit Wurzeln verwechselt.) Immer liegen
mehrere Rhizome beisammen und treten deutlich hervor, sobald die
Kohle (Lignit) auszutrocknen beginnt".
Über einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten Farn. ZQ 1
Die mir zugekommenen Specimina , sechs an der Zahl und auf
Taf. I und II mit 1 — 6 bezeichnet, sind im Ganzen sowohl mit den
Abbildungen Ludwig 's als mit jenen von 0. Heer aus der eng-
lischen Braunkohle übereinstimmend, mit der Beschränkung etwa,
dass bei Ludwig die Blattstiele ziemlich unkenntlich erscheinen,
während sie in dem Exemplare aus England etwas breiter und mehr
gehäuft dargestellt sind, welches erstere wohl einem grösseren
Drucke und der dadurch erfolgten Quetschung, letzteres der bessern
Conservirung beizumessen ist.
Die meisten Rhizome, so wie die an denselben befestigten
Wedelstiele sind etwas gekrümmt, so wie man dergleichen an
lebenden Farnen, deren Rhizome sich mehr oder weniger horizontal
in der Erde ausstrecken, zu beobachten im Stande ist. Die Wedel-
stiele umgeben in dichten Reiiien die Axe, die nicht mehr als
7 Millim. im Durchmesser beträgt (Fig. 7 *). An den Abbildungen
Fig. 1, 2 und 3 ist die Axe, obgleich vielfältig verletzt, eine grös-
sere oder geringere Strecke lang durch zufällige Spaltung des
Rhizoms blossgelegt, während sie in den Fig. 4, £> und 6 von allen
Seiten mit meist kurz abgebrochenen Wedelstieleu bekleidet erscheint .
Während Ludwig der Länge des Rhizoms auf */4 Meter
angibt, übersteigt das Fig. 4 abgebildete Stück dieses Mass noch
(um U'28 Meter), und das grösste von mir gemessene betrug sogar
0-342 Meter; allein 0. Heer bezeichnet die längsten englischen
Rhizome dieses Farns mehr als noch einmal so lang (0*75 Meter)
mit einer Breitenausdehnung der daran befestigten Wedelstiele von
0-2 Meter, was jedenfalls auf einen ansehnlichen, wenngleich nicht
baumartigen Farn schliessen lässt, wofür auch die Grösse und Aus-
dehnung der Wedel sprechen.
Schon 0. Heer bemerkt, dass Wurzeln an diesem Farn selten
zu bemerken seien, obgleich dennoch hie und da einige fadenförmige
Körperchen vorkommen. Auch die deutschen Specimina zeigen
solche Wurzelfasern nicht; sie können also jedenfalls nur sparsam
und in nicht sehr ausgezeichneter Form an dem lebenden Farne vor-
handen gewesen sein.
Allein ein anderes Organ scheint sowohl an der Bildung der
Rhizome als der Basaltheile der Wedelstiele Theil genommen zu
haben, nämlich starke, vielleicht sogar ziemlich verlängerte Spreu-
schuppen. Ganz besonders deutlich ist, dass an der vorerwähnten
292 Unger-
AbbildungLud wi'gs (I.e. Täf. 3, Fig. 3), wo eben die für aufgelöste
und zerfaserte Wurzelenden angesehenen Wedelstiele nichts anders
als Massen von Spreuschuppen sein können, womit das Rhizom und
die Grundtheile der Wedelstiele dicht bedeckt waren.
Wenngleich, wie es scheint, das Rhizom dieses Farnes einfach
ohne Verzweigung in der Mehrzahl der Fälle vorkommt, so fand ich
doch auch ein verzweigtes Exemplar (Fig. 4), und es mögen solche
gabelförmige Spaltungen der Hauptaxe wohl öfters statthaben,
ohne dass man sie zu bemerken im Stande war. —
Gehen wir zur anatomischen Untersuchung der Axe über. An
der guten Erhaltung derselben, wie sie mir an dem Exemplare Fig. 2
vorlag, lässt sich nichts aussetzen. Nicht nur, dass die Elementar-
theile, die einzelnen Partien der Gewebe scharf unterschieden und
deutlich erkennbar sind, es ist auch der sonst selten bei Lignit-
bildungen vorkommende Fall vorhanden, dass der Stamm durchaus
keine Quetschung erfuhr.
Ein auf die Axe desselben senkrecht geführter Querschnitt
in viermaliger Vergrösserung (Fig. 7) zeigt sehr deutlich sowohl
den Gefässkörper als das von ihm eingeschlossene Mark, so wie die
ihn umgebende Rinde schon durch die Farbe und durch die Textur
unterschieden. Während letztere dunkelbraun , ja fast schwärzlich
erscheinen, hat erstere eine hellere, rostbraune Farbe erhalten. Die
unregelmässigen Einkerbungen des Randes, welche die Fläche des
Durchschnittes in sechs grössere und kleinere Lappen bis zu l/6 der
Breite einschneiden , entsprechen den wahrscheinlich sehr gedrängt
um die Axe stehenden Wedelstielen. Ungefähr vom ersten bis zum
zweiten Drittel des Stammes bildet der Gefässkörper einen beinahe
vollständig geschlossenen Ring, an welchem man nur die ihn zusam-
mensetzenden Gelasshündel durch ihre nach aussen und nach innen
vorspringenden Abriindungen zu erkennen vermag, auch ist es mög-
lich die Anzahl derselben zu bestimmen, die er im gegebenen
Durchschnitte in der Zahl von 8 erreicht.
Die Mächtigkeit derselben wechselt nicht sehr, doch kann
man nicht undeutlich entnehmen, dass die kleineren Bündel sich eben
durch Abgabe von Zweigsträngen nach aussen verschmälerten;
Stränge, welche durch den Ritdenkörper eine Strecke verlaufend,
sicher die Bestimmung haben, die Wedel zu versorgen. Im Ganzen
erscheinen auf dem dargestellten Durchschnitte 6 — 7 solcher aus
Über einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten Farn. 293
dem Gefässcylinder stammender kleiner halbmondförmig oder anders
gestalteter Zweigbündel.
Von Bündeln, die zu den Wurzeln treten, sah ich hier keine
Spur.
Was die Zusammensetzung des Gefässkörpers anlangt, so geben
Querschnitte und Längenschnitte (Fig. 8 und 9) hinlängliche Aus-
kunft. Man ersieht daraus, dass derselbe unvermischt von dünn-
wandigen Prosenchymzellen nur aus Treppengefässen mit weiterem
oder engerem Lumen zusammengesetzt ist, auch zeigen sich diesel-
ben im Baue durchaus nicht abweichend von den Treppengefässen
der lebenden Farne überhaupt. Ob dieser Gefässkörper von einer
besondern Schicht dünnwandiger Prosenchymzellen umgeben wird,
oder ob wenigstens die in der Rinde zerstreuten Gefässbündel von
einer solchen Schicht zarter Elementartheile umgeben ist, konnte
nicht mit Sicherheit eruirt werden, obgleich dies nicht der Fall zu sein
schien. Eben so wenig war es möglich, eine genaue Einsicht in die
elementare Zusammensetzung des Markkörpers sowohl als des Rinden-
körpers zu erlangen. Indess ist das gewonnene Resultat der mikro-
skopischen Untersuchung dennoch hinreichend, um die wesentlich-
sten Vergleichungspunkte unter den Farn der Leben welt auszusuchen
und zu constatiren.
Sehen wir uns demnach um Analogien dieses fossilen Farnes in
der Flora der Gegenwart um, so hat, wenn man zuerst auf die
Gestalt des Wedels und auf die Nervenvertheilung Rücksicht nimmt,
der Vergleich mit Arten von Aspidium, namentlich aber mit Plena-
sium (cf. C. Presl, Tentam. Pteridographiae p. 109, t. III, f. 13) viel
für sich.
0. Heer führt, wie bereits angegeben, an, dass Hemitelia
integrifolia und Hemitelia speciosa, vor allen aber Hemitelia Kar-
steniana (cf. Mettenius Icones filic. t. 29, f. 2) in Bezug auf Ner-
vatur mit dem in Rede stehenden Fossile grosse Übereinstimmung
zeigt.
Allein wenn wir tiebst dem Wedel auch den Caudex berück-
sichtigen , so kann wohl weder von der einen , noch von der andern
Gattung bei einer vergleichenden Zusammenstellung die Rede sein.
Aspidium hat zwar häufig ein kriechendes Rhizom, und dasselbe
gleicht unserem Fossile zwar in vielen Stücken, doch ist der ana-
tomische Bau desselben ein zu verschiedener, als dass eine Ver-
294 Unger.
gleichung mit demselben gerechtfertiget werden könnte. Noch ent-
fernter ist die Ähnlichkeit mit Hemitelia, das meistens nur arbores-
cirende Formen hat mit dem Baue von Alsophila, Cyathea u. s. w.,
denen es auch in Bezug auf Fructificationsorgane am nächsten steht.
Nimmt man indess blos auf die anatomische Beschaffenheit des
Rhizoms Rücksicht, so ist nicht zu übersehen , dass es nur wenige
Farngattungen gibt, bei welchen die Gefässbündel des Stammes
einen geschlossenen Kreis, also einen wahren, vielleicht nur durch
schmale Spalten durchbrochenen Cylinder bilden.
Hier sind vor allen zu nennen Diksonia, Denstaedtia und Chry-
sodium ')• Während aber die erstere Gattung grösstentheils nur
aufrecht stehende und baumartige Stämme bildet und diese schon
darum unserem Fossile ferne steht, sind bei letzteren beiden mark-
ständige Gefässbündel von dem Gefässcylinder eingeschlossen
vorhanden, die unserem fossilen Rhizoine durchaus fehlen.
Auch Cheilanthes hat zwar einen geschlossenen Gefässkreis,
aber ohne Gefässbündel im Rindenkörper, in die sich theilweise
der Gefässcylinder selbst auflöset.
Wir haben ausser diesen in Vergleiehung gezogenen Farnen nur
noch jene in Betrachtung zu ziehen, bei welchen der Gefässcylinder
aus Bündeln besteht, die im Kreise gestellt sehr enge an einander
schliessen und ausser dem noch peripherische kleinere Gefässstränge
in dem Rindenkörper enthalten.
Acrostichurn-Arten und insbesouders Polybotrya können uns
hier als Anhaltspunkte dienen. Denken wir uns. z. B. Polybotrya,
Meyeriana Mett., von der uns Metten ius eine vollständige Ana-
tomie gibt2). Die centralen Gefässbündel, die zwar nahe aneinander
gerückt sind, aber doch immer noch ansehnliche Spalten ihres netz-
förmigen Zusammenhanges zwischen sich lassen, sind immer in
geringerer Anzahl vorhanden als die sehr zahlreichen viel kleineren
peripherischen Bündel, die stellenweise sogar zwei Schichten bilden.
— Von Allem dem ist bei dem Vergleiche mit Fig. 7 keine Rede,
*) Vergl. hierüber Ch. Mettenius: „Über den Bau von Anyioptcris". Abhnndl. der k.
sächs. Ges. d. Wissenschaften. Bd. VI, p. 502, 1863; und H. W. Reichardt:
„Über die (jefässbündelvertheilung im Stamme und Khizome der Farne". Denksch.
d. k. Akad. d. Wiss. Bd. VI.
») L. c. Taf. VII, Fig. 2.
('her einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten Farn. <c9ö
wo die äusseren vom centralen Gefässcylinder entspringenden
Bündel immer nur in kleinerer Anzahl vorhanden sind.
Es ist somit eine Vergleichung mit Polybotrya durchaus nicht
stichhaltig, obgleich z. B. Polybotrya pubensMavt. (cf. Martius,
Icones selec. plant, crypt. Brass. F. XXV, p. 87) in Bezug auf Form,
Grösse und Beschaffenheit des Rhizoms grosse Ähnlichkeit mit
unserer Pecopteris lignitum zeigt.
Ausser den genannten ist mir kein Farnkraut bekannt, das zum
Vergleiche hieher zu ziehen wäre, als die Gattung Osmunda. Aber
auch bei Osmunda regalis, welche ich zu untersuchen Gelegenheit
hatte *), sind die im Kreise gestellten Gefassbündel nicht vollkom-
men zu einer Röhre vereinigt, sondern lassen dort und da kleine
Zwischenräume übrig, dagegen sind die einzelnen Bündel so wie
bei Pecopteris lignitum rundlich und der Zahl nach 1 — 8. Noch
auffallender ist jedoch die gleiche lappige Form des Rindenkörpers
in beiden, welcher hier wie dort von zerstreuten, in die Blätter
abgehenden, auf dein Querschnitte rundlichen oder oblongen Gefäss-
bündelu durchsetzt wird. Leider war ich nicht im Stande, in
denselben die nähere elementare Zusammensetzung mehr zu
erkennen.
Was jedoch die Gefassbündel der Axe betrifft, so sind auch
diese in beiden Fällen nur aus Treppengefässen ohne Holz und Bast-
scheide zu erkennen, was natürlich noch mehr als alles übrige ihre
nahe Verwandtschaft erkennen lässt.
Berücksichtigt man endlich noch die Grössenverhältnisse beider
Farnstämme, so wie ihre Form, so stimmen sie auch hierin vollkom-
men überein, so dass man daher wohl mit einigem Grund behaupten
kann, es herrsche, wenn auch die Form des Wedels der fossilen
Pflanze mit der Form des Wedels von Osmunda nicht übereinstimmt,
dennoch in Bezug auf das Rhizom die meiste Übereinstimmung und es
könne daher die fossile Pecopteris lignitum unbedingt eher mit
Osmunda als mit Hemitelia verglichen werden.
Ich muss es übrigens sehr bedauern, dass ich, während ich
dies schreibe, nicht mehr im Besitze der fossilen Pflanze bin und
auch vor mehreren Jahren , als ich jene oben angegebenen anatomi-
J) Ein fossiles Farnkraut aus der Ordnung- der Osmundaceen. Üenkschr. d. k. Akad.
d. Wissenschaften. Bd. VI, 1853.
296 Unger.
sehen Untersuchungen machte, all' zu schonend mit dem kleinen
Stücke umgegangen bin, bei dessen vollkommener Aufopferung es
mir vielleicht gelungen sein würde, doch etwas Näheres über den
Gefässkörper, so wie über die Beschaffenheit der Gefässbündel der
Stipites gefunden zu haben.
Schliesslich mache ich darauf aufmerksam, dass bereits ein
fossiles Farnkraut mit dem deutlich ausgesprochenen Bau von
Osmunda in dem tertiären Süsswasserquarze von Ufa in Ungarn,
das ich in der oben citirten Abhandlung unter dem Namen Osmun-
dites schemnizensis beschrieb, vorkommt. Vergleicht man den vier-
fach vergrösserten Querschnitt des Bhizoms unserer Pecopteris
Ugnitum mit dem auf Taf. 1, Fig. 1 in doppelter Vergrößerung
gegebenen gleichen Schnitte von Osmundites schemnizensis, so
springt, sobald man beide Querschnitte auf gleiches Mass reducirt,
die Übereinstimmung beider, ich möchte sagen, bis zur Evidenz in
die Augen. Sowohl die gleiche Grösse des Bhizoms als der schein-
bar undurchbrochene Ring des Gefässkorpers sprechen dafür. Wir
hätten demnach in unserer Pecopteris Ugnitum eine bereits bekannte
fossile Pflanze, und hätten bei unseren Forschungen hierüber nur
so viel gewonnen, dass wir nun wissen, wie zugleich der Wedel der-
selben beschaffen war, ohne jedoch noch eine vollständige Sicher-
heit darüber zu haben, ob diese Fossilien der Gattung Osmunda oder
den Osmundaceen überhaupt oder einen andern jenem verwandten
Genus angehöre.
Ohne weiters wird es auch gelingen, mit der Zeit fruetificirende
Wedel aufzufinden, welche den fraglichen Gegenstand dann zur end-
giltigen Entscheidung bringen werden. Vor der Hand möge also die
alte Bezeichnung der in Deutschland und England so verbreiteten
Pflanze bleiben, für welche nun nur die Diagnose verändert werden
muss. Dieselbe würde nun in folgender Weise lauten müssen:
Pecopteris lignitnin (Gieb.) Heer.
P. Caudice repente simplici mit ramoso grosse paleaceo, cor-
ticato, cylindro fasciculorum lignosorum integro e f'ascicuUs 7 — 8
conflato, fasciculis in medulla nullis in cortice paucis; frondibus
pinnatis coriaeeis vernatione circinatis , f'ertilibits saepissime con-
tr actis? pinnis linearibus longis apice valde attenuatis et acumi-
Über einen in der Tertiärformation sehr verbreiteten Farn. 279
natis, basi plerumqtte breviter petiolatis , profunde incisoserratis
nervis tertiariis furcatis inf'erioribus valde curvatis in sinnm laci-
niarum eoccurentibus.
Pecopteris (Hemitelia) ignitum Heer. On the lignite for-
mation of Bovey Tracey (Philos. Transact. II. 1862. Plate IV,
f. 4_6; V. f. 1—11; VI, f. 1—7).
Pecopteris lignitum, P. crassinervis, P. leucopetrae, P. angusta
Giebel, Paläontolog. Untersuchungen (Zeitschrift für die gesammten
Naturw. 1857, p. 305, pl. 2, f. 2). Aspidium lignitum Heer. Beiträge
zur näheren Kenntniss der sächsisch-thüringischen Braunkohlen-
flora p. 424, pl. 9, f. 2, 3. Aspidium Meyeri Ludwi g, Paläontogr.
VIII, p. 63, pl. 12, f. 3. Osmunda schemnizensis F. Unger. Ein
fossiles Farnkraut etc. Denksch. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. VI.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. i — 6. Rliizonie von Pecopteris lignitum in natürlicher Grösse. Fig. 4 an der
Spitze verzweigt, die übrigen einfach, alle an der Basis abgebrochen
aber mit den noch anhängenden Wedelstielen versehen. — Fig. 2 ent-
hielt am Grunde noch ein Stück wohl erhaltener Axe oder Stamm.
„ 7. Dieser Stamm im Querdurchschnitte viermal im Durchmesser vergrössert.
Man erkennt den lappig ausgeschweiften, dunkel braunschwarzen
Rindenkörper und einen eben so gefärbten Markkörper, zwischen
welchen die acht zu einem geschlossenen Cylinder zusammengetretenen
lichten Gefässbündel des Holzkörpers sich befinden. — Acht geson-
derte, bei weitem kleinere Gefässbündel von verschiedener Form
sind um den Holzkörper in verschiedenen Abständen gelagert. —
7* Querdurchmesser des Stammes.
„ 8. Ein Stück aus dem querdurchschnittenen Holzkörper in lOÜmaliger
Vergrösserung. Man erkennt nur Treppengefässe, aus denen er
zusammengesetzt ist.
„ 9. Eben diese Treppengefässe auf dem Längenschnitt des Holzkörpers,
in gleicher Vergrösserung.
„ 10. Oberer Theil eines restaurirten Wedels von Pecopteris lignitum, in
natürl. Grösse. — Nur an einigen unteren Fiedertheilen ist die Zeich-
nung der Nervatur ausgeführt.
298
IX. SITZUNG VOM 31. MÄRZ 1864.
Herr Prof. H. Hlasiwetz übersendet eine vorläufige Notiz
„über einige Harze".
Herr Prof. Dr. C. Jelinek, Director der k. k. Centralanstalt für
Meteorologie und Erdmagnetismus, übermittelt ein Schreiben des
Reichsrathsabgeordneten und Custos am krainischeu Landesmuseum,
Herrn Karl Deschmann in Laibacb, an die kais. Akademie, über
einen im Reifnizer Bezirke und den angrenzenden Gebieten am
21. Februar I. J. stattgehabten merkwürdigen Staubfall, und über-
sendet gleichzeitig Proben eines andern, in der Nacht vom 21. auf
den 22. Jänner I. J. in Österreichisch- und Preussisch-Schlesien
gefallenen Meteorstaubes.
Herr Dr. A. Boue berichtet über die neuen Karten der zwei
serbischen Kreise Uschitze und Knjesevatz, von den Herren Steph.
Obradovitsch und K. Kiko.
Herr Prof. R. Kner spricht über das Vorkommen der sogenann-
ten Thymusdrüse bei Fischen und über die Schwimmblase der
Stachelflosser.
Herr Director K. v. Littrow überreicht eine Abhandlung über
„Physische Zusammenkünfte von Asteroiden im Jahre 1864". Der-
selbe übergibt ferner die „Bahnbestimmung des Kometen 1863 IL",
von Herrn Dr. Frischauf, Assistenten der k. k. Sternwarte.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Akademie der Wissenschaften, k. bayer. , zu München: Sitzungs-
berichte. 1863. IL Heft 3—4. München, 1863; 8°-
Annalen der Chemie und Pharmacie von Wöhler, Liebig
und Kopp. N. R. Bd. LIII. Heft i und 2. Leipzig & Heidel-
berg, 1864; 8o-
— der königl. Sternwarte bei München. IV. Supplementhand. Mit
9 lithogr. Tafeln. München, 1863; 8«"
299
Astronomische Nachrichten. Nr. 1446 — 1467. Altona, 1864; 4°-
Bibliotheque Universelle et Revue Suisse: Archives des sciences
physiques et naturelles. N. P. Tome XIX% No. 73 — 74. Ge-
neve, Lausanne, Neuchatel, 1864; So-
Bond, G. P. , On the new form of the achromatic object-glass
introduced by St ein heil. (From the Proceedings of the Amer.
Acad. of A. & Sc; Vol. VI.) Cambridge, 1863; So-
Bonn, Universität: Akademische Gelegenheitsschrit'ten aus dem
Jahre 1863. 4" und 8°-
Comptes rendus des seances de TAeademie des Sciences. Tome
LVIII. No. 9—11. Paris, 1864; 4«-
Cos mos. XIII6 Annee, 24e Volume, 12e — 13e Livraisons. Paris,
1864; 8o-
Gesellschaft, physikalische, zu Berlin: Die Fortschritte der
Physik im Jahre 1861. I. und II. Abtheilung. Berlin, 1863; 8*-
— physikalisch-medicinische zu Würzburg: Würzburger medi-
cinische Zeitschrift. IV. Bd., 5. und 6. Heft. Würzburg, 1863 ; 8"-
— Senckenbergische, naturforschende: Abhandlungen. V. Bd.,
1. Heft. Frankfurt a/M., 1864; 4«-
— physikalisch-ökonomische zu Königsberg: Schriften. IV. Jahr-
gang 1863. I. Abtheilung. Königsberg, 1863; 4o-
Grüne rt, Joh. Aug., Archiv der Mathematik und Physik. XLI. Theil,
3. Heft. Greifswald, 1864; So-
ll a gen, G., Über die Wärme der Sonnenstrahlen. (Aus den Abhand-
lungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften in
Berlin, 1863.) Berlin, 1864; 4o-
Halle, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus dem
Jahre 1863. 4« und 8o-
Institution, The Royal, of Great Britain: Proceedings. Vol. IV.
Parts 1 und 2. (No. 37 und 38.) London, 1863; 8o- — A List
of the Members, Officers, and Professors, 1863. London,
1863; 8°-
Jahrbuch, Neues, für Phannacie und verwandte Fächer, von
F. Vorwerk. Band XXI. Heft 1 & 2. Speyer, 1864; 8o-
Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie etc., von Kopp
und Will, für 1862. II. Heft. Giessen, 1864; 8o-
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrgang Nr. 9.
Wien, 1864; 4o-
300
List of new nebulae and star-clusters seen at the observatory of
Harvard College, 1847 — 1863. (From the Proceedings of the
Amer. Aead. of A. & Sc, Vol. VI.) Cambridge, 1863; 8<>-
Marburg, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für
1862/3. 4o- & So-
Mondes^0 Annee, Tome IV, lle — 12e Livraisons. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; 8»-
Moniteur scientifique. 174e Livraisun. Tome VIe. Annee 1864.
Paris; 4°*
Schlagintweit, Hermann, Adolphe and Robert de, Results of
a scientific mission to India and High Asia. Vol. III. Leipzig
& London, 1863; 4<"
Reader, The, No. 64— 65. Vol. III. London, 1864; Folio,
Societä Reale di Napoli: Rendiconto dell' Accademia delle Scienze
fisiche e matematiche Annoll. Fase. 4. — 10, Aprile — Ottobre
1863. Napoli, 1863; 4»-
Societe Royal de Sciences de Liege: Memoire«. Tome XV1IP.
Liege, Bruxelles, Paris, 1863; So-
Society, The Anthropological of London: The Anthropological
Review. No. 3 & 4. November 1863 & February 1864.
London; 8°-
— The Chemical: Journal. Ser. 2. Vol. I. Oct. — Dec. 1863.
(N. S. No. X— XII.) London, 1863; 8<-
— The Royal Asiatic, of Great Britain «Sc Ireland: Vol. XX,
Parts 3 &4. London, 1863; 8«-
— The Royal, of Edinburgh: Transactions. Vol. XXIII. Part 2.
For the Session 1862—63. 4»- -Proceedings. Vol. V. No. 59.
For the Session 1862 — 63; So-
Wiener mediziu. Wochenschrift. XIV. Jahrg. Nr. 12 — 13. Wien,
1864; 4o-
Wochen-Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft.
XIII. Jahrg. Nr. 10. Gratz, 1864; 4o-
Zeitschrift für Chemie und Pharmacie von E. Erlenmeyer.
VI. Jahrg. 21. — 24. Heft; VII. Jahrg. 4 & 5. Heft. Heidelberg,
1863 & 1864; 8o-
301
Über die neuen Karten der zwei serbischen Kreise von
Uschitze (Ujitze) von Steph. Obraclovitsch und von Knje-
sevatz (ehemals Gorguschovalz) von K. Kiko.
Von dem w. M. Dr. A. Boue.
(Mit 1 Tafel.)
Da ich schon über die vorhandenen serbischen kartographi-
schen Arbeiten berichtete, so erlaube ich mir, der Ciasse Einiges
über diese neuen Karten mitzutheilen, weil sie in Europa sehr wenig
bekannt sind, die erstere wenigstens in dem wenig gelesenen Glas-
nik der literarischen Belgrader Gesellschaft (1860) sich befindet.
Ausserdem geben sie uns von höchst interessanten Gegenden Ser-
biens ein treueres Bild als die bisherigen Karten.
Der Uschitzer Kreis begreift einen Theil des gebirgigen,
ganz südwestlichen Theiles Serbiens, welcher gegen Westen durch
die bosnische Drina, gegen Südwest durch den unteren Lauf des
in Serbien entspringenden Tzrni-Rzav, gegen Süden durch die Ivatz
und TisoYitza, Zuflüsse des Lim, und gegen Osten durch die ser-
bische Morava und das Gebirge seiner Quellen ziemlich gut be-
grenzt wird, indem gegen Norden die zwei Kreise von Podrinsko
und Valievo liegen.
Der Uschitzer Kreis umfasst eigentlich den Becken von vier
Flüssen, namentlich die serbische Morava, den Rzav, die Dietinia
und den Skrapege, dessen Vereinigung östlich in ungefähr mittlerem
Theile dieses Troges liegt. Östlich stösst der Kreis an den serbi-
schen Rudniker, besonders nördlich der Morava, indem südlich der
Tschatschaker liegt.
Südwestlich wird der untere Lauf des Tzrni-Rzav an der ser-
bischen Grenze durch die bosnische Gegend von Zemlitze undVele-
tovo getrennt, südlich von Ivatz zwischen letzterer und dem Lim
befinden sich diejenigen fremden Gegenden von Schtrbtzi, Bania-
Brezovatschka und nördlich von Tisovitia diejenigen von Tisovitza
30<£ Boue. Über die neuen Karlen der zwei serbischen
und Bukovik. Weiter südöstlich kommen am Ursprung der Tisovitza
Kladnitza, weiter jenseits des Gebir^skammes an den oberen Quellen
der serbischen Morava die bosnischen Gegenden von Livüa Rieka,
Vrnitza, Muoyo und endlich Radovitza.
Der Uschitzer Kreis ist in fünf Districte getheilt, namentlich
nördlich der von Trznagora, in der Mitte der von Zlatibor, westlich
der von Ratschan und dann östlich der von Arilie und der Morava.
Der Zlati borer District liegt schon über die bedeutenden,
grösstenteils Kalkrücken von Jelova-Gora, Ponikve und Tschargan,
welche der Drina besonders ihre Wässer mittelst vier grossen und
zwei kleinen Bachen zuführen.
Von dem am nördlichsten liegenden Jelova-Gora fliessen erst-
lich in südwestlicher Richtung der Treschnievitza und in west-
licher der Zaglavatsc hka herunter, zwischen beiden erhebt sich
das kleine Mittelgebirge von Svoidrug. Der erste Bach mündet
oberhalb Vatschevtzi und auf ihm liegt Oklstatz, an seinen Quellen
ist der durch Grenzgefechte wohl bekannte hohe Ort Gvozdatz.
Östlich von dem Hügel Svoidrug ist Ovtschina mit der Zaroge-
Gebirgsgegend nördlich und die von .lakal und Jelovik südlich.
Der Zaglavatsc hka hat zwei Quellen, eine von NO. ober-
halb Tzer und südlich von Jelovik, und die Hauptquelle kommt von
den Gebirgsweiden Zlodoi, welche auch wie diejenigen von Zagla-
vak nördlich von jenem Bache als Eingang zum Morava-Becken der
Schauplatz von Gefechten war.
Der nächste Znfluss der Drina ist der Bach Pilitza. Er
kommt in westlicher Bichtung von den vor dem Ponikve liegenden
hohen Gebirgsgegenden , welche die Namen von Pilitza, Pepel, und
Obaigore tragen. Zwischen dem Pilitza und der Zaglavatschka lie-
gen vorzüglich zwei kleine Bergrücken, nördlich der Kostojevitch
mit dem Dorfe Pogatschitza an seinem westlichen Ende und südlich
der von der Tzrvitza und Sieratscher Gegend mit dem Dorfe Gub.
Am Pilitza am Ort Vischesava wurde einst gefochten.
Südlich von Pilitza begegnet man in einer geringen Entfernung
den Batscha als ein Vierte r-Zufluss der Drina, welcher aber von
Süd nach Nord und nur später von dem Dorfe Ratscha an gegen
Westen Hiesst, weil vor dem Ponikve der parallel laufende Rücken
der Ivitza steht und zwischen dem obersten Theil der Ratscha und
der Drina der Berg Jervescha sich befindet.
Kreise von Usehitze und von Knjesevatz. «{03
An der unteren Ratscha ist die Gegend Besarovina und höher
die von Perutchan. Zwischen der Ratscha und der Pilitza liegt
das Dorf Baniabaschta auf dem Wege von Uschitze nach Bosnien.
Südlich von dem Berge Jervenscha fliesst uu» einem kleinen
See ein kurzer Bach westlich Paslischte vorüber in die Drina und
westlich befindet sich ein noch kürzerer.
Der übrige südlichste Theil des Districtes Zlalibor wird durch
fünf Kalkkämme ohne bewohnte Ortschaften, ausser südlich Zuovina,
eingenommen, die drei östlichen und grössten streichen von NW.
nach SO. und heissen Planina Milaschevitz, Zborischte und Tara.
Westlich von letzterem liegt südlich von Rastischte die niedrigere
Gebirgsgegend Jagoschtifza und weiter gegen der Drina die fünfte
Erhöhung.
Der District von Tzernagora umfasst das Gebiet des
Skrapege und des Kamenitza. Letzterer, ein kleiner Bach,
kommt nordwestlich vom Maliengebirge des Valievoer Kreises und
erreicht dieMorava nur ausserhalb dem Uschitzer Kreise. Auf seinem
unteren Laufe liegen die drei Dörfer von Unter-, Mittel- und Ober-
Dobrinia und von Goina-Gora, so wie die Gegenden von Mrschel,
Maovi. Tometinopol und etwas östlich diejenige von Bogdanitza und
das Dorf Drujetitch. wo Töpferthon angegeben steht.
Der Skrapege hat zwei Hauptzuflüsse, namentlich in seinem
Mittellauf der Lujnitza und Tschestobroditza und in seinem
obersten Theil die drei Quellen des Klodoruba vom N., der
Godlievska von NW. und der Sietscha Rieka von SW. Letz-
tere drei durchfurchten die Abhänge eines Gebirgsvierecks, wel-
ches auf seiner Nordseite durch die Planina-Bukovi, gegen Westen
durch den Povlen, gegen SW. durch das nordwestliche Ende des
Jelova-Gora und gegen Süd durch die Planina-Tzrnokosa begrenzt
wird.
In dem Dreieck zwischen der Sietscha Rieka und Goslievska
Rieka liegen die Dörfer Makovischte, Gogetschevo und Sietschareka
am Zusammenflüsse der beiden Wässer, dann die Gebirgsgegenden
Ruda-Bukva am oberen Sietscha Taor gegen Westen und Krusch-
tschitza gegen der Quelle der Godlievska Rieka. — Zwischen den
letzteren Bächen und der Kladoruba sind vor der Bukovi-Planin^ die
Gegenden von Drenovtzi, Paramun, Mrtschitch , Dubnilza, Rada-
novtzi, Schevrlioge. Zwischen dem Kladoruba und Tschestobroditza
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. 1. Abth. 2t
304 Boue. Über die neuen Karten der zwei serbischen
liegen fünf Bergrücken, namentlich gegen Norden der Tschistschi-
vare und Mafien, in der Mitte der Tzrni Vr mit der Ortschaft Subiel
und endlich der Kozomor. Bei Subiel soll ein wahrscheinlich ter-
tiäres Steinkohlenlager und östlich des Tzrni-Yar ein salinisches
Mineralwasser vorhanden sein.
Zwischen dem von NO. nach SW. laufenden Tschestobroditza
und dem NS. laufenden Kamenitza liegt besonders der Berg Smischal
mit den Ortschaften Tschestobroditza und Jejevitza westlich und
südlich der Marktflecken Poschega.
Endlich der südliche Theil des Tzrnagora-Districtes ist von
W. nach 0. durch den Lujnitza durchflössen, indem nördlich zwi-
schen diesem Bache und dem Skrapege der lange Bergrücken von
Trznokosa liegt und südlich die Gebirgsgegenden von Gostinitza
und Duboko. In dem engen dreieckigen Winkel zwischen dem
Skrapege und der Üietinia kommen bei Gorobilie salzige Mineral-
wässer vor.
Der Mitteidist riet von Zlatibor wird durch die Dietinia
bewässert, liegt zwischen dem Bzav und dem Gebirge Ponikve und
erstreckt südlich über den Zlatibor bis zum Ivatz. Der von S. nach
N. laufende Fluss Dietinia, an welchem die Kreishauptstadt Uschitze
liegt, hat drei Hauptquellen und drei Zuflüsse. Einer der letzteren
auf der linken Seite ist ein kleiner Bach, welcher, von W. nach 0.
fliessend, von Stapari kommt, wo Marmorfelsen sind und der etwas
oberhalb dem Schlossfelsen von Uschitze mündet.
Der andere Zufluss ist dieKonska, welche fast parallel mit der
Dietinia läuft und mit seinen Quellen am Kreide ähnlichen Kalk ent-
haltenden Vs-PIanina liegt, auf der westlichen Seite bis zu Kremna
und östlich fast bis Semegnievo sich heraufzieht. Die Mündung im
Dietinia ist bei Tripkova. Am östlichen Ufer ist ein kleiner Bach
bei Priianovitchi.
Die Quellen der Dietinia bilden am Zlatibor zwei Bäche bei
Vranejtzi und der grössere Bach Grabovitza, welcher von SO.
nach NW. fliesst und gegenüber von Schlirovitza endigt.
In dem Vierecke zwischen letzterem Bache, dem Bzav und der
Dietinia herrscht eine gebirgige Gegend mit dem Berge Koschuscha.
zwischen Kriva-Rieka und Böge und nördlicher der Berg Blagaia mit
einem altem Schloss zwischen Rzav und Dietinia. Das ist die Gegend
Kreise von Uschitze und von Knjesevatz. «3 05
von Nikoievitchi , wo Silber, wahrscheinlich silberhaltige Bleierze
und Steinkohlen vorkommen.
Der südlichste Theil des Districtes Uschitze liegt jenseits dem
NW. nach SO. streichenden Zlatibor und Tschigota. Um jenen
Bergrücken entspringt der Trzni - Rzav, welcher Nord -Süd
fliesst, ehe er in ostwestlicher Richtung in die Drina eilt. Bei seiner
Richtungsveränderung unterhalb Mokra-Gora empfängt er von NO.
den Bach Jablanitza und von NW. die später vereinigten von
Kamischnitza und Beli-Rzav. Der Trzni-Rzav durchschnei-
det das Gebirge, namentlich westlich die Rücken derVs und den Aus-
läufer des Tschargan und östlich den mit dem Zlatibor parallel
streichenden Tornik. Zwischen beiden letzten Gebirgen kommt Eisen
und Blei vor und im Süden von Tschargan ein zweites Eisenlager.
Wenn die Hauptverkehrs-Strasse von Valievo nach Uschitze
den Tzernogora-District durchschneidet und die Strasse von Tschat-
schak nach Uschitze über Poschega mit zweimaligem Wasserüber-
gang der Morava bei Prianovitschi und des Skrapege ohne Brücke
östlich von Poschega sich befindet; so ist der Zlatibor-District
wichtig, weil durch ihn der Hauptweg von Uschitze !nach der bos-
nischen Stadt und Veste Vischegrad auf der westlichen Seite der
Dietinia über dem Vs- Gebirge und längs der Trzni-RzaY sich zieht
An der Drina ist eine Brücke.
Der wegen seinen Gebirgen wenig bevölkerte D ist riet von
Arilje ist zwischen dem geschlängelten SN.-Lauf des Rzay und dem
Grabovitza, ein Zufluss der Morava, sowie zwischen Gebirgsge-
genden eingezwängt. Seinen Namen erhielt er vom alten Kloster
Arilje beim Dorfe gleichen Namens, das an der Ausmündung des
Rzav in der Morava liegt.
Die zwei Hauptquellen des Rzav entspringen in südöstlicher
Richtung bei Motschiotzi auf den Gebirgen Tschemernitza, Kukut-
nitza und Okruglitza, welche alle drei ostwestlich aufgezeichnet
sind. Unterhalb der Gegend Jasenovo empfängt er auf seiner linken
Seite von Süden die Bela-Rieka, ungefähr bei dem Dorfe des-
selben Namens; oberhalb tliesst wieder mit demselben Ufer fast
parallel die L io bis ch nitza vonLiobischl und dernTschigota-Berg
herunter; endlich unterhalb Sirogoine kommt noch dazu der
Prischtevitza vom selben letzteren Gebirgsrücken. Zu Liobischt
ist eine Thermalquelle.
21*
*>()b Boue. Über die neuen Karten der zwei serbischen
Auf dem rechten oder östlichen Ufer ist der einzige bedeutende
Bach der Rzav-Malii, welcher von SO. nach NW. kommend von
einem Ausläufer des Okruglitza-Berges bis nach Padobudje in Rsav
fliesst und durch den SO. nach NW. streichenden langen Malitseh
von dem Ponitza. einem Zuflüsse der Morava, getrennt ist.
DerM or ava-District nimmt den ganzen übrigen dreieckigen
östlichen Theil des Kreises ein, ist auch sehr gebirgig und wohnungs-
arm. Die Quellen der Morava liegen südöstlich am Fusse der Gebirge
Goliiaund Preko-Brdo. Zwischen beiden Quellen befindet sich in dieser
hohen Gegend ein kleiner See, der sogenannte Jezeio. Die mehr öst-
lich liegende Quelle reicht durch ihren ganz östlichen Lauf bis zum
Odvratehenitza, dessen westliche Seite noch durch den Kopf des
St udenitza- Baches bewässert wird. Westlich von diesen Quellen
kommt der mehr S. nach N. laufende grosse Zufluss des Medgu-
retscha. dessen Quelle bei Ertscheg ist und zwischen dem Berg-
rücken Trzvena-Gora links und der Gebirgsgegend Rovine-Medovine
rechts fliesst.
Der weitere Lauf der Morava findet zwischen der grossen
Planina-Brezova westlich und der von Velike-Livade östlich Statt,
doch bleibt im Thale Platz genug für die Dörfer Opalienik, Roktzi
und Viedina-Varosch, so wie für den Marktflecken Ivanitza. Unter-
halb letzterem empfängt die Morava von Süden oder Schume den
Bukovitza und etwas weiter unten den Grabovitza, auf wel-
chem westlichen Ufer bei Prilike Säuerlinge sich befinden.
Die Karte des Knjesevatzer, ehemals Gorguscho-
vatzer Kreises, bietet nur das Bild eines sehr wichtigen Theiles
der Türkei, namentlich das obere Becken des Timok. Diese be-
deutende tertiäre Furche ist eigentlich der Verbindungsweg zwischen
den zwei türkischen Vesten Widdin und Nisch, welche als wahre
Wächter an diesem Theile der serbischen Grenze stehen. Nur nach
schweren Kämpfen und durch die Terrainzufälligkeit, namentlich
die Engpässe von Grumada und besonders von Vratarnitza, so wie
durch einen kleinen Theil eines bewaldeten südlichen Grenzgebirges
ist es den Serben gelungen, dieses Stück Land zu behalten. Jetzt
geht der Militärweg von Widdin nach Nisch über Belgradschik, Isnebol
und Mustapha-Pascha-Palanka oder bequemer über Arzer-Palanka,
Tschiprovatz und Pirot. Die Timoker Gegend war aber entvölkert
und wurde ganz besonders durch bulgarische Einwanderungen
Kreise von üschitze und von Knjesevatz. 307
colonisirt, zu welchem Zwecke sie sehr gut gelegen ist, da ihre
südlichen, in Gebirgsschluchten reichen Theile den armen gedrückten
Christen der Türkei den Grenzübergang erleichterte. Auf der ande-
ren Seite verbindet das Timok-Thal das linke ganz serbische Ufer-
gebiet mit dem Innern Serbiens, indem der Weg von Negotin nach
Pojarevatz besonders durch den Übergang von zwei ziemlich hohen
Gebirgskämmen, namentlich die des Poretzka Rieka und des Maidan-
Peker Berges sehr erschwert wird. Darum bekommt das Innere
Serbiens sein walachisches Steinsalz theilweise auf diesem Wege,
und nur das übrige geht auf der Donau nach Belgrad.
Das Timoker Thal hat fast nur Wälder in seinem östlichen
Theile und selbst seine Berge nordwestlich sind meistens ganz kahl,
was wohl grösstenteils daher stammt, dass diese Furche von den
Römern schon als Militärstrasse benutzt wurde. Darum findet man
auch noch ihr befestigtes Lager, die Ruine Gamsigrad nördlich von
Zaitschar, welches die wahre Wache der trojanischen Brücke bei
Kladova war.
Seit der Menadovitschen Karte sind einige wenige Verände-
rungen in dem Grenz-Karaul oder Wachposten eingetreten; die
Grenzfigur gab Herr Kiko wenigstens wieder gut an.
Der Fluss Timok entspringt nach unserem europäischen geo-
graphischen Begriffe in Bulgarien noch oberhalb des serbischen
Karaul Pandiralo. Diesen Theil des Flusses heissen die Serben
Svrlitschkii - Timok oder Timok von Svrlik, weil eine alte
Schlossruine dieses Namens unfern dieses Wassers unter der Mün-
dung des kleinen Baches von Prekonoga und nördlich des Hau auf
der Strasse von Grumada nach Knjesevatz steht.
Südlich empfängt der Timok von Westen bis dahin noch drei
andere Bäche bei Tuliane, Zrnolevitza und den» Mineralwasser-Bad
Belvinie. Östlich fällt in ihn nur ein grosser Zufluss, welcher in
nordöstlicher Richtung bis auf das kleine Jura -Kalkplateau gegen
Ponor heraufreicht, welches die Strasse von Nisch nach Knjesevatz
überschreitet. Von Osten fliessen in letzteren noch Wässer von
Krenta und Lukovo herab.
Vom Svrliker Thermal-ßad bis nach Knjesevatz empfängt der
Timok drei Zuflüsse, namentlich von Süden oder Schlivovik und
Drainui einen kleinen und dann ungefähr eine Stunde weiter zwei
grosse von Norden, namentlich die Topla von Topla und von Beli-
308 Boue. Über die neuen Karten der zwei serbischen
potoku herunter. Am rechten Ufer des Timok unterhalb Sverlik
liegt zwischen dem Fluss und seinem Zufluss der Zaglavskii-Timok
ein ziemlich bedeutendes Kalkplateau, indem zwischen dem Timok
und der Topla eine gebirgige Landschaft auch herrscht, welche die
türkische Grenze ausmacht und um welche ein Dutzend Dörfer lie-
gen, namentlich gegen Westen Trbavtzi und Kopai-Kaschar, gegen
Süden Nischestzi, Varosch und etwas höher Metschidol, gegen Osten
Palilula und Talibabinatz und gegen Norden Radmirovatz, das Kloster
S. Arendjel und das Baddorf Potschitza (ein Thermal-Wasserort).
Wegen diesen zwei Gebirgsgegenden musste die Landstrasse von
Nisch oder dem serbischen Grumada über dem rechten Plateau
tracirt werden, wo sie nur zwischen Ponor und Ilna herun-
ter geht.
Von Knjesevatz geht eine Strasse in nordwestlicher Richtung
nach Banja in einem ziemlich offenen kahlen Thale, wo nur Wasser
besonders in Regenzeiten fliesst; das bildet die nördliche Grenze
der Svrliker Districts-Abtheilung, indem südlich der Zaglaver liegt
und östlich der Timoker. Nördlich des Thaies sind nur die Dörfer
Bulinovatz und Vina, und zwischen jenem Thale und Topla liegen
die Dörfer von Glogovatz, Trezna, Balanovatz, Bojnovatz, Oreschatz
und nördlich der Badeort Riegoschte am Tiinokfluss.
Unterhalb Knjesevatz mündet von Norden ein ziemlich grosser
Zufluss, welchen Kiko Mali- oder kleinen Timok nennt, indem
H. Kanitz diesen Namen auf den Zufluss unterhalb Zaitschar an-
wendet. Dieser Bach hat oberhalb Valjevtzi zwei Hauptquellen,
namentlich die westlichste von Stogarovatz und Dretschinovatz und
die östliche vonBoutschie, Sokolontza und Lepena herunterfliessend.
Vom Mali -Timok bis zum Engpass Vratarnitza (die kleine
Thüre) und bis zu Zaitschar liegt die Hügelreihe Magien mit 12
Dörfern, namentlich Schtapina , Potrkanie , Dranovatz , Borovatz,
Zagradje, alle nicht weit zum Flusse, welcher sich etwas nach
OSO. dreht; höher an dem Hügel liegen Ravna, Debelitza,
Manimatz, Kojel, Marinovatz und Belareka. Nur weiter östlich
unterhalb Zaitschar fliesst der Mali-Timok von Zvesdan und Gamsi-
grad mit SW. nach NO. Richtung im Timok und empfängt von Nor-
den die Tzerna-Rieka, welche nach Vuk Stephanovitsch aus
einer Kalkhöhle entspringt und einem der Districte des Negotiner
Kreisen seinen Namen gibt.
Kreise von Uscliitze und von Knjesevats- 300
Auf seiner südlichen oder rechten Seite empfängt der Timok
von Knjesevatz bis Vratarnitza oder eigentlich bis Izvor fünf grosse
Bäche. Der grösste ist der Zaglavski i -Timok, welcher gleich
unterhalb Knjesevatz und fast gegenüber dem Mali-Timok des Herrn
Kiko mündet. Sein Lauf ist fast von S. nach N. und am Ende von
SW. nach NO. Er entspringt uie der Svrlitschkii-Timok in den
bulgarischen Gebirgen nördlich von Isnebol und tritt bei Korenatatz
in Serbien ein. (Vergl. Sitzungsbericht 1856, Bd. 20, S. 556.)
Er empfängt von SO. drei Zuflüsse; der erste bei Kloster S. Mrude,
an welchem die drei Dörfer von Reuschnitza, Pritschevatz und
Gora-Kamenitza liegen ; der zweite weiter unten bei Jukovatz; an
diesem liegen Kandulitza und Gradischte. Im letzteren Orte bilden
die zwei Bäche von Brevnik und Aldinatz den Kopf dieser Wässer.
Endlich kommt der dritte bei Trgovischte, ungefähr eine Stunde
oberhalb Knjesevatz. Die Dörfer Tchtiraratz und Bidevatz liegen
an demselben und etwas östlicher das obere Zunitch, Lokva und das
Kloster des heiligen Petrus.
Östlich vom untern Zunitsch wirft sich die Elaschnitza in
den Timok. Dieser Bach fliesst auch von Süden herunter, aber
seine Hauptquelle ist noch in Serbien unter Aldinatz und Rasobiti-
Kamen. Auf seinem oberen Theile liegen Raditschevatz, Scherba-
novatz und unterhalb einem kleinen östlichen Zuflüsse Jankovatz.
Weiter unten empfängt der Timok von Süden an auf einer
kurzen Strecke noch drei Bäche, namentlich bei Han und Novi-Han
einen Bach, welcher drei Urquellen bei Novo-Korito und Oschlake
hat und auf diese Art fast bis zu den Grenzwachposten von Kutka und
Tresak reicht. Das Dorf Petruscha liegt an dem mittleren Laufe dieses
Baches. Der zweite Bach kommt von Savi-Kladenatz-Karaul oder
dem westlichen Theile des Bergrückens Babin-Nos herunter und an
ihm steht das Kloster Sr. Bogoroditze und unterhalb das Dorf
Selatschka. Endlich der dritte Bach fliesst vom Babin-Nos herab,
hat aber einen kurzen Lauf und endigt unterhalb Isvor im Timok,
Suvodol liegt zwischen beiden letztgenannten Bächen und von
Isvor nach Vratarnitza Han oder die türkische Grenze ist kaum eine
Stunde.
310 Boue. Geologie der europäischen Türkei
Geologie der europäischen Türkei, besonders des slawischen Theiles.
In den Jahren 1836 — 1840 befand ich mich gegenüber der
Geologie des südlichen und südöstlichen Europa ungefähr wie alle
Geologen in den Jahren 1812 — 1819 für die Kenntniss der Jura -
kette und Gebilde; denn obgleich die Engländer, besonders Will.
Smith schon den Lias und mehrere Abtheilungen der Jura in ihrem
Lande unterschieden, so wurde dieses in Continental-Europa nur
nach dem Jahre 1819 ausgeführt. Charbaut's Abhandlung über
Lons-Ie Saunier warf das erste Licht auf die Zusammensetzung der
französischen Jura (Ann. des mines 1819, Bd. 4, S. 579 — 622).
Früher wusste man nur, dass der Jura zum Flötzgebiete gehörte;
ob er jünger oder älter als der Muschelkalk sei, war unermittelt. Sollte
ich beschämt über meine ehemalige Unwissenheit nach dem damali-
gen Stande der Wissenschaft meine jetzigen Classificirungs- Ver-
suche bei Seite lassen , wo endlich Post Tenebras lux. Solches
Verfahren wäre aber nicht das eines die Wahrheit suchenden Natur-
forschers, sondern nur eine alberne systematische Irrthumsbeförde-
rung. Dann kommt noch der Umstand dazu, dass neben meinen
Lagerungs-Beobachtungen die Entdeckung von charakteristischen
Petrefacten manchmal sich gesellen, so dass jetzt oft alle Classi-
ficationszweifel verschwinden.
In der Zeit meiner türkischen Reisen lag die Alpen-Geologie
noch im Dunkel, besonders waren sehr wenige Petrefacten der
Species nach bestimmt und selbst die Nummuliten-Formation war
nur von wenigen Geologen, wie Buckland, Brongniart,
Keferstein u. s.w., als theilweise wenigstens unteres Tertiär
anerkannt. Bake well 's allgemeine Ansichten über den Lias Sa-
voyens (1823) und Buckland 's theilweise sehr wahre Ansichten
über den Trias der Alpen (1821) hatten noch nicht gehörigen Fuss
gefasst. Als Beispiel diene meine jetzige nächste Nachbarschaft zu
Vösl.ui; ich wusste wohl, wie der selige Partsch, dass in Hirten-
berg Ähnliches mit dem Aptychen-Voironskalk, bei Hornstein kar-
pathischer Klippenkalk und bei Vöslau Kalkstein wie bei Hallstatt
waren, aber die ordentliche paläontologische Einreihung fehlte uns.
Da man das nummulitische Gebiet noch nicht allgemein zum Eocen
rechnete, oder besser gesagt, es zwischen letzteren und der Kreide
theilte, so begang ich im Jahre 1824 in meiner Classificirung der
besonders des slavischen Theiles. Oll
Kalksteine der deutschen Alpen den Fehler, im Nummulitenfels der
Alpen nur die untere Kreide (Ann. d. mines 1824, Bd. 9, S. 477 —
520) zu sehen, indem ich ziemlich richtig neben Hippuriten-Kreide
Jura und Muschelkalkstein , so wie salzführende bunte Sandsteine
wie Buckland annahm. Doch meine Bemühung, Alpen-Zechstein
zu finden, war wieder eine Utopie. Als ich im Jahre 1836 Serbien
betrat, hatte ich aber schon so weit mit der Alpen- und Karpathen-
Geologie im Allgemeinen Bekanntschaft gemacht, um zu wissen,
dass die Geologie des Erdballes nicht so gleichförmig war, wie
Werner und seine Schüler sich gedacht hatten, indem im Gegen-
theile, wie die Erde ihre Zonengürtel besitzt, so gestalten sich in
der geologischen Geographie mehrere besondere Typen nach den
verschiedenen Klimaten und vorzüglich nach der Vertheilung der
Länder- und Wasserstrecken, so wie die sehr ungleiche Tiefe der
Meere während den verschiedenen geologischen Perioden.
Den alpinisch-karpathischen, grössteutheils pelagischen Typus
charakterisirte ich und erstreckte ihn damals schon nicht nur auf
die meisten Ränder des mittelländischen Beckens, sondern ich
delinte ihn durch Kleiu-Asien weit hin nach Indien aus (Guide du
Geologue-Voyageui 1836, Bd. 2, S. 358-360). Diese Thatsache
ist jetzt endlich allgemein anerkannt (siehe Dr. Peters, Sitzungs-
ber. 1863, Bd. 13) und bildet eigentlich ein mineralogisch-geo-
gnostisch-paläontologisches Feld, welches uns vorzüglich die wissen-
schaftliche Gründlichkeit und der Fleiss der Gelehrten der kais.
geologischen Reichsanstalt erschlossen haben.
Mit diesen Kenntnissen ausgestattet, kann ich mich heutzu-
tage nicht recht erklären, wie ich der Autorität eines Berghaupt-
mannes Herder so weit huldigen zu müssen glaubte, um Anfangs an
seiner ausgedehnten Grauwacke Serbiens Geschmack finden zu kön-
nen (Bull. Soc. geol. de Fr. 1837, Bd. 22, S. 47), wo ich doch nur
Alpen-Sandstein sah, eine Welt, welche den Sachsen natürlicher-
weise unbekannt geblieben war. — Doch zu meiner Entschuldigung
muss ich hervorheben, dass die besten Charaktere des Alpen- und
Karpathen-Flötzcomplexes in der Türkei fehlten oder wenigstens
theilweise anders sich gestalteten. So z. B. den auffallenden hell-
gefärbten Klippenkalk vermisste ich, wenn nicht gewisse graue
Encrinit- Kalkstöcke wie bei Kosnik in Serbien und im östlichen
Ober-Mösien zwischen Pirot, Grlo und Trn ihn ersetzen. Dann von
312 Boue. Geologie der europäischen Türkei
den verhärteten Mergel- und Ruinen-Marmorschichten sah ich höchst
wenig , von den steinkohlenhaltigen Grestener Schichten aber
nichts, in dem grossen, grauen, mergeligen Sandstein Anhäu-
fungen. Nur die Fucoiden-Schiefer, so wie hie und da kleine unbe-
deutende Pflanzenreste in dem Sandstein, aber keine Keuper-Pflan-
zen, waren überall zu sehen, indem in einigen Gegenden, wie z. B.
längs des kleinen Kamtschik im östlichen Bulgarien diese Aggregate
mir ähnliche vom oberen Jablunka-Thale in's Gedächt niss brachten.
Sah ich mich in den Flötz-Kalkgebirgen um, so war mir nicht
das Glück zu Theil, daselbst weder die damals schon beschriebenen
Monotis-Schichten um den alpinischen Trias-Salzstöcken, oder die
vicentinischen oder St. Cassianer Muschelkalke, noch die oft rothen
ammoniten- oder cephalopodenreichen Adnether und Hallstätter
Lager zu entdecken. Alles dieses war mir im Allgemeinen bekannt,
obgleich die richtige geognostische Stellung nur fast 10 Jahre
später festgestellt wurde. Was die Werfener Schichten oder den
unteren rothen Flötz-Sandstein betrifft, bemerkte ich wohl Ähn-
liches in mehreren Localitäten, aber die Annahme zu ausgedehnter
Kreidegebilde trübte damals mein Schluss-Urtheil.
Die schon im Jahre 1836 gemachte Entdeckung von korallen-
reichen Orbitolithen- und Cyklolithen-Kalken in der Mitte Serbiens bei
Dratscha, w estlich von Kragujevatz, führte mich bald aus der idea-
len Welt des Herrn Herder; doch hatte ich sogleich meine Kreide-
Petrefacten erkannt, so konnte ich im Jahre 1837 in jenen einen unge-
heuren Raum einnehmenden grauen Sandsteinen noch dazu in ge-
neigten und selbst sehr gestürzten oder gekrümmten Lagern nichts
anderes als den Karpathen- und Wiener Sandstein sehen , in wel-
chem sowohl gewisse Kalksteine als Serpentine (Berg Avata) und
metallführende Hornblende-Porphyre (Visoka, Maidan etc.) einge-
schlossen sind. Da ich aber in den Karpathen die Überzeugung
gewonnen hatte, dass wenigstens ein Theil jener Sandsteine zum
unteren Kreide- System gehörten (J. d<> Geologie 1830, Bd. I,
S. 118), unl da manche Geologen diese Meinung theilten und selbst
auf den Apenninen-Sandstein ausdehnten, so kam ich dazu, den
serbischen Karpathen-Sandstein, als zur unteren Kreide gehörig,
anzunehmen, indem ich, durch meine italienische Reise belehrt,
nicht umhin konnte, fast dieselben Gebilde mit vielen Serpentin-
und Dialhg-Gesteinen und rothen verkieselten jaspisartigen Lagern
besonders des slavisehen Theiles. 313
eben sowohl im Myrtiden-Land wie am Pindus bei Metzovo und in
der Kette von Kratschovo NO. von Malakassi bis NW. von Stagus-
Kalabak zwischen den Becken des Milias und des Cachia im west-
lichen Thessalien zum Kreide-System auch zu rechnen.
Seitdem aber hat es sich herausgestellt, dass die Eocen-
Bildung1 in den Alpen, Pyrenäen, Apenninen und Karpathen nicht
nur eine grosse Nummuliten-Kalkbildung, sondern auch eine mäch-
tige Masse von besonders grauem Mergel und Sandstein mit Fucoi-
den (F. intricatus und furcatus) umfasse. Doch scheinen die Fu-
coiden in jenen Karpathen-Sandsteinen u. s. w. auch nicht fremd zu
sein, welche Geognosten jetzt zur Kreide noch rechnen.
Nach dieser gut bestätigten und durch lange Controverse fest-
stehenden Classificirungs-Methode nimmt jetzt die Geologie eines
bedeutenden Theiles der Türkei eine ganz andere Form an.
Als positive Resultate meiner Erforschungen bleibt immer die
Entdeckung der Hauptdistricte für Granite, für Protogine, Syenite,
Serpentine, Trachyte, Augitporphyre, Felsitporphyre, dann diejenige
der Hauptgebirge, wo die älteren rothen Gneiss- (Rhodopus) oder
die jüngeren krystallinischen Schiefer (der Schar, Ober-Mösien und
der grosse Balkan) dominiien, so wie jene des unteren Kreide-Systems
und die Plätze der tertiären und Alluvial-Becken.
Wenn man nun von richtig erkannten Orbitolithen-Kalkbergen
bis zum krystallinischen auf einer Seite die beobachteten Fels-
schichten durch ihre Beschreibung in den Reise-Tagebüchern sich
wieder vergegenwärtigt, so bleibt wenig Zweifel, dass die Haupt-
formation vom rothen oder bunten Sandstein an bis zum jungen
Jurakalk, zum Neocomien daselbst zugegen sind, wenn auch einige
nur, wie in den Alpen, durch andere etwas zurückgedrängt werden.
Das östliche Serbien ist nur eine Verlängerung des
Banates. Das Timoker Becken ist ein tertiärer, theilweise eocener
(besonders Sandstein-Conglom^rateJ, theilweise miocener (in der
Thalsohle) Becken; welcher vom Jura-Kalkberge umgeben ist. Un-
fern Gamsi - Grad steht der Timosit B r e i t h a u p t's an, welches Gestein
zu dem metallführenden grünlichen Hornblende-Porphyre Ungarns
gehört (s. Berg- u. Hüttenm. Zeit. 1860, S. 124, und 1861, S. 51),
und wohl auch in die Eocen-Periode fallen wird. Wenn das Eocene
die jüngeren tertiären (mergel-und petrefactenreiehen) Kalke Nego-
tins unteitHifi, so herrscht gegen Widdin dasselbe Terrain, so
314 Boue. Geologie der europäischen Türkei
dass ich selbst noch die rothen feinen Conglomerate der sonder-
baren Felsen der Belgradschiker Festung fast dazu rechnen möchte,
über welches Herr Kanitz so phantastische Bilder gezeichnet hat.
Wäre ich im Irrthum, so könnte es nur unterer Trias sein; doch
schon ihr ziemlich hohes Lager scheint dagegen zu sprechen.
Die bekannte, aus Flötzkalk, Jura, Neocomien und Kreide
sammt Steinkohlen führende Lias (Dobra) bestehende Gebirgskette
des Banates mit ihren Kupfer- und Eisenlagerstätten neben meta-
morphischem körnigem Kalke endigt schon in Serbien südlich von
Budaglava. Weiter imGorniaker Gebirge, im Stol-, Omolie-, Rtagn-
Gebirge und bei der Eishöhle (siehe Bibliographie darüber am Ende
der Abhandlung) gibt es nur Jurakalkn ohne Metalle. Im Süden
des Timoker Thaies fand ich bei Ponor zwischen Knjesevatz und
dem Svrlitskii-Timok unterhalb Giumada auf den Anhöhen Jura-
Felsarten und Petrefacten des Coralrag (siehe Turquie d'Europe,
Bd. I, S. 263 und 265). Jenes Juragebiet mag sich durch den
Tzrni-Vrch und die Stara-Planina bis gegen Wikrar eistrecken,
indem vor ihr das untere durch Orbitolithen charakterisirte Kreide-
System höchst wahrscheinlich mit dem Neocomien südlich von
Belgradschik, Drinovatz, Milkovatz und Kamenopol nach Lovatz
(T. Lovdscha) zieht. Dann im Östlichen Theil Bulgariens kommt
über den Orbitolithen-Kalk noch eine Art grüner Sand, Hippuriten-
Kalk und endlich eine schmutzigweisse belemnithaltige obere Kreide
wie in Podolien. (Siehe Taf. I, Fig. 2.)
In jenem westlichen bulgarischen Lande gibt es auch Locali-
täten, wie z. B. südlich von Bania bei Nisch, östlich von Topolnitza
Rieka, östlich von Malina und bei Strigl im südwestlichen Bulgarien
(siehe Turquie d'Europe, Bd. I, S. 261 und 262), wo röthliche
Sandstein-Agglomerate sammt gewissen dichten Kalksteinen, Rauch-
wacken und Dolomiten sehr wahrscheinlich dem Trias anzurechnen
sein werden. Ähnliche Bildungen kennt man eben sowohl nördlich
in Serbien bei Slalova, südlich der Mutnitzka Rieka und beiKrivi-Vr
nördlich vonSerbisch-Bania als im südöstlichen Ober-Mösien, südlich
zwischen Dubnitza und Radomir (S. 269) und besonders am süd-
lichen Abhänge der Schiroka-Planina (S. 251). Die benachbarten
Kalksteine und Bauchwacken von Selenigrad und Trn, so wie die bei
Krivi-Vr würden auch dem Trias gehören. Über und neben ihr
würden Jura-, Klippenkalk- (S. 260- 264) und möglichst Neo-
besonders des slaviselien Tlieiles. «i I 5
comien-Gebilde (S. 260 und 263) nicht nur östlich bis zum unter-
sten Kreideberg, sondern auch westlich (S. 259) bis zu dem
Glimmerschiefer-Gebirge der Baditsehka, Shiroka und Shirena Pla-
nina reichen. Zwischen diesem älteren Gebilde und dem Flötz-
gebirge liegen keine älteren Kreidefelsen, sondern die Flötzgebirge
würden sich an erslere nur anlegen. Die Stara und Suva Planina
südöstlich von Nisch und westlich von Topolnitza würden eben so-
wohl wie die westliche Seite des Vitoscher Gebirges möglich theil-
weise aus Dachstein-Kalk, wenn nicht auch aus Trias-Kalk bestehen
und in allen Fallen über diesen rothen Sandsteinen liegen (S. 261).
(Siehe Tat. I, Fig. 3.)
Die Muthmassung des Dr. Peters, dass der dichte dunkle
Kalkstein in der mittleren Höhe des nördlichen Abhanges des aus
Thon-Talk- und Glimmerschiefer bestehenden Tschipka-Balkan Lias
sein könnte, muss ich leider unbeantwortet lassen, da ich die Petre-
facten ganz unbestimmt Hess. Aber die kleine, schön in abgegrenz-
ten Lagern getheilte graue und röthliche Kalkkette nordöstlich von
Eski-Sagra in Thracien unfern des Kezanliker Granit- und krystal-
linischen Schiefers möchte ich jetzt eher zum Flötzgebirge, viel-
leicht zum mittleren, als zum paläozoischen (S. 232) angehörend,
annehmen. Die Folge möchte zeigen, dass sie jünger sind als alle jene
mit Schiefern abwechselnden , sehr gestürzten Kalkstöcke eben so-
wohl zwischen Sua-Rieka und der Pristina-Ebene als westlich von
Vardar längs und westlich der Tscherna. (Siehe Taf. I, Fig. 1.)
Diese meine jetzigen Muthmassungen stützen sich eben sowohl
auf die erlangten Kenntnisse über die Alpengeologie als über die
Banater Flötz-Kalklagerung (siehe Kudernatsch, Sitzungsber.
von 1837, Bd. 23, S. 39—148, und meine Beobacht. Bull. Soc.
geol. Fr. 1838, Bd. 8, S. 136 — 148). Die geologischen Verhält-
nisse letzterer Gebilde, so wie die des Capellengebirges ähneln sehr
denjenigen im östlichen Serbien und westlichen Bulgarien, wo ich
jetzt den Trias vermuthe. Dieses würde wieder eine Stütze für die
Behauptung Breit haupt's sein, dass die Möglichkeit, im SO. Ser-
biens, Steinsalz oder Salzquellen zu finden, vorhanden ist. Auf der
andern Seite lassen die Details über den Neocomien und die Kreide
des Banates mir fast keinen Zweifel, dass ausser dem Jurakalk viel
Neocomien wenigstens im westlichen Bulgarien, in den Sukava- und
Lukanitschka- Gebirgen und selbst im Balkan (siehe Turquis
31 G Boue. Geologie der europäischen Türkei
d'Europe Bd. I, S. 239, 243, 251) steckt, indem die wahren
geognostischen Knöpflöcher von den Tuchsen- und Panorthälern,
sowie von dem derDobra oder die rotlien Sandstein-Hervorragungen
im Banat ihr Ebenbild in der Lagerung der eben erwähnten in der Türkei
finden werden. Ob das Detail der Durchschnitte des Islivne- und
Tschipka-Balkans die Muthmassung des Vorhandenseins nicht nur
des Lias, sondern auch des rotlien Flötz-Sandsteins erlaubt, über-
lasse ich der Beurtheilung der Leser (S. 244 und 247). Im öst-
lichen Bulgarien ist es auch möglich, dass eocene Fucoiden-Sand-
steine sich längs dem grossen, sowie längs dem Akali- und Deli-
Kamtsehik bis gegen Vetschera von Osten aus in einer Kreidemulde
gelagert haben. Die sehr geneigten, schwarzgrauen Schiefer bei
letzterer Ortschaft sind voll Fucoiden (F. intricatus u. s. w.). Auch
wäre die Möglichkeit des Eocen-AIters des fucoidenführenden,
sehr schiefrigen Sandsteines am Lepen nördlich von Etropol nicht
ausgeschlossen (S. 241), er würde auch an den Neocomien (?)
Wikrar, sowie an dem sehr geneigten dunklen Schiefer und Kalk
von Etropol und Etropol- Balkan anstossen.
Solche eocene Sandsteine unterscheiden sich sehr gut von den
ähnlichen quarzreichen Kreidefelsen, welche uns einige Formen der
sächsischen Schweiz, z. B. NNW. von Kasan auf der Strasse nach
Tschatak darstellen (S. 238). Auch fehlen dann in einiger Entfer-
nung fast nie das miocene Tegel- und Sandgebiet, wie wir es nörd-
lich von Lovatz, um Selvi, bei Eski-Djumaa, Schumla in Bulgarien
u. s. w. sahen.
Im westlichen Serbien fehlen uns die Anhaltspunkte des
östlichen Theiles. Die Kalkgebirge gehören daselbst nur theilweise
zum Kreide-System nach den spärlichen Petrefacten, welche wir da
fanden. Wenn wir aber im Balkan keine Gosau-Gebilde zu bemerken
Gelegenheit hatten, so kann es solche eben sowohl hier als im
benachbarten Bosnien geben. Charakteristische Petrefacte wie Tor-
natella gigantea und Nerineen fanden wir daselbst bei Bela-Tzrka,
so wie auf der östlichen Seile des Ufers des Scutari-Sees in Alba-
nien (S. 268 und 274). Auf der andern Seite bleibt die Möglich-
keit des Vorhandenseins der Werfener Schichten nicht ausge-
schlossen und ich zweifle nun sehr, dass die galenaführenden Kalk-
steine südwestlich von Krupain im Gebirge Jagode-Planina, so wie
die zwischen dein Schargan- und Vs- Gebirge im Uschitzer Kreise
hesonders des slavischen Theiles. 317
zur Kreide gehören. Sie erinnern uns viel mehr an jene Blei- und
Galmei-Berge in Nord-Tirol (wie bei Nassereit), welche vom Jura-
oder selbst vom Muschelkalk nicht getrennt werden. Diese west-
liche serbische Kalkkette wäre in allen Fällen vom unteren Kreide-
Sandstein und Kalk gegen Osten flankirt. Oh sie auch Dachstein-
Kalk beherbergt, muss sich später zeigen.
Das Schwierigste bleibt das Sandstein - Eocengebiet ohne
Nummuliten-Kalk (?) von dem unteren Sandstein- Kreidegebiete in
der Mitte Serbiens zu trennen; denn bis jetzt bietet uns die Analogie
mit Ungarn daselbst nur einige Anhaltspunkte, wie z. B. das wahr-
scheinliche Vorhandensein der eocenen Karpathen-Sandsteine und
nicht Kreide-Sandsteine um den Trachylbergen des Giuja-Thales
im Kotlenik und zwischen jenem Thale und demjenigen von Kragu-
jevatz, wo dann der wahre Wiener Tegel mit einigen der gewöhn-
lichen Petrefacten darauf liegt (S. 288). Bei Dratscha und in
Topschidere 1) stehen aber Partien von Orbitolithen-Kalk in kleinen
Felsenthälern an (S. 258) und dein möglichen Vorhandensein des
Neocomien steht nichts im Wege. Fucoiden gibt es eben sowohl in
Masse in Kreide als im Eoccn-Sandstein und jene erkannte ich auf
das Deutlichste eben sowohl in manchen Ottern Central-Serbiens
als am Balkan, im Pindus, in Epirus (S. 257), z. B. südlich von
Mitschikeliberg östlich von Janina u. s. w.
Die Frage entsteht dann, ob man nicht die ganze mittlere
niedrige Kette Serbiens oder eigentlich der Schumadia zwischen
den Thälern der Morava und Kolubara und von der serbischen
Morava zwischen Stalatch und Tschatschak bis nach den Avala zum
Eocenschlagen soll, weil daselbst Diorite, grüne Porphyre (Rud-
niker Berge) und Serpentine durchgebrochen sind (s.Viquesnel's
geol. Charte). An der Donau würde das Eocen durch Tegel und
das Wiener Leitha-System wieder bedeckt sein.
In diesem Falle wäre wahrscheinlich auch die Tzer-Kette zwi-
schen Jadar und Kolubara eocen und dasselbe durch Tegel, obere ter-
tiäre Sandstein-Schichten und älteres, sowie jüngeres Alluvium be-
deckte Gebilde würde die Becken des Kolubara sowie der grossen
Morava umringen, sowie die ehemalige Meeresenge zwischen dem
Glimmerschiefer des Berges Jastrebatz und dem Flötz-Kalkgebirge
von Bania als niedrige Hügel ausfüllen. Sehr schöne Tegel- und
*) Seite 258 lese Orbitolithen anstatt irrthumlich Nummulilen.
OIO B o ii e. Geologie der europäischen Türkei
Wiener Bildungen wären wieder in den Resava-, Ravanitza- und
unteren Mlava-Thälern, sowie auch im Nischer und unteren Timoker
Becken (Negotin u. s. w.) vorhanden. Doch muss ich bemerken,
dass wenn diese Sandsteine an der bulgarischen Morava und im
Timoker Becken eocen und nicht miocen sind, sie schon mehr
molasse- und nagelfluhartig aussehen.
Südlich von der serbischen Morava haben wir bedeu-
tende mitteltertiäre Ablagerungen in den Thälern des Botuna und
Raschina, aber zu gleicher Zeit bei Botnnie wahrscheinlich gestürzte
eocene Sandsteine mit Fucoiden wie im Kahlenberg. In den obersten
Theilen dieser Thäler steht aber eine Kalkstein-Kette mit Enerinilen
(Berge Kosnik u. Jelin), welche, wenn nicht Neocomien, doch dem
Klippenkalk eher als älteren Kalksteinen angehören würden und an
den krystallinischen Glimmerschiefer anstossen. Die Möglichkeit ist
gegeben, dass diese Kette auch die ähnlich liegenden Berge Ovt-
schar und Kablar an der Morava zwischen Tschatschak und Pojega
umfasse und die pyramidalische Form letzterer erinnerte mich leb-
haft an jenen des Klippenkalkes zu Arva wie zu Hörnstein in Nieder-
österreich. Im oberen Rasehina-Thale ziehen sich die Serpentin-
Ausbrüche bis zum letzteren ältesten Schiefergebirge herauf und
stellen sich auch wieder an der Ratscha und Ibar an. wo einiges
trachylisches und jüngeres Gebilde, so wie Flötzkalke vorhan-
den sind. (Siehe Taf. I, Fig. 5.)
Wenn die Classificiiung hier eine sehr ungenügende einst-
weilen bleiben muss, so treten wenigstens noch südlicher im alten
Serbien bedeutende Dachstein - Kalke, besonders auf der nörd-
lichen, westlichen und südlichen Seite des Metoja- und Prisren-
Beckenvor. Die am Fusse des Schar schon erwähnten Kalksteine der
Art fanden wir auch hinter dem Kloster Detschani und am Berge
Peklen bei Ipek mit dem charakteristischen Megalodon (siehe Turquie
d'Europe, Bd. I, S. 272), so dass er auch im Glieb anstehen sollte,
dessen oberste Gipfel Hippuriten-Kalk sind und dessen unterster
schieferiger Theil vielleicht die Werfener Schichten repräsentiren
könnte (S. 275).
In dem Meto ja -Becken südlich dieser Gebirgskette finden
wir im nordöstlichen Theile die Nummuliten-Kalke von Wiener
petrefactenreichen Congerien miocen überlagert (S. 296). Die-
ser Punkt blieb uns der nördlichste für die Nummuliten in der
besonders des slavischen Theiles. 319
Central-Türkei, da wir letztere in Serbien nicht sahen. In jenen
Ländern enthält das eocene Nummuliten - Gebilde Asphalt und
Steinkohle, wie in Istrien und dein östlichen Mesopotanien nur bei
Aulona in Epirus (S. 279).
Da die bestimmte Geogenie des oft so mächtigen Dachstein-
Kalkes noch Manches zu wünschen übrig lässt, so möchte ich
Geognosten auf den von mir im südlichen Coburgischen beschrie-
benen Hornstein und Jaspis führenden Dolomit aufmerksam machen
(Geognost. Gemälde Deutschlands, 1829, S. 231-233), weil da-
selbst der Lias fehlt und dieses ziemlich mächtig petrefactenlose
Gestein, wenn nicht zum oberen Keuper gehörend, als zwischen
Keuper und Jura-Kalk liegend , vielleicht zum Dachstein-Kalk in
einigem geogenetischen Zusammenhang sein könnte.
Auch in Bosnien hätten wir Andeutungen von jenen älteren
Gebilden, welche man im Capellengebirge auf der Höhe der croati-
schen Strasse zwischen Mersla-Voditza und Moravitza kennt (siehe
Foetterle's Beschreibungen). So z. B, bei Batsche (Turquie
S. 275), zwischen Senitza und Hissar, bei Minareti-Han und Tschai -
nitza (S. 273), nordwestlich von Pratza bei Koleschitz (S. 269),
zwischen Travnik und Serajevo, im Voinitza-Thale (S. 274), im
Lepenitza-Thale bei Rivest, nordwestlich von Serajevo, im Iva-
goschtscha-Thale, oberhalb Podgorehan, 7 Stunden südwestlich von
Zvornik. Vielleicht selbst bei den Salzquellen zuTuzla u.s. w., könnte
man jetzt Werfen er Schichten sammt etwas Trias-Kalk vermuthen.
Denn für eocene Karpathen-Sandsteine sind jene Gesteine zu dicht,
zu krystallinisch, Mergelschichten und Fucoiden führen sie nicht,
und ihre verbreitete röthliche Farbe erinnert noch dazu eher au
Werfen.
Wenn Herr Dr. Peters die Anwesenheit des Dachstein-
Kalkes in Bosnien bezweifelt (Sitzungsber. 29. Nov. 1863, Bd. 18,
S. 5), so glaube ich, dass er sich irrt, und dass in jenem Lande
nicht nur Trias, sondern auch viel Dachstein, selbst die Avicula
contorta Schichten, die Kössener Schichten (Mileschave- und oberes
Ugrathal) sammt manchen jurassischen Abtheilungen ausser der
Gosau- und Hippuriten- Kreideformation vorhanden sein werden.
In dieser theoretischen Voraussetzung stelle ich mir jetzt den Dach-
steinkalk in dem grossen Kalkgebirge südlich, östlich und westlich
von Serajevo, bei Mokro, auf beiden Seiten des mittleren Laufes
Sitzb. d. mathera.-naturw. Cl. XL1X. Bd. I. Abth. 22
320 Boue. Geologie der europäischen Türkei,
des Krivaja-Thales, südlich von Jadar an der Drina, nordwestlich von
Travnik, selbst in den hohen Porim undVranatz in der Herzegowina,
so wie am Fusse des Prokletia, in den Bergen westlich von Novibazar
u. s. w. vor. Überall stehen da sehr petrefaetenleere graue und weiss-
liche Kalke an. Auf der Höhe des Porim habe ich Gelegenheit gehabt,
dichte weissliche Kalksteine mit flachem muschligen Bruche zu sehen,
welche an gewissen, ammonitenführenden Bianconi oder Majolica
der italienischen Alpen erinnern. Auch bemerkte ich beim Herunter-
steigen vom selben zum nördlich gelegenen Jezero eine dolomitische
Breccie wie die tertiäre Vöslauer als Reibsand in Wien gebräuchliche.
Südlich von Mileschevedo und zwischen diesem tiefen Einschnitt
und Hissardgi stehen lichte Kalkfelsen voll mit Brachiopoden und
anderen Jura-Petrefacten, so dass es vielleicht Hirlatz-Schichten
wären. Dann auf der Grenze von Bosnien und Herzegowina erstrecken
sich in NW. — SO. Richtung von Raduscha und Vranatz bis zum
Sutschesa-Thal, dem Dormitor, Kom und Prokletia am albanesischen
Drin eine Reihe von Dolomit-Kegeln, welche ganz den Süd-Tirolern
gleichen und welche ich dem unteren Jura jetzt unterordnen möchte.
Ausserdem aber bliebe noch viel Hippuriten-Kalk vorzüglich auf
den Höhen und dem Plateau der Gebirge übrig, wie z. B. bei Glugovik,
Vratsche, Mekinie (S. 268 — 269), im Tissovatzer Gebirge, bei Podro-
monium und selbst einige Dolomite können dazu gehören. Inder Her-
zegowina bilden solche Kalksteine auch gänzliche Berge, wie zwischen
Nevesign und Blagay, und im Gatzkoer Gebirge lehnen sich die eocenen
Nummuliten-Schichten an den Juragebirgen. (Siehe Taf. I, Fig. 4.)
Erratische Blöcke haben wir in keinem Theile der euro-
päischen Türkei beobachtet, doch müssen wir die ungeheuren Kalk-
und dolomiteckigen Blöcke nicht vergessen, welche um den kleinen
See (Rikavetz?) im oberen Gruja-Thale, nordöstlich von Prokletia
liegen. Besonders wird der steile Aufgang von da zum eigentlichen
Pass des Prokletia fast nur durch solche in grösster Unordnung
liegende gebildet. Wenn sie nichts mit dem erratischen Phänomen
zu thun haben, so müssten sie von einem Bergstürze in diesem engen
Thal herrühren, was auch möglich ist. Einige Schramme hat
Viquesnel auf dem Felsen im unteren Gruja-Thale sehen wollen;
aber dieselbe Ungewissheit herrscht über ihre wahre Natur. Zu
berücksichtigen wäre doch der Umsland, dass auf der östlichen
Seite des Prokletia-Passes leicht ein kleiner Gletscher entstehen
besonders des slavischen Thpiles. o21
könnte, wenn es eine Reihe von kalten Sommern und sclineereiehen
Wintern gäbe; denn der Schnee schmilzt daselbst schon nie
gänzlich. (Vergl. Collomb's Beschreib, d. kleinen Maladetta-
Glätscher,Bull. Soc. geol. Fr. 1862, Bd. 19, S. 1144.)
Über die wohl bekannten Blöcke von krystallinischen älteren
Gebirgsarten aus der Molasse bei dem Kloster von Meteor in Thes-
salien habe ich mich in meiner Beschreibung schon ausgesprochen
(S. 302). Die eigentliche Ursache dieser ungeheuren Conglomerat-
Bildung bleibt denn doch ein ungelöstes Räthsel. Sollte da viel-
leicht eine eigene locale Ejaculation im Spiele gewesen sein?
Was die Vertheilung der Thermal- Wässer der Türkei
betrifft, so bestätigen die neueren weiteren Entdeckungen immer
mehr, was ich über diese schon im Jahre 1840 mittheilte. So z. B.
wurde die am südlichen Fusse des Balkans laufende 0. — W.-Linie
dieser Wässer durch die durch Dr. Barth besuchten Ilidja, 3 Stun-
den westlich von Kezanlik am Fusse des krystallinischen Schiefer-
gebirges Karadja-Dagh, sowie die zu llidja-Koei unfern Mentesche,
westlich von Ober-Tundja-Engpass bei Kalifer, bereichert.
Auf jener langen, manchmal etwas gegen Norden oder Süden
verschobenen Ost- West-Spalte kennt man nur mit Schwefelwasser-
stoff ganz geschwängerte Wasserquellen und keine Kohlensäure-
Wässer, indem die kohlensauren reichen Thermalquellen den NW.
— SO. laufenden Spalten eigen zu sein scheinen. Auf der anderen
Seite gibt es auch einige ähnliche Schwefel wässer, wie in der
Central-Türkei, in dem NNW. — SSO. laufenden Gebirgssystem des
Banates und des östlichen Serbiens. Merkwürdig bleibt es, dass der
aus krystallinischen Schiefern bestehende hohe Schar, so wie über-
haupt die höchsten Gebirge der westlichen slavischen Türkei keine
Thermalwässer aufzuweisen haben. Dasselbe würde selbst für die
grössten Serpentin-Eruptionen Nord-Albaniens auch gelten, wenn
man nicht in einer ziemlichen Entfernung unterhalb Croja und in der
schwarzen Drin -Spalte auch geschwefelte warme Wässer kennen
würde.
Bibliographie der bekanntesten Eishöhlen.
Eishöhle zu Herrngrund bei Schemnitz (Ungarn), kein Eis im Winter.
B i 1 1 e r e z Baume, 5 Stunden von Besancon im Jura-Kalk (Mein. Acad.
roy. P. 1, 1712).
22 *
*>4<C Boue. Bibliographie
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der bekanntesten Eishöhlen. 323
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Pictet, unter Lava bei Niedermendig (Mem. Soc. de pbys. Geneve.
Edinb. phil. J. 1822, B. 7. S. 190).
Pictet, Höhle Montargues an der Spitze des Berges Vergy (Fau-
cigny) (Bibl. univ. Geneve 1824, B. 25, S. 243—245).
Im Glimmerschiefer zu Salisbury (Ver. Staat. N. Amer.) (Americ.
J. of sc. 1824, B. 8, S. 254. Edinb. J. of sc. 1825. B. 2,
S. 187).
Dufour, Schafloch am Bothorn (Bibl. univ. Geneve 1822, B. 21.
S. 113—118, Edinb. phil. J. 1823. B. 8, S. 290—294, Gior-
nal di agricol. arti e Comm. di Milano 1823. S. 311).
Erdmann, im Gyps einige Werst, v. Kungur am Iren (Beiträge
z. Kenntn. v. Bussl. 1822, ß. 2, Th.2, S. 147, Zeitschr. f. Min.
1826, B. 2, S. 425).
Eishöhle an der Quelle der Jumna. Indien (Phil. mag. Nov. 1823,
S. 558. Bull. univ. Ferussac 1824, B. 3, S. 8).
Bei Beaune auf den Doubs (Annal. franc. d. Arts. sc. 1823, B. 11).
Berzelius (Jahresher. 1824. B. 3. S. 221, Zeitschr. f. Min. 1825,
B. 1, S. 552).
Lee (C. A.). in einer Spalte des Glimmerschiefers, Salisbury (Conn.)
(Americ. J. of sc. 1824, B. 8. S. 254).
Bei Clinton (Zeitschr. f. Min. 1826, B. 1. S. 559).
Homer (Gehler's Physikal-Wörterb. 1826. art. Eis).
Muncke (detto 1822. art. Höhle).
D'Omalius, bei der Kill (Mem. pr. la desc. geol. desPays Bas, France
1828, S. 157).
Auf felsigem Grund bei Uzkhinval, Dislrict Gori, am Fusse der
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Cueva de la nieve, Lava-Höhle zu Teneriffa (Duinont d' Urville's Welt-
umsegelung 1829, Hertha 1829, B. 14, H. 3, S. 367).
Vir I et. Grace Dieu oder deChaux Höhle, Freigrafschaft (Bull. Soc.
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Merian (P.), zu Kalkofen zwischen Oltingen und Zeylingen, Cant.
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Zu Tschinwali in Georgien (Ausland 1836. S. 652).
Man dl (Aug.). Brandstein, Wildalpen zu 800 Kl. absolute Höhe
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Bei Frickhofen am Fusse der Dornburg in Westerwald, 500 Kl. üb.
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Boue (A.), Ledenitza am Fusse des Btagn im SO. Serbien (Bull.
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Murchison (R. J.), dito (Proceed. geol. Soc. L. 1842. B. 3, S. 696;
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Herschel's Name).
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Hope, Erklärung der Oienburger Eishöhle (Edinb. n. phil. J. 1843,
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Hayden (C. B.), Hampshire Virginien, in den Cacassonbergen oder
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Ausland 1843, S. 1101).
Koch (Karl), an der Quelle der Sabazwinda (Caucasus) (Reise in
Russland und im Kaukasus 1843, B. 2).
Lathrop (S. Pearl), im Wallingford, im d. Grafsch. Rutland (Vir-
ginien) (Americ. J. of Sc. 1844, B. 46, S. 331).
Thomae (C), Eis- und warme Luftzüge bei Dornburg am südl.
Fusse des Westerwaldes (Jahrb. d. Ver. f. Naturk. im Herzogth.
Nassau 1849, B. 4, S. 164—202).
Rossite -Schlucht am Untersberg bei Salzburg (Leonhard's
Taschenb. d. Fr. d. Geologie 1846, S. 84—86).
Vogel (Dr. Jos.), Taberloch in der Wand. S. von Wien (Sachse's
allg. deutsch, naturhist. Zeitung 1846, H. 3, S. 224).
Schtschukin, zu ßalagansk 180 Werst von Irkutsk gegen die Angara
(I. Ministerst. vnutren Djel oder I. d. Minister, d. Innern, 1848,
Nov., Ausland 1849, S. 5—6).
Kittara, mehrere bei Kangur (Gouv. Perm.) auf der Sylva (dito
1848, Juni; Ausland, 1848, S. 669—620; Erman's Arch. f.
wissensch. Kund. Russl. 1849, B. 8, S. 75—86, 1 Taf.).
Simon y, rother Kogel bei Aussee zu 3620 F. abs. Höhe (Mitth. d.
Fr. d. Naturwiss. in Wien 1849, B. 5, S. 265).
Petruzzi, 6 Höhlen in Krain (Mitth. d. Fr. u. s. w., Wien 1850,
B. 7, S. 56-59, 63—68).
326 ßoue. Bibliographie der bekanntesten Eishöhlen.
Bey Kurmanajeva, Kreis Sterlitamak (Orenburger Gouv.) (I. Mi-
nislerst. vnutren Djel, Erma n's Archiv f. wissensch. Kunde
Russl. 1849. B. 7, S. 386—390, 1 Taf.).
Losievskj-Höhlen mit unterird. Seen (Orenburger Gouv.) (Erma n's
Arch. f. wiss. K. Russl., 1849, B. 7, S. 386; N. Jahrb. f. Min.
1852, S. 353).
Leo (A), Eisenberg, Bergwerke bei Rudolstadt, Thüringer Wald
(Berg- und Hüttenm. Zeit. 1850, S. 503).
In Saalberger Bergen auf der Eichert (Pogg. Ann. Phys. 1850, B. 81,
S. 579; N. Jahrb. f. Min. 1852, S. 350).
Hauer (Franz v.), bei Sonkolyas, Körösthal (Jahrb. d. k. geol.
Reichsanst. 1852, B. 3, S. 30).
Gibbs (G.), in den Felsenbergen (Americ. J. of Sc. 1853, N. R.
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1853, B. 11, S. 305—312; addenda v. Middendorf S. 312
u. 315).
Guyotu. Agassiz (Canad. J. 1855, Oct. S. 355).
Schmidl, Lednitza bei Szilitze (Gömörer Comitat) (Sitzungsber.
d. k. Ak. Wiss. W. 1856, B. 22, S. 614—616).
Vass, Skerisora Siebenb. (Verh. u. Mittb. d. siebenb. Ver. f. Natur-
wiss. zu Hermannstadt 1852. S. 162 — 170).
Thury (Bibl. univ. Geneve. Archiv Sc. nat. 1861. 5 R.. B. 20, S. 97
bis 153, Taf. 2).
Peters (Dr.). Skerisora-Höhle im Trias bei Diszqyital (Sitzungsber.
k. Ak. Wiss. W. 1861, B. 43, S. 236— 241, 394, 418, 435 bis
437; Hauers Geologie Siebenbürgens 1863, S. 503).
Soret, Schafloch (Soc. Physiq. et Sc. nat. Genev. 1862. Bibl. univ.
de Geneve).
I$»u<;. Tebt-r die Geologie der europäischen Türkey.
Tsckinka Balkan
Jüngerer
Miltrl mi\ AtMst.
Thon^ Talk - ßUmmenfefueßr Tscfupka
%■ 2.
JK Jdeeäer Durchschnitt von der Donau zum östlichen Balkan
Orbitnlilsuh'nlk
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%3-
9°
ld ^ Erxfiihrenib-
Porphyre
I ■■•■.'
Sifoningsb .d.k.Akad.rt.W.inath. ualurw. 01.XLEL3fl.l. Abth 1864 .
SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
XLIX. BAND.
ERSTE ABTHEILUNG.
4.
Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der Mineralogie, Botanik,
Zoologie, Anatomie, Geologie und Paläontologie.
23
327
X. SITZUNG VOM 14. APRIL 1864.
Herr Dr. Jos. R. Lorenz dankt, mit Schreiben von» 12. April.
fiir die ihm, zum Zwecke seiner Brakwasser - Studien , bewilligte
Unterstützung von 350 f). , und Herr Dr. Fr. Stein dachn er,
mit Schreiben vom 13. April, für die ihm zur wissenschaft-
lichen Erforschung der Fauna Spaniens gewährte Subvention von
300 fl. ö. W.
Herr B. Günsberg. Adjunet der Chemie an der k. k. tech-
nischen Akademie zu Lemberg. übersendet eine Abhandlung „über
das Verhalten von Dextringummi gegen Hühnerei weiss ".
Das c. M. . Herr Prof. Dr. C. Wedl. übergibt eine vorläufige
Mittheilung, betitelt: „Experimente über die Durchschneidung des
Sehnerven", von Herrn Dr. Bas. Rosow aus St. Petersburg.
Herr Prosector Dr. A. Fried lowsky überreicht eine Ab-
handlung: „Beitrag zur Kenntniss der Hemmungsbildungen des
Harn- und Geschlechtsapparates bei Wiederkäuern".
Herr Dr. G. Tschermak legt eine Abhandlung „über einige
Pseudomorphosen" vor.
An Druckschriften wurden vorgelegt:
Aceademia delle scienze dell' Istituto di Bologna: Memorie.
Serie II. Toma III., Fase. 2. Hologna. 1864; 4«-
Alpen - Verein, österreichischer: Verhandlungen. 1. Heft.
Wien, 1864; 12«-
Astronomische Nachrichten Nr. 1468 — 1470. Altona, 1864; 4<>-
Canestrini, Giov. . Studi sui Lepadogaster del Mediterraneo.
(Estr. dall'Archivio per la Zool. etc. Vol. III. Fase. 1.) Modena,
1864; 8«-
Comptes renilus des seances de l'Academie des Sciences. Tome
LVIII. No. 2 u. 12. Paris, 1864; 4»-
Cosmos. XIIIe Annee, 24' Volume, 14* — 15* Livraisons. Paris,
1864; 8"-
Christ i ani a, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften aus
den Jahren 1861—1863. 8n- & 4<-
23*
328
Dana, James D. , I. The Classification of animals based on the
principle of Cephalization Nr. III. — Classification of Herbivores.
— II. Note on the position of Amphibians among the classes of
Vertebrates. (From the Journal of Sciences & Arts. Vol. 37.
March 1864.) 8«'
Gelehrt en-Gesel 1 schalt, k. k. , zu Krakau : Deutsch-polnisches
Wörterbuch Yon Ausdrücken der Rechts- und Staatswissen-
schaft. Krakau, 1862; 8°- — Beschreibung der Medicinal- und
technischen Pflanzen. Von J. R. C zerwiakowsk i. Krakau,
1863; 8<"
Gesellschaft, k. k. mähr.-schles. , zur Beförderung des Acker-
baues, der Natur- und Landeskunde in Brunn : Mittheilungen.
1863. Brunn; 4<>-
Gewerbe-Verein, nieder -österr.: Verhandlungen und Mitthei-
lungen. Jahrg. 1864. 2. Heft. Wien; 8»-
Istituto, I. R., Veneto di scienze, lettere ed arti: Atti. Tomo IX«,
Serie 3a, Disp. 2a e 4% Venezia, 1863 — 64; 8«-
— R., Lombardo di Scienze, lettere ed arti: Atti. Vol. III. Fase.
XIX — XX. Milauo. 1864; 4«*- — Rendiconti. Classe di scienze
matematiche e naturali. Vol. I. Fase. 1 & 2. Milano, 1864; So-
Karte, geologische, der Niederlande. Blatt Nr. 12, 15, 16, 18.
Folio.
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung. XIV. Jahrg. Nr. 10 — 11.
Wien, 1864; 4»-
Löwen, Universität: Akademische Gelegenheitsschriften für das
Jahr 1863. 8«- & 12«-
Lotos. Zeitschrift für Naturwissenschaften. XIV. Jahrg. März 1864.
Prag; 8»-
Mondes. 2e Annee, Tome IV. 13" — 14* Livraisons. Paris, Tournai,
Leipzig, 1864; So-
Mo niteur scientifique. 175e Livraison. Tome VI6, Armee 1864.
Paris; 4°
Reader, The Nr. 67. Vol. III. London, 1864; Folio.
Reichsforstverein, österr.: Österreichische Vierteljahresschrift
für Forstwesen. XIV. Bd. Jahrg. 18G4. 2. Heft. Wien,
1864; 8o-
Sc hin er, Rud. J. , Fauna austriaca. Die Fliegen. (Diptera.J
II. Theil. Wien, 1864; 8°-
329
Schlicke y seil, C. , Mitteilungen über die Fabrication von
Press - Torf durch die Patent -Universal -Ziegel- und Torf-
Presse. Berlin, 1864; 8<>-
Society, The Natural History, of Dublin: Proceedings. Vol. IV.
Part. 1. Dublin, 1864; 8<"
Troschel, F. H., das Gebiss der Schnecken zur Begründung
einer natürlichen Classification. 5. Lieferung. Berlin, 1863 ; 4°
Wiener medizinische Wochenschrift. XIV. Jahrgang. Nr. 14 — 15.
Wien, 1864; 4°-
Wochen -Blatt der k. k. steierm. Landwirthschafts - Gesell-
schaft. XIII. Jahrg., Nr. 11. Gratz, 1864; 4<"
Zeitschrift für Chemie und Pharmacie von E. Erlenmeyer.
VII. Jahrgang, Heft 6. Heidelberg, 1864; 8<>'
— für Fotografie und Stereoskopie. Jänner 1864. Wien; 8°-
OOU Tschertn sk.
Einige Psendomorphosen.
Von Dp. Gustav Tscher mak.
III. Abhandlung.
(Mit 1 Tafel.)
(Vorgelegt in der Sitzung am 14. April 1864.)
Nachdem ich meine früheren Beobachtungen an Pseudomor-
phosen veröffentlicht hatte »)> blieben mir nocb einige Fälle übrig,
die einer genauen Untersuchung unterworfen werden mussten. In
der Zwischenzeit kam noch einiges Neue hinzu, das ich bei der
Durchmusterung der Sammlungen des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes
aufTand. Bevor indess die Bearbeitung der vorliegenden Pseudomor-
phosen mit Erfolg durchgeführt werden konnte, war eine chemische
Untersuchung mehrerer derselben unumgänglich nothwendir.
Diese wurde mir durch die Unterstützung, welche die hoch-
verehrte kais. Akademie meinen chemisch-mineralogischen Arbeiten
angedeihen liess, ebenso durch die Güte des Herrn Prof.Schrötter,
welcher mir die Benützung des Laboratoriums am polytechnischen
Institute gestattete, und besonders durch die freundliche Gewogen-
heit des Herrn Directors Hörn es, der meine Arbeiten auf jede
Weise unterstützt, ermöglicht.
So wurde ich in den Stand gesetzt, eine neue Beihe von inter-
essanten Fällen der chemischen Umwandlung im Mineralreiche zu
studiren, meine früheren Angaben zu ergänzen und zu berichtigen.
Die Besultate lasse ich folgen als besten Ausdruck meines Dankes
für die allseitige freundliche Unterstützung meiner Bemühungen.
Zinnerz nach Quarz.
Die Entstehungsgeschichte des Zinnerzes bietet der For-
schung noch manche Schwierigkeiten, besonders weil man es so
selten als Umwandlungsproduct anderer Mineralien findet. Wir
kennen blos die Pseudomorphosc nach Orthoklas, und diese
leigt uns das Endresultat eines Processes, den wir nicht vollkommen
») Sil*ung»lHT. der Wiener kai>. Ak*ci.. Bd. XI. VI. S. 48:i IT. und Bd. XLVII, S. 443 ff.
Einige Pseudoinorphosen. 331
übersehen. Durch die Seltenheit des Vorkommens der Zinnerze
wird zwar dieser Stand unserer Erfahrung erklärt, doch lässt sich
erwarten, dass noch manche alte Stufe, mancher neue Anbruch uns
nähere Aufschlüsse bringen werden. Ein Beleg für diese Behauptung
ist die Stufe 3813 der ersten Handsammlung des k. k. Hof-Minera-
lien-Cabinetes, ein „weisses Zinnerz" mit der Jahreszahl 1834 und
dem Fundorte St. Agnes in Cornwall, Grube Huel-Philmone. Es ist
ein vorwaltend aus Quarz bestehendes Gangstück. Das Neben-
gestein, welches von einem Thonschiefer oder Chloritschiefer her-
rührt, ist so vollständig von Quarz durchdrungen, dass es nur an
wenigen Punkten von der Stahlspitze geritzt wird. Die Gangmasse
ist zum Theil weiss, zum Theil graulichgelb gefärbt und scheidet
sich scharf vom Nebengestein; hie und da sieht man etwas Eisen-
kies und Kupferkies darin; an einigen Punkten zeigen sich Höhlun-
gen, deren Ansehen beweist, dass sie durch einen Auflösungspro-
cess gebildet wurden.
Die weisse Gangmasse ist grobkrystallinischer Quarz, in einer
Höhlung finden sich auch deutliche, angegriffen aussehende Quarz-
krystalle. Der graugelbe Theil der Gangmasse zeigt flachmuschligen
Bruch, schwachen Fettglanz auf den Bruchflächen, er bildet auf der
einen Seite der Stufe einer» unregelmässigen Hohlraum, der von
wirr durcheinanderliegenden Krystalleu theilweise erfüllt wird. Die
letzteren stellen sechsseitige, an der Oberfläche schwach glänzende
Säulen von graulichgelber Farbe dar. Die wenigen Säulen, die ein
freies und unbeschädigtes Ende haben, erscheinen dort wie zerfa-
sert, in eine Druse von kleinen, parallel gestellten Pyramidenspitzen
auslaufend (Fig. 1). Die Form ist vollständig die des Quarzes; so-
gar die Querstreifung der Säulenflächen zeigt sich noch erhalten.
An zwei Punkten finden sich auch Krystallc . die zum Theil noch
hellglänzend und wasserklar, zum Theil zu einer undurchsichtigen
graugelben Substanz umgewandelt erscheinen. Die pseudomorphe
Masse ist nicht homogen. Bei genauer Betrachtung überzeugt man
sich, dass jene veränderten Krystalle sowohl als auch die derbe grau-
gelbe Masse aus unzähligen kleinen durchsichtigen Quarztheilchen
bestehen, welche von einer gelblichen, undurchsichtigen Substanz zu
einem vollkommen dichten Aggregat verbunden werden, so dass
letzteres durch die Loupe wie Mörtel aussieht. Das Eigengewicht
ist merklich höher als das des Quarzes; ich fand an einer Probe die
<> f ) <£ T s c h e r m a k.
Zahl 3-67. Die Härte ist etwas geringer als 7. Die chemische Unter-
suchung wies die Gegenwart von Kieselsäure, Zinnsäure, Eisenoxyd,
Tlionerde nach. Obgleich an eine constante Zusammensetzung bei
einem mechanischen Gemenge, wie das eben beschriebene, nicht zu
denken ist, so erscheint es doch von Wichtigkeit, zu wissen, wie
weit der Umwandlungsprocess vorgeschritten sei. Ich bestimmte
daher an einer kleinen Menge die Zusammensetzung. Die Probe, an
welcher ich das Eigengewicht ermittelt hatte, ergab:
Kieselsäure . .54*4
Zinnsäure . .44*1
Eisenoxyd . . l-2
Thonerde . . . Spur
99-7 i)
Es lässt sich zwar nicht durch den chemischen Versuch ent-
scheiden, ob alle Kieselsäure als Quarz vorhanden sei, oder ob
nebst Quarz noch ein Zinnoxydsilicat auftrete; doch ein Blick durch
die Loupe auf das Gemenge zeigt die Richtigkeit des ersten Satzes.
Der durchsichtige Quarz überwiegt nämlich bedeutend über das
undurchsichtige Bindemittel. Darnach folgt aus der Analyse, dass
ein Gemenge von 544 Gewichtstheilen Quarz gegen 45-3 Gewichts-
theilen Zinnerz untersucht worden. Auf das Volumen berechnet, gibt
dies 76 Raumtheile Quarz gegen 24 Zinnerz. Die Untersuchung
mit der Loupe überzeugte mich von der Wahrscheinlichkeit dieses
Resultates.
In dem vorliegenden Falle erscheint also der Quarz theilweise
durch Zinnerz verdrängt. Eine merkliche Volumänderung ist dabei
nicht eingetreten 2).
Die veränderte graugelbe Masse ist gegen den weissen Quarz
überall scharf abgegrenzt, dort hingegen, wo sie an das Neben-
gestein anstösst, zeigen sich auf dem Durchschnitte concentrische
Bögen, die von einem blaulichgrauen fettglänzenden Mineral gebil-
det werden. Es mag dies vielleicht eine Zinnverbindung sein, in
welcher die Thonerde eine Rolle spielt. Zur Untersuchung ist die
Menge zu gering.
i ) 540 Mg. Subst. lieferl«»n 294 Zinnsäure, 238 Kieselsäure, 6 Eisenoxyd.
2) Dies erklärt sich dadurch, dass ein Austausch, Atom für Atom, stattfand. Die speci-
(ischen Volumen des Quarzes und Zinnerzes sind nämlich wenig verschieden, sie
verhalten sich wie 11; 10*iJ-
Einige Pseudoinorplioseii. 3 O 3
Das vorhin beschriebene pseudornorplie Gemenge ist wohl
nicht zum ersten Male untersucht worden. Vor 16 Jahren beschrieb
Breithaupt unter dem Namen Stannit ein „weisses Zinnerz"
aus Cornwall , von gelblichweisser bis isabellgelber Farbe,
schwachem Fettglanz und flachmuscheligem Bruche. Die Härte fand
er nahezu der des Quarzes gleich, das specifische Gewicht 3*533
bis 3*558 und gab an. dass das Mineral gemengt sei mit weissem
krystallinischen Quarz, wenig dunkelbraunem Zinnerz und Eisen-
kies, welche Mineralien gleichsam porphyrartig in der Hauptmasse
schwimmen *)• Plattner bestimmte den Gehalt an Zinnoxyd,
Bischof lieferte eine vollständige Analyse 2). Des Vergleiches
wegen führe ich beide Resultate hier an und stelle meine Zahlen
daneben.
Plattner Bischof Tsehermak
Kieselsäure 51*57 . . .54*4
Zinnsäure . . . .36*5. . .38*91. . .44-1
Thonerde 4*53 . . . Spur
Eisenoxyd 3-55 ... 1-2
Kalkerde 0*t6
Glühverlust 0-43
Spec. Gewicht . . . 3-533 bis 3*558 . . 3*67
Demnach scheint es, dass diese Untersuchungen sich auf das
gleiche Gemenge beziehen, von dem Bischof vermuthet hatte, es
sei eine Pseudomorphose nach Orthoklas, und das man sonst als ein
Zinnoxydsilicat betrachtete. Die letztere Ansicht kann ich, was das
von mir untersuchte Stück betrifft, nicht theilen, und muss darauf
beharren, dass die pseudomorphe Substanz ein Gemenge von Quarz
und Zinnerz sei.
Nachdem die Verdrängung von Quarz durch Zinnerz nachge-
wiesen ist, erscheint es von Interesse, auf die Orthoklas-Pseudo-
morphosen zurückzukommen. Es war allen Beobachtern aufgefallen,
dass dem pseudomorphen Zinnerz in diesem Falle stets kleine
Quarzkörnchen beigemengt seien 3). Das Resultat der Umwandlung
ist also ähnlich der von mir beschriebenen Pseudomorphose. Die
mir vorliegenden Stücke (Handsammlung II. 1461) lassen noch einen
Umstand erkennen. Die Pseudomorphosen haben die Form der
i) Poggend. Annalen, Bd. LXIX, S. 435.
2) Chem.-phys. Geologie. 1. Auflage. Bd. II, S. 2027.
3) Vgl. Blum, Die Pseudomorphosen. S. 274.
334 Tsd. er in ak.
Karlsbader Zwillinge und bestehen zum grössten Theil aus dunkel-
braunem Zinnerz. Die Quarzkörnchen sind allenthalben durch das
letztere zerstreut; manche davon werden indess bei genauerer Be-
trachtung als scharfbegrenzte Krystalle erkannt. An dem einen
Stücke tritt aus einer Säulenfläche ein grösseres Quarz-Dodekaeder
zur Hälfte hervor. Es ist gegen das Zinnerz scharf abgegrenzt, sieht
jedoch an der Oberfläche wie zernagt aus. Daraus entnimmt man,
dass die Quarzkrystalle älter seien als das Zinnerz. Es ist also auch
hier die Quarzbildung dem Absätze des Zinnerzes vorausgegangen.
Die Abrundung der Quarzkryställchen, das zernagte Aussehen der
Oberfläche entspricht der an manchen Zinnerzstufen vorkommenden
Erscheinung, dass die Quarzkrystalle, auf denen dasselbe sich ab-
setzte, mehr oder weniger angegriffen erscheinen. Eine Gruppe von
Quarzkrystallen aus Coruuall, die mit Nadelzinnerz bekleidet ist
(I. 3812), zeigt dies sehr auffallend.
Die Quarzkrystalle sind au vielen Punkten mit Büscheln von
Nadelzinnerz bedeckt. Die letzteren haften hie und da nur ober-
flächlich, meistens dringen sie jedoch in das Innere der Quarzkry-
stalle ein. An manchen Stellen sind die beiden Mineralien so innig
mit einander verwachsen, wie zuweilen der Adular, Bergkrystall,
Sphen mit dem Hehninth, so dass man unsicher bleibt, ob man
beiden gleichzeitige Entstehung zuschreiben solle oder nicht. Alle
Quarzkrystalle sind mit einer trüben weisslicheu Rinde bedeckt,
ausser an jenen Stellen, wo dicht haftendes Zinnerz schützend
wirkte.
Faseriger Eisenocher nach braunem ülaskopf , nach OöthÜ.
An vielen Stufen von braunem Glaskopf bemerkt man auf der
Bruchfläche lichtbraune bis braungelbe conceutrische Bögen, die
mit dunkelbraunen abwechseln. Jede Faser des Aggregates ist in
derselben Entfernung vom Centrum gelb gefärbt und es wechseln
also braune und gelbe Kugelschalen mit einander. Zuweilen sind
jene Bögen sehr schmal und das Ganze sieht aus wie ein pracht-
volles Seidengewebe aus gelben und braunen Fäden. Das gelbe
Mineral wird gewöhnlich Gelbeisenstein genannt und Hausmann
selbst schreibt hierüber '): „Unter den Varietäten des Gelbeisen-
•) Handbuch Her Mineralogie «847. 2. Ablh., S. »76.
Einige Psoudomorpliosen. OtSö
steines findet sieh der faserige am seltensten. Gewöhnlich kommt er
in Begleitung von Brauneisenstein vor , mit welchem er zuweilen
lagenweise wechselt, in den er aber auch wohl innig verwebt
erscheint."
An manchen Stufen ist die Vertheilung minder regelmässig;
es häuft sich die gelbe Färbung au einzelnen Stellen. Solche gelbe
Partien sind sehr locker, weich, abfärbend. Das Cabinet besitzt
mehrere Stufen, an denen sich die erwähnten Erscheinungen zei-
gen, namentlich einige von Katharinenburg in Sibirien. Durch diese
wird man bald überzeugt, dass das gelbe Mineral ohne Zweifel aus
dem Brauneisenstein hervorgegangen sei. Unwiderstehlich be-
weist dies aber eine Slufe aus Cornwall (I. 4040). Sie zeigt
tropfsteinartige Formen, auf dem frischen Bruche gleichförmig nel-
kenbraune Farbe. An drei Seiten erscheint sie oberflächlich zer-
setzt. Die ursprünglichen Enden der Stalaktiten fehlen. Von jedem
Zapfen ist gleichsam ein Stück abgenagt. Wegen der ungleichen
Zersetzung der verschiedenen Schichten treten auf dem Quer-
schnitte erhabene Ringe hervor, den Jahresringen von Baumzweigen
vergleichbar. Eine dem entsprechende Zeichnung zeigt sich auf
dem zersetzten Längsdurchschnitte der Zapfen.
Überall nun, wo die Zersetzung wahrzunehmen ist, wird die
Stufe von jenem weichen, gelben Mineral bedeckt, das die Structur
des Brauneisensteines vollkommen erhalten hat.
Um Einsicht in den Vorgang zu erhalten, untersuchte ich eine
Stufe aus Sibirien genauer. Auf dichtem Brauneisenstein von erdi-
gem Bruche, der zum Theil schon gelh geworden, ruht zersetzter
Glaskopf. Die mittleren Schichten des letzteren zeigen den voll-
ständigen Übergang des faserigen Brauneisensteines in das gelbe
Mineral. Wo dieses vorherrscht, ist in Folge der lockeren Beschaf-
fenheit alles ausgebröckelt. Die oberste Schichte des Glaskopfes
ist in verschiedene, doch immer geringe Tiefe in Häinatit umgewan-
delt. Dies erinnert an Volger's Ansicht von der Entstehung der
Eisenerze, nach welcher aus dem Gelbeisenstein der braune Glas-
kopf hervorgeht, und aus dem letzteren, wie bekannt, der Häinatit.
Doch mit unserem gelben Mineral verhält es sich umgekehrt, es ist
ein Zersetzungsproduct des Brauneisensteines. Der Farbeuton des-
selben liegt zwischen isabellgelb und ochergelb; beim Pulvern wird
die Farbe dunkler: das feingepulverte Mineral hat dieselbe gelb-
336 Tschermak.
braune Farbe wie das Pulver des Brauneisensteines. Dieses aus-
nahmsweise Verhalten zeigt, dass die lichte Farbe des Minerales
blos durch die Structur bedingt wird, während seine eigentliche
Farbe gelbbraun ist. Das wahre Eigengewicht der porösen Substanz
bestimmte ich zu 3*97. Für die Zusammensetzung erhielt ich bei
der Untersuchung des lufttrockenen Minerales die folgenden Zahlen:
Kieselsäure . . 0*4
Eisenoxyd . . . 84*2
Wasser .... 15-2
99-8 i)
Diese stimmen sehr nahe mit den für den Limonit berechneten
überein, für welchen die Formel 8556 Eisenoxyd und 14*44 Was-
ser ergibt. Ich hatte erwartet, dass das gelbe Mineral viel mehr
Wasser liefern werde, die Untersuchung aber zeigt, dass in dem
vorliegenden Falle das Veränderungsproduct des braunen Glas-
kopfes wiederum Brauneisenstein, doch von sehr lockerer Textur
sei. Um zu erfahren, wie viel Substanz bei diesem Processe weg-
geführt worden, bestimmte ich das scheinbare Eigengewicht des
gelben Minerales, indem ich das Volum einer gewogenen Menge mit
Zuhilfenahme von Quecksilber ermittelte 3). Ich erhielt die Zahl
2*29. Wird nun angenommen, dass der ursprüngliche Brauneisen-
stein dasselbe Eigengewicht besass , wie der Rest desselben , so
ergibt sich die Gewichtsabnahme pr. Kubik-Centimeter bei der Ver-
änderung zu 3*97 — 2-29 = l-68Grm. oder 423 Pct. des ursprüng-
lichen Gewichtes. Die Menge des weggeführten Brauneisensteines
verhält sich also zu der des übriggebliebenen wie 3 : 4.
Der Göthit scheint zuweilen einem ähnlichen Processe zu unter-
liegen. Das Cabinet besitzt eine Stufe von Nadeleisenerz, welches
aus einer Achatmandel von Oberstein herrührt (Hs. II. 3020). Alle
Nadeln sind vom Centrum aus bis zur Hälfte in eine sehr lockere
gelbe Masse verwandelt. Die Farbe ist etwas dunkler als bei dem
vorhin beschriebenen gelben Mineral.
i) Aus 660 Mg. Substanz 2-6 Kieselsäure, .'iö6 Eisenoxyd. Aus 068 Mg. der Substanz
56 Wasser. Überdies wurde eine Spur von Eisenoxydul und von Mangan nach-
gewiesen.
*) Bei der Anwendung des Quecksilbers für pyknometrische Bestimmungen erhält man
für das Volum eine etwas zu grosse Zahl. Ich bestimmte die Correction, welche
daraus für das Eigengewicht folgt, zu + 0*006. Im obigen Falle gab das Experiment
das Eigengewicht zu 2284, mit der Correction also die oben angeführte Zahl.
Einige Pseudomorphosen. o»> i
Ich halte die ohige Untersuchung des gelben Minerales schon
desshalh nicht für vverlhlos, weil dadurch die Frage nach der Exi-
stenz des Gelbeisensteines oder Xanthosiderites wieder angeregt
wird. Nach dem Vorgange von Hausmann haben bekanntlich
einige Mineralogen den Gelbeisenstein als etwas vom Limonit Ver-
schiedenes betrachtet, da er eine andere chemische Zusammen-
setzung besitze, ein anderes Hydrat sei als dieser. Gleichwohl haben
die bisherigen Analysen dies noch nicht sicherzustellen vermocht *).
Die gewöhnlich citirte Untersuchung von E. E. Schmid weist so
viel fremde Beimengung nach, dass es vollständig unsicher bleibt,
wie viel von dem gefundenen Wassergehalte dem Eisenhydrat, wie
viel den Beimengungen zuzuschreiben und wie viel Eisensilicat
darin anzunehmen sei. Es bleibt also die Möglichkeit offen, dass der
Gelbeisenstein mit der vorhin beschriebenen Pseudomorphose im
Zusammenhang stehe, umsomehr da Hausmann selbst die letztere
als Gelbeisenstein bestimmte. Um hierüber in's Klare zu kommen,
verglich ich unseren Xanthosiderit aus den Pyrolusitlagern bei
Ilmenau und eine Stufe v»n Gelbeisenstein (Hs. 4043) von Klein-
Schmalkalden bei Gotha mit jener Pseudomorphose. Das erstere
Stück besteht aus einem gelblichbraunen faserigen Mineral von
zerstörtem Aussehen , das mit jener Pseudomorphose im Ver-
halten übereinstimmt , doch eine etwas festere Textur besitzt
und mehr ungleichförmig zernagt erscheint. I)ie zweite Stufe ist
ausgezeichnet. Auf dichtem Botheisenerz sitzt ein lichtröthlich-
brauner Glaskopf, im Bruche von prachtvollem Seidenglanz. Die
nierenförmige Oberfläche ist bedeckt von einer Lage dichten Roth-
eisenerzes von derselben Beschaffenheit wie die Unterlage. Der
Glaskopf zeigt sich ganz compact. Die Fasern aber haben geringe
Härte (2 und etwas darüber), ihr Pulver ist ochergelb mit einem
Stich in's Rothe. Schon mit blossem Auge erkennt man auf dem
Bruche des Glaskopfes graue Bögen, die dem Rotheisenerz ange-
hören. Mit Hilfe der Loupe sieht man, dass ausserdem das Roth-
eisenerz in wechselnder Menge zwischen den Fasern liege, woher
denn der rothe Thon der Farbe kommen mag. Darnach ist auch zu
schliessen, dass die Härte der braunen Fasern bedeutend geringer
sein müsse als 2, da die Beimengung von Botheisenerz die Härte
i) Vgl. Rarameisbergs Hdb. der Mineralchemie, S. 130.
«» » » ö Tscher mak.
erhöht. Die Zusammensetzung der braunen Fasern zu ermitteln, ist
demnach nicht möglich, da sie von der Beimengung nicht vollstän-
dig getrennt werden können. An einer Partie, welche, so gut es
ging, gereinigt worden, bestimmte ich den Glühverlust zu 10-2 Pct.
Wird nun angenommen, das faserige Mineral habe die Zusammen-
setzung des Limonites, so ergibt sich hieraus , dass die Beimengung
von Botheisenerz 29*3 Pct. betrage. Dies scheint mir, der ich die
untersuchte Partie genau angesehen, fast zu viel. Wollte man hin-
gegen die supponirte Zusammensetzung des Xanthosiderites anneh-
men, so würde eine Beimengung von sogar 44 5 Pct. Botheisenerz
sich berechnen, was ich um so weniger richtig finden kann. Ich glaube
daher, dass dieser Gelbeisenstein, ohne Beimengungen gedacht,
wohl dieselbe Zusammensetzung haben möge, wie die von mir
untersuchte Pseudomorphose.
Während des Druckes der vorliegenden Abhandlung erhielt
ich noch durch die Güte des Herrn Dr. Madelung eine ausge-
zeichnete Probe von Xanthosiderit zur Untersuchung. Das Resultat
schliesse ich hier an.
Die Stufe stammt vom selben Fundorte wie die von Schmid t
untersuchten Stücke; sie besteht zum grössten Theil aus einem
derben Mineral von verworren faseriger Structur und geringer
Härte (2), auf frischem Bruche zeigt sie licht gelblichbraune Farbe.
An einigen Stellen finden sich Höhlungen, in denen feine vierseitige
Nadeln mit stumpfem Ende sichtbar sind. Es gelang an einer der
letzteren den Säulenwinkel mit Sicherheit zu 95° zu bestimmen.
Es herrscht Spaltbarkeit nach der Längenrichtung der Nadeln,
genauer konnte ich dieselbe nicht orientiren. Die Nadeln und das
derbe Mineral besitzen gleiche Eigenschaften. Das morsche und
lockere Wesen lässt sogleich erkennen, dass man es mit einein
Zersetzungsreste zu thun habe. Das ursprüngliche Mineral mag wohl
Nadeleisenerz gewesen sein, dessen Säulenwinkel 94° 53' beträgt.
Es ist also auch dieser Xanthosiderit eine Pseudomorphose, wahr-
scheinlich nach Göthit. Bei der chemischen Untersuchung erhielt
ich ähnliche Besulfate wie Schmidt, auch den Gehalt an Wismuth
und Antimon in sehr geringen Mengen fand ich bestätigt. Das
specifische Gewicht ergab sich zu 345. In Salzsäure löst sich
das Mineral bis auf einen geringen Bückstand.
Einige Paeiidomorphosen. ooH
Schmidt Tschennak
Kieselsäure 251 1-4
Thonerde 132 04
Eisenoxyd 74-96 780
Manganoxyd 182 13
Kalkerde — 0-2
Magnesia — 0-2
Wasser 15-67 14-8
Unlöslich - 31
96-28 99-4 *)
Es erscheint nicht statthaft . ein Hydrat von der Zusammen-
setzung Fe203 (H20)a anzunehmen, denn wofern von den Beimen-
gungen gänzlich abgesehen wird, d. h. dieselben als wasserfrei ange-
sehen weiden, erfordern die gefundenen Mengen Eisen- nnd Mangan-
oxyd nach obiger Formel 17-2 und 178 Pct. Wasser. So viel weist
keine der beiden Analysen nach. Und doch ist jene Annahme für
obige Formel die günstigste.
So lange demnach die Existenz jenes Eisenhydrates, das man im
Gelbeisenstein zu sehen glaubte, nicht sicher nachgewiesen ist, möchte
ich die Gelbeisensteine für Limonite von lockerer Textur halten.
Eisenkies nach Eisenglanz, nach Kalkspath.
Auf einem Gestein von Felsöbanya, das wie ein zersetzter Quarz-
trachyt aussieht (Kl. Hs. 4655), sitzen in einem unregelmässigen
Hohlraum kleine Quarzkrystalle. Die Säulenflächen sind matt, die
Rhomboederflächen glänzend. Die grösseren zeigen jene Ausbildung,
die uns bei den Scepterquarzen aus Ungarn entgegentritt. Neben
dem Quarz sind kleine Krystalle von Adular als Auskleidung des
Hohlraumes verbreitet. Sie zeigen das aufrechte Prisma, die schiefe
Endfläche und die Fläche x (Naum.). Auf den beiden genannten
Mineralien sitzen metallglänzende gelbe, stellenweise grau angelau-
fene Blättchen mit feingekörnter Oberfläche; einige davon lassen
den regelmässig sechsseitigen Umriss ganz deutlich erkennen, die
Messung ergibt den Winkel von 120°. Die Blättchen sind kaum
i) 789 Mg. lufttrockener Substanz gaben 24 Mg. Rückstand, 11 Kieselsäure, 3 Thon-
erde, 10 Manganoxyd, 3 Kalkcarbonat, 4-5 Magnesiasalz. Das Gesammtgewicht der
Kieselsäure, Thonerde, des Eisen- und Manganoxydes betrug 639 Mg. An 387 Mg.
bestimmte sich der Glühverlust zu 87 Mg. Herr Adjunct P. Wesels kr hatte die
Güte, den Gehalt an Eisen- und MangaBoxyd durch einen Titrirversuch zu prüfen.
Er erhielt für die Summe beider 797 Pct,
340 Tscher mak.
papierdünn, überall nahe aneinander gedrängt, bald parallel gestellt,
bald fächerförmig verwachsen; die Druse hat ein zellenähnliches
Aussehen. An manchen Stellen erkennt man leicht, dass diese Blätt-
chen aus kleinen Eisenkieskrystallen zusammengesetzt seien. Die
chemische Untersuchung weist auch sonst keinen andern Bestand-
teil nach. Man pflegt in Fällen, wie der vorliegende, eine Pseudo-
morphose nach Magnetkies oder Kalkspath anzunehmen; ich glaube
indessen, dass das ursprüngliche Mineral Eisenglanz gewesen sei,
weil das Vorkommen der Pseudomorphose und das Ansehen der
Druse am meisten an manchen Eisenglanz, wie z. B. der von Alten-
berg in Sachsen, erinnert. Mit Sicherheit lässt sich jedoch hier
nichts entscheiden und ich habe diese Pseudomorphose nur ange-
führt, um wiederum darauf hinzuweisen, wie wenig sicher die Deu-
tung in ähnlichen Fällen ist, daher die Umwandlungen des Magnet-
kieses in Eisenkes, Arsenikkies, noch nicht als bewiesen zu be-
trachten sind.
Ein anderer mir vorliegender Fall gestattet hingegen eine
sichere Entscheidung. Eine Stufe von Schemnitz , die ich aus der
Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt durch den Herrn
Bergrath Fo ett er le zur Untersuchung erhielt, zeigt auf einer Druse
kleiner Quarzkrystalle grössere regelmässig sechsseitige Tafeln mit
feingekörnter Oberfläche, die aus Eisenkies bestehen. Manche von
den Tafeln, die zerbrochen sind, erscheinen im Innern hohl; alle
zeigen an den Kanten einen Besatz von etwas grösseren Eisenkies-
krystallen. Da alle Einzelnheiten der Ausbildung der früheren Kry-
stalle vollkommen erhalten, die Pseudomorphosen genügend gross
sind, um dies zu erkennen, so überzeugt man sich trotz der viel-
deutigen Form sehr bald, dass das ursprüngliche Mineral nichts an-
deres als Kalkspath gewesen sein könne. Die alte Etiquette spricht
freilich von Afterkrystallen nach Baryt. Doch die Seitenkanten messen
eben 120°, während beim Baryt, der allerdings zu Schemnitz auch in
sechsseitigen Tafeln vorkömmt, diese Kanten 129 und 102° haben.
Eine linwandluiigsphasc des Vivianites.
Vor Kurzem überbrachte mir Herr Professor Hieser in Wien
ein eigentümlich aussehendes Stück aus seiner Sammlung zur Unter-
suchung. Die 6Millim. langen, metallähnlich glänzenden, scharf aus-
gebildeten Krystalle, die auf einem gelblichbraunen eisenschüssigen
Einige Pseudomorphosen. o41
Gestein aufsitz en, sind sehr auffallend und nach dem Ansehen und
ihren Eigenschaften mit keinem bekannten Mineral übereinstimmend.
Die Form ist monoklinisch (Fig. 2, 3) nach der Längsfläche b
herrscht sehr vollkommene Spaltbarkeit, daher auf dieser Fläche
der metallähnliche Perlmutterglanz , während die übrigen Flächen
Glasglanz zeigen. Die 6-Flächen erscheinen licht-tombackfarben,
die anderen schwärzlichbraun, der Strich hat ochergelbe Farbe.
Die Härte ist sehr gering, an den Kanten höchstens 1*5 , die Kry-
stalle sind sehr leicht zerbrechlich und zerreiblich. Der sehr auffal-
lende Perlmutterglanz, die eben erwähnten Textlirverhältnisse und
die sebr zerstört aussehende Umgebung lassen bald errathen , dass
eine Pseudomorphose vorliege.
Die Form ist die des Vivianites (aq = 125° 30, ab = 90<>,
bq = 90°; ap = 146°; oq = 149° als annähernde Bestimmungen).
Das Verhalten vor dem Löthrohre ist fast dasselbe, wie bei diesem,
doch schmilzt die pseudomorphe Substanz noch leichter zur magne-
tischen, halb metallisch glänzenden Kugel. Das specilische Ge-
wicht bestimmte ich zu 2-95, also höher als das des Vivianites.
Die chemische Zusammensetzung weist ausser den gewöhnlichen
Bestandteilen des Vivianites noch etwas Natron auf. Die Substanz
löst sich leicht in Säuren auf; nach dem Glühen und dem Entweichen
des Wassers bleibt ein schwarzbrauner Rückstand, der in Säuren
sich schwer auflöst.
Um die Stufe, die vorläufig ein Unicom ist, nicht stark zu be-
schädigen, nahm ich nur eine geringe Quantität der Pseudomorphose
zur Untersuchung. Einige der umgewandelten Krystalle zeigen im
Innern einen blauen Punkt als Rest des früheren Stadiums. Daher
mag zum Tbcil der geringe Eisenoxydulgehalt kommen, der sich
nachweisen liess, den ich indess nicht zahlenmässig bestimmte.
Mangan ist in unbestimmbar kleiner Menge zugegen. Das Resultat
der mit aller Sorgfalt ausgeführten Bestimmung ist:
Phosphorsäure 30*5
Eisenoxyd 55
Natron 1*5
Wasser 14
101 i)
i) 279 Mg-, der Substanz gaben mir beim Glühen 39 Mg. Wasser, ebensoviel Gewichts-
verlust. 229 Mg. der geglühten Substanz lieferten 122 Eisenoxyd and 123 Magne-
siasalz. 240 Mg. der ursprünglichen Substanz gaben 7"5 Mg. Cblornstrium.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 24
342 Tschermak.
Den Natrongehalt werde ich weiterhin besprechen. Um den
Gang der stattgehabten Veränderung verfolgen zu können, ver-
gleiche ich unter C meine Beobachtungen mit der Zusammensetzung
des unveränderten farblosen Vivianites aus Delaware nach Fischer
(J) und mit den von Rammeisberg für den blauen Vivianit von
Mullica Hill erhaltenen Resultaten (ß), indem ich annehme, dass das
Natron erst während der Veränderung aufgenommen worden, und
dass der Gehalt an Eisen dabei constant geblieben sei. Dazu ist
man, wie ich glaube, vollkommen berechtigt, da das Äquivalenten-
verhältniss der Phosphorsäure und des Eisens dasselbe ist, wie
beim unveränderten Mineral. So ergeben sich die folgenden Ver-
hältnisse :
ABC
Phosphorsäure. . .27-2. . .27-8. . .27
Eisenoxydul. . . . 44i. . .33-6. . . ?
Eisenoxyd 0-0 . . . li-6 . . .49
Wasser 279. . .25-4. . .12-5
Natron 1*5
n dem ersten Stadium der Veränderung, beim Übergang des
farblosen Vivianites in den blauen, erfolgt eine theilweise Oxydation
und Abnahme des Wassers; in dem von mir untersuchten Stadium
schreitet die Abnahme des Wassers und die Oxydation weiter , so
dass ein Verlust von 10 Pct. entsteht, daher die lockere Textur der
Pseudomorphose. Die letztere Umwandlung mag wohl durch Tage-
wässer herbeigeführt worden sein, die unterwegs alkalische Carbo-
nate aufgelöst hatten. Die letzteren bewirkten die Fortführung einer
geringen Menge Phosphorsänre; wogegen eine kleine Menge Natron
in die pseudomorphe Verbindung überging. In Folge der Oxyda-
tion verminderte sich der Wassergehalt, weil das Phosphat des
Eisenoxydes weniger Wasser bindet.
Die Pseudomorpliosen sind stellenweise von einer geringen
Menge Grüneisemrzes umgeben, das einen schwärzlichen Überzug
bildet. Vielleicht hat die ausgeschiedene Phosphorsäure und der
Eisengehalt der Unterlage dessen Entstehung bewirkt. An einzelnen
Punkten der Stufe kamen bei der Abtrennung des Untersuchungs-
materiales theilweise umgewandelte Krystalle zum Vorschein, die
noch mehr oder weniger blau sind.
Einige Pseudomorpliosen. o i'.l
Das pseudomorphe Mineral steht dem Beraunit Breithaupt's
nahe, der gleichfalls ein veränderter Vivianit ist, wie Breithaupt
selbst angibt •), doch soll der Beraunit ein etwas geringeres Eigen-
gewicht (2 "878), grössere Härte (2- 5) haben. Eine Analyse liegt
nicht vor. Bevor ich selbst eine solche ausführen mochte, verglich
ich die beschriebene Pseudomorphose mit einigen Beraunitstufen.
Herr Prof. Hieser stellte mir eine solche von St. Benigna zur Ver-
fügung, die ich beliebig zerstören konnte. So war ich in den Stand
gesetzt, den Zusammenhang des Beraunites mit jener Pseudomor-
phose kennen zu lernen.
An allen Handstücken bemerkte ich als Begleiter des Beraunites
ein amorphes schwarzbraunes, dem Stilpnosiderit ähnliches Mineral.
Überzüge bildend, nirgends in grösserer Menge angehäuft. Es über-
zieht die Beraunitnadeln an vielen Stellen mit einer dickeren oder
dünneren stark fettglänzenden Haut, oder imprägnirt dieselben blos.
Beim Zerbröckeln kam ich auf Nadeln, die innen hohl waren; der
Beraunit war verschwunden und nur der pechglänzende Überzug
geblieben. In Folge des genannten Überzuges oder der Impräg-
nation haben die Beraunitnadeln alle Nuancen von schwarzbraun
durch rothbraun bis licht bräunlichroth.
Die letzteren lichten Beraunite, die am wenigsten durch die
amorphe Suhstanz verunreinigt sind, stimmen in Bezug auf Farbe,
Glanz. Strichpulver. Härte vollkommen mit den oben beschriebenen
Psendomorphosen überein. Eine Analyse auszuführen, gestaltete die
Seltenheit solcher Partien nicht, doch blieb mir kein Zweifel, duss
beide Pseudomorpliosen, der lichte Beraunit und die von mir unter-
suchte, demselben Stadium der Umwandlung angehören.
Da die veränderten Vivianile von St. Benigna sich meistens
in jenem Zustande befinden, indem sie durch die amorphe Substanz
ein wenig imprägnirt, etwas dunkler und härter erscheinen, als die
reineren Pseudomorpliosen, so mag wohl Breit haupt bei der
Aufstellung der neuen Mineralart nur diese Partien berücksichtigt
haben, daher die Abweichungen zwischen seiner und meiner Be-
schreibung.
i) Berg- und Hütlenmänn. Zeitg. f. 1853, S. 402.
24
344 Tschermak.
Das stilpnosideritähnliche Mineral verdankt seine Entstehung
ohne Zweifel dem früheren Vivianit. Es erinnert dieses Vorkommen
an ßl unTs Pseudomorphose : Stilpuosiderit nach Vivianit.
Die Pseudomorphosen im antiken grünen Porphyr.
In der ersten Abhandlung über Pseudomorphosen ') erwähnte
ich bereits, dass die im antiken grünen Porphyr eingesprengt vor-
kommenden Feldspathstücke zum Theile Pseudomorphosen seien.
Um sich davon zu überzeugen, darf man sich jedoch nicht mit einem
Stück jenes Porphyrs begnügen ; unter einer grösseren Anzahl wird
man hingegen bald eines finden, das die feinkörnige Structur der
Einsprengunge deutlich zeigt, während die Oberfläche der letzteren
die Feldspathform noch mit grosser Schärfe wieder gibt, so dass
kein Zweifel über die pseudomorphe Natur der Einsprengunge übrig
bleibt. Leider lässt sich das Vorkommen solcher umgewandelter
Feldspathkrysialle nicht auf einen bestimmten Fundort beziehen, da
die Angaben über die Herkunft der einzelnen Handstücke nicht zu-
verlässig sind.
Ein Handstück, welches die Erscheinung in ausgezeichneter
Weise darbietet, führt die Bezeichnung: „Val Camonica". Ich habe
desselben schon früher erwähnt. Die Grundmasse ist blänlichgrün,
die Einsprengunge sind blass gelblichgrüu gefärbt. Die letzteren
zeigen die Formen von Feldspathkrystallen genau so wie die
im grünen Porphyr aus dein südlichen Morea. Eben so lässt sich
an dem Wechsel der Farbentöne die frühere lamellare Verwach-
sung noch gut erkennen. Ich habe diese Pseudomorphose genauer
untersucht.
Die blass gelbgrüne fetlglänzende Masse ist völlig dicht von
splittrigem Bruche, daher die äussere Ähnlichkeit mit Serpentin, die
bei den Pseudomorphosen noch mehr als bei der Grundmasse her-
vortritt. Die Härte ist ein wenig geringer als 6. Das Eigengewicht
wurde zu 2-89 bestimmt, während für die Grundmasse 2-92 gefun-
den wurde. Beim Erhitzen wird die pseudomorphe Substanz röth-
lich und schmilzt dann zu schwarzem Glase.
i) Berichte der Wiener k. Akademie, Bd. XLVI, S. 486.
Einige Pseudomorphosen. 345
Für die Zusammensetzung erhielt ich bei der Untersuchung der
Pseudomorphose Grundmasse
Kieselsäure .... 47-3 56-0
Thonerde 222 13-5
Eisenoxyd 9-8 15-5
Kalkerde 8-6 7-0
Magnesia 0-7 0-3
Kali 3-3 11
Natron 4-6 Sl
Wasser 2-7 2-3
99-2 1) 100-8 2)
Die Prüfung auf Eisenoxydul gab bei der Pseudomorphose ein
negatives Resultat; bei der Grundmasse wurde eine kleine Menge
desselben nachgewiesen.
Der Hauptunterschied dieser Zusammensetzung und der eines
Kalkfeldspathes liegt offenbar im Wassergehalt und der verhältniss-
mässig bedeutenden Menge Eisenoxyd; daher m«n wohl annehmen
darf, dass bei der Umwandlung die durchdringenden Wässer auf
einen Ausgleich der Zusammensetzung hinarbeitend, den Feldspath-
krystallen Eisenhydrat zugeführt haben; denn die Grundmasse besitzt
einen höheren Eisengehall als die Einsprengunge. Die übrigen
Veränderungen lassen sich nicht so leicht errathen, so lange die
Zusammensetzung des unveränderten Minerales nicht bekannt ist.
Nach der bisher gepflogenen Sitte wären die eben beschriebe-
nen Einsprengunge als eine neue Mineralart zu betrachten, während
sie nur ein bisher unbekanntes Stadium der Umwandlung von Feld-
spathkrystallen darstellen. Ich halte es indess nicht für unnöthig,
diese Veränderungsphase durch einen Namen zu bezeichnen und
möchte dieselbe Chlorolithin nennen. Sie ist nicht mit dem
Vosgit Delesse's zusammenzustellen, wie ich früher meinte,
denn die Zusammensetzung beider ist sehr verschieden.
D eless e hat vor einiger Zeit die grünen Feldspath-Einspreng-
linge in einem grünen Porphyr aus Lakonien untersucht 3), deren
!) 982 Mg. Substanz gaben 464 Kieselsäure, 218 Thonerde , 93 Eisenoxyd, 150 Kalk-
carbonat, 19 Magnesiasalz ; 1210 Mg. Substanz lieferten 207 Platinsalz und 104
Chlornatrium; 850 Substanz gaben 23 Wasser.
2) Aus 932 Mg. der Grundmasse erhielt ich 522 Kieselsäure, 126 Thonerde, 145 Eisen-
oxyd, 116 Kalkcarbonat, 8 Magnesiasalz ; aus 828 Mg. 19 Wasser. Herr Prot. Ro the ,
der die Alkalien bestimmte, erhielt bei Anwendung von 1303 Mg. Substanz 29 Platin
und 125 Chlornatrium.
3) Journal f. prakt. Chemie. Bd. 43, S. 440.
Kieselsäure .
. . 53-20
Thonerde . .
. . 27-31
Eisenoxyd . .
. . 103
Kalkerde . .
. . 8-02
Magnesia . .
. . 101
Kali ....
. . 3-40
. . 3-52
. . 2-51
346 Tschermak.
Zusammensetzung sich der gewisser Labradorite nähert. Da nun die
von mir untersuchten Pseudomorphosen vielleicht aus derselben Ge-
gend herstammen, so mögen beide Resultate hier verglichen werden.
Delesse's veriind. Labradorit: Chlorolithin:
53-20 47-3
22-2
9-8
8-6
0-8
3-3
4-6
.... . 2-7
100-00 99-2
Obne Zweifel verfolgt derVeränderungsprocess in beiden Fällen
dieselbe Richtung, im Chlorolithin ist derselbe jedoch bedeutender
vorgeschritten. Bei Aufnahme von Wasser und Eisenoxyd vermindert
sich die Menge der Kieselsäure und der Thonerde. Wahrscheinlich
erfolgt eine Epidotbildung, dafür spricht Delesse's Beobachtung,
der in dem Gestein Adern von Epidot und Quarz bemerkte.
Calcit nach Feldspath (Labradorit).
Bei den eingewachsenen Pseudomorphosen, welche durch die
Verdrängung des Feldspathes durch Calcit entstehen, lässt sich die
Form nur schwierig bestimmen *)• Es gelang mir indess, an kleinen
Stücken des Grünsteines von Dillenburg in Nassau durch vorsichtiges
Ätzen den Calcit wegzubringen , ohne dass die Grundmasse allzu
morsch wurde. Es blieb an der Stelle der Pseudomorphosen ein
lockerer weisser Zersetzungsrest des Feldspathes zurück, der sich
leicht entfernen Hess. Die entstandene Höhlung wurde mit Wachs
abgeformt und so die tafelförmige Gestalt eines klinoklastischen
Feldspathes erhalten, woran M oder P vorwiegend ausgebildet sind,
und ausserdem T, l, zuweilen auch x als begrenzende Flächen auf-
treten. Das ursprüngliche Mineral mag wohl die Zusammensetzung
eines Labradorites gehabt haben.
Biotit nach Hornblende.
Die Pseudomorphosen vom Radhausberg bei Gastein, welche
durch Magnesiaglimmer (Biotit) gebildet werden 2), habe ich einer
1) Sitzungsber. der Wiener kais. Akademie, Bd. XLVI, S. 48«.
2) Ebendas. S. 490.
Einige Pseudomorphosen. 34?
nochmaligen Untersuchung unterworfen. Da dieselben in einer
locker feinkörnigen Orthoklas-Grundmasse eingewachsen sind, so
gelingt es nicht, dieselben zu isoliren, dagegen vermochte ich in
einzelnen Fällen auf die Weise zur Kenntniss der Form zu gelangen,
dass ich die Glimmerschüppchen allmählich mit einer Nadel entfernte
und die Höhlung mit Wachs abzuformen versuchte. So erhielt ich
Prismen, deren scharfe Kanten abgestumpft waren, begrenzt durch
die schiefe Endfläche. Der stumpfe Winkel des Prisma wurde zu
124° bestimmt, in Übereinstimmung mit dem Winkel der Hornblende.
Bei der Ähnlichkeit in der Zusammensetzung der Biotite und
der thonerdehaltigen Hornblenden mag, abgesehen von der Wasser-
aufnahme, kein sehr bedeutender Stoffwechsel bei dieser Umwand-
lung stattgefunden haben.
Voigtit nach Biotit.
Der Biotit erleidet in gewissen Fällen eine eigenthümliche Zer-
setzung, in Folge deren die Blättchen ihre Elasticität verlieren und
biegsam werden wie Chloritblättchen. Es erfolgt eine Aufnahme von
Wasser, die Farbe wird grünlich grau, dann graubraun bis holzbraun;
bei grösseren Glimmerkrystallen werden die Blättchen gekrümmt und
es tritt ein Wachsglanz auf, der stellenweise perlmutterartig ist. Ein
solches Umwandlungsproduct beschrieb E. E. Schmidt unter dem
Namen Voigtit. Kenngott und ich1) fanden im Granit von San
Domingo in Brasilien ein Derivat des Biotites, das nach seinen physi-
kalischen Eigenschaften der Beschreibung des Voigtites vollkommen
entspricht und das von C. von Hauer analysirt wurde.
Bevor ich dieses Vorkommen kannte, beschrieb ich ein Zer-
setzungsproduct aus dem Trachytporphyr von Offenbanya und nannte
die pseudomorphe Substanz provisorisch Chlorit.
Diesmal habe ich nicht blos jene Benennung zu berichtigen,
sondern kann noch ein anderes Vorkommen angeben, das ganz aus-
gezeichnet ist.
In einer Platte von Kaliglimmer (Mustovit) von Southacworth
in Newhampshire, Nordamerika, die etwa 8 Zoll Länge, 7 Zoll Breite
hat, sind zwei sechsseitige Biotitsäulen, jede von 1 '/3 Zoll Durch-
messer, eingeschlossen , so dass die Spaltflächen der letzteren mit
*) Sitzuugsber. der Wiener k. Akademie, Rd. XLV1I, S. 408 und 414, wo auch die
übrigen Nachweise zu linden sind.
348 Tschermali.
denen des Mnscovites in derselben Ebene liegen, während im Übri-
gen keine bestimmte Orientimhg der Biotitkrystalle gegen einander
oder gegen die seeundären Spaltrichtungen des Muscovites zn beob-
achten ist. Der mehr gegen die Mitte der Platte zu liegende Biotit-
krystall sieht fast ganz unverändert aus, nur an der Kante, die gegen
den andern Krystall gewendet ist, ist eine anlängende Voigtit-
bildung bemerkbar. Der andere Krystall, der näher dem Rande der
Platte liegt, also früher dem umgebenden Gestein näher war, ist
beinahe vollständig in Vuigtit umgewandelt; nur hie und da ist ein
Restchen von dem ursprünglichen Mineral zu linden. Der die Pseu-
domorphose umgebende Muscovit sieht unverändert aus, doch findet
sich hie und da etwas Eisenocher zwischen seinen Blättchen.
Der Voigtit ist, wie man leicht einsieht, keine selbststäudige
Mineralart, sondern nur ein Umwandlungs-Stadium des Biotites.
Klinochlor, Diopsid und Granat, nach Vesuvian.
Eine Stufe von Slatoust (Hands. I. 3673) zeigt eine Reihe von
merkwürdigen Erscheinungen aus dem Gebiete der chemischen Um-
wandlung des Vesuvians. Sie ist in dieser Beziehung ein Pracht-
stück. In einem Hohlräume in Chloritschiefer sitzen halbzerstörte
pistaziengrüne Vesuviankrystalle neben gelblichweissem Titanit und
Blättchen von dunkel lauchgrünem Klinochlor, welche in dem
bunten Gewirre der Krystalle nirgends fehlen. An einem Punkte
findet sich neben grossen Klinochlor-Blättchen eine Anhäufung von
lauchgrünen Diopsid-Säulen, aber auch sonst ist der Diopsid in
Gesellschaft mit dem Klinochlor auf der Stufe verbreitet, doch in
geringerer Menge als der letztere. Dunkelgrüne, kleine Granatkry-
stalle linden sich ebenfalls an vielen Punkten. Die ganze Druse mag
früher von Calcit bedeckt gewesen sein, der künstlich weggeätzt
wurde; denn es findet sich an dem tiefsten Punkte ein Calcitrest,
dessen Aussehen keine andere Deutung zulässt.
Die sämmtlichen Vesuvian-Krystalle sind im Innern zerstört,
während die äussere Haut sich erhalten hat und die Combination des
Prisma, der Pyramide, des verwendeten Prisma, der Endfläche zeigt.
Es sind von den Krystallen gleichsam nur die Bälge übrig geblieben,
aus papierdünnen Häutchen gebildet, Kartenhäusern vergleichbar,
die beim leisesten Anstoss zerfallen. Manche sind daher stellenweise
Einige Pseudomorphosen. o4t)
eingebrochen , viele aber werden durch die im Innern wuchernde
Nachkommenschaft gestützt. Auffallend ist dabei, dass die End-
flächen (oP) stets durchgefressen sind, so dass jeder Balg wenig-
stens von dieser Seite her den Einblick in's Innere gestattet.
In dem einen Stadium der Umwandlung zeigt sich innen ein
morscher Rest von Vesuvian-Substanz , in den Zwischenräumen
haben sich Blättchen von Klinochlor angesiedelt, hie und da erblickt
man lichtgriine Diopsid-Säulchen mit undeutlicher Endigung und
G ran at-Kry stalle, letztere Dodekaeder- und Leucitoeder-Flächen
zeigend. Da die papierdünnen Bälge durchsichtig sind, so bemerkt
man schon von aussen, wo sich Anhäufungen von Klinochlor oder
Diopsid finden. Fig. 4 ist das Bild einer Pseudomorphose, welche
im Innern einen morschen Vesuviankern enthält, während der übrige
Raum durch Klinochlor ausgefüllt wird.
In vielen Fällen ist die Umwandlung so weit vorgeschritten,
dass im Innern die ursprüngliche Substanz ganz verschwunden ist
und die drei Nachkömmlinge den Raum mehr oder minder vollstän-
dig einnehmen. Die dünnen Wände der hohlen Krystalle werden
durch den Klinochlor und die Diopsid-Säulen gestützt. Fig. 5 zeigt
einen solchen Fall. Zuweilen hängen an den Klinochlor-Aggregaten
nur noch einige Fetzen von dem Vesuvian-Kleide , wie dies Fig. 6
andeutet. Die Granaten begleiten überall ihre beiden Genossen,
doch werden sie nicht so leicht bemerkt, da ihre Farbe von der des
Vesuvian wenig verschieden ist.
Die wenigen aber verhältnissmässig grossen Titanit-Krystalle
zeigen sich fast durchwegs unabhängig von den anderen Mineralien,
nur in einem Falle erscheint ein solcher Krystal! neben Klinochlor
im Innern eines hohlen Vesuvian-Krystalles, auf der einen Seite an
die Hülle angewachsen. Ich möchte es für diesmal noch unentschie-
den lassen, ob auch der Titanit aus der Substanz des Vesuvians her-
vorgegangen sei; da indess die Menge des Titanites im Vergleiche
zu den drei pseudomorphen Mineralien gering ist, so wird die Deu-
tung des vorliegenden Umwandlungsvorganges durch diese Unsicher-
heit wohl nicht beirrt.
An dem einen Ende der Stufe ist fast jeder Rest des Vesuvians
verschwunden, und man hat jenes Zusammenvorkommen von Klino-
chlor, Diopsid, Granat, welches man auf manchen sibirischen, nor-
wegischen, piemuntesischen Stufen sieht. Wenn nun auch nicht
350 Tschermak.
behauptet werden kann, dass in allen diesen Fällen die drei Mine-
ralien aus Vesuvian hervorgegangen seien, to geben doch die Beob-
achtungen an der oben beschriebenen Stufe einen bedeutsamen Wink,
wie man die constante Paragenesis gewisser Mineralien aufzufassen
habe. Der chemische Vorgang, welcher durch die beschriebene
Pseudomorphose angedeutet wird, bestand darin, dass die Kalkerde
des Vesuvians grossentheils durch Magnesia ersetzt *) und Wasser
aufgenommen wurde, während zugleich ein Zerfallen in mehrere
Verbindungen stattfand 3).
Vor Kurzem hat Prof. Blum Einiges über eine Pseudomorphose
von „Chlorit nach Idokras" mitgetheilt 3). Es wäre von Interesse zu
sehen, ob nicht etwas Diopsid mit vorkömmt , wie es auch in dem
folgenden Falle beobachtet worden.
Eine Stufe mit der Angabe Achmatowsk (Hs. 3446) zeigt ein
früheres Stadium des eben erwähnten Umwandlungsprocesses. In
einer Höhlung des Chloritschiefers bemerkt man pistazgrüne Vesu-
viau-Krystalle neben Klinochlor-Blättchen. Der Kalkspath, welcher
früher Alles einhüllte, ist unvollständig weggeätzt. Die Vesuvian-
Krystalle sind stellenweise fleckig, zeigen Sprünge und Krümmungen
der glatten Flächen. Die blass lauchgrünen und die dunkelgrünen
Flecken rühren von den Diopsid- und Klinochlor-Krystallen her, die
sich im Innern angesiedelt, und die Krümmungen der Flächen ver-
anlasst haben. Alle Vesuvian-Säulen sind theilweise ausgehöhlt, die
äussere dünne Hülle ist von dem morschen Kern getrennt, oder durch
die epigenetischen Minerale damit theilweise verkittet. Jene Säulen,
i) Vergl. Bischofs Geologie. 2. Aufl. 1. Bd. , S. 75.
-) Nach den besten Analysen hat man, unter AliOs und Mg 0, die geringe Menge der ent-
sprechenden Eisenoxyde mitverstanden, für den obigen Vesuvian die Formel (Si Os)i
(Alz 03) (CaO)5, für den Klinochlor (Si Oz)3 (AI-, 03) (Mg 0)a (If, 0)% u. s. w. Ver-
doppelt mau des Vergleiches wegen die Vesuvianformel, so ergibt sich aus dem Schema :
Vesuvian .... (Als 03)2 (Si 0S)8 (Ca O)i0
Klinochlor . . . (Alz 03) (Si 0;)3 (Mg 0)5 (H* 0),
Orauat (Ah 03) (Si 02)3 (Ca 0)s
Diopsid (Si 0»), | C
Mg O
dass der Vesuvian bei dem partiellen Austausche der Kalkerde gegen Magnesia und
der Aufnahme des Wassers nach einlacher Weise in die drei Verbindungen zer-
fallen könne, ohne dass weiter von der Substanz etwas hinweggeführt wird. Die
ausgeschiedene Kalkerdu tritt jedenfalls als Carbonat auf.
s) Dritter Nnchtr. r. d. Pspudomorphoscu. S. lf>6.
Einige Pseudomorphosen. OOl
die gegen Aussen besser abgeschlossen waren, widerstanden der
Säure des Mineralienhändlers mehr und behielten zum Theil die
Calcitausfüllung. Sie zeigen , wie vordem die dünne Krystallhülle
durch den körnigen Calcit gestützt worden. Eine an der Endfläche
eingebrochene Säule zeigt die ersten Anfänge der Üiopsid- und
Klinochlor-Bildung in dem morschen Innern sehr schön (Fig. 7).
Granat ist nirgends zu sehen *)• An einem Punkte findet sich ausser
Zusammenhang mit den Vesuvian-Säulen ein gelblicher Titanit-
Krystall.
Die beiden Vesuvian-Stufen sind ausgezeichnete Beispiele von
Perimorphosen. Denkt man sich nämlich den Calcit, der früher
die Vesuvian-Säulen umgab und erfüllte, restituirt, so hat man jene
oft bewunderte Erscheinung, die zuweilen an Vesuvian-und Granat-
Stufen beobachtet wird. Eine papierdünne, glattflächige Krystall-
hülle umgibt ein Gemenge von körnigem Calcit und Vesuvian- oder
Granatkörnchen. Im vorliegenden Falle war im Innern der Vesuvian-
Säulen ein Gemenge vorhanden, das bei den mehr veränderten Kry-
stallen vorherrschend aus Calcit und Klinochlor, bei den minder ver-
änderten aus Calcit und Vesuvian-Resten bestand.
Es ist nicht zu verwundern, dass Manche, die solche Erschei-
nungen sahen ohne die Zwischenstufen beobachtet zu haben, sich
nicht entsehliessen konnten, an eine Pseudomorphose zu glauben;
denn eine so zarte und absichtsvoll aussehende Arbeit mochten sie
der Natur nicht zutrauen, obgleich sie auf der andern Seite über-
sahen, dass gar viele Pseudomorphosen denselben Grad der Sub-
tilität in anderer Weise darbieten. Während Sillem, Reuss,
Bischof, Volger kein Bedenken trugen, diesen Fall als Pseudo-
morphose anzuerkennen, sprachen sich Sc he er er, Knop, Blum
dagegen aus. Sc heerer erfand den Ausdruck „Perimorphose,
Krystallbildung von aussen nach innen", damit sollte die Schwierig-
') Wenn aus dem Vesuvian blos Klinochlor und Üiopsid hervorgeht, so erfolgt nebst
dem Austausch von Magnesia gegen Kalk noch eine Mehraufnahme von Magnesia,
wie das Schema :
Vesuvian . . ■ ■ (Ah Oa)2 (Si Q3)8 (Ca Q)1U
Klinochlor . . . (Ah 03)t (Si 0,)6 (Mg 0)w (Hz 0),
Diopsid (Si 0,)3 (Mg 0 Ca 0)
zeigt. Die beiden Schemate geben natürlicher Weise das Mengenverhältniss nicht
richtig an , weil sie auf die Wandlungen des Eisens keine Rücksicht nehmen.
352 Tsc her mak.
keit gehoben werden; was jedoch mit diesen Worten gemeint sei,
ist nicht zu errathen. Knop denkt sich den Granat und Calcit
gleichzeitig entstanden, den letzteren also als Einschluss. Blum
stimmt dieser Ansicht für gewisse Fälle bei. Wer sich indess an
die bisher gewonnenen Beobachtungen über Krystallbildung hält,
muss sagen, dass auch Knop's Vorstellung unhaltbar sei. Die Kry-
stalle wachsen nie anders als von einem Centrum, von einem Kern-
punkte aus, und wenn sie auch beim Fortwachsen dies und jenes
einschliessen, so geht doch die ununterbrochene Verbindung der
äusseren und inneren Theile nie verloren. Wie soll sich eine Scluile
von Granat , wie ein Balg eines Vesuvian-Krystalles durch directe
Krystallisation bilden und sich dabei mit Calcit ausfüttern?
Warum müssen die Schwierigkeiten, auf die wir stossen, durch
naturwidrige Annahmen noch vermehrt werden? Und ist vielleicht
die pseuilomorphe Bildung unerklärlich und gibt es keine analogen
Erscheinungen? Ich glaube nicht. Volger hat bereits darauf hin-
gewiesen, dass das Sonderbare darin liege , dass bei der Verdrän-
gung des Granates durch Calcit in dem vorliegenden Falle „der
chemische Process augenscheinlich tausendmal von zweien benach-
barten Granatatomen dem einen vollständig den Garaus gemacht und
Calcit für dasselbe substituirt hat, während das andere unmittelbar
daneben unverändert geblieben ist". Diese Erscheinung kömmt
indess nicht blos beim Granat und Vesuvian vor, sondern bei sehr
vielen Mineralien. Da nun das Wunderbare diesen Charakter ver-
liert, sobald es alltäglich geworden, so möchten wohl Manche nichts
mehr Sonderbares an der Sache linden, wenn sie anderen ähnlichen
Vorkommnissen ebenfalls einige Aufmerksamkeit zuwenden. Dabei
findet sich aber auch leichter die Erklärung, welche hingegen bei
einer beschränkten Zahl von Beobachtungen oft irre geht.
Ich möchte hier auf einige bekannte Erscheinungen hinweisen,
die mir geeignet zu sein scheinen, über den Vorgang Aufschluss
zu geben.
Bei der Zersetzung der Krystalle widerstehen öfters krystallo-
graphisch gleiche Theile gleichartig der Zerstörung, während die
übrigen Theile der Krystalle unterliegen. Ein schönes Beispiel
geben die von Blum beschriebenen Pseudomoiphosen von Braun-
eisenstein nach Eisenkieswürfeln von Motbo, welche ich bei mei-
ner Anwesenheit zu Heidelberg zu sehen Gelegenheit hatte:
Kinige Pseudomorphosen. Duo
Von den Flächen gegen den Mittelpunkt hin ist alles Brauneisen-
stein geworden, von den Kanten zum Centrum hin sind Wände von
Eisenkies stehen geblieben. Denkt man sieh den Eisenkieswürfe]
durch einen gleichförmigen Ausatz von Schichten au einen kleinen
Würfel gebildet, so lautet die Sache so, dass alle bei der Krystalli-
sation gebildeten Kanten der chemischen Einwirkung widerstanden,
während die Flächen unterlagen.
Etwas Ähnliches bieten halbzerstörte Granatkrystalle aus der
Gegend von Donegal, Irland (Hs. 3552). Von den Kaulen des Rhom-
bemiodekaeders gegen das Centrumzusind Wände stehen geblieben,
während die übrige Substanz weggeführt worden, so dass an der
Stelle der früheren Fläcben sich jetzt Gruben von rhombischem Um-
riss befinden. Auch hier sind es aho die Kanten, welche der Zer-
störung trotzten.
Sollten es nicht vielleicht Diehtigkeitsunterschiede sein, welche
diese Erscheinung hervorrufen? Dem Wesen nach hat man im vor-
liegenden Falle denselben sonderbaren Vorgang, wie bei der Bil-
dung der Perimorphosen. Doch ich will dem Gegenstande näher
kommen.
Man findet nicht selten, dass bei angegriffenen Krystalleu eine
Anwacbsungsschicht um den ganzen Krystall herum /.erstört ist,
während die nächste unversehrt blieb, dass eine der darauf folgen-
den wiederum zerstört ist, die nächste wiederum stehen blieb und
so fort. An einem Barytkrystall von Pfibram (Hs. II. 686), der die
gewöhnliche Combination P und M (Naum.) zeigt, sind viele An-
wachsschiebten., welche den Säulenflächen M parallel liegen, aufge-
löst, während die zwischenliegenden unzerstört blieben. Eine Fluss-
spathstufe aus Derbyshire (Hs. 219) bietet einen ausgezeichneten
Fall. An all den oktaedrischen Krystallen sind die gleichalterigen
Anwacbsungsschichten aufgelöst worden. Eine verhältnissmässig
dicke Schicht leistete Widerstand. So blieben vollständige Oktaeder
als Kerne in einer mehrfachen gleichgestalteten Hülle (Fig. 8). Aber
auch diese Kernoktaeder sind innen hohl (Fig. 9). Soll ich weitere
Beispiele an Calci t, Quarz und anderen Mineralien anführen? Sie
sind bekannt.
Wenn nun bei solchem Vorgange anstatt der zerstörten Sub-
stanz eine andere Mineralsubstanz substituirt wird, so entsteht jene
schalige Bildung, wie sie bei gewissen Granat-Pseudomorphosen, die
354 Tschermak.
aus abwechselnden Schalen von Granat und Calcit bestehen, vor-
kömmt. Volger erwähnt eines solchen Vorkommens vom Lolen im
Magisthai »). mir liegt eine Stufe aus dem Aostathal vor, welche
dasselbe zeigt. Ebenso habe ich eine Stufe von Rezbanya (Hs. 3610)
die bereits Mobs beschrieb 2), vor mir, welche schalig zusammen-
gesetzte veränderte Grossularkrystalle führt. Die letzteren sind von
Tremolith-Pseudomorphosen umgeben, die aus einer steatitähnlichen
Substanz bestehen. Die Granatschalen wechseln mit Schalen der
steatitähnlichen Substanz 3). Die Umstände sind übrigens dieselben
wie im vorigen Falle. Dort ist es Calcit, hier Steatit, welche als
pseudomorphe Substanz auftreten. Bei keiner solchen Schalenbil-
dung fehlen übrigens Sprünge, welche die unveränderten Schalen
durchsetzen und die Communication der verändernden Wässer
vermitteln.
Die Ursache der wechselnden Zersetzbarkeit der verschiede-
nen Anwachsungsschichten liegt wohl nicht fern. Die verschiedenen
Schichten haben oft ungleiche chemische Zusammensetzung, wie
man dies schon oft an der verschiedenen Farbe wahrnimmt
(Beryll, Epidot, Vesuvian etc.). Nicht nur dass die isomorphen
Bestandtheile in ihrem Verhältnisse wechseln, auch die Menge der
nicht zur Substanz gehörigen Beimengungen wechselt in den ver-
schiedenen Schichten oft bedeutend, wie beim Quarz, Flussspath,
Calcit u. s. w. So kommt es, dass die eine Schicht viel leichter
auflöslich, oder vermöge dev Natur ihrer fremdartigen Einschlüsse
viel leichter zerstörbar ist als die vorhergehende und die folgende.
Zuweilen bleibt blos die äusserste, letzte Schichte unzerstört,
während die übrige Substanz verändert oder aufgelöst wird.
Sehr merkwürdig sind in der eben angedeuteten Beziehung
sehr viele der Pseudomorphosen von Malachit nach Kupferlasur.
Viele Krystalle von Chessy sind aussen noch schön blau , im Innern
bestehen sie aus Malachit, die blaue Rinde ist nur sehr dünn. An
einer Stufe aus Sibirien (Hs. II. 976) lässt sich die blaue Rinde
absprengen, es bleibt ein ebenflächiger Malachitkern von der frü-
heren Form zurück. Zuweilen liegen auf den Malachit-Pseudomor-
1) Entwicklungsgeschichte der Talkglimmer-Familie, p. 96 und 581.
2) V. d. NuU's Min.-Cabinet. Bd. I, S. 548, Nr. 1256.
s) Vergl. die Beschreibung derselben von K. Peters. Sitzungsber. der Wiener kais.
Akademie, Bd. XLIV, 8. 126.
Einige Pseiidomorphosen. !>.)>
phosen einzelne blaue Schuppen ohne gegenseitigen Zusammenhang
aber parallel der ursprünglichen Form der Kupferlasur ausgebildet
und es erinnert dies an die Erscheinung bei den zersetzten Ortho-
klaskrystallen von Hirschberg, an denen frischer Albit in paralleler
Stellung haftet, oder an die zersetzten Sahlitkrystalle von Monroe,
Orange Cty. Nordamerika, in unserer Sammlung (Hs. II. 1551), an
denen aussen kleine schwarze Hornblendeprismen in paralleler Stel-
lung angewachsen sind.
Ich komme nun wieder zu dem Gegenstande, von dem ich aus-
gegangen, zum Vesuvian. Wer noch an der pseudomorphen Bildung
der sogenannten Perimorphosen zweifelt, dem möchte ich eine Stufe
von Eger in Norwegen (Hs. 3451) zeigen. Die ziemlich grossen
Vesuvian-Krystalle haben eine vollkommen glatte, spiegelnde Ober-
fläche und zeigen eine verwickelte Flächencombination. Doch nur
die Oberfläche ist frisch, hart, durchsichtig, nur diese ist Vesuvian.
Wo die Krystalle zerbrochen sind, erblickt man im Innern überall
nur zerstörte poröse Zersetzungsreste. Die Oberfläche allein wider-
stand also den zerstörenden Einflüssen.
Die Stufen von Achmatowsk, die ich zum Theil schon be-
schrieben, zeigen mit den noch übrigen (Hs. 3464 e. 3467) in die
Reihe gestellt alle Stadien der fortlaufenden Umwandlung des In-
nern, während die Oberfläche unversehrt bleibt. Der Vorgang ist
immer der , dass zuerst unmittelbar unter der Oberfläche sich
Klinocblor und Calcit ansetzen. Allmählich trennt sich so die äussere
Kinde von dem Innern, welches von dem Umwandlungsprocesse
immer mehr absorbirt wird, die Rinde bleibt.
Wie ist diese Widerstandsfähigkeit der äusseren Rinde zu
erklären? Damit reicht man offenbar nicht aus, dass man die
Dichte, welche im Allgemeinen an der Oberfläche grösser ist als
im Innern, oder eine etwas verschiedene chemische Zusammen-
setzung für sie in Anspruch nimmt, denn es bleiben auch im In-
nern Wände stehen, die der Zerstörung lange Zeil trotzen, offen-
bar in Folge ihrer chemischen Zusammensetzung. Aber zuletzt
müssen auch sie weichen, während die Rinde spiegelglatt und zu-
sammenhängend bleibt!
Offenbar spielt bei der Erhaltung der Oberfläche der umge-
bende Calcit oder im Allgemeinen die umgebende Substanz die
Hauptrolle, denn die ausgezeichneten Perimorphosen finden sich,
)),')() Tscher mak. Einige Psendomorphosen.
nach Allem, was ich bisher gesehen, nur eingewachsen; im entge-
gengesetzten Falle habe ich mich stets überzeugt, d;iss sie durch
Ätzen freigelegt wurden. Der umgebende Calcit schützt beim ersten
Angriff die Oberflache vor der zerstörenden Flüssigkeit und gestattet
derselben nur durch feine Sprünge gegen das Innere vorzudringen.
Sobald die Punkte unter der Oberfläche weggeführt und durch Calcit
ersetzt sind, wird die vom Innern getrennte Oberfläche durch den
Calcit auch auf der Innenseite gegen weitere Angriffe geschützt.
Dass aber die Hülle doch nicht sogleich anfangs von Innen her zer-
stört wird, mag wohl durch den Contaet mit dem umgehenden Calcit
herbeigeführt werden, vielleicht in der Weise, wie bei einem elektro-
chemischen Vorgänge.
Tschermäk. Psendoraorpliosen
Sil'Aiiii».sh (I k .\k,id d W mafli lul.im. CkXJil.V 3ii L.Abtk. s « «-. -
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung: Cyclocotyleen. o57
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung: Cyclocotyleen.
Von dem w. M. Dr. K. M. Die sing.
(Vorgelegt in der Sitzung vom 5. November 1863.)
SECTIO II. CYCLOCOTYLEA.
Entozoa cystica et Cestoidea Rudolphi partim.
Animalia solitaria libera, alba, transparentia vei opaca, longi-
tudine aliquot linearum, pollicum vel pedum, imo praelonga, interdum
ad 40 — 100 pedes increscentia. Corpus elongatum inolle paren-
chymatosum, planum vel depressum, rarius teretiusculum, articula-
tum s. polysomum, articulis successive evolutis, ultimis maturis facile
deciduis. Caput corpore continuum vel collo inarticulato discretum,
acetabulis circularibus4 v.8 oppositis. Bothria nulla, rarissime 4 auxi-
liaria ad Collum sita. Os terminale sessile vel in apice proboscidis sueto-
riae s. myzorhynchi retractilis, inermis velarmati. — Tractus cibarias
proprius nullus, ejusque loco vasa longitudinaliaplerumque4, similibus
transversalibus passim inter se juncta, vascula capillaria vibrantia re-
ticulato-ramosa emittentia; vasa longitudinalia in articulo primitive
ultimo ad marginemposticum in vesiculam pulsatoriam poro excretorio
praeditaminserta. Systemanervorumudhuc iub'mm. Androgyna. Penes
protractiles filiformes et apeiturae genitalium femineae numerosae
postpositae, marginales, rarius laterales. Organa genitalia interna,
mascula : testiculus, vas deferens et burseola penis; feminea: Or-
ganum germinativum et Organum vitelligenum, uterus ramosus,
ramulis coecis, cum vagina. Ovipara, ovulis maturis plerumque
simul cum articulis corporis posticis facile deciduis et cum faecibus
extus delatis. Embryo subglobosus, uncinulis locomotoriis sessilibus
6 instructus. Evolutio directa (?) aut per larvas metageneticas i. e.
per gemmificationem ad blastocystidem, e transformatione embryonis
prodientem, ortas. In Hominis et animalium vertebratorum praepri-
mis Mammalium et Avium, rarius Amphibiorum et Piscium tractu
cibario.
De metagenesi, hucusque solummodo in genere Taenia observata, confer
expositionem ad calcem hujus generis.
Sitzb. d. mathein. -naturvv. Cl. XLIX. Bd. I. Abth. 25
358 Bitsin
Conspectas dispositionis iamüiarnm et genemm adnexis
laryarnm formis. (Contiouatio.)
SECTIO II. CYCLOCOTYLEA.
Caput acetabulis circularibus 4 aut 8 oppositis (aut quatuor
in latere infero sitis?) instructum. — Tractus cibarius proprius
nullus (aut simplex ano stipatus?) — Androgyna (aut sexu
discreta).
TRIBUS I. CYCLOCOTYLEA APROCTA.
Acetabula 4 aut 8 opposita. — Nee tractus cibarius pro-
prius, nee anus. — Androgyna. — Evolutio direeta? vel per meta-
genesin.
I amilia XI. Tetracotylea. Corpus articulatum. Caput
corpore eontinunm vel collo discretum, acetabulis quatuor oppositis.
Bothria nulla, rarissime 4 auxiliaria ad collum sita. Aperturae geni-
talem marginales, rarius laterales. In Hominis et animalium vertebra-
torum praeprimis Mammalium et Avium intestinis. Evolutio direcla (?)
vel p<r metagenesin.
32. Taenia. Corpus articulatum. Caput corpore eontinunm vel collo
discretum, subglobosum vel tetragonum, acetabulis 4 oppositis.
Os terminale in fundo cupulae capiti immersae, vel in apice
prominentiae conicae, aut in apice myzorhynchi protractilis;
tarn cupula, quam prominentia et myzorbynchus inermes
vel armati. Aperturae genitalium marginales, rarius laterales.
In Hominis et animalium vertebratorum praeprimis Mam-
malium et Avium intestinis. Evolutio direeta (?) aut per meta-
genesin.
33. Sciadocephalus. Corpus articulatum. Caput horizontaliter dis-
eiforme, acetabulis quatuor disci centro immersis, in quadran-
gulum dispositis. Os in fundo cupulae inter acetabula pro-
minulae. Collum nullum. Aperturae genitalium marginales
alternae. In Piscium fluviatilium intestinis. Evolutio ignota.
Revision der Cephalocotyleen. Autlieilung1 : Cyclocotyleen. 359
34. Ephedrocephalns. Corpus articulatum. Caput collo crasso
sellaeformi insidens, parvum, tetragomim, acetabulis 4 angu-
laribus. Os terminale. Aperturae genitalium femineae latera-
les. Penes marginales alterni. In Piseium fluviatiliurn inte-
stinis. Evolutio ignota.
35. Ampboteromorphas. Corpus articulatum. Caput coIId subqua-
drato, foveis s. bothriis auxiliariis quatuor instructo, insidens,
parvum, tetragonum, acetabulis quatuor angularibus. Os
terminale. Aperturae genitalium femineae... Penes mar-
ginales vaginati. In Piseium fluviatiliurn intestinis. Evolutio
ignota.
Familia XII. Octocotylea.
36. Peltidocotyle. Corpus articulatum. Caput globoso-inflatum,
acetabulis octo, scutellis quatuor cruciatim capiti adnatis per
paria immersis. Os terminale; Aperturae genitalium. ... In
Piseium fluviatiliurn intestinis. Evolutio ignota.
Larvae Cyclocotyleorum aproctorum.
Familia Tetracotylea.
I. Larva metagenetica solitaria antice in blastocystidis pagina externa.
1. Caput tetragonum v. subglobosum , prominentia terminali
inerrai vel armata, aut cupula terminali, acetabulis quatuor angula-
ribus vel lateralibus oppositis. Collum subeylindricum vel depres-
siuseulum; caput cum collo in blastocystidem retractile. Blastocystis
turgida vel depressa. In Hominis et Mammalium, rarissime Avium
visceribus variis.
Status perfectus: Taenia mediocanell ata sp. 1; T. Sol ium sp. 41;
T. crassicollis sp. 42; T. crassieeps sp. 44; T. serrata sp. 46;
T. marginata sp. 47 ; T. t e n u i e o 1 1 i s sp. 5 1 .
II. Larvae nietageneticae numerosae ad paginam blastocystidis exter-
nam aut internam irregulariter dispositae.
«. Larvae numerosae ad paginam externam blastocystidis.
2. Capat tetragonum, prominentia terminali armata, acetabulis
quatuor angularibus. Collum depressiusculum; caput cum collo
in blastocystidem retractile. Blastocystis subglobosa. In Mammalium
cerebro, rarius in organis aliis.
Status perfectus: Taenia Coenurus sp. 48.
25*
360 D i esi ng.
ß. Larvae numerosae ad paginam internam blastocystidis.
3. Caput variabile, prominentia armata, acetabulis quatuor cru-
ciatim oppositis. Collum obovatum variabile. Blastocystis subglobosa.
In Hominis et Mammalium visceribns variis.
Status perfectus : Taenia Echinococcus sp. 49.
De larvis metageneticis, quarum Status perfectus hactenus ignotus est,
confer expositioneru ad finem Taeniarum.
TRIBUS II. CYCLOCOTYLEA PROCTUCHA.
Acetabula quatuor in capitis latere infero sita. Tiactus cibarius
simplex hinc ore illinc ano terminatus. Sexus discretus.
Familia XIII. Hypoeotylea* Forma typica hucusque
ignota.
TRIBUS I. CYCLOCOTYLEA APROCTA.
Acetabula 4 aut 8 opposita. — Nee tractus cibarius proprius,
nee anus. — Androgyna.
Familia XI. Tetracotylea. Dies. Corpus articulatum.
Caput corpore continuum vel collo discretum, acetabulis quatuor
per paria vel singillatim oppositis. Bothria nulla, rarissime 4 auxi-
liaria ad collum sita. Aperturae genitalium marginales, rarius late-
rales. In Hominis et animalium vertebratorum, praeprimis Mammalium
et Avium intestinis. Evolutio directa(?) vel per metagenosin.
XXXII. TAENIA i) LINNE.
Vesicaria Pallas. — Alyselminthus et Halysis Zeder. — Fimbriaria Frölieh. —
Rhytelminthus Olfers. — Anoplocephaia Blanchard. — Hymenolepis, Proteo-
cephalus, Taeniarhynchus, Echinococcifer Weinland.
Corpus plano-depressum, taeniaeforme, rarissime teretius-
culum, transverse plicatum vel articulatum. Caput corpore conti-
nuum vel collo discretum, subglobosum vel tetragonum, acetabulis
quatuor per paria vel singillatim oppositis. Os terminale in fundo
i) Dispositio specierum generis Taeniae hujus loci non ab illarum similitudiae reci-
proca sed ab affinitate animalium in quibus oecurrunt petita est; hoc modo conspec-
tus praesentiae Taeniarum in diversis Vertebratorum classibus et simul varii modi
evolutionis horum vermiuin obtinetur.
Species, in quibus myzorhynchus est retraetus, vel quarum eoronula uncinulis
fugaeibus jam denudata est, vel quae articulis carent perfecte evolutis, exti icatu
difficillima.
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung: Cyclocotyleen. » j O 1
cupulae vel in apice prominentiae conicae inermis vel armatae aut
in apice proboscidis suctoriae s. myzorhynchi protractilis inermis
vel armati »)• Aperturae genitalium marginales secundae, alternae
aut oppositae, rarissime laterales. — In Hominis et animalium verte-
bratorum praeprimis Mammalium et Avium tractu intestinalis rarissime
in vesica (ellea. — Evohäio diieeta(?) aul per metagenesin 2).
Status larvae metageneticae: Blastocystis utricularis vel subglobosa,
liquore limpido turgida, rarius compressa, vel larvam unicam vel plures in
pagina sua externa vel larvas numerosas in pagina sua interna producit.
Caput larvarum subglobosum vel tetragonum, acetabulis quatuor oppositis et
cupula vel prominentia conica terminali instructum simulque uncinulorum
coronula duplici, rarius simplici vel triplici cincta vel nulla est exornatum.
Collum breve in larvis, ad paginam externam blastocystidis exortis, cum capite in
eam retraetile. — In Hominis3), Mammalium et quidem praeprimis Ruminan-
tium, Pacbydermatum (Suum), rarius Simiarum, Carnivororum, Insectivororum
vel Rodentium organis variis, excepto tractu cibario; rarissime in Avium cavo
abdominis.
Conspectus formarum principalium larvarum per metagenesin ortarum.
Blastocystis, ex (ransformatione embryonis orta, extus aut intus gemmi-
para.
I. Blastocystis extus gemniipara (ectoblastocystis) in superficie sua lar-
vam solummodo unam vel numerosas producit.
a. Blastocystis larvam solummodo unam producit (ectoblastocystis
monocampa. Cysticercus, Acantbothrias et Piestocystis Aue-
tor u m).
*) Proboscis suetoria s. myzorbynebus Cephaloeotyleorum Organum identicum est cum
proboseide Acauthocephalorum.
2J De ovulorum testa dura Taeniarum metagenesi subjeetarum confer Weinland: in
Nov. Act. Nat. Cur. XXVill. 1861.
s) Larvae Cyclocotyleorum, metagenesi ortae, in corpore humano nonnisi casu in-
opinato oecurrunt, nee ulteriorem nietamorphosim subeunt. Nam quodsi Taeniae
Solium ovula vel eoruin einbryoues prorepti quodain casu in intestina hominis
delati fuerint, eorum parietes raox aggrediuntur ac his perforatis, in alia Organa
ejusdem individui inimigrant. Larvae ex his embryonibus enatae tune solmn per-
feetam evoliitionem atüngerent, quodsi earo humam larvis iufestata ventriculum
et intestina hominis ingrediretur , quod apud anthropophagos solum contiugere
facile iutelliges. Idem |>artim valet de Taeniae Echinococci larvis, haud
raro ac magno saepe numero in corpore humano oecurrentibus , quum larvae
suminum evolutionis suae fastigium tunc solum nansiseerentur , dummodo caais
cadavere hominis Echinococcis exeruciati paseeretur : quo in casu et quidei
rarissimo, ulterior earum evolutio in animal perfectuiu in intestinis canis pro
grediretur.
ein
362 Diesing.
1. Blastocystis e transformatione embryonis orta, liquore repleta, trans-
parens, subglobosa, ovalis, transverse elliptica vel subcylindrica. Caput larvae
terminale quadrangulare , acetabulis quatuor angularibus, antice in conulum
brevem, (rostellum A uctor.) elevatum, uneinulorum eorona duplici, rarissime
triplici einetum. Os in apice conuli capitis; eaput cum collo in blastoeystidem
retraetile.
Evolutio larvae: Blasfocystidis pars antiea intussuscipitur et ad fun-
dum intussusceptionis ex gemma oritur larva, demum eversa.
Alius modus propagationis interdum occurrens est: per cystides seeun-
darias (deuterocystides, paidoeystides, Tochterblasen) prolificatione ad pstginam
externam vel inlernam partis posterioris vesieae matricis (protocystldis, metro-
cystidis, Mutterblase) ortas cum vel sine larvis.
In Hominis, animalium ruminantium et Pachydermatum, rarius Simiaruin ,
Carnivororum, Insectivororum vel Rodentium organis variis, praesertim hepate,
peritoneo, pleura, mesenterio, in cerebro, in corde, inter musculos, erratice in
camera anteriore oculi, sub conjunctiva, nee non in vesica urinaria, libere vel
folliculo inclusa. (Cysticercus et Acanthotrias).
2. Blastocystis e transformatione embryonis orta, liquore repleta, trans-
parens, primum subglobosa dein oblonga. Caput larvae terminale subglobosum
acetabulis quatuor et cupula aeetabuliformi terminali, echinorum deeiduorum
coronula simplici cineta; caput cum collo in blastoeystidem retraetile. —
Vasa longitudinalia quatuor antice in annulum vascularem cupulam cingentem
inserta.
Evolutio larvae simili modo quam in praecedentibus.
Inter musculos praesertim thoracis et colli Vitulorum , cum artieulis
Taeniae medioeanellatae , ovula matura includentibus, pastorum. (Cysticercus
Taeniae medioeanellatae.)
3. Blastocystis depressa oblonga, utplurimum transverse rugosa, trans-
parens, marginibus integris, crenulatis vel crispatis. Caput larvae terminale
subtetragonum, acetabulis quatuor angularibus vel lateralibus oppositis, conulo
uneinulorum Corona simplici cineto vel, nee conulo, nee uneinulorum eorona
instruetum; caput cum collo brevi in blastoeystidem retraetile.
Evolutionis larvae modus ignotus.
Multiplieatio interdum fit per prolificalionem in pagina externa partis
posticae blastocystidis obtinentem.
In Quadrumanum, Bodentium et Carnivororum cavo pectoris et abdomi-
nis, rarius in Avium cavo abdominis et ad pulmone«, libere v. folliculo inclusae.
(Piestocystis.)
,3. Blastocystis larvas numerosas producit (ectoblastocystis pol y-
campa. Coenurus Auctorum).
4. Blastocystis e transformatione embryonis orla, liquore repleta,
Iransparens, subglobosa, pagina sua externa larvas numerosas per gemmifica-
tionem producens. Caput larvarum tetragonum acetabulis qua/uor angularibus,
Revision der Cephalocotyleen. AKtheiluiig: Cyclocotyleen. 363
antice in conulum brevem (rostellum Auetor.) elevatum, uncinulorum Corona
duplici oinclum. Os in apice conuli capitis; capita cum collis in blastocystidem
retractilia.
Evolutio larvae: ßlastocystidis pagina externa plurimis locis intussus-
cipitur et ad fundum cujuslibet intussusceptionis ex gemma oritur larva, demum
eversa.
Multiplicatio blastocystidis interdum fit per partitionem spontaneam
ope stricturae.
Num larvae interdum sponte deciduae in blastocystidem secundariam,
num in locum opportunum delatae , in animalcula perfecta excrescant, obser-
vationibus directis bucusque deficientibus, adhuc incertum.
Blastocystis plerumque solitaria occurit in Mammalium, praesertim Rumi-
nantium, ventriculis cerebri, rarissime et tunc solummodo erratice in spina dorsali,
folliculo membranaceo inclusa, serius quandoque libera.
II. Blastocystis intus gemmipara ad paginam suam internam larvas
numerosas producit (endoblastocystis polycampa). (Echinococcus Auetor.)
5. Vesica liquore limpido repleta, intus gemmipara. Vesica duplicis
originis; vesica primaria (jprotoeystis, s. metroeystis, Mutterblase Bremser),
ex transformatione embryonis direeta, vesica secundaria {deuteroeystis s.
paidoeystis, Tochterblase Bremser), minime ex transformatione embryonis
sed alio modo oritur.
Caput larvarum subglobosum acetabulis quatuor instruetum, antice
in conulum brevem (rostellum Aucto r.) elevatum uncinulorum Corona duplici
est cincium. Os in apice conuli capitis.
Evolutio ex protoeystide duobus stadiis absolvilur.
In stadio primo s. Mio ante evolutionem larvarum (Acephalocystidibus
Laennec) vesica, diametri VW" usque ad magnitudinem cerasi aueta,
cuticulam stratis eoncentricis contextam offert, cujus pagina interna mem-
brana germinativa granulosa ac reticulo denso massae homogeneae instrueta
vestitur, liquorem limpidum in cavo suo centrali recludit. Versus finem
hujus stadii pagina interna membranae germinativae ciliis vibrantibus acute
conicis basique inflatis est obsessa et in cystidibus, magnitudinem cerasi
attingentibus, corpüscula calcarea in pagina interna membranae germinativae
oceurrunt.
In stadio seeundo s. evolutionis larvarum (Echinococcis scolieiparienti-
bus Küchenmeister) vesica magnitudinem nueis avellanae majoris vel nucis
juglandis minoris utplurimum est naeta. Granula membranae germinativae
variis locis accumulata prominentias sensim elongatas subclavatas breve pedicel-
latas, extus ciliis vibrantibus obsessas, produeunt. Haec prominentiae ulterius
memhrana interna indutae ac liquore repletae capsulas germinativas, (Brutkapseln
Leuckart, Nestblasen E schriebt) formant. Ad paginam internam (teste
Naunyn), externam (fideHuxley et Leuckart), sensim evolvitur gemma
clavaeformis vel pyriibrmis breve post in larvam transformata, quae tunc
extremitate sua libera collaii annuliformi cineta et, retro collare, echinis de-
eiduis in series plures transversales dispositis armata cernitur. Echini serierum
364 D i e s i n ff.
duarum anteriorum demum in uncinulos coronae duplicis trän s forma ntur. Unci-
nuli capitis 32—50. Acetabula primum plana demum concava, limbo callosö.
Larva dein non immediate, sed ope styli brevis, capsulae germinativae insidet.
Viisa duo styl um cavum pereurrentia , extremitate anteriore in larvam con-
tinuantur, ubi singula in Fantos duos divisa, vasis capillaribus intus ciliis
vibrantibus instructis juncta, pone coronam uncinulorum annulum vascu-
larem efl'ormant, extremitate vero sua postica paginam externam capsulae
germinativae , imo mediante stylo paginam internam vesicae matricis
petunt. Corpuscula calcarea magis magisque copiosiora adparent. Larvae
juveniles intus cavae interdum evertuntur, quo fit quod pagina interna
nunc exterior redditur, et tunc extremitate libera in cavum vesicae matricis
prominent. In larvis magis provectis nonnunquam intussuscipitur pars an-
terior in partem posteriorem inflatam, tunc supra anteriorem retractam
clausam.
In Capsula germinativa primum gemma unica, bac provectiore, tunc
secunda, demum tertia et sensim plures in vario evolutionis gradu versantes
prostant.
Alius modus propagalionis est deuterocystidibus s. bydatidibus illis,
quae magno saepe numero haud raro in liquore protocystidum, pomi magni-
tudinem attingentium, occurunt ac protocystidibus juvenilibus simillimae sunt.
Deuterocystidum ortus triplex:
Evolutio ex larvis: In protocystidibus larvae vel libere in liquore vesicae
natantes vel in Capsula germinativa inclusae interdum forma mutantur ac per
metamorphosin retrogradam in hydatides secundarias transformantur.
Evolutio deuterocystidem e capsulis germinativis: Membrana hyalina
cavuin centrale capsulae germinativae vestiens in cuticulam, stratis concentricis
contextam, transformatur et larvae intra capsulam jam formatae resolvuntur.
Hydatis secundaria ita formata a membrana germinativa mox separatur. —
Interdum cavum centrale capsulae germinativae strictura in cava duo sepa-
ratur et nunc in cavo uno , nunc in ambobus hydatis secundaria formatur;
non raro in hydatidibus secundariis, Capsula germinativa adliuc inclusis,
larvae cuticula munitae occurrunt , ex quibus probabiliter hydatides tertiariae
prodire videntur.
Evolutio deuterocystidum directa e protocystidis membranae germina-
tivae pagina externa: Hydatides secundariae inter cuticulae strata occu<runt,
(secundum cl. Naunyn) nee in cuticula ipsa (quod cel. viri Kühn,
Lövinson et Leuckart opinati sunt), sed in diverticulis membranae ger-
minativae protocystidis in cuticulam protractis, vel inter plicas conglutinalas
protoeystidum collapsarum enaseuntur. Hydatides illae, demum magnitudinem
pisi haetae, strata relaxata cuticulae protocystidis rumpunt ac hac via nunc
in ejus superficiem externam (fide Leuckart) perveniunt vel ejus cavum
intrant.
Ortum hydatidum tertiariarum ex intussuseeptione et constrictione pa-
rietis hydatidum seeundariarum obsei'vasse cl. Eschricht affirmat.
Revision der Cephaloootyleen. Abtheilung ': Cyclocotyleen. 365
Denegat el. Naunyn, larvas e deuteroeystidibus orlas forma ac un-
cinuloi'um numero differe ab Ulis, e protoeystidibus orlis, quod cl. Küchen-
me ister contendebat.
Endoblastocystides polycampae in Hominis , Siniiarum , Ruminantium,
rarius Pachydormatum visceribus variis , praesertim hepate ef pulmonibus,
vel erratice in cerebri ventriculo, inter retinam et choroideam , obviae,
plerumque numero plure-s in folliculis membranaceis inclusae occurrunt,
rarius liberae.
Taeniarum larvae cum blastocystide in aliorum auimalium praesertim
carnivororum tractum cibarium cum alimentis translatae, dissoluta blastocystide
in animalia perfecta evolvuntur.
Larvae generis memorati praesertim animalia herbivora domestica, nee
non raro animalia tarn berbivora quam Carnivora theriotrophiis inclusa infe-
stant. Constat ex observationibus cl. Joh. Natterer, indefessi Helminthum
collectoris ac peregrinatoris in Brasilia, qui spatio 18 lere annorum, quo
degebat, animalium sane millena in hanc finem examinavit, numerum Taenia-
rum jam perfecte evolutarum ibidem longe multo esse majorem quam lar-
varum, quas nonnisi sub Cysticercorum forma, attamen rarissimas, oecurrentes
vidit.
Conspectus dispositionis specierum huc speetantium.
SUBGENUS I. ARHYNCHOTAENIA. Myzorhynchus nullus. Os nunc
in fuiido cupulae capiti immersae vel proininulae, inermis vel
annatae, nunc in apice proininenliae capitis inermis vel armatae
eollocatum.
a. Osin fundo cupulae inermis vel armatae.
* Cupula inermis sp. 1 — 37.
** Cupula armata sp. 38 — 39.
ß. Os in apice prominentiae capitis inermis vel armatae.
* Prominentia capitis inermis sp. 40.
** Prominentia capitis armata sp. 41 — 57.
Sl'BGENUS II. RHYNCHOTAENIA. Os in apice myzorhynohi pro-
traclilis inermis vel armati.
a. Os in apice myzorbynchi inermis sp. 58 — 71.
ß. Os in apice myzorbynchi armati sp. 72 — 124.
Species inquirendae 1 — 9.
366 D i e s in £.
SUBGENUS I. ARHYNCHOTAENiA. Os nunc in fuiido cupulae
capiti antice immersae vel prominulae, inermis vel armatae,
nunc in apice prominenliae capitis conicae inermis vel
armatae.
a. Os in fundo cupulae capiti antice immersae vel prominulae, inermis vel
armatae — Hominis, Mammalium , rarius Avium et Piscium, rarissime
Amphibiorum endoparasita. — Evolutio metagenetica solummodo in Homine
cognita.
* Cupula inermis.
1. Taenia mediocaoellata KÜCHENMEISTER.
Caput magnum cupula terminali >), acetabulis anticis magnis
plerumque nigrescenfibus. Collum subnullum. Articuli anteriores
exquisite emarginati, triplo latiores quam longi, posteriores usque
ad triplum vel quadruplum longiores quam lat». Aperturae genita-
lium magnae, tumidulae, marginales, irregulariter alternantes, in
posteriore articuli parte. Penes laeves, falciformes. Longit. ad 12',
longit. articul. primorum l/2'", subsequentium4i/3 — 7'", posteriorum
1 — li/V'; latit. articul. prim. i1/^", subsequentium 5 — S1/^",
poster. 3— 4"'.
Uterus: canalis rectus crassus in medio articulorum, ramis lateralibus
20 — 35, indivisis vel diehotomis. Nomen a forma uteri a cl. auctore depromptum.
— Ovula ovalia, lesta dura.
Bruce: Voyage enNubie, enAbyssinie pendant les annees 1768 — 1773 trad.
d. l'angl. Paris 1791 IX. 117 (Taeniarum ortus copiosus e carne
cruda vulgo consumta).
Taenia dentata Nicolai? in Amnions N. Zeilschr. f. Natur- u. Heilk. I. 464.
Taenia solium Bremser: Lebende Würmer 97 — 198 partim Tab. III.
(solummodo Fig. 13 et 14). — Knox: in Froriep's Notizen 1822,
122. (De Taeniarum apparitione frequentissima in Cafraria e carne
bovium exhaustorum comesla.) — Aubert: Menioires sur les substances
anthelminthiques usilees enAbyssinie in Mein, de l'Acad. Roy. de Med.
IX., (1841) 698 (de frequentia Taeniarum ex abusu carnis crudae
comestae). — Wawruch : in Jahrb. d. österr. Staates 1841, 142 exe.
inWiegm. Arch. 363 (generalia) — et ej. Prakt. Monogr. d. Bandwurm-
krankh. 1844, 34 (Taenias solummodo inermes observavit). — Bocket
i) De cupula terminali Taeiiiae mediocanellatae adurtae confer Lcuckatt: Meuschl.
Parasit. I. 411.
Revision der Cephalocof yleen. Abtheilnng; Cyclocotyleen. OO T
d'Hericourt: Second voyage sur les deux rives de la mcr rouge 1846.
— Ferret et Galinier : Voyage en Abyssinie 1847. il, 109. — Weisse:
in Journ. f. Kinderkrankh. XVI. 1851, 384 (de praesentia Taeniarum
in infantibus cum earne bovina cruda nutriti«, Petropoli; observationes
similes et*am in Germania el. Harnier, Schmidt et Leuckart fecerunt.
Leuck. Menschl. Parasit I. 293). — Seeger : Die ßandw. des Menschen
1852. 15. Tab. I. (solummodo (ig. 5 et 7). — Anderson et Gordon,
inMedic. Times and Gaz. 1857, N. 357; Mat. et Pharmaceutical Journ.
andTransact.1858.XVH.409. — Leuckart in TroscheTs Arch. 1858.
II. 127 (Praesentia Taeniae in militibus Indiae orientalis ex observa-
tionibus cl. virorum Anderson et Gordon a victu animali dependet).
— Barclay: in Medic. Times 1859. March. 26; extr. Leuckart: in
Trosch. Arch. 1860, II. 139 (de nexu inter Taeniae praesentiam et
nutritionem cum earne cruda vel semieruda versante). — Karschin :
in Petersb. med. Ztg. 1861. 366 (de praesentia frequentissima Tae-
Diarum apud Buraetos earne cruda Boum, Ovium, Camelorum et Equo-
rum nutritos. — Daeaine Traife des Entozoaires XXX et 9t — 92
(notitiae de origine Taeniarum in infantibus cum earne bovina cruda
nutritis).
Ndak-- Tutschek: Medic. Zustände in Tumale 15.
n
Dothriocephalus fropicus Schmidimüller : in Hannoversche Annal. Jahrg.
VII. 1847. Heft 5 et 6, 602.
Taenia lata Pruner: Krankheiten des Orientes 1847, 245. — Tutschek:
in Ausland 1853. N. 2.
Taenia humana inermis Brera(?J Lezioni 12. Tab. I, 4, 5, 7, 9, 12 — 15
(ic. Bonn); ej. Mem. 81. Tab. I, 15 et 16. — Knock: in Mem. Acad.
St. Petersb. 7 ser. V. 1862, 131.
Taenia mediocanellata Küchenmeister: in Deutsche Klinik 1852. 9. — Idem
in Prager Vierleljahrschr. et ej. Cestoden 1853 107 — 120 et 126.
Tab. I. 5, 12, 13; Tab. II, 3- 6; Tab. III, 1—3, 5-6. (Vermis et ejus
partes). — Idem Parasit. I, 88-93. — Beneden in Bullet. Acad. Bel-
gique 1856; Institut 1856. 229. — Leuckart: Blasenbandw. 1856,
65—66. — Bilharz: in Zeitschr. Gesellsch. Ärzte Wien 1858, I, 28
(de Taenia inermi Aelhiopum et Abyssiniorum). — Weinland: Essay
on theTapeworms 40 c. fig. — Idem in Correspondenzbl. d. wüiitemb.
ärztl. Vereines XXIX. 1859, 31 et in Trosch. Arch. 1859 II. 177 et
1860. II. 140. — Gervais et Beneden: Zool. medic. II, 242 - 243. —
Davaine : Traite des Entoz. 1860. XXX. c. fig. — Beneden: Iconogr.
des Helminthes 1860. Tab. II. 1 — 6. — Mosler: Helminthologische
Studien und Beobachtungen 1864, 1 — 22 (de differentiis speeificis
inter T. mediocanellatam et T. solium).
Taenia Laverlachere : in Annal. de la propagat. de la foi 1852, Jan.
368 D i e s i n g.
Taenia (Cystotaenia) mediocanellata M. Leuckart: in Nachrichten v. d.
G. A. Univers. u. k. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen 1862. 15.
— Idem: Mensehl. Parasit. I. 224 et 285—306 c. fig. xylogr. et 748
(de Taeniis apud Buraetos) 749.
Taenia solium var. mediocanellata Diesingi in Sitzungsb. d. k. Akad. XIII.
1854. 614.
?Taenia vom Cap der guten Hoffnung Küchenmeister: Parasiten I. 93. —
Weinland: in Trosch. Arch. 1859, I. 278 (num varietas vel mon-
strositas Taeniae solium vel T. mediocanellatae?).
Taeniarhynchus mediocanellatus Weinland: in Nov. Act. Nat. Cur. XXVIII.
1861. 18 (de ovulorum testa dura et de differentia a Taenia
solium.
Statu larvae: Caput subglobosum, acetabulis quatuor et
cupula acetabuliformi terminali (rostello Leuck.), limbo coro-
nula echinorum deciduorum simplici cincta. Collum transverse
nigosum. Blastocystis primum subglobosa, dein oblonga. Longit.
capitis cum collo ultra 1 i/a — 2"', longit. blastocyst. l'/3 — 4'";
latit. i/3'".
Vasa longitudinalia quatuor larvae antice in annulum vascularem
inserta.
Cysticercus Taeniae mediocanellatae Üavaine: in Compt. rend. L. (1860),
367 (Cl. Küchenmeister conjectura de larva in sue). — Huber: in
Bericht des naturhist. Vereines in Augsburg 1860. 27 (opinio de
praesentia Cysticerci. Taeniae mediocanellatae in Bove Tauro). —
Leuckart: in Trosch. Arch. 1861. II. 279 (de Cysticerco Taeniae
mediocanellatae e musculis et visceribus vitulorum). — R. Leuckart:
Mensehl. Parasiten I. 291 — 297, 406 — 414 (de evolutione), 747
(novum experimentum), et 748 (de opinione circa larvam a. cl.
Küchenmeister exposita. — Mosler I. s. c. 1 — 22, Tab. I, II (de larvis
Iranslatione ovulorum cum articulis Taeniae mediocanellatae Hominis
in vitulo ortis).
H a b i t a c u I u m. Statu perf'ecto : Homo : in A ustria (B r e m s e r
et Wawruch), in Hollandia, Saxonia, Würtembergia et ad littora
maris baltici et gennanici (Kücb en meist er), in Dania (Krabbe),
Francoforti ad Moenum (Schmidt), Petropoli: in infantibus cum
carne bovina cruda nutritis (Weisse), in Belgia (Beneden), in
Francogallia et Syria (Davaine), in Buraetis ad laeiun Baikal
habitantibus, Irkutzkiae (Karscbin), in India orientali (Ander-
son et Gor don), in Batavia in Aethiopis (Scbmidtmüller),
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung-: Cycloeotyleen. 369
per totam Abyssiniam« abunde sed solummodo in Hominibus carne
cruda nutritis, nun quam in illis carnem crudam respuentibus(B ruc e,
Ro eher d'Hericourt, Ferret et Galin ier et pl. alii), in Africa
centrali apud Tu malus, quibus Ndak-f, audit teste Djalo
Djodan Are apud Tutschek, in montibus Syriae prope Aleppo,
in montibus Assir in Arabia, in Ahyssinia et in regionibus a stirpe
Aethiopica inhabitatis. frequens, numquam in Egypto (Pruuer),
in Cafraria (Knox), ad Promontorium bonae spei in Hottentotto
(Rose), in Africa australi (teste Leuckart), in America boreali
ad littoria lacus Abbi apud aborigines frequentissime (Laver-
löchere) etiam in mulatto (Weinland).
Statu larvae: Bos Taurus: inter musculos, in corde, cerebro,
capsulis renalibus et ad vasa Iymphatica vitulorum cum articulis
Taeniae mediocanellatae, ovula rnatura includentibus, pastorum
(Leuckart), inter vituli musculos corporis, diaphragmatis, cordis,
linguae et peritonei (Mosler).
Metatnorphosis embryonis in blastoeystidem larvigeram intra spatium
trium mensium absolvitur (teste Leuckart: Parasit. I. 410); tempus evolutionis
larvae in animal perfectum bueusque ignotum.
Var. abietina WEINLAND.
Taenia solium var. abietina Weinland'. Essay on tapeworms of man 43. —
Idem: in Trosch. Arch. 1859. I. 28 (sine descript.) — Idem in Nov.
Act. Nat. Cur. XXV11I. 1861. 5 et 12—14. Tab. V. 18—20.
Taenia inediocanellata Leuckart: Menscht. Parasit. 1. 289 c. Rg. xylogr.
Habitaculum. Homo: in Indico (Chippeive) lacus supe-
rioris (Agassiz).
Fragmentum aeephaium aliquot pedum.
Num varietas, num species propria?
Taenia tenella PRUNER nee PALLAS.
Apertur ae genitalium seeundae. Longit. 6'; latit. articul. ulti-
morum 3 — 3ya"'.
Taenia tenella Pruner: Krankh. des Orients 1847, 24S (in nota).
Habitaculum. Simul cum Taenia lata (T. inediocanellata).
370 Di e s i n g.
2. (15) Taenia megastoma *) DIESING: Syst. Helm. I. 503 adde:
Idem: in Denkschr. d. k. Ak. XII. 33. Tab. V. 16—20.
Habi taculum. In Simiarum Brasiliensium intestinis.
3. Taenia melanocephala BENEDEN.
Caput cum acetabulis nigrescens. Articuli primi collo multo
latiores. Longit. 4y3".
Taenia melanocephala Beneden: Mem. Vers intest. 162.
Habitaculum. Simia Maimon : in intestinis, speeimen unum
(Beneden).
4. (11) Taenia litterata BATSCH — DIESING. Syst. Helm. I. 501
adde:
Molin: in Sitzb. k. Ak. XXX. (1858), 138 et in Denkschr. XIX. 250. —
Leuekart: Blasenbandw. 66 Anmkg. (de absentia prominentiae conicae
capitis). — Idem: in Trosch. Arch. 1859. II. 177.
Habitaculo adde: Canis Vulpes : in intestino tenui, Martio,
Patavii (Mol in).
5. Taenia ©ligarthra DIESING.
Caput tetragonum, cupula terminali limbo circulari, acetabulis
lateralibus in dimidia postica capitis parte. Collum capite brevius.
Articuli corporis 3 — 4, ultimus ellipticus, tota longitudine ovulis
farctus. Apertura nna genitalis marginalis in anteriore articuli
ultimi parte, altera .... Longit. total. 3/4 — i1/»'" Iatit. artic.
Ultimi i/3'".
Taeniae crassicollis juvencula Diesing: Syst. Helm. I. 519 (in nota ad
calcem habitaculi).
Taeniolae Felis concoloris Leuekart: Blasenbandw. 56.
Habitaculum. Felis concolor: in initio intestini tenuis, simul
cum Taenia crassicolli copiose, Junio in Brasilia (Natterer).
Species haec numero exiguo articulorum (3 — 4) quam maxime ad
Taeniam Echinococcum Canis familiaris et T. proylottinam Phasiani Galli
accedit.
1) Id quod pridem os limbo amplo calloso nominavi, est oris vestibulum, seu cupula
nonnullorum auetorum, capiti antice immersa ; cesticillus Molin.
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung: Cyclocotyleen. 371
6. (16) Taenia angostata RUDOLPH! — DIES1NG. Syst. Helm. I.
503 adde:
Apertur ae genitalium laterales.
Taenia angustata R. — Wedl: in Sitzb. d. kais. Akad. XVIII. (1855), 23.
Tab. III. 42, 43.
Habitaculum. Meles Taxus: in intestinis, autumno
(Bremser).
7. (8) Taenia omphalodes HERMANN— DIES1NG: Syst. Helm. I.
500 adde:
Aperturae genitalium vage alternae (S t i e d a).
Taenia omphalodes Stieda: in Troseh. Arch. 1862. I. 200. Tab. VIII.
1 — 4 (de org. genital, et illorum evolut.
Habitaculum. In Lemmorum intestinis — Lemmus arvalis:
in intestino tenui Dorpati (Stieda).
8. Taenia nmbonata MOLIN.
Caput subglobosum, cupula obsoleta, acetabulis circularibus
cruciatim oppositis. Collum longuin angustatum. Corpus retrorsum
dilatatum, articulis supremis quadratis, posterioribus oblongis, im-
bricato-perfoliatis, ultimis bacillaribus. Aperturae genitalium mar-
ginales vage alternae. Longit. fere 3y8" latit. '/V".
Taenia umbonata Molin: in Sitzb. d. k. Ak. XXX. (1858), 138. — Idem:
in Denkschr. XIX. 250. Tab. VI. 8, 9.
Habitaculum. Mus Musculus : in intestino tenui, Novembri
Patavii (Mol in).
9. (13) Taenia pnsilla GOEZE - DIESJNG: Syst. Helm. I. 502
adde:
Leidy. in Proceed. Acad. Philad. VII. (1853), 443 et VIII. (1856), 46. —
Spencer Cobbold: in Proceed. Zool. Soc. London 1861, 119.
Taenia pusilla Goeze? Stieda: in Troseh. Arch. 1862. I. 205.
Habitaculum. Mus decumanus: haud infrequenter in Penn-
sylvania (Leidy). — M.Rattus: speeimen ultra 20" longum, Janua-
rio, Londini (Cobbold). — Lemmus arvalis: in intestino t^nui,
Dorpati (Stieda).
372 Diesing.
10. (3) Taenia pectinata GOEZE— DIES.: Syst. Helm. I. 498 adde:
Bellingham: in Ann. nat. hist. XIV. 318. — Diesing: in Sitzb. d. k. Akad.
XIII. 18S4, 602. — Leidy: in Proceed. Acad. Philad. VII. (1855), 443
et VIII. (1856) 46.
Anoploeephala peetinata Rlanchard: in Annales des sc. nat. 3. ser. X. 346.
Tab. XI. 6 (juv.) de pull.
Habitaculo adde: Lepus Cuniculus ferus : in intestinis
tenuibus, in Hibernia (Bei lingham) , Parisiis (Blanchard). —
Lepus sylvaticus: in intestino tenui, fragmenta octo in America
septentrionali (Schafhirt).
11. Taenia laticephala LEIDY.
Caput magnum antice vix prominulum, acetabulis oppositis,
prominentibus magnis hemisphaericis. Collum breve. Articuli ante-
riores breves parallelepipedi , posteriores subquadrati. Apertur ae
genitalium marginales alternae. Penes elongato-conici. Longit. 7",
latit. max. s/4'", latit. capit. »/,'", colli */4"\
Taenia laticephala Leidy: in Praceed. Acad. Philad. VII. (1855), 443 et
VIII. 1856. 46.
Habitaculum. Hystrix dorsata: in intestinis tenuibus, in
America seplentrionali (Leidy).
12. Taenia tetragonocephala BREMSER.
Diesing: in Denkschr. d. k. Ak. XII. 34. Tab. VI. 1—5.
Habitaculum. Myrmecophaga bivittata : Junio et August o. —
M' jubata: Februario, Martio, Aprili et Octobri: in intestinis tenui-
bus, in Brasilia (Natter er).
13. Taenia globiceps DIESING :
In Denkschr. d. k. Akad. d. Wissensch. XII. 35. Tab. VI. 10—14.
Habitaculum. Tapirus americanus : in intestinis tenuibus,
Aprili et Augusto: in Brasilia (Natter er).
14. Taenia decrescens DIESING :
In Denkschr. d. k. Akad. XII. 34. Tab. 6—9.
Habitaculum. Dicotyles albirostris: Julio. — D. torquatus:
Augu9to : in intestinis tenuibus, in Brasilia (Natter er).
Revision der Cephaloeotyleen. Abtheimng-: Cycloeotyleen. 373
15. (6) Taenia perfoliata GOEZE. — DIES. Syst. Helm. I, 499
adde:
Cl. Blatichard individua juvenilia organis genitalibus nondum evolutis
observavit. — Embryo antrorsura uncinulis sex armatus, retrorsum angustatus.
postice furcatus Wedl.
Anoplocophiila porfoliata Blanchard: in Regne anim. nouv. edit. Zoopb.
Tab. XXXIX. 2 et: in Annal. des sc. nat. 3. ser. X. 345 (de syst. nerv.
et de pullis).
Taenia perfoliata Goeze — Dies. : in Sitzb. d. k. Ak. XIII. 602. — Wedl:
ibid. XVI. (18515), 398. et 407. Tab. lb 5 (de ovulis et de embryone).
Habitaculum: Equi Caballi intestina.
Capite suo quadrilobo cum Taenia gigantea Peters (sp. 40, e Rhino-
ceronte) typum forfasse generis proprii, jam a cl. BI anch ard nomine Ano-
plocephali salutati, format.
16. (10) Taenia fiuibriata DIESING: Syst. Helm. I. 501 adde:
Idem: in Denkschr. d. k. Ak. XII. 32. Tab. V. 9—15.
Habitaculum: Cervorum brasiliensium intestina.
17. (1) Taenia expansa RUDOLPHI. — Dies. Syst. Helm. I. 497
adde:
Bellingham: in Ann. nat. hist. XIV. 318. — Dies.: in Sitzb. XIII. 602. —
Dressier: in Gurlt et Hertwig Magaz. f. d. ges. Thierheilk. XXI.
1855. 238—241 (de epizootia). — Leidy: in Proeeed. Acad. Philad.
VII. 1855. 443.
Habitaculo adde: Capra Aries: in intestinis, in Hibernia
(Bellingham). — Bos Taurus: in intestino tenui, fragmentum
bipedale, in Pennsylvania (Leidy).
18. (21) Taenia perlata GOEZE. — Dies. Syst. Helm. I. 505
adde:
Taenia margaritifera Creplin: in Trosch. Arch. 1851. I. 282.
Taenia perlata Goeze — Dies.: in Sitzb. XIII. 602.
Habitaculo adde: Falco Milvus : in intestinis, Junio.
Gi-yphiae (Crepli n).
19. (24) Taenia globifera BATSCH. — Dies. Syst. Helm. I, 506
adde:
Molin: in Sitzb. d. k. Ak. XXX. 1858. 136. — Idem: in Denkschr. XII.
251. (characf. reform, et de identitate cum T. Flagello Goeze).
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. XLIX. Bd. I. Abth- 26
374 D i e s i ii g.
Habitaculo adde: Falco rufus: in intestino tenui, Januario,
Patavii (Moli n).
Cel. Rudolphi in nonnullis individuis hujus speciei ex variis animalibus
lectis, caput sine, in aliis cum prominentia (rostello brevi) observavit.
20. Taenia pestifera LEIDY.
Caput parvum collo coutinuum, acetabulis terminalibus , obli-
quis, parurn promiuentibus , beinispbaericis, ore haud prominulo.
Collum longum. Articuli cuneati, anteriores breves, lati, posteriores
longiores. Longit. specim. ex Molothro l'/3— 2", latif. max. 2/5'";
longit. specim. ex Dolichonyce 41/8", latit. max. 3/3'".
Taenia pestifera Leidy-. in Proceed. Acad. Philad. VII. (1855) 443 et
VIII. (1856) 46.
Habitacul um. Molothrus pecoris: in intestino tenui, speci-
mina tria (ßaird). — Dolichonycv oryzivora: in intestino tenui,
specimen nnum (Schafhirt), in America septentrionali.
21. Taenia Cantaniana POLONIO.
Caput globosum, cupuia terminali uinbunata, acetabulis eru-
ciatim oppositis ob majorem capitis molem. Collum nulluni. Corpus
retrorsum dilatatum, articulis supremis campanaefnrmibus, scquen-
tibus campanaeforniibus imbrieatis trapezoidalibu*. Aperturae (jeni-
talium marginales. Longit. ad. T".
Taenia Cantaniana Polonio: in Lotos 1860. 22.
Habitacul um. Meleagris Gallopavo: in intestino, O.tubri,
Patavii (Polonio).
Haec Taenia in speciminibus Gallopavonis 13, et quod excurrit, in Museo
Caesareo Vindobonensi zoologico dissectis, numquam reperta fuit.
22. (36) Taenia microps DIESING: Syst. Helm. J, 510 add^:
Taenia tumens Melius? — Creplin: in Erichs. Aren. 1846. I. 133 et
1851. I. 285.
Taenia microps Diesing: in Sitzb. d. k. Ak. XIII. 1854. 603.
H a h i t a c u I u in : In intestinis Tetraonis Urogalli.
23. Taenia calva BAIRD.
Caput parvum rotundatnrn laeve, acetabulis .. . Collum con-
strictum. Articuli supreiui angustissimi, subsequentes s^nsim latio-
Revision der Cephalocotyleen. Abtheilung1: Cyclocotyleen. 3 Tu
res, medii septies latiores quam longi, demum longitudine in-
creseente et subquadrati, ultini dnplo fere longiores quam lati,
omnes transverse s'riati. Longit. ö1^", latit. capit. x/ta,'"t latit.
max. artic. 31/,'", latit. postiee l/z'".
Taenia calva Baird: Catal. Enloz. Brit. Mus. 83. — Idem in Proceed.
Zool. Soc. London 1853. 24. Tab. XXX. 1 la et in Ann. nat. bist.
2. ser. XV. (1855) 75.
Habitacnlum. Tetrao scoticus : in intestinis (Mus. Brit.).
24 (35). Taenia megalops NITZSCH. — Dies. Syst. Helm. I. 510
adde:
Molin: in Sitzb. d. k. Ak. XXX. (1858) 138. — Idem: in Denkscbr. d.
k. Ak. XIX. 252.
H abitarui u m: In Anatidarum Europae et Brasiliae inte-
stinis.— Anas Crecca: in cavo abdominis, Novembri,Patavii(Molin).
25. Taenia sulciceps BAIRD.
Caput tetragonum magnum, aeetabulis anticis angularibus hemi-
sphaericis binis, sulco iuterposito segregatis. Collum longum laeve.
Articuli supremi breves, subsequentes longiores, infundibulifonnes,
angusfi, marginibus undulatis, crenatis. Aperturae genitalium mar-
ginales seeundae. Longit. fragmentorum ad 13".
Taenia sulciceps Baird: in Proceed. Zool. Soc. London 1859. 111. t. 56.
f, i\ lb et in Ann. nat. hist. 3. ser. IV. (1859) 240.
Ha bita cul um. Diomedea exulans: in intestinis (Edw.
Gerrar d) Mus. Brit.
26. Taenia rotnndata MOLIN.
Cum observatione circa evolutionem organorum genitalium ante corporis
segmentationem.
Taenia rotundata Molin : in Sitzb. d. k. Ak. XXXVIII. (1859) 12. Tab. I. 1.
Habitacnlum. Podarcis muralis : in intestina tenui , Majo,
Patavii (Mol in).
27 Taenia lactea LEIDY.
Caput parvum collo ßontinuum, aeetabulis anticis angularibus
bpmispbaericis. Collum medioeris longitudinis. Articuli anteriores
transverse oblongi. posteriores longiores quam lati, quadrangulares,
26'
376 Di es in ff.
angnlis rotundatis. Aperturae genitalium marginales indistinctae.
Longit. 16", latit. »/3'".
Taenia lactea Leidy: in Proceed. Aead. Philad. VII. (1855), 444, VIII.
1856. 46.
H a b i t a c u 1 » m : Tropidonotus sipedon : in inteslinis; in Penn-
sylvania (Leidy).
28. Taenia dispar GOEZE — Dies. Syst. Helm. I. 511 adde:
Beneden: in Compt. rend. 1852, 2. semestre 78H et in Annal. des sc. nal.
3. ser. XX. 318. — Idem: in Bullet. Aead. Belgique XX. et lnstit. 1854.
N. 1059 (de evolut.).— Diesing: in Silzungsber. d. k. Ak. XIII. 1854,
603 — 0. Schmidt: in Halle Abhandl. V. 1 — 13; et in Zeitsehr. für die
ges. rWiirV. Halle 1850, 430 — Idem ibid. 1855, 1 — 13. Tab. I, II,
(cum anatom. et de evolut.). — Leidy : in Proceed. Aead. Philad. VII.
(1855), 444 et VIII. (1856) 46 (de identifateTaeniae pulehellae cum
T. dispaie). — Diesing: in Denkschr. d. k. Ak. XII, 24. — Beneden:
Mein. Vers intest. 163. Tab. XXII. 4 — 15 (de evolutione jteculiari
hujus spcciei, de intmitu emhryonis in corporis pareuchyma, de
forma emhryonis et ovulorum,nPc non de vesicula pulsatoria in ultimo
articulo). — Molin: in Sitzungsber. d. k.Ak. XXXIII. 293. — /dem: in
Denkschr. d. k. Ak. XIX. 252 (de segmentalione corporis non per
gemmationem sed per constrictionem).
Taenia pulchella Leidy: in Proeeed. Aead. Philad. V. 241.
Proteocephalus dispar Weinland: in Nov. Act. Nat. Cur. XXVIII. (1861)
21. (de ovulortim testa duplici, exferiore mucilaginosa).
Hiiiiitaculo adde: Rana temporaria: in inteslinis, in Bel-
gi;i (Ben e den); in inteslinis prope Mngdeburguin copiose, Augusto
et Septembri (0. Schmidt). — Bufo americanus: in inteslinis,
specimina duo 6" longa. — Rana pipiens: speciinina qnatuor, in
Pennsylvania (Leidy). — Menobranchus maculatus: in inteslinis,
fragmenta acephala (Agassi/.). — Phryne (Bufo) vulgaris: in
intestino crasso, Marlio, Patavii (Polonio).
In speciminibus e Menobraneho maculato apeiturae genitalium laterales
et marginales alternae, penes filiformes (Leidy).
29 (43). Taenia ocellata RUD0LPH1 — Dies. Syst. Helm. I. 513
adde:
Apertur ae genitalium fVmineae laterales. Penes marginales.
Taenia ocellata Rud. — Siebold: Lehrb. d. vergl. Anat. 147 (de apertur.
genital.). — Idem: Band- u. Blasenwürmer 43 (de individuis erra-
tice in liepate occurentibus cystide inclusis, corpore articulato, sed
Revision der Cephaloeotyleen. AbUieilung: Cyclocotyleen. »>77
organis genitalibus haud evolutis. — Uiesing : in Sitzungsber. der
kais. Akad. XIII. 603. — M. Schnitze: in V. Carus Icones zootoin.
Tab. VII, 13 (anatom. juv.). — Beneden: Mein. Vers intest. 165 (de
corpore inarticulato individuorum in intestinis Pörcae fluvialilis
et de eoruin vesicula pulsatoria).
Habitiiculo adde: Perca fluviatilis : in intestinis, in Bel-
gia (Beneden).
30 (41). Taenia ambigua DUJARDIN — Dies. Syst. Helm. I. 512
adde:
f'roteocephalus ambiguus Weinland: in Nov. Act. Nat. Cur. XXVIII. (1861)
21 (de ovulorum testa duplici, exteriore mucilaginosa).
Habitaeulum. Gasterosteus laevis: in intestinis, Rhedoni
(Dujard in).
31 (40). Taenia filicollis BUDOLPHI. — Dies. Syst. Helm. I. 512
adde:
Bettingham : in Ann. nat. hist. XIV, 319. — Üiesing : in Sitzungsber. d. k.
Ak. XIII, 1854, 603. — Cobbold'. in Transact. Linn. Soc. XXII, 156.
et 169. Tab. XXXI, 1 (scdm.cl. Cobbold animal imperfecte evolutum).
Proteocephalus filicollis Weinland: in Nov. Act. Nat. Cur. XXVIII. (1861)
21 (de ovulorum testa duplici, exteriore mucilaginosa).
Habitaculo adde: Gasterosteus aculeatus: in intestinis,
Julie, in Hibernia (Bell ing li am); in Ai.glia (Cobbold).
32 (46). Taenia niacrophalla UIESING: Syst. Helm. I. 514 adde:
Idem: in Denkschr. d. k. Akad. XII. 35. Tab. VI, 15—21.
Habitaeulum Cichla Monoculus: .lulio et Octobri, in Bra-
silia (Natte rer).
33 (45). Taenia torulosa BATSCH — Dies. Syst. Helm. I. 514
adde:
Taenia porulosa (spbalinate loco torulosa) Beneden: Mein. Vers intest.
162. et 371. Tab. XXII, 1 — 3 (de vesicula pulsatoria et de vasibus
in illam excurrentibus).
Habitaeulum. In Cyprinideorum speciebus varii.% in Belgia
(Beneden).
378 D i e si n g.
34 (42). Taenia longicollis RUDOLPHL — Dies. Syst. Helm. I.
512 adde:
Siebold: Band- und Blasenwürmer 43 (de individuis erratiee in hepate
occurrentibus cy-tide inclusis, corpore aiticulato s; d ovganis geni a-
libus haud evolutis).
Habitaculum: In Salmonidum specierum variarum intestinis,
rarius in hepate.
35 (44). Taenia macrocephala CREPLIN. — Dies. Syst. Helm. I.
513 adde:
Molin: in Sitzungsber. d. k. Akad. XXX. (1858) 138 et XXXVIII. (1859)
13. - Idem: in Denkschr. XIX. 252.
Habitaculo adde: Angnilla vulgaris: in intestino tenui,
Decembii, in ventriculo, Martin, Patavii (Mol in).
36. Taenia hemisphaerica MOLIN:
In Sitzungsber. d. k. Ak. XXXVIII. (1859) 14.
Habitaculum: Anguilla vulgaris, in intestino tenui, No-
vembri, Patavii (Molin).
37. Taenia gibbosa LEIDY.
Caput exiguum horizontaliter discoideum, acetabulis circulari-
bus in disco dispositis, contiguis, ore haud prominulo. Collum lon-
gum latum et crassum, Corporis pars articulala l»revis, articulis
transverse oblongis, ultimo discif'ormi. Aperturae genitalium . . .
Longit. li/3", latit. i */,'".
Taenia gibbosa Leidy: in Proceed. Acad. Philad. VII. (1855) 444 et VIII.
(1856) 46.
Habitaculum. Lamnae species: ad liltus occidentale Ame-
ricae septentrionalis : in intestinis, specimina duo (Le Conte).
Num fortasse generi Sciadocephalo affinis?
* * Cupula armata.
38. Taenia proglottina DAVAINE.
Caput ovatum, cupula terminal! ampla, limbo spinularum ultra
80 Corona duplici cincta, acetabulis uncinulis miuimis armatis.
Revision der Ceplialocotyleen. AbUieilung: Cyclocotyleen. 379
Collum breve capite minus. Corpus bi- vel triarticulatum, articulo
primo capile majore, secundo et tertio sensim multo majoribus.
Aperturae genitalium marginales alternae in articulis duobus ultimis.
Longit. vix «/■"*•
Penis in vagina echinata. Ovula magna embryone vivacissimo. Artieuli
soluti cito increscunt et longitudinem statu expanso ultra s/4'" attingunt, viva-
ces, Hirudinum more incedunt.
Taenia du Coq Dujardin in Annal. des sc. nat. 2. ser. XX. (1843) 342 (solum
artieuli).
Taenia proglottina Davaine: Traite des Entoz. X., XXIV. et XXXIX. Fig. 5
et 13.
H a b i t a c u I u m. Phasianus Gallus: in inlestinis (D u j a r d i n),
in duodeno copiose, Octobri, St. Amand in Franeogallia (Davaine).
39. Taenia oscolata GOEZE.
Caput subglobosum, cupula terminali prominente uncinulorum
deeiduorum Corona quadruplici cinr-ta, acetabulis hemisphaericis
anticis. Collum subuullum. Artieuli supremi brevissimi, reliqui
subquadrati. Aperturae genitalium vage alternae. Longit. 1 — 12'",
latit. 1—1 i/a"\
Taenia osculata Goeze. — Dies. Syst. Helm. I. 523. — Wagener: in Nov.
Act. Nat. Cur. XXIV. Suppl. 32-34 et 69. Tab. II, 25 (caput
an. adulti. Tab. III, 26—29. — Idem: in Natuurk. Verh. Haarlem XIII.
94. Tab. 111,16 (de vesicula pulsatoria). — Idem: inV.Carus: Icones
zootom. Tab. VII, 14 (reddita). —